Читать книгу Das Tango-Verwirrspiel - Herwig Riepl - Страница 11

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Erotischer Tango-Argentino

Die Tangoschule liegt mitten in Fürstenfeldbruck und bietet viele verschiedene Kurse an. Für Neulinge genauso wie für Fortgeschrittene und Profis. TANGO-ARGENTINO steht groß über dem Eingang geschrieben. Daneben etwas kleiner. TANGO-RIOPLATENESE.

Erik schmunzelt: »Kannst du dich noch erinnern, was ich dir damals auf der Fähre von Buenos Aires nach Colonia del Sacramento in Uruguay erzählt habe. Der Fluss, den wir überquert haben, heißt Rio de la Plata. Davon ist das Wort RÍOPLATENESE abgeleitet. Da der Tango gewissermaßen auf beiden Seiten entstanden ist, in Montevideo wie auch Buenos Aires, ist dadurch diese Bezeichnung entstanden.«

Andrea weiß jetzt zwar, was es mit diesem Wort auf sich hat, doch leider ist die für sie so wichtige Geschäftsführerin nicht da, da sie zur Vorsorge über Nacht ins Krankenhaus eingeliefert wurde, werden sie von einer Putzfrau informiert. Darum fahren die Ermittler ein zweites Mal an diesem Tag in die Klinik. Zuerst sprechen sie mit einem Arzt und bekommen die genau gleichen Worte zu hören, die sie bei Schwester Anna gehört haben. Danach begeben sich die Ermittler zur Patientin ins Krankenzimmer.

»Frau Roswitha Steinberg? Polizei Fürstenfeldbruck. Ich bin Hauptkommissarin Andrea Steiner, mein Kollege Hauptkommissar Erik Ingvardsen. Fühlen Sie sich in der Lage, uns ein paar Fragen zu beantworten?«

»Natürlich! Fragen Sie nur.«

»Haben Sie die Person erkannt, als es zu diesem Vorfall kam?«

»Leider nein. Die Person kam von hinten auf mich zu, ich habe nichts gesehen, nur einen Stich gespürt. Zum Glück war noch ein Schüler hier, der genau in dem Moment aus der Umkleide kam, als ich attackiert wurde. Er hat auch ganz schnell die Rettung gerufen, sonst wäre ich jetzt vermutlich nicht mehr hier«, seufzt sie leicht aufgebracht.

»Hast du Feinde oder eine Ahnung, wer zu so einer Tat fähig ist?«, fragt Erik.

»Überhaupt nicht. Ich habe weder Probleme mit jemandem, noch wüsste ich, warum man mir so etwas antut. Für mich ist das ein vollkommenes Rätsel.«

»Denken Sie nach, wer etwas gegen Sie haben könnte! Kann es jemand von den Tänzern sein? Wir brauchen unbedingt Informationen von Ihnen! Gestern gab es einen sehr ähnlichen Anschlag auf eine Nonne. Vielleicht gibt es sogar einen Zusammenhang?«

»Ich kann Ihnen morgen natürlich gerne eine Liste der Schüler geben, aber ich glaube nicht, dass sie dabei wirklich fündig werden.«

»Also gut. Wir kommen morgen bei Ihnen vorbei. Vielleicht fällt Ihnen ja bis dahin noch etwas ein. Wiedersehen und alles Gute! Ah noch eine letzte Frage. Wie heißt der Schüler, der den Vorfall gesehen hat?«

»Herbert Sänger. Er wohnt gleich im ersten Haus links von der Tanzschule.«

Daraufhin fahren die Kommissare los, um die besagte Person zu befragen.

»Wie nichts?«, ärgert sich der Däne über die kurze Antwort, die er auf seine Frage bekommt, was der Schüler genau gesehen hat. »Du musst doch wenigstens irgendetwas gesehen haben. Frau Roswitha Steinberg hat uns erzählt, der Täter hat sie von hinten angegriffen, wurde durch dich gestört und ist schnell davon gelaufen.«

»Genau so war es. Aber ich kann nicht mehr sagen. Auch ich habe die Person nur von hinten gesehen. Mit Turnschuhen, Jeans und einem Kapuzen-Shirt. Da die Kapuze über den Kopf gezogen war, kann ich nicht mal sagen, ob es eine Frau oder ein Mann war. Aber zumindest als sportlich und schnell würde ich die Person beschreiben.«

»Mist!«, seufzt der Ermittler und verabschiedet sich.

Auf der Rückfahrt kaufen sie sich ein Grillhendl mit Semmel und Kartoffelsalat und beenden zu Hause bei Erik mit dem gekauften Essen ihren Arbeitstag.

»Magst du einen Wein?«, fragt er.

»Mir wäre zu diesem Essen eigentlich lieber ein Øl«, meint die Kollegin, worauf der Däne gleich zwei Bier aus dem Kühlschrank nimmt.

»Was war das nur für ein merkwürdiger Tag. Und niemand hat den Täter richtig gesehen. Das wirklich einzig Positive an der Sache ist, dass wir keine Leiche haben. Aber so planlos und verwirrt war ich auch schon lange nicht mehr«, seufzt er.

