Читать книгу Sex, Love & Rock'n'Roll - Hollow Skai - Страница 7
ОглавлениеBad Girls
1. Cher
„Wo immer Madonna in ihrer Karriere hinkam“, notierte Lothar Gorris 1998 im Spiegel, „Cher war schon längst dort gewesen.“ Sie selbst sah das ähnlich: „Es ist ein dreckiger und lächerlicher Job, Cher zu sein, aber irgendeiner muss ihn ja machen.“
Nachdem die Tochter einer Cherokee-Indianerin deutsch-französisch-irisch-englischer Abstammung und eines Armeniers 1964 Sonny Bono geheiratet hatte, wollte zunächst niemand ihre Single „Ringo, I Love You“ im Radio spielen: „Ich habe ja eine tiefe Stimme, und es gab Leute, die glaubten, da sänge ein schwuler Mann dem Schlagzeuger der Beatles ein Liebeslied.“
Nach der Scheidung von Sonny Bono war Cher auch solo erfolgreich. Die Ehe mit dem drogensüchtigen Südstaaten-Rocker Gregg Allman (Allman Brothers Band) hielt nur zehn Tage, Cher fand aber, „dass es mit jüngeren Männern immer gut“ gelaufen sei: „Ich sitze jedenfalls nicht zu Hause, verrichte Näharbeiten und warte darauf, dass ein Mann anruft.“ Die ihr zugeschriebene Anweisung „Nehmt ihn, wascht ihn und schafft ihn in mein Zelt“ hat sie zwar nie erteilt, allerdings hätte sie das nach eigenem Bekunden gerne getan.
Auch ihre Liaison mit dem Bon-Jovi-Gitarristen Richie Sambora war nicht von allzu langer Dauer. Und als habe der noch nicht genug unter der Trennung gelitten, wurde ihm auch noch vor Augen geführt, wer ihm den Laufpass gab: als eine der „fünf schönsten Frauen der Geschichte“ wurde Cher 1992 von Madame Tussaud in Wachs gegossen und ausgestellt.
2. Cherry Vanilla
Mit dem Songwriter und Schauspieler Kris Kristofferson verbrachte sie eine Nacht im legendären New Yorker Chelsea Hotel, mit dem griechischen Soundtrack-Komponisten Vangelis verband sie eine jahrelange Freundschaft, und für David Bowies Firma MainMan arbeitete Cherry Vanilla alias Kathleen Dorritie in den 1970er Jahren als Pressesprecherin, was ihr auch die Aufnahme zweier Alben ermöglichte: Bad Girl und Venus D’Vinyl. Da sie kein Kind von schlechten Eltern war, ging sie sowohl mit David Bowie als auch mit dessen Frau Angie ins Bett. Und eine Zeit lang war das selbsternannte bad girl nicht nur für Madonnas Biografen Andrew Morton die „sexy Königin des New Yorker Undergrounds“. Unter dem Titel Pop Tart veröffentlichte sie ein Buch mit Schwarzweiß-Fotos von sich in freizügigen Aufmachungen und anstößigen Posen, das später Madonna als Vorlage für ihr Sex-Buch dienen sollte.
3. Debbie Harry
Zu Beginn ihrer Karriere war Debbie Harry jedes Mittel recht, um die Aufmerksamkeit auf ihre Band Blondie zu lenken und Schallplatten zu verkaufen. Mal ließ sie sich als Dschungel-Königin im Sheena-Look fotografieren, mal in Hot Pants mit Stiefeln bis zum Knie, mal als Püppchen im Starlet-Stil der 1950er Jahre, und bei Live-Auftritten von Blondie gewährte sie den Fans schon mal einen Blick auf ihre Schlüpfer. Schon sehr früh hatte sie erkannt, dass „Äußerlichkeiten“ sich am besten verkaufen lassen, und als sie es zum Poster-Girl gebracht hatte, dessen Bild über den Betten pubertierender Jungs hing, fühlte sie sich geschmeichelt, dass man sie als Sexobjekt behandelte, weil Sex den höchsten Wiedererkennungswert hat.
