Читать книгу ... so antworte mit Ja - Herwig Riepl - Страница 11
ОглавлениеDer schönste Tag des Lebens
Andrea streckt sich, dann schmiegt sie sich ganz eng an den Dänen ran. »Go´ morgen mein Schokobär. Hast du gut geschlafen?«
Erik gibt ihr einen Kuss: »Wer neben so einer scharfen Chefin aufwacht, hat immer gut geschlafen!«
»Du bist lieb. Aber erinnere mich bloß nicht als Chefin an die Arbeit. Zurzeit ist es mal ruhig und ich hoffe, es bleibt eine Weile auch so! Aber gestern der Abend im Restaurant war traumhaft. Das war ein ganz neues Lebensgefühl.«
»Du hast recht. Wir sollten die mordfreie Zeit genießen«, nickt Erik zustimmend. »Aber diese Hochzeit heute … das begeistert mich nicht unbedingt.«
»Tu es bitte für mich. Sabine war damals wirklich eine tolle Freundin, auch wenn sie vier Jahre jünger ist. Dass ich sie nach so langer Zeit wieder getroffen habe und dies auch noch einen Tag vor ihrer Hochzeit ist ein Wunder. Ich freue mich für sie, ihren Mann und den fünfjährigen Sohn!«
»Bisher habe ich ja nur eine Schulfreundin von dir kennengelernt. Kannst du dich erinnern? Wie heißt sie noch … Brigitte. Damals als wir den Dessous-Fetischisten gejagt haben am FKK-Strand. Sie hatte diesen ausrasierten Spruch ›Küss mich‹ am Schamhügel stehen. Über sie hast du nicht so toll gesprochen«, kichert Erik.
»Erinnere mich bloß nicht an sie! Dieses Luder, die jedem nachsteigt und alles dafür tut, jemanden ins Bett zu bekommen!«, murmelt Andrea.
»Aber du musst zugeben, ihre Idee mit dem Schamhügel damals war ganz lustig«, schmunzelt der Kollege.
»Ja natürlich … Das geht bei mir halt nicht, du rasierst mich ja immer ganz glatt«, kichert sie, nimmt seine Hand und legt diese auf das Beweisstück.
»Weil ich es genauso liebe wie ich es gestern bei dir gemacht habe«, sagt er und will mit seinem Gesicht bereits nach unten gleiten.
»Jetzt aber ganz schnell raus aus dem Bett und fertig machen für die Hochzeit! Schau mal auf die Uhr?«, bekommt er als Anweisung zu hören.
Widerwillig steht der Kommissar auf, begibt sich ins Bad und ist immerhin bald darauf im schicken Anzug fertig angezogen. Seine Kollegin ist in dieser Sache keineswegs langsamer und versteht es immer wieder, sich schnell zu schminken und zu kleiden.
»Hübsch … aber gestern warst du aufregender angezogen«, sagt Erik.
»Gestern waren die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts angesagt, heute sind wir wieder in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts«, meint Andrea.
Der Däne seufzt: »Ich sehe es. Aber der blaue Hosenanzug sieht toll aus«, lobt er sie.
»Wie willst du mich zu unserer Hochzeit gekleidet sehen?«, fragt sie leicht verschmitzt.
Erik schmunzelt kurz und wartet mit seiner Antwort. Dann meint er: »Mit duftenden weißen Frangipani-Blüten im Haar, Kokosnuss-Schalen als BH, Baströckchen und barfuß. Ein kleine Band spielt und ich singe für dich.«
Pokarekare ana, gna wai o Waiapu
Whiti atu koe hine, marino ana e
E hine e, hoki mai ra
Ka mate ahau, i te aroha e
Andrea schluckt. Sie ist zwar nicht sicher, welche Antwort sie jetzt überhaupt erwartet hat, aber diese Aussage bringt sie doch ins Staunen und lässt sie gleich von der Südsee träumen. An das Liebeslied von den Maoris aus New Zealand kann sie sich erinnern, weil es ihr der Kollege schon einmal vorgesungen hat.
Auf der kurzen Fahrt zur Kirche wird nicht viel gesprochen. Irgendwie sind beide ein bisschen angespannt, da sie nicht wissen was sie erwartet.
»Wie heißt überhaupt der Bräutigam?«, fragt der Däne.
