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Jugendjahre.
ОглавлениеAn Robert Schumanns Entwicklung fällt seiner Heimat und Familie ein hervorragender Anteil zu. Seine Vaterstadt Zwickau fügte sich seit alters dem Kranze sächsischer Städte, die durch die Pflege der Schulchöre die Liebe zur Musik in die weitesten Schichten hineintrugen, als ebenbürtiges Glied ein. An den beiden Hauptkirchen zu St. Katharinen und St. Marien wirkte seit der Reformation eine ununterbrochene Reihe zum Teil sehr achtbarer Kantoren, wie z. B. Cornelius Freund, die zugleich als quarti und quinti am Lyceum ihre Lehrtätigkeit ausübten. Noch während Schumanns Schulzeit zogen die Chorschüler Mittwochs und Sonnabends durch die Strassen der Stadt und erfreuten auch an hohen Feiertagen, wie an bürgerlichen Festlichkeiten die Einwohnerschaft durch ihren Gesang.
Daneben meldete sich aber auch bereits die neue Zeit. 1801 trat das sogenannte „Bürgerkonzert“ ins Leben, eine Vereinigung eines Dilettantenchors mit der Stadt- und der Regimentsmusik, die alle 14 Tage zu Uebungen zusammentrat und sich schon 1802 an eine Aufführung der Haydnschen „Schöpfung“ wagte. Die Seele dieses ganzen regen Musiklebens aber war Schumanns späterer Lehrer, Joh. Gottfr. Kuntsch, der, 1775 geboren, 1792 als Garnisonlehrer nach Zwickau gekommen und 1802 Baccalaureus am Lyceum und zugleich Organist zu St. Marien geworden war. Nach Allem, was wir über die Tätigkeit dieses Mannes wissen, ist das bisherige ungünstige Urteil über ihn stark zu revidieren; er hat den ihm späterhin verliehenen Ehrenbürgerbrief wie die warme Dankbarkeit seines grossen Schülers reichlich verdient.
Musikalische Anregungen kamen dem empfänglichen Knaben also von den verschiedensten Seiten; für die literarischen sorgte sein Vater und dessen Beruf.
Friedrich August Gottlob Schumann, geb. den 2. März 1773 zu Entschütz bei Gera, war ein Charakterkopf von erstem Range, gleich ausgezeichnet durch Schärfe des Geistes, wie durch zielbewusste Energie des Willens. Das Leben hat es dem armen Pfarrerssohn wahrlich nicht leicht gemacht. Ursprünglich zum Kaufmann bestimmt, entflieht er in Leipzig den drückenden Fesseln dieses Berufs, studiert humaniora, wird Literat, muss sich aber nach bitteren Enttäuschungen glücklich schätzen, bei dem Zeitzer Buchhändler Heinse einen rettenden Unterschlupf zu finden. Abermals zwingt ihn die harte Not des Lebens, sein Interesse zwischen einem Drogengeschäft und der geliebten Schriftstellerei zu teilen, bis es ihm 1799 gelingt, sich ganz dem Buchhandel in die Arme zu werfen. So entstand in Zwickau, wohin er 1807 von Ronneburg aus übergesiedelt war, der hochangesehene Verlag der „Gebrüder Schumann“, der nicht nur im literarischen, sondern auch im politischen Leben Sachsens eine bedeutende Rolle gespielt hat. Denn hier wurden nicht allein klassische und zeitgenössische Dichter verlegt, sondern auch ein „Staatslexikon für Sachsen“ und der „erzgebirgische Bote“, ein historisch-politisches Wochenblatt. Für die politische Stellung Schumanns spricht die Tatsache genug, dass der erwähnte (übrigens auch um das Zwickauer Musikleben hochverdiente) liberale Theologe Richter ihm 1806 einen warmen Nachruf widmete. Das literarische Milieu aber, in dem Robert aufwuchs, ist bestimmend für sein ganzes Leben geworden. Hier lernte er nicht allein den buchhändlerischen Geschäftsbetrieb kennen, der ihm späterhin bei seiner eigenen Zeitschrift zu Gute kommen sollte, sondern er wurde zugleich auch in der denkbar günstigsten Weise in das literarische Leben seiner Zeit eingeführt. Die väterliche Buchhandlung wurde die erste Nährstätte seiner universalen literarischen Bildung.