Für den Rock-Kritiker Lester Bangs vereinigte die Rolle, die sie auf der Bühne spielte, „so ungefähr alles von dem in sich, was Mädchen ab einem gewissen Alter an Verruchtheit anzubieten haben und dem ich während meiner Schulzeit nachgejagt bin“. Für Bangs war Debbie Harry eben auch ein böses Mädchen, das mit genauso bösen Buben unterwegs war und diese ebenso in Schwierigkeiten brachte wie sich selbst. Seiner Meinung nach entsprach diese Rolle jener männlichen Vorstellung, dass Liebe eher etwas mit Brutalität als mit Einfühlungsvermögen und Verständnis zu tun habe: „Gäbe es irgendwie eine Möglichkeit, der Mehrzahl von Amerikas Männern zu erlauben, mit ihrem bevorzugten Poster-Girl ins Bett zu gehen und einen Nachmittag mit ihr anzustellen, wonach auch immer ihnen der Sinn stünde – 75 Prozent von ihnen würden sich meiner Ansicht nach dafür entscheiden, sie zu verdreschen.“
Bevor sie mit ihrem Freund Chris Stein 1974 Blondie gründete, hatte sie ihre Brötchen als Bunny im Playboy-Club verdient – eine Arbeit, die sie mal als „ziemlich abstoßend“ empfand und mal als einen Riesenjob für ein Mädchen, das eine Menge Geld verdienen möchte und nichts Richtiges mit sich anzufangen weiß.
Das Poster-Girl Debbie Harry wurde jedoch nicht nur von pubertierenden Jungs als Wichsvorlage benutzt, sondern auch von Mädchen wie der späteren Porno-Queen Traci Lords angehimmelt: „Als ich klein war, habe ich Blondie geliebt. Stundenlang stand ich vor dem Spiegel und sang in meine Haarbürste ,Heart Of Glass‘. Ich wollte wie Debbie Harry sein. Die Langweilerinnen aus meiner Klasse haben zu der Zeit Madonna verehrt.“ Debbie Harry selbst bekannte 1995: „Ich könnte mich ständig ausziehen. Ich bin eben ein richtig schlechtes Mädchen.“ Ihre Fans schwärmten noch 2010 von ihr und wählten sie in einer Umfrage des New Musical Express unter die „100 Most Beautiful People in the World“ – allerdings in der Kategorie „Beauty over 60“.
4. Wendy O. Williams
Die Queen des Shock Rock wurde im Staat New York geboren, trampte mit 16 aber nach Colorado, wo sie sich ihren Lebensunterhalt mit dem Häkeln von String-Bikinis verdiente. In New York City jobbte sie dann in einer von Rod Swensons Sex-Shows auf der 42nd Street, bevor sie mit ihm die Post-Punk-Band The Plasmatics gründete und halbnackt Geräte und Autos in die Luft jagte oder auf der Bühne Gitarren zersägte. Die Arbeit in einer Band war ihr lieber „als barfuß und schwanger in der Küche zu stehen“, und wenn sie einen Song anzählte, rief sie nicht „1, 2, 3, 4!“, sondern „One – two – want – to – fuck – you!“ In Anzeigen für Plasmatics-Platten wurde stets auf ihre „silikonverdächtigen straffen Brüste“ hingewiesen, und in Milwaukee wurde sie 1981 wegen der Simulation von Sex auf der Bühne verhaftet, später allerdings freigesprochen. Als sie kurz darauf, nur mit Rasierschaum bekleidet, in Cleveland, Ohio, erneut wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses aufgefallen war, überklebte sie ihre Brustwarzen fortan stets mit Isolierband.
Nachdem sie mit Lemmy von Motörhead 1982 die Single „Stand By Your Man“ aufgenommen hatte, zog Wendy O. Williams sich mit Swenson, den sie zwischenzeitlich geheiratet hatte und dem sie bis zu ihrem Tod treu blieb, nach Connecticut zurück, wo die überzeugte Vegetarierin einen Reformkostladen eröffnete und als Wildtierpflegerin arbeitete. Ein erster Versuch, sich das Leben zu nehmen, scheiterte 1993, weil das Messer, das sie sich in die Brust stach, im Brustbein steckenblieb; vier Jahre später überlebte sie eine Überdosis Ephedrin. Erst ihr dritter Selbstmordversuch war erfolgreich: 1998 erschoss sie sich in der Nähe ihrer Wohnung.