»Da hast du wohl recht. Mir geht es nicht anders. Es wirkt alles ein bisschen zerfahren. Ich habe auch keine Ahnung, was ich davon halten soll. Übrigens, apropos keine Leichen. Hast du eigentlich bei deinen viele Reisen schon mal irgendwo so ein Ritual oder eine Zeremonie mit Toten erlebt? Ich meine, etwas, das ganz anders ist, als es bei uns hier abläuft?«, will Andrea plötzlich wissen.

»Ja, so etwas habe ich wirklich erlebt und gesehen. Sogar gleich mehrmals. Einmal in Indien oder um es genauer zu sagen, Vārānasi ist sehr bekannt für seine Totenverbrennungen. Viele Hindus glauben, dem Kreislauf der Wiedergeburt nur in der heiligen Stadt Vārānasi zu entkommen. Wer dort stirbt, dessen Asche wird in den heiligen Fluss Ganges geworfen. Direkt am Fluss gibt es sogenannte Sterbehäuser, wo Menschen auf ihren Tod warten. Daneben türmen sich riesige Holzstapel und ein paar Meter weiter werden die Leichen auf Scheiterhaufen verbrannt.«

»Und das kann man sich als Tourist einfach so ansehen?«, unterbricht die Kollegin jetzt doch leicht angespannt und etwas schockiert.

»Die Leichen sind natürlich in ein Tuch gehüllt und liegen auf gestapelten Holzgerüsten. Aber ja, man kann trotzdem alles sehen und als Tourist zwischen den toten Körpern umherlaufen. Das Tuch ist natürlich relativ schnell verbrannt, dann raucht es aus dem Körper und Kopfhöhlen. Es ist nichts für Personen mit schwachem Magen. Die Leichenbestatter haben dort einen recht traurigen und schweren 24 Stunden Job und arbeiten sogar im Schichtbetrieb. Oft müssen Angehörige lange warten, bis sie an die Reihe kommen. Zehntausende Menschen kommen jedes Jahr nach Vārānasi, um dort zu sterben und es werden jedes Jahr mehr. Es ist für die Leichenbestatter ein leider endloser Job. Ich wurde von einer alten, sterbenden Frau gefragt, ob ich ihr ein bisschen Geld gebe, damit sie Holz für ihre Verbrennung kaufen kann. Das ist schon fast makaber, aber leider die absolute Realität. Für den Scheiterhaufen müssen die alten Leute selbst sorgen und aufkommen, sonst gibt es keine Verbrennung für diese Personen.«

»Wie grausam das nur klingt!«, seufzt Andrea jetzt doch recht bekümmert.

»Denk doch mal nach, bei der Erdüberbevölkerung heute ist das kein Wunder. Im Jahre 2020 kommen alleine in Indien über 17 Millionen neugeborene Menschen dazu, was die gesamte Einwohnerzahl von über 1,4 Milliarden Menschen in diesem Land bedeutet. Und die Tendenz ist natürlich jedes Jahr steigend.«

Die Kommissarin schüttelt nur den Kopf und Erik spricht weiter: »Übrigens, eine ganz andere Form von Begräbnissen habe ich in Indonesien erlebt. Genau genommen war das in der Bergregion Tana Toraja auf der Insel Sulawesi. Ich war so sehr fasziniert und habe binnen weniger Jahre gleich zweimal diese Begräbnisfeiern besucht und beiwohnen dürfen. Aber … die blutigen Opferrituale sind sicher nichts für schwache Nerven. Etwa eine Woche dauert so eine Trauerfeier, wofür man oft zwei Monate lang Bambushütten baut und bemalt, damit die Trauergäste, die durchaus auch 1000 Personen und mehr sein können, dort auch übernachten können. Unzählige Wasserbüffel und Schweine werden geschlachtet, um alle Besucher zu versorgen. Ich bin mit meinen Flipflops in so viel Blut gewatet, dass es zwischen den Zehen gequietscht hat. Die Kosten so einer Feier sind leider enorm. Letztendlich spart man sein ganzes Leben für den Tod. Manche Leichen liegen dadurch jahrelang zu Hause bei deren Familien, bis man endlich genug Geld hat, um sie auf diese traditionelle Art zu beerdigen. Es gibt aber auch Felsengräber, bei denen man in luftiger Höhe aufgebahrt wird. Für Babys, die im zahnlosen Alter gestorben sind, gibt es eine besondere Art der Bestattung …die sogenannten Baumgräber. Dafür werden in riesige lebende Baumstämme Löcher hinein gehackt, um diese Kleinstkinder hineinlegen zu können. Die Babys wachsen in deren Fantasie mit dem Baum weiter.«

»Auch wenn diese Erzählungen teilweise recht wild klingen, aber irgendwie beneide ich dich doch sehr, was du alles gesehen und erlebt hast«, sagt seine Kollegin.

Dann lächelt der Däne und sagt: »Kys mig!«

Darauf beugt sich Andrea zu ihm und küsst ihn ganz innig.

Dienstag, 7. März. Die morgendliche Besprechung in der Mordkommission Fürstenfeldbruck beginnt heute ohne die zwei Meier´s, die sich nach ihrer aufgebrummten Nachtschicht gerade erst ins Bett begeben haben und von der Streifenpolizei abgelöst wurden. Die restlichen sechs Anwesenden versuchen einen Weg zu finden, wie sie gegen diese Anschläge vorgehen sollen.