August Schumanns Gattin, Johanna Christiana, geb. 1771 in Zeitz, die Tochter des dortigen Ratschirurgen Schnabel, die er sich, gleich seinem grossen Sohne, erst nach langen Kämpfen erringen musste, erhob sich zwar weder an Verstand, noch an Bildung über den Durchschnitt, besass aber dafür einen reichen Schatz reiner Herzensgüte, der sich am schönsten in ihrem Verhältnis zu ihrem Sohne Robert entfalten sollte. Niemand wird ohne Rührung den Brief lesen, in dem das geängstigte Mutterherz die Zukunft des Sohnes, den es mit schwärmerischer Liebe umfängt und dessen Sehnen es doch nur halb mitfühlen kann, in die Hände des Lehrers Fr. Wieck befiehlt.
Robert Alexander Schumann, geboren den 8. Juni 1810, war das jüngste unter fünf Geschwistern. Seine einzige Schwester Emilie wurde mit 20 Jahren das Opfer einer unheilbaren Geisteskrankheit, der einzige Fall, der sich in der Schumannischen Familie vor der Katastrophe Roberts feststellen lässt.
Robert Schumanns Geburtshaus in Zwickau.
Nach einem anonymen Holzschnitt im Besitze der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.
Bei der anstrengenden Berufstätigkeit des Vaters war es natürlich, dass Roberts Kindheitsjahre fast ausschliesslich der Mutter gehörten, die ihn denn auch, zumal als die ersten Funken seines Talents aufzuleuchten begannen, gründlich verhätschelte. Auch seine Patin, die Frau Bürgermeister Ruppius, tat Alles, um dem Nesthäkchen der Familie Schumann jeden Wunsch an den Augen abzusehen. Mit dem Beginn des 6. Lebensjahres trat der Knabe in die Privatschule des Archidiakonus Dr. Döhner ein und bezog, von dort mit einer gründlichen Elementarbildung versehen, im Jahre 1820 das Gymnasium seiner Heimatstadt. Von diesem Zeitpunkte an treten die charakteristischen Umrisse seiner ausserordentlich vielseitig veranlagten Persönlichkeit immer deutlicher hervor. Neben seinen Schulstudien, in denen er ebenfalls seinen Mann zu stellen weiss, übersetzt er aus eigenem Antrieb Stücke aus den alten Dichtern, dichtet selbst, philosophiert, spielt emsig Klavier, komponiert — dem Schmetterling gleich flattert sein reichbegabter Geist von Blume zu Blume, überall nippend, überall bestrebt, ein neues Gebiet im Reiche des Schönen und Wissenswerten zu erobern.
Dichtkunst und Musik waren die beiden Pole, zwischen denen sich die gesamte Jugendentwicklung Schumanns vollzog, und geraume Zeit schien es, als sollte die Poesie den Sieg über ihre Schwester davontragen. Während die Ausbildung des musikalischen Talents, wie wir sehen werden, von den Eltern keine nachhaltige Förderung erfuhr, kam insbesondere der Vater, der in den dichterischen Neigungen seines Sohnes mit Freuden sein eigenes Fleisch und Blut wiedererkannte, diesen mit aller Bereitwilligkeit entgegen. Sorgsam überwachte er die Lektüre des Knaben, erschloss ihm die Schätze seiner Buchhandlung und zog ihn schliesslich sogar zum Mitarbeiter an seinen eigenen literarischen Unternehmungen heran. Die Vorliebe für Scott und Byron z. B. mag schon damals vom Vater auf den Sohn übergegangen sein.
Robert Schumanns Geburtshaus in Zwickau.
Photographische Aufnahme.