5. Madonna
Als die „unbestrittene Königin der Unmoral“ (Julie Burchill) sich 1978 als Akt-Model verdingte und pro Sitzung 25 Dollar verdiente, ahnte sie nicht, dass die Nackt-Fotos sieben Jahre später zeitgleich in Playboy UND Penthouse erscheinen und ihren Fotografen einen ganzen Batzen Geld einbringen würden. Ein Jahr später spielte Madonna in Stephen Jon Lewickis Low-Budget-Film A Certain Sacrifice eine „dunkelhaarige, feurige junge Frau“, die dominant ist, viel Energie hat und in einem schmierigen Restaurant vergewaltigt wird, aber auch dieser Film beflügelte ihre Karriere nicht.
Madonna ließ sich von solchen Niederschlägen jedoch nicht beirren, sondern spritzte sich bei Auftritten ihrer Band The Breakfast Club absichtlich Wasser auf die Bluse, „sodass diese fast durchsichtig wurde“, wie ihr Biograf Andrew Morton recherchiert hat. Und ihr Freund, der DJ Mark Kamins, musste frustriert feststellen: „Sie hat ein unglaubliches Talent, mit Menschen zu jonglieren. Wenn es um Sexualität geht, verhält sie sich eher wie ein Mann, der sich mehrere Mädchen gleichzeitig warm hält.“
Webo Girls – Mädchen mit Eiern – nennt man Frauen wie Madonna auch, die einer neuen Generation demonstrierten, „dass man seinen Körper zur Schau stellen“ kann „wie seinen Verstand“ und ebenso sexy wie erfolgreich sein kann.
Madonna vermarktete sich wie kein anderer Star zuvor als „Boy Toy“ und „Material Girl“ und wurde dementsprechend beim weltweit übertragenen Live-Aid-Konzert aus Philadelphia von Bette Midler mit den Worten angekündigt: „Hier habt ihr eine Frau, die sich selbst an ihren BH-Trägern hochgezogen hat und die dafür bekannt ist, dass sie sie auch gelegentlich fallen lässt.“
In dem Dokumentarfilm Im Bett mit Madonna ahmte sie mit Hilfe einer Flasche Evian einen Blow Job nach, während ihr Vater und ihre Stiefmutter im Nebenraum auf sie warteten.
Und in ihrem Buch Sex, das sich Anfang der neunziger Jahre anderthalb Millionen Mal verkaufte und mit einem Nettogewinn von 20 Millionen Dollar noch heute das erfolgreichste Coffeetable-Book aller Zeiten ist, küsste sie ihrem Liebhaber, dem bisexuellen Schauspieler Tony Ward, den Hintern und ließ sich von ihm die Schuhe ablecken. Steven Meisel fotografierte sie bei Dominanzspielen mit zwei weiblichen Skinheads, zusammen mit Isabella Rossellini im Smoking, eng umschlungen mit dem schwarzen Supermodel Naomi Campbell, beim Sex mit den Rappern Big Daddy Kane und Vanilla Ice und dem Pornodarsteller Joey Stefano, als nackte Anhalterin auf der Straße oder wie sie ihrerseits den Schauspieler Udo Kier mit nackten Männern beobachtet.