»Fakt ist, dass es sich dabei um ganz klare Mordversuche handelt, auch wenn zum Glück niemand ernsthaft zu Schaden kam. Darum sind es unsere Fälle. Das heißt, wir müssen das ganze Umfeld der beiden Personen durchleuchten«, beginnt Andrea die Diskussion. »Familie, Freunde, Nachbarn, Arbeitgeber und Kollegen. Das gesamte Programm«, seufzt sie etwas bedrückt.

»Lena und ich fahren jetzt gleich zu den Adoptiveltern der Nonne«, meint die Fallanalytikerin. »Danach werden wir uns um die männlichen Besucher, also die Mönche, dieses sogenannten Privat-Klosters kümmern.«

»Erik und ich machen uns in der Tangoschule auf die Suche nach Verdächtigen. Mike und Erika, ihr sucht alle Informationen über die zwei weiblichen Personen. Vielleicht meldet sich ja doch jemand mit Fotos nach dem gestrigen Aufruf«, ergänzt die Hauptkommissarin und beendet bereits schon wieder die Besprechung.

Nach einem kurzen Telefonat mit dem Krankenhaus erfährt Erik, dass die Patientin soeben entlassen und von ihrem Mann abgeholt wurde. Eine halbe Stunde später sitzen die Ermittler bei dem Ehepaar im Wohnzimmer.

»Herr Steinberg, wir haben gestern mit ihrer Frau gesprochen« … »meine Frau hat ihren Namen behalten. Ich heiße Dietmar Hofmeister«, unterbricht er kurz. »Oh, entschuldigen Sie. Haben Sie eine Ahnung, wer etwas gegen Ihre Frau haben könnte?«, fragt Andrea weiter.

»Franziska, also meine Frau sieht sehr gut aus. Vielleicht hat eine durchgeknallte eifersüchtige Frau eines Tanzschülers ihr so etwas angetan. Beim Tango kommt man sich sehr nahe. Diese Figuren und Bewegungen können recht erotisch aussehen und zu Eifersucht führen.«

»Denken Sie dabei an jemanden bestimmten?«

»Ich kenne die Schüler nicht und bin nur selten dort. Aber ich habe schon mehrmals lautstarke Auseinandersetzungen im Tanzsaal gesehen und gehört. .Also nehme ich an, dass es öfters vorkommt.«

»Du hast aber kein Problem, wenn deine Frau mit den Schülern so eng tanzt?«, fragt Erik nach.

»Ich glaube nicht, dass wir beide per Du sind« … »na dann eben Sie, damit SIE besser schlafen können«, unterbricht der Däne belustigt.

»Muss ich auf seine Frage antworten?«, will er plötzlich von der Hauptkommissarin wissen.

»Müssen Sie nicht. Das ist kein Verhör. Aber ich denke, Sie wollen doch auch den Vorfall an Ihrer Frau aufgeklärt haben, darum müssen wir natürlich auch solche Fragen an Familienangehörige stellen.«

»Nein, ich habe kein Problem! Zufrieden!?«, sagt er laut in Richtung Erik.

Der Kommissar sagt nichts, schaut aber den Mann so lange an, bis er dem Blick nicht länger standhält und aufsteht.

»Wir brauchen eine Liste aller Schüler und Angestellten«, meint der Däne zu Roswitha Steinberg. »Es muss ja in deinem Interesse sein, dass wir den Täter oder die Täterin ermitteln. Also, jeder noch so kleine Verdacht in Bezug auf eine Person sollte uns genannt werden.«

»Natürlich! Danke! Sie haben ja vollkommen recht, ich will auch, dass man die Person findet«, sagt die Frau entschlossen und steht auf. »Kommen Sie, wir fahren gleich in die Tanzschule.«

»Noch eine letzte Frage an den Gatten. Wo waren SIE gestern gegen 18 Uhr?«, fragt Erik nach.

»Das ist ja eine Frechheit, wie Sie sich benehmen. Ich werde mich über Sie bei ihrem Chef beschweren!«, sagt er aufgebracht, ohne auf die Frage einzugehen.

»Mein Chef ist in dem Fall eine Chefin und sitzt zufällig hier neben mir. Tun Sie, was Sie nicht lassen können!«

Bevor der Mann etwas sagt, klärt ihn Andrea erneut auf.

»Wir müssen solche Fragen stellen. Das sind Routine-Fragen, die wir auch vor Familienangehörigen nicht zurückhalten können. Sie wissen so wie wir, wie oft es auch zu Übergriffen unter Angehörigen kommt. Ich gebe aber zu, der Zeitpunkt dieser Frage ist ein bisschen unglücklich«, versucht die Kommissarin die Lage zu entspannen.

Alles was der Ehemann sagt ist: »Roswitha, soll ich dich fahren?«, da er weiterhin keine Lust hat und nicht gewillt ist, darauf zu antworten.

»Nein, das kann ich schon alleine«, meint sie recht selbstsicher und schaut ihn verwundert an.

Kurze Zeit später sind die Ermittler und die Tangolehrerin vor Ort, wo sich aktuell nur eine Putzkraft befindet. Es ist Vormittag und dadurch sonst niemand anwesend, darum gehen die Kommissare mit Frau Steinberg auch gleich direkt in ihr Büro. Dort fährt sie den Computer hoch und sagt zum Kommissar: »Ich möchte mich für meinen Mann entschuldigen. Der kann manchmal ein richtiges Ekel sein und leider hat er es nicht so mit Ausländern.«

Erik winkt ab, während sie kurz darauf bereits eine Namensliste der angemeldeten Personen ausdruckt.

