Читать книгу Kuss einer Schlange - Henning Jason - Страница 16
ОглавлениеCarina
Carinas Kindheit war belastet. Belastet seit ihrer Geburt. Ihre Mutter war froh, hatte sie sich doch durch das Kind einen Mann „geangelt“ der ein gutes Auskommen versprach.
Die anderen Männer waren mehr auf Sex aus.
Darin war sie zwar nicht so sehr gut, aber das sah man ihr nicht an.
Sie war fröhlich, schlank, hatte einen großen Busen.
Machte einen Schmollmund, hielt sich für die zweite „Sophia Loren“.
Vielversprechend, dachten die Männer. Aber die Abenteuer mit ihr waren „teuer“.
Sie wollte etwas „geboten“ bekommen. „Schließlich gebe ich ja auch etwas,- meinen Körper.“
Diese Berechnung missfiel den Männern. Manche zogen sich schnell zurück.
Nur einer halt nicht, ihr verheirateter Chef, da war sie geschickt, sie wurde schwanger.
Ihr Chef verließ nach einiger Zeit seine Familie. Seine Frau und zwei kleine Kinder.
Ein Mädchen und ein Junge. Ein weitere Junge kam kurz vor Carina zur Welt.
Nach Carinas Geburt wurde zu ihrer verwitweten Oma abgeschoben. Carina war nicht ehelich!
Entstanden aus der Affäre ihrer Mutter mit ihrem Chef.
Als uneheliches Kind wurde Carina zunächst unter dem Namen der Mutter beim Standesamt registriert. Sie wusste über ihre Entstehung natürlich nichts.
Die alte Frau nahm es ihrer Tochter, der Mutter von Carina, übel, dass sie sich ein Kind von einem verheirateten Mann hatte „andrehen“ lassen.
Sie hasste Männer. Warum war nicht bekannt. Wegen ihres Mannes, der im Krieg gestorben war?
Die ersten Jahre hatte Carina ein einfaches Leben.
Nur einfach was den Lebensstandard anging.
Den Hass auf Männer und den Zorn auf ihre Tochter übertrug die alte Frau auf das Kind, ihre Enkelin.
„Männer wollen immer nur das Eine“, erklärte sie immer und immer wieder.
Carina hatte, wie gesagt, eine einfache und keine schöne Kindheit und sie verstand die Worte ihrer Oma auch nicht. Sie hing an der Großmutter, natürlich, sie war ja die einzige Bezugsperson in ihrer Nähe.
Ihre Mutter und ihr noch immer mit einer anderen Frau verheirateter Vater, kamen nur zu Besuch. Sie verstand auch die Zusammenhänge nicht.
Von ihnen bekam sie als Kind Geschenke, viele Geschenke.
Sie lernte daraus – mit Geschenken kannst du dir ein reines Gewissen erkaufen. Das erkannte sie aber erst viel später.
Eine falsche Lehre. Ein Irrtum.
Auch lernte sie, dass Männer Frauen Geschenke machen müssen. Ihre Mutter zeigte ihr immer voller Stolz, was sie bekommen hatte. Ein Ring, eine Halskette oder eine mit Pelz umsäumte Jacke. Frauen machen Männern ja auch Geschenke - sich selbst!
Carina lernte von ihrer Oma zu gehorchen.
Was Erwachsene sagen ist richtig. Was Erwachsene tun ist richtig.
Sie zog es nie in Zweifel, zunächst nicht – und dann auch nur für sich. Allein, im Stillen.
Das belastete sie. Zunächst unbewusst, dann später bewusst.
Sie fing, an ihre Mutter abzulehnen. Hasste ihren Bruder, der geboren wurde, kurz nachdem ihre Eltern geheiratet hatten. Danach wurde sie auch Mitglied der Familie.
Ihren Vater verehrte sie. Nicht als Mensch, nein als Bankkonto, als Geldbeutel. „Über Geld redet man nicht“, – sein Leitspruch.
Gaukelte in jeder Lebenssituation den Souverän vor. Zahlte alles wonach seine Frau verlangte, alles was den Kindern gefiel. Zumindest hatte Carina den Eindruck, dass es so war.
Die falsche Lehre zog sie aus dem was ihr Vater vorlebte. Der Mann hat immer Geld und muss für seine Frau sorgen. Natürlich auch für die Kinder.
Sie prägte sich ein: Mann gleich Geld. Geld gleich Wohlstand.
Das suchte sie. Es war ihr schon als junges Mädchen bewusst: Ich will auch einmal so viele Pelzmäntel wie meine Mutter haben. Ebenso viel Schmuck. Wertvollen Schmuck.
Die Familie machte Urlaube. Ein- bis zweimal im Jahr.
Auf einem Bauernhof in Österreich, am Meer in Jugoslawien oder Tunesien.