Die Aufregung über ihr Sex-Buch (bei gleichzeitigem Erscheinen ihres Films Body of Evidence und ihres Albums Erotica) war groß, doch Madonna blieb cool: „Dies ist ein Buch über Sex. Sex ist nicht Liebe. Liebe ist nicht Sex. Aber es ist wie im siebten Himmel, wenn eines zum anderen kommt.“
Rückblickend erklärte sie 1999 im musikexpress: „Ich habe den Leuten immer nur so viel von mir gezeigt, wie ich für richtig hielt. Ich habe mich auch nie als eine Emanze gesehen, die gegen den Machismo zu Felde zieht. Wenn ich mich gegen eine männerdominierte Welt gewehrt habe, dann hat das in erster Linie zu meiner eigenen Befreiung beigetragen. Ich hatte nicht Millionen von Frauen im Hinterkopf, denen ich ein Vorbild sein sollte. Ich hatte auch nicht bei jedem Fick im Kopf, dass der jetzt meiner sexuellen Befreiung dienen würde. Meistens habe ich die Sache einfach nur genossen.“
Dass sie auch im reiferen Alter noch immer sehr sexy war, wurde ihr 2008 in der Netzeitung attestiert. „Mit ihren strammen Hinterbacken“ könne sie weiterhin „jede Haselnuss knacken“.
6. Trash Groove Girls
Die Trash Groove Girls Andrea Willert (Keyboards), Katinka Päkel (Gesang) und Simone Stepputat (Gitarre und Gesang) stammten aus Düsseldorf und waren ein Projekt des eloquenten Pop-Philosophen Chris Garland. „Bei voller Lautstärke gehört“, so der nicht minder eloquente Pop-Kritiker Klaus Abelmann, waren sie 1986/87 „die wirksamste Gehirnwäsche seit der Erfindung des Elektroschocks“. Die Girls sahen nicht nur aus „wie stinknormale Punketten, die nicht bis drei zählen können“, sondern gaben auch vor, „immer und ewig läufig zu sein“. Männer hatten ihrer Meinung nach nur „gut im Bett“ zu sein, und folglich sangen sie auch: „Gimme gimme good lovin’, I wanna be fucked, I wanna be fucked some more!“ Nach drei mäßig erfolgreichen Platten verschwanden sie schnell wieder dort, wo sie hergekommen waren – in der Versenkung.
7. Christina Aguilera
Dass sie zusammen mit Britney Spears und Justin Timberlake 1993 im Disney Channel den Mickey Mouse Club moderierte, weiß mittlerweile wohl jedes (amerikanische) Kind. Und auch, dass sie neun oder zehn Piercings hat, davon eins zwischen den Beinen, hat sie oft genug herausposaunt. Für Maxim oder Cosmo Girl ließ sie sich (halb-)nackt fotografieren, und bei öffentlichen Auftritten zeigte sie sich vorzugsweise in freizügigen und sexualisierten Outfits, sodass man sie angezogen wohl kaum erkennen würde. Während jedoch niemand daran Anstoß nahm, wenn Pink auf dem Cover von Spin nackt an einer Schallplatte leckte, erregten sich nicht nur die Gemüter, wenn Christina Aguilera für den Rolling Stone posierte – nackt und mit einer Gitarre als Feigenblatt.
Statt sich künftig etwas gesitteter zu kleiden, bekannte sie jedoch, gerne mit ihrer Sexualität zu experimentieren, wie zum Beispiel im Video zu ihrem Hit „Not Myself Tonight“, wo sie sich in Lack und Leder vor einem Hundenapf räkelte. Ihre eigene Parfümmarke hieß denn auch „Xpose“, und die Tochter eines aus Ecuador stammenden Unteroffiziers der U.S. Army, der sie und ihre Mutter regelmäßig geschlagen und misshandelt hatte, war mehr als glücklich, so ein „sinnliches Wesen“ zu sein, wie wir es spätestens seit ihrem Song „Dirrty“ kennen.
8. Britney Spears
Ähnlich wie Christina Aguilera versuchte auch Britney Spears – bei der Verleihung der MTV Awards 2000 – ihre Vergangenheit als Moderatorin des Mickey-Maus-Clubs abzustreifen wie ein überflüssiges Kleidungsstück.
