Читать книгу Treffpunkt Brandenburger Tor - Hermann Mezger - Страница 5

3. Kapitel

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Der Flug nach Sankt Petersburg verlief ruhig und ohne Zwischenfälle. So ruhig, dass Bramme schon seit geraumer Zeit durch das kleine Fenster hinaus auf ein herrliches Naturschauspiel blickte. Das tiefe Saphirblau des Himmels, darunter ein Meer aus schneeweißen Wolken, hier und da durchzogen von einzelnen goldenen Sonnenstrahlen faszinierten ihn. Es dauerte lange, bis er sich daran satt gesehen hatte. Schließlich brachte er seinen Sitz wieder in eine aufrechte Position und nahm gelangweilt die Prospekte in Augenschein, die in der Lasche des Sitzes vor ihm steckten. Ohne viel Interesse blätterte er eins nach dem anderen durch und nahm sich anschließend aus purer Langeweile die Bedienungsanleitung des Geländewagens zur Brust, der in Sankt Petersburg auf ihn wartete. Als sein Blick an der Abbildung des Armaturenbretts hängen blieb, war er mit einem Schlag hellwach. Neben mehreren Monitoren und Sonderausstattungen wie Funk und Navigation fielen ihm drei Tasten in den Farben Weiß, Rot und Gelb auf, die dort wie ein Manual angeordnet waren. Daneben war ein Gegenstand untergebracht, der einer kleinen Sichel ähnelte. Bramme begann nun mit deutlich gewachsenem Interesse zu lesen. Je weiter seine Augen auf der Seite umherwanderten, desto verschmitzter wurde sein Schmunzeln und schließlich schnalzte er triumphierend mit der Zunge, lachte kurz auf und klappte die Bedienungsanleitung klatschend zu. Zufrieden vertiefte er sich wieder in das Farbspiel vor dem kleinen Fenster, während sein Nachbar, ein schnurrbartbestückter Börsenmakler, ihm einen missbilligenden Blick zuwarf.

Als Bramme in Sankt Petersburg das Flugzeug verlassen, seinen Koffer durch die Zollkontrolle und durch das überfüllte Terminal, sowie zu einem davor auf ihn wartendes Auto geschleift hatte, war ihm das Lachen vergangen. Missmutig an seinem Daumen saugend, den er sich an den Scharnieren des Gepäckbands gequetscht hatte, hockte er nun auf der Rückbank des Wagens, der sich durch den regen Verkehr schlängelte. Am Steuer des Wagens saß ein untersetzter Mann mit schwarzem, dichtem Haar und Vollbart. Er hatte Bramme zur Begrüßung freundlich aber auch reserviert zugenickt und mit dezentem Interesse dessen Erscheinung gemustert. Als er das Wort erhob, klang seine Stimme voll und tief.

„Ich bin Wassili Jernak, Gospodin Bramme. Nennen Sie mich einfach Wassili.“

Bramme ließ einen Moment von seinem pochenden Daumen ab und sah auf.

„Danke! – Sie bringen mich also zum Archäologischen Institut?“

Wassili nickte.

„Ganz recht.“

„Dann können Sie mir bestimmt auch sagen, was dieses Institut mit Drogen zu tun hat?“

Sie hielten an einer Ampel und Bramme ließ nun endgültig von seinem Daumen ab, um stattdessen das pulsierende Leben auf den Straßen von Sankt Petersburg auf sich einwirken zu lassen.

„Alles nur Tarnung, Gospodin Bramme“, antwortete Wassili, „alles nur zu unserer Sicherheit.“

„Sagten Sie zu u n s e r e r Sicherheit?“

Wassili beäugte Bramme im Rückspiegel. Er war offensichtlich überrascht und sagte als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt: „Aber ja! Ich werde Sie nach Zentralasien begleiten.“

Bramme sah ihn nicht minder überrascht an.

„Was machen Sie denn beruflich?“

„Ich bin Opernsänger. Arien deutschsprachiger Opern sind meine Spezialität.“

Nicht ganz sicher, ob dies ein Scherz sein sollte, schwieg Bramme einen Moment lang. Wassili, der seine Unsicherheit bemerkte, grinste ihn an und begann, eine harmonische Tonleiter rauf und runter zu singen. Brammes Mund stand weit offen und er hätte mit nichts deutlicher zeigen können, dass er sich vorkam wie in einem falschen Film. Schließlich gab er sich einen Ruck.

„Na, dann ist ja wenigstens für die Unterhaltung gesorgt. Was ähm.., was befähigt Sie denn zu dieser Aufgabe?“

„Ich stamme aus Usbekistan, spreche Deutsch, Russisch und mehrere Turksprachen“, gab Wassili zurück, ohne sich eine Spur von Kränkung anmerken zu lassen.

„Und wer ist noch mit von der Partie?“

„Alexander Serow.“

„Das war´s?“, fragte Bramme, erneut überrascht. „Kein Amerikaner?“

„Nein,“ erwiderte Wassili gelassen, „die Amerikaner stellen uns nur ihr Satellitensystem zur Verfügung. Einer ihrer Spezialisten überwacht die Aktion von Moskau aus. Sie werden ihn gleich kennen lernen.“

Verunsichert ließ sich Bramme nach hinten in den Sitz fallen und rieb sich müde das Gesicht.

„Und? Ist Herr Serow auch Opernsänger?“

Wassili lachte und manövrierte das Auto geschickt in eine Parklücke vor einem hohen Verwaltungsgebäude.

„Wo denken Sie hin! Alexander Serow jagt Kunsträuber.“

Bramme, der Verzweiflung nahe, schwieg und verdrehte nur die Augen.

„Wir sind da.“

Wassili stieg aus und öffnete für Bramme die Tür. Auf einem Schild am Eingang war in kyrillischer und lateinischer Schrift zu lesen: „Archäologisches Institut Sankt Petersburg.“

Die beiden Männer gingen darauf zu und Bramme, von der Autorität, die dieses Gebäude ausstrahlte, beeindruckt und etwas eingeschüchtert zugleich, straffte beim Gehen die Schultern.

Treffpunkt Brandenburger Tor

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