Es erschien ihr Luxus, Urlaub zu machen. Wusste nicht, dass es auch zu dieser Zeit schon die billigsten Urlaubsländer waren.
Carina war stolz, wir fahren in Urlaub.
Meistens war sie unglücklich im Urlaub. Alles drehte sich nur um den „kleinen Dicken“, wie sie ihren Bruder Sven für sich nannte.
Einmal, sie war erst dreizehn Jahre alt, war sie glücklich.
Ein junger Mann war ständig an ihrer Seite.
Flirtete mit ihr, wollte sich zum Abend mit ihr verabreden.
Sie fragte ihre Eltern, die willigten ein: „Aber nur bis um neun Uhr.“
Der junge Mann war nett. Er roch nach Knoblauch. Das fand sie nicht so nett.
Er wollte sie küssen, dass wollte sie nicht.
„Männer wollen immer nur das Eine“, fiel ihr wieder ein. Nein, dachte sie, ich verschenke mich doch nicht - so nicht. Also gab sie ihm einen Korb.
Ein bis zwei Jahre später, sie hatte längst ihre Wirkung auf Männer bemerkt, gab es im Urlaub eine Auseinandersetzung mit ihren Eltern. Sie tanzte allein in der Hoteldisco auf der Tanzfläche. Aufreizend wie ihre Eltern fanden. Ihr Vater „zerrte“ sie von der Tanzfläche: „So benimmt man sich nicht als anständiges Mädchen. Vergiss nicht das du meine Tochter bist.“
Am nächsten Abend vor dem Galadinner im Hotel gab es schon wieder Krach, weil sie ein leichtes Sommerkleid ohne Unterrock anziehen wollte. Sie fügte sich und zog einen leichten Unterrock an. Nach dem Essen forderte sie der Hotelmanager zum Tanzen auf. Die Eltern strahlten.
Der Manager!!!! Natürlich durfte sie tanzen, natürlich durfte er sie später einladen. Auch zu sich nach Haus. Es passierte nichts. Der Mann war anständig.
Sie zog Lehren daraus.
Wenn der Mann „wichtig“ ist, dann ist es also in Ordnung. Sie hatte Freunde. Schulfreunde zunächst, später auch andere. Aber wenige.
Auch wenige Freundinnen. Warum?
Erstens trat sie sehr dominant auf und wollte immer bestimmen. Das gefiel den wenigsten.
Zweitens durfte sie kaum jemanden mit nach Haus bringen. Ihre Mutter wollte das nicht.
Und wenn doch, spielte sie sich immer in den Vordergrund. Machte Witze auf Kosten der Tochter, oder spielte sich vor den jungen Männern auf. „Schaut mal, was meine Tochter für eine tolle Mutter hat.“
Dafür hasste sie ihre Mutter. Also brachte sie schon freiwillig niemanden mit nach Haus.
Die Jungen sind doch keine Männer dachte sie, mit denen lasse ich mich sowieso nicht ein.
Den einen festen Freund, den sie hatte, benutzte sie als „Taxi“. Er war ein paar Jahre älter.
Er war in sie verliebt. Sie aber nicht in ihn. Er machte ihr Geschenke, schrieb Gedichte.
Aber vor allem, er hatte ein Auto. Dadurch kam sie raus. Dort hin, wo „man“ hingeht.
Es ging eine Zeit lang ganz gut.
Er wollte aber mehr, als nur befreundet sein. Sie aber nicht.
Sie wollte ihrer Mutter beweisen, ich bekomme das was ich will, auch ohne dass ich mit dem Mann ins Bett gehe.
Er hatte Geduld. Respektierte ihre Zurückhaltung, wenn er sie auch nicht verstand.
Sie war schließlich schon achtzehn Jahre alt. Recht groß und sehr schlank, mit Rundungen an den „richtigen“ Stellen. Halblange blonde Haare und sehr hübsch.
Der Freund wurde ihr lästig.
Sie „angelte“ sich einen Neuen. Fast gleichaltrig, ein Bübchen wie sie immer sagte, aber ein Alibi.
Durch ihn wurde sie den Anderen los, fast zumindest.
Sie ging nun mit ihrem „Bübchen“ überall dorthin, wo sie vorher schon gewesen war, wollte ihm zeigen, was sie gewohnt war. Er ging mit, wollte mithalten, konnte aber nicht.
Er war Student. Hatte kein Geld. Kam aus einfachen Verhältnissen.
Er lebte mit seiner Mutter zusammen in einer kleinen Mietwohnung.
Er konnte es sich manchmal nicht leisten mit ihr auszugehen und dann auch noch für zwei zu bezahlen.
Also verabredete sie sich wieder ab und zu mit dem „Taxi“.
Der wollte nun, dass sie den Anderen nicht mehr trifft.
Das war das Ende.