Woraufhin sich das Magazin E! Online empörte: „Die selbst ernannte Jungfrau ist ein Vorbild für junge Mädchen, lehrt diese aber nur, wie man sich vor einem Millionen-Publikum auszieht.“ Und auch ihre Fans waren von dem Auftritt zutiefst enttäuscht: „Sie redet zuckersüß und unschuldig, während sie wie ein Flittchen herumstolziert.“
Von der Anglikanischen Kirche Englands noch kurz zuvor zur „Botschafterin der Jungfräulichkeit“ ernannt, zeigte sie sich im Video zu „Toxic“ schon bald darauf in Lack und Leder und im Clip zu ihrem Hit „Womanizer“ gar nackt in der Sauna. Dafür behielt sie in ihren Beziehungen stets die Hosen an: „Ich war immer ein Wildfang – am Ende war immer ich der Mann in der Beziehung.“
In der Halbzeitpause des Super Bowl durfte sie 2001 zusammen mit Aerosmith auftreten und deren Hit „Walk This Way“ singen. Obwohl Steven Tyler ihr attestierte, „cool“ zu sein, lehnte es der Altmeister des Punk, Iggy Pop, ab, einen ihrer Songs zu singen, weil die „zum Himmel“ stinken würden. Einen gemeinsamen Auftritt wollte er allerdings nicht ausschließen – vorausgesetzt, sie würde den Refrain seines Songs „I Wanna Be Your Dog“ singen und sich am Hundehalsband über die Bühne führen lassen.
9. Lady Ray Bitch
Ihre Magisterarbeit im Fach Linguistik hatte die Deutsch-Türkin Reyhan Sahin 2005 über Jugendsprache anhand der Darstellung der Jugendkultur HipHop verfasst; sie wurde vom renommierten Brockmeyer-Universitätsverlag publiziert und brachte ihr im Wintersemester 2007/08 einen Lehrauftrag an der Universität Bremen ein. Thema: Einführung in die Kleidungssemiotik. Von Radio Bremen wurde Reyhan Sahin, die unter dem Pseudonym Lady Ray Bitch selbstgeschriebene HipHop-Songs auf ihrem eigenen Label Vagina Style Records veröffentlichte, im Mai 2006 allerdings vor die Tür gesetzt, weil ihre Rap-Texte pornografische Inhalte transportierten. So handelt das Lied „Hengzt Arzt Orgi“ von einer fiktiven Sexorgie mit King Orgasmus One, Bass Sultan Hengzt und Frauenarzt.
Bundesweit bekannt wurde Lady Ray Bitch aber erst, als sie in der ORF-Talkshow Willkommen Österreich dem damaligen Chefredakteur von Vanity Fair und heutigen Herausgeber der Welt, Ulf Poschardt, ein Glas Wasser ins Gesicht schüttete, weil der so genervt von ihr war: „Fuck off, Poschi!“
In Fatih Akins Film Chiko spielte die Lady 2008 zudem an der Seite von Moritz Bleibtreu eine türkische Hure, und wo immer sie auftrat, verkündete sie: „Kein Schwanz ist so hart wie mein Leben.“ An den Händen trug sie goldene Ringe mit Inschriften wie „Votze“ oder „Fickt euch!“, und der Begriff „Bitch“ war für sie positiv besetzt: „Das ist eine Frau, die sich nimmt, was sie braucht. Auf sexueller Ebene, aber auch in jeder anderen Beziehung.“
Dass sie kein Blatt vor den Mund nahm, veranlasste die Bildzeitung, sich ihren Auftritt in der TV-Sendung Bei Maischberger einmal näher anzusehen: Bild zählte 74 Sex-Wörter in 75 Minuten, darunter allein 16 Mal das Verb „ficken“.
Nach weiteren Fernsehauftritten, bei denen sie mal einen Fellmantel präsentierte, der angeblich aus Schamhaar gefertigt worden war, und immer wieder von der „vaginalen Selbstbestimmung“ faselte, legte sie 2009 erst einmal eine Karrierepause ein, weil sie unter Depressionen und einem Burnout litt.