»Gibt es außer den Schülern auch Angestellte hier?«, fragt Andrea.

»Zwei Tanzlehrer. Ein Mann und eine Frau. Gabriela Paez und Rainer Radinger, die Putzkraft Raonovic, die sie gerade gesehen haben und eine Art Hausmeister, Manfred Mahrer der für die Musikanlage, Licht und ähnliche Sachen zuständig ist.«

Auch diese Namen und Adressen bekommen die zwei Hauptkommissare ausgedruckt. Darauf verabschieden sie sich, doch bevor sie gehen, schauen sie etwas genauer die Bilder an den Wänden an.

»Sieht schon toll aus«, meint Andrea. »Auch die herrlich zusammen passenden Kleider und Farben von den Paaren!«

»Wenn Sie Interesse haben, wir haben auch Anfängerkurse, bei denen man immer sofort einsteigen kann«, sagt Frau Steinberg und reicht den Kommissaren zugleich eine Broschüre.

»Ich glaube nicht, dass Tanzen etwas für mich ist, doch zum Ansehen und beobachten ist es sehr schön. Aber wir kommen heute nochmals vorbei, um ein paar Befragungen durchzuführen, die Kurse beginnen ja bereits am Nachmittag, wie ich hier sehe«, informiert sie noch der Däne.

Bevor die Ermittler zum Auto gehen, können sie bereits den Namen der Putzfrau streichen, da sie teilweise hinkt und alles andere als sportlich und schnell wirkt. Außerdem reinigt sie meist nur vormittags, wo niemand anwesend ist und sie auch nur ganz selten ihre Chefin sieht. Eine halbe Stunde später ist das Ermittler-Duo im Büro der kriminaltechnischen Untersuchung angekommen.

Gabi, die Chefin der Spusi schüttelt den Kopf. »Leider gibt es keine Spuren. Absolut nichts. Die Spritze wurde mit Handschuhen angefasst. Es gibt Faserspuren an der Jacke der Nonne, aber die können natürlich bei jeder Berührung und Begrüßung übertragen worden sein. Tut mir leid, wir haben sozusagen so gut wie nichts.«

Als beide wieder im Büro sitzen, meint Andrea: »Aufbauend sind diese ganzen Informationen nicht. Wir kommen überhaupt nicht weiter. Auch wenn das jetzt makaber klingt, ein Fall mit einer Leiche ist einfacher.«

Der Kollege rümpft die Nase, muss ihr aber recht geben. Erika kommt ins Büro der Hauptkommissare und sagt: »Hier ist jemand für euch, der sich zu dem Aufruf aus dem Radio gemeldet hat.«

»Super, schick ihn gleich rein«, meint Andrea recht erfreut und begrüßt kurz darauf voller Euphorie einen Mann um die 30 Jahre. »Setzen Sie sich. Haben Sie etwas beobachtet, was bei den Nonnen passiert ist?«

Der Mann grinst über das ganze Gesicht, dann schaut er zum Dänen und sagt ganz locker. »Ehrlich gesagt, wollte ich nur einmal den Vollidioten in Strapsen sehen, der in der Zeitung abgebildet war und Polizist sein soll.«

Die Hauptkommissarin springt so heftig auf, dass dabei der Bürostuhl nach hinten rollt und ins Regal knallt, während sie schreit: »Raus! Ganz schnell raus, sonst gibt es eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung!«, wobei der Mann kichernd wieder das Büro verlässt.

Erik sagt nichts, doch seine Kollegin ist aufgebracht und verärgert. »Vielleicht war die Wette doch keine so gute Idee«, meint sie mitfühlend.

»Ich habe wirklich schon schlimmere Tiefschläge erhalten, mach dir keine Gedanken. Aber … du kannst mich ja heute Abend trösten und verwöhnen, indem DU Strapse und Strümpfe trägst«, lächelt Erik sie an.

»Du möchtest also deine sexy Chefin superscharf erleben. Vielleicht auch noch geschminkt und gestylt?«, schmunzelt sie zurück.

Erik schaut mit leuchtenden Augen auf die Uhr. »Mit knallig dunkelblauen Augenlidern. Wie viele Stunden sind es noch bis zum Abend?«

Andrea öffnet an ihrer Bluse für einen tieferen Einblick einen Knopf mehr und meint: »Als kleiner Vorgeschmack.«

Leider währt dieser nicht lange, da Mike ins Büro kommt und meint: »Jemand hat uns ein Video geschickt. Es wurde von einer Wohnung aufgenommen, die genau gegenüber dem Tatort liegt.«

Sofort gehen beide mit dem Kollegen mit und schauen sich die Aufnahme an. Trotz guter Qualität sehen alle nur das, was der Hauptkommissar schon gesehen hat. Ein Clown, welcher gezielt von hinten auf die Nonne zu geht und ihr seitlich in den Nackenbereich eine Nadel sticht. Es ist unmöglich zu erkennen, ob die Person männlich oder weiblich ist, aber alle drei sind sich sehr sicher. Frau Schmalzinger war kein Zufallsopfer.

»Danke Mike. Zumindest wissen wir jetzt, dass es ein klarer Mordversuch war«, sagt Andrea.