»Andreas Hambichler. Er ist Bauer in Jesenwang. Ich kenne ihn nicht. Dafür die Trauzeugin Sonja Stranger. Aber sie war mir nie sonderlich sympathisch. Hat sich damals ein bisschen wichtig gemacht und schon in der Jugendzeit mit dem Geld ihrer Eltern umhergeschmissen. Na egal, wir kommen ja nicht wegen ihr«, lacht Andrea.
Erik rümpft die Nase als er aussteigt und etwa 60 Hochzeitsgäste vor dem Kircheneingang stehen sieht. Sofort ärgert er sich, dass er sich gestern überrumpeln ließ und zugesagt hat und fühlt sich bereits vollkommen deplatziert.
»Steffi!«, ruft Andrea fast ein bisschen zu überschwänglich und laut, dass gleich ein paar Gäste auf sie schauen.
»Steffi, Erik, Erik, Steffi«, stellt die Hauptkommissarin die beiden vor und freut sich, noch jemanden zu kennen.
Der Däne lächelt. Er ist gleich groß wie Andrea und für einen Mann eher klein, aber die Frau die vor ihm steht ist nochmals 20 Zentimeter kleiner. Sie hat graumeliertes kurzes Haar, so eine Bubikopf-Frisur und sieht irgendwie interessant aus. Das Gegenteil von der wesentlich größeren, blonden Lena, aber trotzdem recht hübsch.
»Wieso warst du gestern beim Junggesellinnenabschied nicht dabei?«, fragt Andrea gleich interessiert.
»Ich hatte am Abend einen Job zu erledigen und war leider verhindert«, begründet sie die Abwesenheit.
»Und was arbeitest du oder musstest du an einem Samstagabend machen?«, fragt Andrea bedauernd, als jemand plötzlich laut ruft: »Alle in die Kirche, die Braut ist gleich da«, worauf die Hochzeitsgäste sofort losgehen.
»Erzähle ich dir alles später, wenn wir mehr Zeit haben«, flüstert Steffi nur. »Ich glaube, wir müssen jetzt zum schönsten Tag des Lebens von den beiden!«
Erik fühlt sich wie ein begossener Pudel und geht den zwei Frauen nach. Dabei blickt er sich ein bisschen um und stellt fest, dass fast alle Männer in einer wohl typischen Bayern-Tracht gekleidet sind. Bei den Frauen ist es eher gemischt, von bunten Trachten zum Hosenanzug bis schlichten Kostümen ist alles zu sehen. Zum Glück darf er Andrea folgen und muss nicht getrennt von ihr sitzen. Zumindest hat er von einer getrennten Frauen- und Männersitzordnung schon mal gehört und kann sich gut vorstellen, dass dies in manchen Kirchen noch heute so praktiziert wird. Recht schnell haben sich alle auf die Bänke gesetzt und blicken erwartungsvoll nach hinten, wo die Eingangstüre weit offen steht und gleich die Braut erscheinen soll. Andreas Hambichler steht bereits leicht nervös aber voller Erwartung bereit, um seiner Verlobten das Ja-Wort zu geben. Gleich daneben stehen auf einem Tablett vier bereits eingeschenkte Sektgläser bereit, die offenbar für das Hochzeitspaar und die Trauzeugen gleich nach dem Ja-Wort bestimmt sind. Das Gemurmel wird lauter, da sich minutenlang nichts rührt und der Wagen mit Sabine nicht vorfährt. Noch sind alle guter Dinge, aber mit jeder Minute die mehr verstreicht beginnen die Gäste auf ihre Uhren zu blicken und sich fragend anzuschauen.
»Andreas, vielleicht hat Sabine es sich doch überlegt und keine Lust auf dich und deinen Bauernhof!«, ruft jemand, womit ein leichtes Gelächter zu hören ist. Doch nach weiteren zehn Minuten des Wartens bekommt der Satz immer mehr Gewicht und man sieht mehr und mehr fragende Gesichter.
Erik schmunzelt und flüstert Andrea ins Ohr: »Vielleicht hat sie ja kalte Füße bekommen?«
Ein Sprichwort, dass er erst vor kurzem von seiner Kollegin gehört und erklärt bekam. »Ich habe ja gehofft, dass die Party schnell vorbei ist. Offenbar hat mich jemand erhört«, wofür er aber nur einen nicht begeisterten Blick und einen leichten Ellbogenstoß zu spüren bekommt.