Ihren Höhepunkt erreichten diese Bestrebungen mit der Begründung eines literarischen Vereins, zu dem der 15jährige Schumann seine gleichgesinnten Kameraden einlud. Hainbund und Anakreontiker dienten diesem der „Einweihung in die deutsche Literatur“ gewidmeten Kränzchen als Vorbild; man las und erklärte Dichtwerke, besprach das Leben berühmter Dichter und kritisierte wohl ab und zu auch einen aus dem eigenen Kreise kommenden Versuch. Der Dichterflug des Gymnasiasten Schumann ging ausserordentlich hoch: neben vielem Lyrischen finden sich drei Dramen im hohen Stil und zwei Romane. Aber es war ein Ikarusflug, denn fast keines dieser Werke ist über die allerersten Anfänge hinausgediehen, so wenig als die zu gleicher Zeit in Angriff genommene „Aesthetik der Tonkunst“. Sehr charakteristisch ist übrigens Schumanns Selbstbekenntnis in seinem Tagebuch: „Was ich eigentlich bin, weiss ich selbst noch nicht klar. Phantasie, glaub’ ich, habe ich ... Tiefer Denker bin ich nicht, ich kann niemals logisch an dem Faden fortgehen, den ich vielleicht gut angeknüpft habe. Ob ich Dichter bin — denn werden kann man es nie — soll die Nachwelt entscheiden.“
Wohl auf Betreiben der Mutter, die die musikalischen Gaben ihres Lieblings zuerst entdeckt haben mochte, wurde schon in Roberts 7. Lebensjahr mit dem Klavierunterricht begonnen. Der gegebene Lehrer war Kuntsch, als die oberste Musikautorität der Stadt. Schon die neunjährige Dauer dieses Unterrichts verleiht ihm eine hohe Bedeutung in Schumanns Entwicklung; ausserdem aber nahm es Kuntsch, der noch in den Traditionen des alten Generalbasszeitalters aufgewachsen war, mit seiner Lehrtätigkeit sehr ernst. Er hat den Knaben sicher mit Haydn und Mozart, dazu wohl auch mit Ph. E. Bach, Cramer, Clementi, Czerny und Hummel bekannt gemacht, ihn nach der Sitte der Zeit in die Literatur der sogenannten „Handstücke“ (von D. G. Türk und Anderen) eingeführt und ihm endlich wohl auch die Elemente des Generalbassspielens beigebracht. So ganz belanglos war also dieser Unterricht durchaus nicht, und wenn er 1825 abgebrochen wurde, so war dies durch Schumanns jugendlichen Freiheitsdrang veranlasst, der Korrektheit für Pedanterie, Gründlichkeit für Philistersinn hielt. Freilich musste er die Erfahrung machen, dass seine späteren Lehrer Wieck und Dorn doch wieder, wenn auch von höheren künstlerischen Gesichtspunkten aus, auf die Grundsätze des alten Kuntsch zurückgriffen und ihm die vermeintliche künstlerische Freiheit, in der er während des unterrichtslosen Interregnums geschwelgt hatte, zu seinem grossen Kummer arg beschnitten.
Ansicht von Zwickau.
Einmal angeregt, entwickelte sich das junge Genie mit erstaunlicher Schnelligkeit; insbesondere trug hierzu auch ein Besuch in Karlsbad bei, wo das Spiel des damals (1819) dort konzertierenden Moscheles einen unauslöschlichen Eindruck auf den Knaben machte. Schon mit 7 Jahren hatte er sich in kleinen Tänzen, sowie auch in freier Phantasie versucht; so porträtierte er eines schönen Tages auf dem Klavier das Wesen seiner Schulfreunde zu deren freudigster Ueberraschung; es ist, als ob sich hier der Komponist des „Carnaval“ zum ersten Male ankündigte. Gross war die Freude Roberts, als er einen musikalischen Kameraden gewann, mit dem er 4händige klassische Sinfonien, Stücke von Weber, Czerny und Hummel spielen konnte. Ja es gelang ihm sogar, als Gegenstück zu seinem Lesekranz, ein kleines Orchester unter seinen Genossen zusammenzubringen, das er mit wahrem Feuereifer einexerzierte und sogar zur Aufführung eines eigenen Werks, des 150. Psalms für Chor und Orchester, heranzog. Auch in weiteren Bekanntenkreisen liess sich Robert mit glänzendem Erfolg hören, und in Kurzem war das verwöhnte Wunderkind über jede Konkurrenz in Zwickau erhaben.