In der Zwischenzeit sind Lena und Miriam in Germering angekommen. Sie haben Glück, gleich drei Glaubensbrüder sind heute hier anzutreffen. Schwester Anna bringt die zwei Ermittlerinnen sofort in den Aufenthaltsraum.

»Wie kommt man eigentlich auf diesen Namen ›Klösterle Magdalena‹?«, will Lena wissen.

»Der Name besteht schon seit sehr langer Zeit. Maria Magdalena ist ja Schutzpatronin der Frauen, der Verführten und reuigen Sünderinnen«, sagt die Nonne.

»Gibt es hier Gründe für Verführte oder reuige Sünderinnen?«, fragt die Fallanalytikerin etwas neugierig.

»Ich habe mir den Namen nicht ausgedacht«, versucht Anna zu erklären und lächelt dabei. »Außerdem weicht unser Glaube ein bisschen von dem christlichen Glauben ab, wie Sie ihn vielleicht kennen.«

»Das heißt, hier geht´s schon auch mal richtig zur Sache?«, fragt Lena und wird mit großen Augen von Miriam und der Schwester angeschaut. »Äh … ich meine, es kann also auch zu einer sexuellen Handlung kommen?«

»Es kam schon mal vor, dass ein Glaubensbruder über Nacht geblieben ist. Aber fragen Sie mich nicht, was er getan hat.«

»Wie ist das bei Ihnen?«, fragt Lena interessiert weiter.

»Ich will mich dazu nicht äußern. Aber ich kann Ihnen den Grund sagen, warum ich hier bin. Hier fühle ich mich in der Gemeinschaft beachtet und habe das Gefühl, wie in einer Wohngemeinschaft zu leben.«

»Können wir jetzt mit den drei Brüdern sprechen? Aber bitte nacheinander«, sagt Miriam.

Ein Bruder Abraham sagt: »Das ist ja schrecklich. Wer macht denn so etwas?«

»Das versuchen wir jetzt rauszufinden. Erzählen Sie einfach mal, welche Aufgabe Sie hier haben und wie der Umgang mit den Nonnen verläuft«, beginnt Lena das Gespräch.«

»Wir sind eine christliche Gemeinschaft. Wir beten gemeinsam, halten Gottesdienste, wozu auch ein Pastor immer eingeladen wird. Außerdem ist das Klösterle ein sogenannter Selbstversorger. Das bedeutet, Eigenanbau von Obst und Gemüse sowie die Freilandhaltung von Hühnern und Gänsen. Sogar Apfelsaft wird hier selbst gepresst. Wir haben einen festen Stand auf dem Wochenmarkt und verkaufen einen Teil unserer Ernte. Für uns männliche Mitglieder gibt es zusätzlich noch genügend Reparaturarbeiten und die ständige Instandhaltung verschiedener Gebäude. Das sind ja keine Neubauten, die haben auch schon weit über 100 Jahre auf dem Buckel.«

»Wie sieht es finanziell aus? Selbstversorger klingt gut, aber irgendwo muss sicher auch noch Geld herkommen?«

»Es gibt keine nennenswerten finanziellen Belastungen zu begleichen. Deshalb reichen uns als Einnahmen die regelmäßigen Spendengelder und ein paar Löhne von den Nonnen. Außerdem unterstützen wir Glaubensbrüder ebenfalls das Klösterle. Wir arbeiten natürlich ohne Entgelt und da die meisten von uns auch einem Beruf nachgehen, spenden wir selbst einen Teil unseres Lohnes.«

»Bei allem Respekt für Ihren Glauben. Ich frage Sie jetzt ganz konkret. Gibt es hier auch intime Freundschaften?«, will Miriam wissen.

»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe keine Ahnung, wer was macht. Aber … wir haben hier kein Gelübde auf unseren Glauben abgelegt. Wahrscheinlich würden Sie sagen, wir sind eine freie recht offene Gemeinschaft, die einfach alles etwas lockerer sieht. Ganz so ist es aber nicht, hier gibt es keinen Gruppensex, falls sie das wissen wollen, aber niemand wird wegen einer sexuellen Handlung verstoßen.«

»Waren Sie hier mit einer Schwester schon mal intim oder haben gar ein festes Verhältnis?«

»Ja, auch ich habe schon mal die fleischliche Lust mit einer Nonne erlebt, mehr will ich aber dazu nicht sagen.«

»Eine letzte Frage. Wie kommen Sie mit Schwester Anna aus … war sie eventuell sogar die Glückliche ihrer Fleischeslust?«, fragt Lena etwas schmunzelnd weiter.

»Wir verstehen uns sehr gut und kommen bestens miteinander aus. Aber ich will auf ihre weitere Frage nicht antworten«, sagt er, wobei für Lena diese Antwort bereits alles erklärt.

Die Polizeioberkommissarin blickt zu Miriam, welche nur nickt und damit das Gespräch beendet. Die anderen zwei Glaubensbrüder bringen keine weiteren neuen Erkenntnisse für die Ermittlerinnen.