Kurz darauf erklingt die Orgel mit dem klassischen Hochzeitsmarsch von Mendelssohn Bartholdy und der Däne muss mit Bedauern feststellen, dass seine Hoffnung sich nicht erfüllt hat. Als er die Braut sieht, welche von allen Gästen ein langgezogenes Ooooohhh zu hören bekommt, muss er fast grinsen. Ganz in weiß, in einem bodenlangen Kleid mit Schleier erscheint Sabine Höferich.
»Ich dachte, so ein Kleid gibt es nur bei Jungfrauen, aber die haben ja bereits einen fünfjährigen Sohn«, flüstert Erik zu seiner Kollegin, worauf er erneut einen leichten Ellbogenstoß zu spüren bekommt und lieber nichts mehr sagt.
Strahlend geht die Braut mit einem Mann, möglicherweise ihrem Vater, langsam den Mittelgang entlang bis zu ihrem Zukünftigen nach vorn, der sie schließlich die letzten paar Meter hoch zum Pfarrer bringt. Erik hat es nicht so mit dem Glauben, darum hört er auch gar nicht richtig zu, was der Priester alles zu sagen hat. Seine Gedanken hängen lieber am gestrigen Abend und der wunderbaren Idee, im 20er Jahre Stil gekleidet essen und tanzen zu gehen. Erst als er irgendetwas vom Bund der Ehe hört, kommt er gedanklich zurück in die Kirche und konzentriert sich wieder auf die eigentliche Trauung. Andreas Hambichler wird gerade gefragt, ob er die neben ihm stehende Frau zu seiner Gemahlin nehmen möchte.
Dabei denkt der Kommissar für sich: ›Wäre es eigentlich nicht ein Akt der Höflichkeit, zuerst die Frau zu fragen?‹
Aber dann erinnert er sich an die Katholiken, die Frauen noch nie großartig gewürdigt haben. Fast könnte man meinen, das weibliche Wesen ist wohl eher nur zum Kochen und Kinder bekommen erschaffen worden. Zumindest sieht man keine Frau im Vatikan in einer höheren Position. Auch das Priestertum hat ihnen die katholische Kirche verwehrt, was eigentlich schon alles über diese Religion aussagt und für ihn nichts mit Nächstenliebe zu tun hat sondern sehr frauenverachtend wirkt. Darum ist er auch froh, wenn es hier gleich vorbei ist und er schnell wieder aus der Kirche raus kommt.
»Ja«, erklingt es laut und deutlich, wobei die Hochzeitsgäste ehrfürchtig nach vorne schauen, freundliche Gesichter machen und so manche Person eine erste Träne laufen lässt.
Dann dreht sich der Pfarrer endlich zur Frau und stellt ihr dieselbe Frage. »Sabine Höferich, willst du Andreas Hambichler, den Gott Dir anvertraut, als Deinen Ehemann lieben, achten und ehren und die Ehe mit ihm nach Gottes Gebot und Verheißung führen. In guten und schlechten Tagen, bis der Tod euch scheidet, so antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.«
Da sie nicht gleich darauf antwortet und es ein paar Sekunden komplett still in der Kirche ist, verspürt man plötzlich eine gewisse Angst und Verwunderung aufsteigen. Der Pfarrer wartet auf das ›Ja‹, der jetzt halb verheiratete Ehemann macht große Augen und von den Hochzeitsgästen dringt eine leichte Unruhe durch die Kirche. Erik grinst in sich hinein und überlegt, ob sie plötzlich Angst bekommt und nein sagt oder ob es so etwas nur im Fernsehen gibt. Doch er hat nicht lange Zeit zu überlegen, da sie plötzlich recht hysterisch losschreit.
»Glaubst du wirklich, ich will dich notgeilen Bock heiraten, der gestern noch fremd gevögelt hat und heute früh im Bett einer fremden Frau aufgewacht ist?! Ich sage nicht nur nein zur Ehe, ich ziehe heute noch bei dir aus!«, faucht sie ihn giftig an. »Es ist aus und vorbei mit uns!«, schreit Sabine Höferich, die fast Braut ihren verdutzten fast Ehemann an.
Dann hebt sie ihr langes Brautkleid leicht an und läuft den Mittelgang Richtung Ausgang hinunter. Andreas Hambichler und die Hochzeitsgäste können gar nicht so schnell reagieren, da ist sie bereits verschwunden.