Ignaz Moscheles.
Der Vater, der diese ganze Entwicklung aufmerksam verfolgt hatte, entschloss sich, trotz des Widerstands seiner Gattin, mit C. M. v. Weber in Dresden wegen Uebernahme des ferneren Unterrichts seines Sohnes Verhandlungen einzuleiten, die jedoch, wohl wegen Webers Abreise nach London, zu keinem Resultat führten. So geschah es, dass Schumann bis zum Beginn seiner Studentenzeit ohne systematischen Unterricht geblieben ist. Es war hauptsächlich seine Mutter, die sich nicht genug daran tun konnte, auf das traurige Künstlerlos selbst eines Mozart hinzuweisen, und den Sohn immer und immer wieder auf ein sicheres Brotstudium hinzulenken suchte. Sie sollte die Oberhand behalten, denn am 10. August 1826 starb der Vater, er, der noch kurz zuvor mit offenem Sinn, vielleicht auch seiner eigenen jungen Tage gedenkend, dem Talent des Sohnes freie Bahn zu geben sich entschlossen hatte. Es ist nicht mehr als natürlich, dass Schumann, nunmehr ausschliesslich dem Einfluss der Mutter und seines Vormunds, des Kaufmanns Rudel, unterworfen, vorerst sich selbst aller Künstlergedanken entschlug. Trat doch im selben Jahre noch ein zweites bedeutungsvolles Moment in sein Gemütsleben: die erste Liebe, die sich sehr bezeichnenderweise binnen wenig Wochen auf zwei „Gegenstände“ erstreckte. Hat auch keine dieser beiden Mädchengestalten — Nanni und Liddy mit Vornamen — den Siebzehnjährigen tiefer zu fesseln gewusst, so trug doch diese Schwärmerei, in Verbindung mit dem Verlust des Vaters, dazu bei, jenen innerlichen Prozess zu vollenden, der den heiteren, lebenslustigen Knaben zum sinnenden, melancholischen Träumer wandelte. Schon jetzt gelangt da und dort jene Gefühlsschwelgerei zum Durchbruch, die späterhin einen Hauptgrundzug seines Charakters bildete.
C. M. v. Weber.
Zeichnung von W. Hensel a. d. Jahre 1822.
(Bild aus Gehrmann’s Weber-Biographie.)
Neue starke Eindrücke stürmten im folgenden Jahre auf ihn ein. Zunächst die Bekanntschaft mit der Gattin des Colditzer Arztes Dr. Carus, einer hochgebildeten Dilettantin, deren Gesang den jungen Schumann in einen förmlichen Taumel versetzte. Aus ihrem Munde vernahm er das erste Schubertische Lied, sie war es auch, die der jungen Brust die erste eigene Liedschöpfung entlockte. Das Haus ihres Oheims in Zwickau, eines mit scharfem Blick für junge Talente begabten Mannes, war eine Hauptpflegestätte klassischer Kammermusik, ein Haus, wo nach Schumanns eigenen Worten „Alles Freude, Heiterkeit, Musik war“. Es geschah jedenfalls infolge der hier gefundenen Anregung, dass Schumann sich entschiedener wieder der Musik zuwandte.
Das zweite Hauptereignis dieser Zeit, dasjenige, das seine Schatten über Schumanns gesamte künftige Lebensbahn werfen sollte, war die Bekanntschaft mit Jean Paul. Schumann ist wohl eines der lehrreichsten Beispiele für den faszinierenden Einfluss, den diese problematische Dichternatur auf die damalige Zeit ausgeübt hat. Jean Paul tritt alsbald in den Brennpunkt von Schumanns gesamtem dichterischem wie auch musikalischem Schaffen. Stünde in den Jugendbriefen sein Name nicht fast auf jeder Seite, man könnte aus Inhalt und Stil mit absoluter Sicherheit die geistige Sphäre des Schreibers erschliessen. Da finden wir einmal folgendes Glaubensbekenntnis: „J. Paul nimmt noch den ersten Platz bei mir ein, selbst Schillern (Göthen versteh’ ich noch nicht) nicht ausgenommen“. Und ein andermal: „Wenn die ganze Welt Jean Paul läse, so würde sie bestimmt besser, aber auch unglücklicher — er hat mich oft dem Wahnsinn nahe gebracht, aber der Regenbogen des Friedens schwebt immer sanft über allen Tränen und das Herz wird wunderbar erhoben und mild verklärt“.