Kurz nach Mittag treffen alle im Polizeipräsidium ein. Auch die Meier´s sind wieder fit und bei der Gesprächsrunde dabei. Sofort berichtet jeder von seinen neuesten Recherchen. Den Clown zu suchen, haben aber alle endgültig begraben. Andrea berichtet aus dem Tangostudio, wobei man erst jetzt am Nachmittag mit der Befragung der Schüler beginnen kann. Lena erwähnt, die Adoptiveltern pflegen ein gutes Verhältnis zu Anna. Die leibliche Tochter haben sie leider nicht angetroffen. Miriam erzählt von der Glaubensgemeinschaft bei Germering und meint, dass sie nicht die ganz christliche Einstellung zu pflegen scheinen. Als sie dies noch etwas deutlicher erklärt, grinst natürlich der 2er, drückt dabei recht deutlich mit seiner Zunge gegen die Wangeninnenseite und klopft mit seiner flachen Hand auf die Öffnung, die er mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand anzeigt.

»Dem Glauben trete ich auch bei. Jeder mit jedem und wenn die Nonnen alleine sind, werden sie schon wissen, wofür man Kerzen auch noch verwenden kann.«

»Danke für den äußerst geistreichen Kommentar. Du kannst ja Mönch werden und dort anfragen, damit du deine angedeuteten Gesten bei den Nonnen erfüllt bekommst! Ihr zwei dürft jetzt die Nachbarn des Klösterle befragen. Vielleicht hat dort jemand etwas gehört oder gesehen«, verteilt Andrea die Arbeit, um die Meier´s gleich wieder los zu werden.

»Drei Paare aus der fortgeschrittenen Tango-Schülergruppe sind jetzt am Nachmittag zu Hause anzutreffen. Hier sind die Adressen«, sagt Mike und reicht den Zettel weiter.

»Na gut. Lena und Miriam, kümmert ihr euch um diese Personen, Erik und ich fahren zu den Anfängern ins Studio.«

Damit sind die Aufgaben für den restlichen Tag auch schon verteilt. Davor aber gibt es für die beiden Kommissare eine Leberkäsesemmel und danach eine Zigarette. Erst dann fahren sie ins RÍOPLATENESE.

Zuerst begeben sich die Ermittler in den Milonga, welcher der große Tanzsaal sein soll, wo sich aber niemand befindet. Dann gehen sie der Musik nach und kommen in den Practica, den Übungsraum für Anfänger. Dort schauen sie zuerst einfach ein bisschen zu. Eine Frau die Südamerikanerin sein könnte, zeigt diverse Figuren und Drehungen, während darauf etwa zehn Paare ihre Anweisungen befolgen und versuchen, diese auch umzusetzen. Die Bilder die am Eingang hängen, haben aber nichts mit dem zu tun, was die Kommissare hier sehen. Die Schüler tragen teilweise Leggins und Jeans und zeigen sich nicht in diesen schönen Kleidern und Posen, wie die abgebildeten Paare bei richtigen Wettbewerben. Erik schaut ein bisschen bei der Musik nach und sieht typische Tangomusik für Anfänger. Carlos di Sarli, Juan D`Arienzo, Alfredo de Angelis oder Francisco Canaro, alles Argentinier aus früherer Zeit.

»Um 1880 begann man in der Rio de la Plata-Region Milonga zu tanzen. Danach kam der ernstere Tango, der durch seine cortes y quebradas, das sind Schnitte und Brüche, sich von dem fließenden Milonga unterscheidet. Ganz typisch beim Tango sind ja die Pausen und Posen. Carlos Gardel, der, wie er selbst behauptete, aus Uruguay stammte, hat um 1917 mit dem Lied Mi noche triste die Ära der Tangolieder eingeleitet. Er ist sicher einer der bedeutendsten Tango-Sänger überhaupt. Eines seiner bekanntesten Lieder heißt Por una cabeza«, erklärt der Däne seiner staunenden Kollegin.

Die Tanzlehrerin hat natürlich erkannt, dass die Ermittler offenbar auf sie warten, kommt zu ihnen und fragt: »Hola. Mi nombre es Gabriela Paez. Kann ich Ihnen helfen? ¿Te gustaría particibar en el curso?«

»Buenos tardes. Muchas gracias. Nein, wir wollen keinen Kurs belegen«, lacht der Däne. »Pero tenemos algunas preguntas.«

»Das habe ich mir schon gedacht, dass es Fragen geben wird«, sagt sie ganz locker und ruft über die Tanzfläche. »Pablo, ¿puedes seguir ensenañdo por un momento, por favor? Entschuldige, ich spreche manchmal etwas Durcheinander, ich komme aus Buenos Aires.«

Nachdem die Lehrerin Gabriela einen Pablo gebeten hat, ihren Job zu übernehmen, gehen die drei in das Büro, wo die Kommissare heute Vormittag schon die Liste der Teilnehmer bekommen haben. Ganz selbstverständlich greift die Tanzlehrerin zu einer Zigarette, fragt ganz kurz: »Stört es euch« und bekommt zugleich Feuer von Erik gereicht.

»Wenn wir mitrauchen dürfen?«, erwidert Andrea erfreut.

»Seguro!«, ist die kurze Antwort, dann ziehen auch schon die ersten Nebelschwaden durch den Raum.