»Sag jetzt bitte nichts und komm mir nicht mit irgendwelchen Weisheiten!«, flüstert Andrea schnell zu Erik, der gerade dabei ist, den Mund aufzumachen.
Nach der plötzlichen Stille wird es aber sekundenschnell laut in der Kirche und es beginnen heftige Diskussionen der vielen konsternierten Gäste. Weder der perplexe Bräutigam noch die Trauzeugen hatten auch nur einen Funken Vorahnung dieser Absage erkannt. Alle schauen fassungslos vor sich hin. Nein, nicht alle. Ganz vorne ist eine Person aufgestanden und klatscht freudevoll zu diesem unerwarteten Ausgang.
»Bravo! Bravo! Wenn schon mein dummer Sohn nicht mitdenkt, hat wenigstens die Obergescheite eine Sekunde mal klare Gedanken gehabt«, jubelt der Vater des Bräutigams und bekreuzigt sich mehrmals.
Sonja Stranger, die Trauzeugin und Freundin der davongelaufenen Braut seufzt bekümmert auf, greift leicht frustriert aber auch geschockt nach einem bereit stehenden Sektglas und trinkt es in einem Zug leer. Die Diskussionen um das gerade Erlebte werden plötzlich zwischen den Hochzeitsgästen lauter und lauter. Auch der Pfarrer scheint so etwas noch nicht erlebt zu haben und ist völlig ratlos. Andreas Hambichler, der sitzengelassene Ehemann ist sekundenschnell weiß wie eine Wand geworden und setzt sich auf die Stufen.
»Meine Tochter ist keine Obergescheite sondern hat einen angesehenen Beruf erlernt!«, schreit plötzlich der Vater der Braut recht zornig. »Offenbar ist sie zur Besinnung gekommen, dass sie mit einem Gesindel wie euch nichts zu tun haben will!«, legt der Brautvater zum Gegenschlag nach.
Darauf gehen die zwei Väter aufeinander los und werden von ein paar Hochzeitsgästen leicht zurückgehalten. Mitten in diesem Tumult beginnt die Trauzeugin plötzlich zu würgen und kurz darauf fällt sie einfach um und sackt zusammen.
»Schnell, wir brauchen dringend einen Arzt«, ruft jemand, wobei Andrea und Erik zur am Boden liegenden Frau laufen und gleichzeitig den Notarzt verständigen. Doch sie röchelt nur noch, verkrampft und verliert kurz darauf das Bewusstsein.
Die Hauptkommissarin schaut entsetzt auf, dann meint sie nur: »Jetzt kannst du was sagen.«
Der Däne versucht ihren Puls zu ertasten, findet aber nichts und beginnt sofort mit einer Herzmassage und Mund zu Mund-Beatmung. Ein unter den Gästen befindlicher Arzt kommt schnell gelaufen und hilft den beiden Hauptkommissaren bei ihren Wiederbelebungsversuchen. Immerhin hat dieser Vorfall die zwei aggressiven Brautväter veranlasst, voneinander abzuhalten. Der Notarztwagen ist erstaunlich schnell vor Ort und übernimmt sofort die Reanimation. Doch auch ihnen gelingt es trotz modernster Technik nicht, die Frau zurück ins Leben zu holen. Nach zwanzig Minuten brechen sie ab und müssen den Kommissaren den Tod der Frau bestätigen.
»Also … dafür brauche ich keinen Autopsie-Bericht. Für mich ist das ein Giftmord. Ich würde also meiner Chefin vorschlagen, wir brauchen das ganze Programm. Gabi und ihr Team der kriminaltechnischen Untersuchung, unseren Klagenfurter Gerichtsmediziner, die Kollegen, auch wenn heute Sonntag ist und ein Bestattungsunternehmen«, sagt Erik bedauernd.
Andrea seufzt, das hat sie befürchtet. Dann ruft sie zu den Hochzeitsgästen: »Wir sind von der Polizei Fürstenfeldbruck. Ich möchte Sie bitten, dass alle hier in der Kirche verweilen. In wenigen Minuten kommen meine Kollegen und werden Ihre Personalien aufnehmen.«
Andreas Hambichler laufen die Tränen über das Gesicht, aber es ist nicht klar zu erkennen, ob der Auslöser der Tod der Trauzeugin oder die Absage seiner Verlobten ist. Auch Max Fux, der Trauzeuge hat Tränen in den Augen und die ganzen Hochzeitsgäste sind erneut geschockt.