Jean Paul.
So steht Jean Paul für ihn auf derselben Stufe wie Shakespeare und Beethoven. Er lebt und webt in ihm, er bedroht schalkhaft seine Freunde, wenn sie nicht den „Titan“ lesen, ja selbst, das Idealbild seiner Jugendliebe Liddy fühlt er zerrinnen, „wenn ich an die Reden denke, die sie über Jean Paul führte“. Er schreibt selbst Jean-Pauliaden, er besucht als Student Jean Pauls Witwe in Bayreuth und lässt sich von ihr sein Bildnis geben.
Die Frage nach dem Einfluss Jean Pauls auf Schumanns künstlerische Tätigkeit wird später zu erörtern sein. Wie es im Menschen Schumann damals aussah, das zeigen am besten die ersten der uns erhaltenen Briefe, in denen er sein übervolles Herz mit echt Jean Paulscher Ueberschwenglichkeit offenbart.
Mittlerweile war das Abiturientenexamen herangekommen. Die Frage nach Roberts künftigem Lebensberuf musste entschieden werden. Die Entscheidung fiel, wie sie unter den obwaltenden Umständen fallen musste. Dem besorgten Drängen der Mutter nachgebend, entsagte Robert dem Künstlerberuf und liess sich am 29. März 1828 als stud. jur. an der Universität Leipzig immatrikulieren. Er traf hier seinen Gymnasialfreund Emil Flechsig wieder, mit dem er eine gemeinschaftliche Wohnung verabredete, sowie den Bruder seiner Schwägerin Therese, den stud. jur. Moritz Semmel, und durch dessen Vermittlung den stud. jur. Gisbert Rosen, eine Bekanntschaft, welche alsbald unter dem Zeichen Jean Pauls zu einem beiderseits mit schwärmerischer Liebe gepflegten Freundschaftsbund erwuchs. Rosen liess sich sogar bestimmen, dem Freunde nach Zwickau zu folgen, wo Schumann noch sein Abiturientenexamen abzulegen hatte; er war Zeuge des Jubels im elterlichen Hause, als dieses mit dem glänzendsten Erfolge verlief. Nun begann für die beiden Freunde eine Zeit seligsten Schlaraffenlebens. Robert durfte den nach Heidelberg übersiedelnden Freund nach München begleiten, eine Reise, die die beiden jugendlichen Schwärmer zu einer Pilgerfahrt nach Bayreuth benützten, der geweihten Heimatsstätte ihres Abgotts Jean Paul. Von hier ging die Reise über Augsburg nach München. Hier öffnete ihnen eine Empfehlung von Schumanns Augsburger Bekannten den Zutritt zum Hause Heinrich Heines, der damals mit seinen vor kurzem erschienenen Reisebildern und dem Buch der Lieder bereits die erste Staffel seines Ruhms erklommen hatte. Mehrere Stunden verlebte der junge Schumann bei dem Dichter, dessen Lieder zwölf Jahre darauf von seiner Hand eine neue, verklärende Weihe erhalten sollten.
In München schlug aber auch zugleich die Stunde der Trennung für die beiden Freunde. Nach schmerzbewegtem Abschied reiste Schumann nach Zwickau zurück, um von hier aus Mitte Mai nach Leipzig überzusiedeln. Es war ein schwerer innerer Konflikt, den er mit sich hinübernahm in die Studentenzeit. Ohne sich es selbst zu gestehen, war er innerlich fest entschlossen, sich der Kunst in die Arme zu werfen. Aber noch hielt ihn die zarte Scheu vor dem Willen der Mutter zurück. Erst der „eiskalten“ Wissenschaft war es beschieden, ihn zur vollen Klarheit über den bedeutungsvollsten aller Lebensentschlüsse hindurchzuführen.