»Ich denke, wir bleiben jetzt lieber bei der deutschen Sprache. Wie ich höre, sprichst du diese besser als ich«, beginnt der Kommissar und bekommt als Dank dafür einen lippenstiftroten Kussmund angedeutet. »Du hast sicher gehört, was hier gestern Abend mit deiner Chefin passiert ist« … »ja, recht schöne Scheiße«, unterbricht sie und sagt es nicht sehr fraulich, aber zumindest können die Ermittler klar erkennen, dass sie die Sprache beherrscht. »Hast du eine Ahnung, ob sie Feinde hat oder wer so etwas gemacht haben könnte?«

»Oje, du bringst mich in Schwierigkeiten. Namen zu nennen, ohne zu wissen, was sie damit zu tun haben, mag ich eigentlich nicht. Manchmal in Rage, sagt man viel, aber … nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.«

Erik blickt fragend zu seiner Kollegin, die lächelt und meint:

»Ein weiteres neues Sprichwort für dich.« Dann wendet sie sich an die Tanzlehrerin und sagt: »Trotzdem wäre es für uns sehr hilfreich, wenn Sie« … »du, wir sind ja nicht bei Gericht«, unterbricht sie kurz. »… wenn du uns solche Personen-Namen nennen kannst, damit wir sie überprüfen können.«

»Uns erwartet heute Abend noch eine aufregende Sache, darum würde meine Kollegin gerne schnell zum Ende kommen und die Ermittlungen abschließen«, sagt der Däne grinsend.

»Na dann, wenn das so ist, will ich wegen dem aufregenden Vorhaben keine Bremse sein«, schmunzelt die Argentinierin.

»Das Problem bei den Anfängerpaaren ist, dass sie mit den Bewegungen und Posen nicht vertraut sind. Im Tangotanz spielen Frau und Mann miteinander. Das kann sehr erotisch aussehen und natürlich bei manchen Personen durchaus zur Eifersucht führen. Ich persönlich kann mich an drei Fälle erinnern, wo es zu Diskussionen kam, die teilweise lautstark beendet wurden. Zweimal waren es eifersüchtige Frauen, die nicht ertragen konnten, wenn ich oder die Chefin beim Vortanzen mit deren Partner ganz nah an ihr Gesicht kam und mit dem Bein langsam über seine Beine glitt. Einmal war es umgekehrt, da wir auch einen männlichen Tanzlehrer haben.«

»Können wir von den drei Paaren die Namen bekommen?«, fragt Andrea nach und sieht bereits, wie die Latina am Computer ein paar Eingaben macht und ein Blatt ausdruckt.

»Es gibt noch etwas, das hier manchmal passiert ist. Meist betrifft es ja die männlichen Schüler. Sie verlieben sich in die Chefin oder auch in mich. Roswitha ist hübsch, schlank, schwarzes wuscheliges, kurzes Haar, blaue Augen. Auch für mich sieht sie sehr reizend aus und wenn sie geschminkt, elegant gekleidet und in High Heels mit so einem Jüngling tanzt, da bekommt so mancher Schüler auch weiche Knie. Deren Partnerinnen, Ehefrauen oder Freundinnen gefällt dies sicher nicht immer. Auch Dietmar, ihr Mann sieht das nicht gerne. Mir selbst ist es egal. Ich bin überzeugte Single und muss auf niemanden Rücksicht nehmen. Viele Männer in Deutschland mögen den argentinischen Latino-Look«, sagt sie strahlend überzeugt zu beiden Ermittlern und deutet dabei an, dass sie durchaus mal nach dem Tangokurs auch noch mit einem Jüngling im Bett weiter tanzt.

»Ich muss dich trotzdem fragen. Wo warst du gestern um 17 Uhr?«, will Erik wissen.

»In München in einem Kino. Zusammen mit drei Freundinnen.«

»Da bin ich aber froh! Eine hübsche Verdächtige weniger!«, sagt der Däne schmunzelnd. »Trotzdem brauche ich die Namen deiner Freundinnen. Übrigens, ist jemand von dieser Namensliste jetzt anwesend?«

»Susanne und Martin Dorfler sind hier. Die Seehauser`s kommen später zu Roswitha´s fortgeschrittenen Kurs. Das dritte Paar, Hilde und Fritz Weberer hat im Streit den Tanzkurs vor einer Woche beendet.«

Nach der typischen Latino-Verabschiedung mit einer links rechts Kuss-Kombination begeben sich die Kommissare zurück in den Practica. Andrea erinnert sich natürlich sofort an den Weihnachtsurlaub in Uruguay, wo sie während der zwei Wochen mehr geküsst wurde, als in den letzten 20 Jahren zu Hause in Deutschland.

»Susanne und Martin Dörfler! Dürfen wir euch kurz sprechen«, fragt der Kommissar und stellt sich und die Kollegin vor.

Etwas erstaunt geht das Tanzpaar mit den Ermittlern mit ins Büro.

»Haben wir falsch geparkt?«, fragt die 23 jährige Frau etwas schnippisch. »Der Kurs ist nicht billig und wir werden nicht besser tanzen, wenn wir hier im Büro sitzen«, informiert sie die Ermittler gleich.

»Es geht auch ganz schnell. Ihr habt sicher schon gehört, gestern wurde auf Roswitha Steinberg ein Anschlag verübt. Habt ihr eine Ahnung, wer etwas gegen sie hat oder wer ihr das angetan haben könnte?«

Da beide nur den Kopf schütteln, fragt der Däne gleich weiter: »Susanne, ist es nicht so, dass du eifersüchtig warst oder bist, wenn die Lehrerinnen mit deinem Mann diverse Übungen und Tanzschritte vorführen.«

»Auf die bin ich doch nicht eifersüchtig«, meint sie recht kühl und lässig.«

»Wir haben aber gehört, dass es sogar lautstarke Auseinandersetzungen zwischen Ihnen und Ihrem Mann gab«, schaltet sich jetzt Andrea ein.