»Bitte setzen Sie sich alle auf die Bänke nieder!«, ruft Erik, da es unter den Gästen ein leichtes Durcheinander gibt. »Und niemand fasst die Sektgläser an«, weist er Max Fux, Andreas Hambichler und den Pfarrer neben sich an. Trotzdem macht er schnell zur Sicherheit ein Foto des Tabletts mit den restlichen gefüllten Sektgläsern. Da ein paar Gäste sich erheben und die Kirche verlassen wollen, läuft er sofort nach hinten zur großen Eingangstür. »Einmal mehr, bleiben Sie alle sitzen. Das ist jetzt ein Tatort. Ich bin Hauptkommissar Ingvardsen. Wer die Kirche verlässt, wird von mir daran gehindert, notfalls sogar verhaftet«, sagt er, wobei er gleichzeitig denkt. ›Was für ein Unsinn. Ich habe weder Handschellen noch eine Pistole dabei und könnte gegen ein paar wenige Gäste schon nichts mehr ausrichten. Hoffentlich gibt es bald Verstärkung und die Meier´s kommen schnell. Der 2er schießt zur Not auch mal in die Luft … na ja, hoffentlich nur in die Luft.‹
Zum Glück dauert es nicht lange, bis die ersten Autos vor der Kirche, hier mitten im Zentrum von Fürstenfeldbruck eintreffen. Auch mehrere Streifenwagen sind dabei, um zügig die Personalien aller Hochzeitsgäste aufzunehmen.
Polizeioberkommissarin Lena Müller im knallroten Overall mit wilder blonder Mähne und ihren 12 Zentimeter hohen roten High Heels schreitet langsam und lässig den Mittelgang des Gotteshauses entlang als würde sie sich auf einem Laufsteg präsentieren wollen. Als sie die zwei Hauptkommissare sieht, pfeift sie ganz erstaunt durch ihren hübschen Schmollmund.
»Wie attraktiv ihr zwei. Und der Dansk Mand im Anzug aus der Neuzeit!«, sagt sie augenzwinkernd verführerisch in Anspielung auf die gestrige Garderobe. »Ja, so eine Hochzeit kann gefährlich sein, also überlegt es euch gut«, meint sie noch, als die Spusi und der Gerichtsmediziner einmarschieren.
»Grias eich! Wieda am Suntåg! Offenbår gibts imma noch Optimistn de heiratn und an die ewige Liebe glabn«, seufzt der Klagenfurter.
»Hallo Herwig«, sagt Erik weniger begeistert. »Und es gibt einen dänischen Hauptkommissar, der an die deutsche oder zumindest verständliche Sprache für Ausländer glaubt«, grinst er kichernd zurück.
»Natürlich Herr Wachtmeister. Für sympathische Dänen mach ich doch alles«, sagt der blonde Mediziner mit dem langen Zopf. Dann beugt er sich hinunter und schaut sich nach einer kurzen Information die Tote genauer an. Da es keine äußeren Verletzungen gibt, stellt auch er relativ schnell fest, dass es sich wohl um eine Vergiftung handeln könnte und will, dass die Leiche sofort in die Gerichtsmedizin gebracht wird.
Gabi und ihr Team können leider nicht viel in der Kirche ausrichten. Die Gläser mit Inhalt und das Tablett auf dem sie stehen, werden natürlich sofort sichergestellt. Des Weiteren auch die gekühlten Sektflaschen, die vor der Kirche bereit stehen, um vor allem zu kontrollieren, ob irgendwo durch den Korken ein Gift zugeführt und das Loch wieder versiegelt wurde.
»Wo ist eigentlich die Braut?«, fragt Miriam, da die Fallanalytikerin keine Hochzeiterin sehen kann.
»Die habe ich auch noch nicht gesehen. Vielleicht hat sie ja kalte Füße bekommen«, meint Lena belustigt, wobei sie recht streng von der Chefin angeschaut wird, da auch noch der fast Ehemann und der Trauzeuge dabei stehen und ihren Kommentar zu hören bekommen.
»Erzähle ich euch alles im Präsidium«, sagt Andrea kurz mahnend zu den beiden.