Sie ließ sich nichts vorschreiben, von Männern schon mal gar nicht.
Mit dem „Bübchen“ kam es dann auch zu ihren ersten sexuellen Erfahrungen.
Bis sie siebzehn Jahre alt war, glaubte sie, dass man durch küssen schwanger werden könne.
Durch die dumme Erziehung der Eltern hatte sie diese „Wissen“.
Daher hatte sie sich auch nie küssen lassen.
Jetzt wusste sie, es stimmt nicht. Also probierte sie es aus. Es gefiel ihr.
Aber sie wusste: Das „Andere“, das mache ich nicht. Dadurch bekommt man Kinder und außerdem ist es „schmutzig“. Ihr junger Freund überzeugte sie, dass es Möglichkeiten gibt wie man keine Kinder bekommt. Petting. Das Wort kannte sie zwar nicht, aber es machte ihr zunächst Spaß.
Wenn sie ihn besuchte, gingen sie gleich in sein Zimmer.
Er fing dann an, an ihr herum zuspielen. Sie war neugierig aber auch ängstlich. „Was ist wenn seine Mutter reinkommt?“
Sie kam nicht ins Zimmer, sie konnte sich denken, dass ihre „Kinder“ allein sein wollten und störte nicht.
Also wurde Carina mutiger.
Sie ließ es zu, dass er unter ihre Bluse fasste, ihre Brust streichelte. Es war schön.
Er streichelte sie, an den Knien, an den Schenkeln, zwischen den Beinen.
Sie fand es angenehm, aber „Nein“ dachte sie, das „Andere“ mache ich nicht.
Er nahm ihre Hand, öffnete seine Hose und führte ihre Hand in seinen Slip.
An sein Glied. Sie fand es widerlich.
Sie verlangte, dass er das Licht ausmache. Dann schaffte sie es. Sie konnte sich überwinden. Befriedigte ihn mit der Hand, das heißt, er und sie befriedigten ihn.
Er musste immer mithelfen.
Allein konnte und wollte sie es nicht.
Also hielt er ihre Hand fest um seien Schwanz und sie bewegten die Vorhaut so lange rauf und runter, bis er einen Samenerguss hatte.
Ekel empfand sie, wenn das Sperma über ihre Finger spritzte.
Sie wischte es an seinen Slip ab, unauffällig, so dass er es nicht mit bekam.
Nachdem er das Licht wieder angemacht hatte, war er zu sehr damit beschäftigt, seine Hose zu reinigen, als dass er ihre Verfassung bemerkt hätte.
Er hatte rote Flecken im Gesicht vor Erregung. Sie mochte ihn dann nicht.
Eigentlich fand sie ihn eher langweilig, zuweilen sogar abstoßend.
Aber man ließ sie in Ruhe, sie hatte ja einen Freund.
Dennoch fuhren sie Beide zusammen in Urlaub. Zwei Wochen. Nach Jugoslawien.
Das kannte sie von den Reisen mit ihren Eltern.
Er dachte: „Jetzt, hier passiert es endlich.“
Sie dachte: „Jetzt bin ich endlich unbeobachtet, jetzt passiert es.“
Falsch. Falsch.
Sie fand einen Brief von ihrem Vater in ihrem Koffer. Er schrieb ihr nochmals eindringlich, wie sehr er ihr vertraue und dass sie ja wisse, wie sich seine Tochter zu verhalten habe.
Sie wollte sein Vertrauen rechtfertigen (sie war da bereits zwanzig Jahre alt).
Sie enttäuschte ihn nicht.
Es kam zwar wieder zu den üblichen Petting-Spielen, sie legten sich auch aufeinander, aber sie ließ ihn nicht eindringen.
Stolz kehrte sie aus dem Urlaub zurück.
Christian wunderte sich später manchmal dass sie so „eigenartig“ war.
Sie hatte ihm irgendwann einmal ein Erlebnis geschildert.
Als sie elf, zwölf Jahre alt war, wachte sie durch einen schlimmen Traum auf und ging halb verschlafen hinunter ins Wohnzimmer.
Ihre Mutter war erbost und schickte sie gleich wieder hinauf, weil sie sich nicht im Nachthemd vor ihrem Vater zeigen sollte.
Nachdem sie verheiratet waren fiel Christian auch auf, dass sie fast nie miteinander schliefen, wenn Carinas Eltern zu Besuch waren oder bei den gemeinsamen Urlauben mit ihnen.
Entsetzt hatte er nur eine Erklärung, - Nein! - das konnte nicht sein.
Missbrauch! Ja, das ist es. Missbrauch!!!
Wohl vielleicht nicht im „klassischen“ Sinn, aber doch in irgendeiner Form.
Daher resultierte wohl auch die Reaktion von Carinas Mutter, als sie damals im Nachthemd ins Wohnzimmer kam.