»Mei, wenn diese Tussi meint, meinem Schatz schöne Augen zu machen, muss ich halt auch einmal etwas lauter werden. Deshalb bin ich noch lange nicht eifersüchtig!«

»Wir haben ganz normal vorgetanzt, so wie sie es auch mit allen anderen Schülern zeigt. Du hast leider den Tango noch immer nicht richtig kapiert«, ermahnt der Ehemann seine Frau. »Wenn du so nervig weiter machst, ist es wirklich besser, wir hören damit auf.«

»Glaubst du, ich habe nicht gesehen, wie du ihr immer auf die Netzstrümpfe schaust, wenn sie solche getragen hat.«

»Du bist krank. Das habe ich dir schon mehrmals gesagt. Ich darf niemanden anschauen. Weder eine Frau an der Supermarktkasse noch die Nachbarin oder Bäckerin. Völlig egal. Du bist notorisch eifersüchtig. Ohne Grund!«

»Wo warst du gestern um 18 Uhr«, fragt der Hauptkommissar weiter.

»Keine Ahnung wo ich war? Mein Gott, zusammen mit meinem Mann.«

»Das glaube ich nicht? Ich habe bis 18 Uhr gearbeitet«, antwortet er verwundert.

»Du bist doch nur saublöd!«, sagt sie, verlässt das Büro und kurz darauf auch die Tanzschule. Ihr Mann schaut recht verdutzt, dann meint er: »Ah richtig, ich bin ja früher nach Hause gekommen. Wir waren zusammen. Kann ich jetzt gehen?«

»Kannst du, wenn du uns noch sagst, wo du arbeitest«, willigt der Däne ein.

»Ich bin Maler-Geselle und arbeite beim Seemeister hier in Fürstenfeldbruck.«

Dann geht er ohne sich zu verabschieden und greift sofort zu seinem Mobil-Telefon. Erik blickt seine Kollegin an, zuckt mit den Schultern und meint: »Jetzt ruft er mit seinem Hääändy seinen Chef an, dass er uns bei einer Befragung sagt, er ist gestern schon um 17 Uhr gegangen.«

Der Däne liebt es, das für ihn unsinnige deutsche Wort für Mobil-Telefon, welches englisch klingen soll, in die Länge zu ziehen und ein bisschen lächerlich zu machen.

Die Kollegin seufzt bedauernd: »Sieht leider danach aus. Ich glaube, ich brauche eine Zigarette« und zündet sich zugleich eine an.

»Sag mal, was hältst du davon, wenn wir hier eine versteckte Ermittlerin einschleusen? Ich befürchte ansonsten, hier werden wir nicht viel erfahren, aber als Tanzschüler könnte man auf wichtige Informationen stoßen.«

»An wen hast du dabei gedacht?«, fragt Andrea leicht skeptisch.

»An wen wohl? Unser blondes Nesthäkchen natürlich! Wer so sicher mit Stöckelschuhen gehen und sogar laufen kann, würde auch mit dem Tanzen klar kommen. Außerdem habe ich Lena schon einmal gesagt, das würde zu ihr passen. Und wer weiß, vielleicht findet sie wirklich wichtige Informationen und möglicherweise auch einen neuen Freund?«

Andrea überlegt und muss erkennen, dass diese Idee gar nicht so schlecht ist. »Du meinst, Lena findet dabei einen Stecher und lässt dich endlich in Ruhe!«, grinst sie. »Wir können sie ja fragen, dann kann ich einen Antrag stellen.«

»Lena braucht halt manchmal ein paar Streicheleinheiten«, sagt Erik, greift zu seinem Mobil-Telefon und meint: »Das werden wir gleich wissen …. Hallo Blondie, ich bin´s. Sag mal, hast du vielleicht Interesse, an einem Tangokurs für Anfänger teilzunehmen?«

»Wie kommst du auf diese Idee?«, hört er sie verwundert fragen.

»Als versteckte Ermittlerin, eingeschleust so zu sagen. Andrea hat gesagt, vielleicht findest du dabei auch einen Stecher und musst dich nicht dauernd an mich ran werfen.«

Dann hört der Kommissar ein amüsiertes Kichern aus dem Telefon, bis sie schließlich meint: »Klingt gut, mache ich gerne. Aber, … sag mal, hast du das Telefon auf laut?«

»Nein, sprich nur.«

»Du bleibst mein heimlicher Stecher!«, sagt sie trotzdem im Flüsterton, da ihr bewusst ist, dass die Chefin sicher nicht weit vom Kollegen entfernt steht.

»Alles klar! Ich sag Andrea Bescheid … äh, ich meine, dass du den Kurs machen würdest«, grinst der Däne. »Zuerst muss dafür aber ein Ansuchen gestellt werden und ob dem auch stattgegeben wird, liegt nicht an uns. Du weißt, solchen Aktionen wird ungern grünes Licht gegeben, aber ein Versuch ist es auf jeden Fall wert. Bis später!«, damit legt er auf. »Andrea, du kannst die Anfrage machen. Lena würde gerne verdeckt ermitteln und am Tangokurs teilnehmen.«

Das Tango-Verwirrspiel

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