Die Meier´s und andere Polizisten haben gerade begonnen Personalien aufzunehmen, bis dem 2er bei der Ansammlung an Personen die Geduld reißt, er alle für ein Foto zusammen stellt und eine Hochzeitsgästeliste anfordert. Damit ist der Auftritt der Polizei auch schon beendet und die geladenen Gäste dürfen nach Hause gehen.
»Herr Andreas Hambichler. Ich bin Hauptkommissarin Andrea Steiner und leite die Ermittlung. Wie Sie jetzt mitbekommen haben, gehen wir nicht von einem natürlichen Tod aus. Um sicher zu gehen, müssen wir aber den Bericht der Gerichtsmedizin abwarten. Unabhängig davon, können Sie mir sagen, was Sabine, also Ihre … äh, fast Ehefrau gemeint hat?«
»Wenn ich das wüsste? Sie haben es ja gehört. Sie hat etwas von fremdgehen gesprochen, aber das habe ich nicht gemacht«, sagt er aufgeregt.
»Sie muss sich aber sehr sicher gewesen sein, wenn sie so eine Behauptung vor den ganzen Hochzeitsgästen macht. Das kam ja nicht plötzlich sondern recht überlegt. Ich bin übrigens Hauptkommissar Erik Ingvardsen, der Kollege.«
»Ich habe keine Ahnung, woher sie diese Idee hat. Jedenfalls stimmt es nicht, ich habe sie gestern nicht betrogen. Dafür war ich auch zu betrunken. Das können sie gleich mehrere Freunde von mir fragen, die gestern und heute dabei waren«, versucht er sich zu erklären.
»Sie müssen sich vor uns bestimmt nicht rechtfertigen. Das ist Ihre Sache. Ich bin nur überrascht, da ich gestern zufällig Sabine nach sehr langer Zeit wieder gesehen habe und für die Hochzeit heute eingeladen wurde«, meint Andrea.
»Und trotzdem bin ich gestern nicht fremd gegangen. Zugegeben, es ging heiß her. Meine Freunde hatten für mich den Junggesellenabend organisiert, es wurde natürlich viel getrunken, es gab auch eine Stripperin die mich anmachte, aber alles blieb im Rahmen.«
»Wie gut kennen Sie die Tote? Sonja Stranger?«
»Na ja, schon sehr gut. Sie ist … war eigentlich eine Freundin von Sabine. Also ich habe sie durch sie kennen gelernt, aber wir sind ja auch schon sechs Jahre zusammen und haben einen fünfjährigen gemeinsamen Sohn, den Xaver. Er hat hier unten in der ersten Reihe bei unseren Eltern gesessen und ist jetzt sicher draußen.«
»Weil Sie Eltern sagen, Ihr Vater war ja offenbar kein Befürworter dieser Hochzeit, wie wir alle soeben hören konnten?«, fragt die Kommissarin.
»Nein, das war er nicht, aber das ist eine längere Geschichte auf die ich jetzt keine Lust habe«, antwortet er genervt.
»Ist schon in Ordnung. Dafür habe ich vollstes Verständnis nach dieser … Aktion. Wir haben heute sicher noch mehr Fragen an Sie, aber zuerst müssen wir die Ergebnisse abwarten. Haben Sie eine Ahnung, wo Ihre Frau jetzt sein könnte?«, fragt Andrea noch, da sie unbedingt mit Sabine sprechen muss.
»Ich habe keine Ahnung, was der Auftritt hier jetzt sollte. Ich nehme an, sie ist nach Hause gefahren. Sie wohnt bei mir auf dem Bauernhof in Jesenwang«, sagt der nicht geheiratete Bräutigam geschockt.
»Herr Fux, Sie sind Trauzeuge von Andreas Hambichler. Können Sie uns vielleicht irgendetwas zu dem Vorfall sagen, das uns weiter helfen könnte?«, fragt die Kommissarin und ist nicht sicher, ob sie in die Hocke gehen oder auf den kleinwüchsigen Mann hinunter schauen soll.
»Na ja, das Nein von Sabine hat wohl niemand hier erwartet. Und warum jetzt Sonja sterben musste, dazu fällt mir auch nichts dazu ein«, antwortet er mit Tränen in den Augen.
Da die engsten Vertrauten eher alle unter Schock stehen, verabschieden sich die Kommissare vorerst und fahren ins Präsidium zurück.