10. Lady Gaga
Die „Extremistin der Mitte“ (taz) arbeitete zunächst als Burlesque-Tänzerin, bevor sie sich einen Namen als Komponistin und schließlich selbst Karriere als Sängerin machte. Als ein Amateurvideo vom Glastonbury Festival 2009 den Eindruck erweckte, sie habe einen Penis, kursierte kurz darauf ein angeblich von ihr stammendes Zitat im Internet, das dies bestätigte: „Ich habe männliche und weibliche Geschlechtsteile, aber ich fühle mich als Frau. Ich bin sexy, ich habe eine Pussy und einen Pimmel. Keine große Sache.“
Der schwedische Regisseur Jonas Åkerlund spielte in seinem Video zur gemeinsamen Single von Lady Gaga und Beyoncé darauf an, indem er „in porno-affiner Ästhetik“ die Geschichte zweier lesbischer Flintenweiber erzählte. Die Anfangsszene von „Telephone“, die in einem Frauenknast spielt, erinnerte den taz-Autor Klaus Walter an SM-Porno-Phantasien: „Nicht nur wegen der angedeuteten Liebesbeziehung zu Beyoncé heizt ,Telephone‘ Spekulationen an. Von zwei muskelbepackten Wärterinnen wird Gaga in die Zelle geschafft und ausgezogen. Ihre Brustwarzen sind mit einem Klebestreifen bedeckt, die Schamgegend bleibt unscharf.“ Im Weggehen bemerkt eine Wärterin: „Ich sagte dir doch, dass sie keinen Schwanz hat.“ Daraufhin die andere: „Zu schade.“
Als Collien Fernandes Lady Gaga darauf ansprach, verstand die allerdings keinen Spaß und ließ die Viva-TV-Moderatorin von einer Pressekonferenz ausschließen: „Meine schöne Vagina fühlt sich von dieser Frage schwer beleidigt.“
Leute, mit denen Debbie Harry gern f***** wollte
1. Kate Moss (wer nicht?)
2. Hugh Hefner (wer tat es nicht?)
3. Lady Bunny (leider bin ich weder schwul noch schwarz)
4. Marilyn (Manson oder Monroe – eine/r von beiden wäre schön)
5. Justin Timberlake (offensichtlich)
Quelle: The Official Punk Rock Book of Lists
Femme fatale
Das Mannequin Edie Sedgwick war Mitte der sechziger Jahre nicht nur ein sehr bekanntes „Mädchen mit dem gewissen Etwas“, sondern auch Andy Warhols Muse und somit die ungekrönte Königin seiner Factory. Von daher war Lou Reed nicht überrascht, als sein Mentor ihm vorschlug, doch einen Song über diese „Femme Fatale“ zu schreiben.
Unter einer Femme fatale versteht man in der Regel eine verführerische Frau, die Männer erst bezirzt und dann ins Unglück stürzt – wie in Robert Wienes Film Genuine aus den 1920er Jahren, in dem eine Femme fatale das Blut von Männern trank, die ihr verfallen waren, und so den Begriff „Vamp“ prägte.
Ein solcher Vamp war beispielsweise Tina Turner, wenn sie in ihrem äußerst knappen Lederkleid „ihre Stimmbänder“, so der Daily Mirror 1983, „um das Mikrophon“ wickelte. Den Männern brach der Schweiß aus, wenn sie ihre Hüften kreisen ließ, und manch einer bekam weiche Knie. Seit Britney Spears unter dem Titel Femme fatale ein Album aufgenommen hat, kann von „literarisch inspirierter Verführung“ aber kaum noch die Rede sein. Der Albumtitel signalisiere „die Inszenierung jenseits bisheriger Schulmädchen- und Hupfdohlen-Ästhetik“, erkannte die Frankfurter Allgemeine Zeitung 2011 völlig zu Recht, bemängelte aber, dass im Video zu „Hold It Against Me“ nicht etwa „das Theater einer verruchten Weiblichkeit“ aufgeführt, sondern lediglich „die x-te Aerobicnummer“ abgespielt werde. Ihr Fazit: „Nicht überall, wo Femme Fatale draufsteht, ist eine Mata Hari drin. Es kann auch einfach eine Künstlerin sein, die ihrem Stil treu bleibt, nicht wirklich einen zu haben.“
Zu geil für Hausaufgaben
Das Album Histoire de Melody Nelson des französischen Pop-Chansonniers Serge Gainsbourg dreht sich um eine 15-jährige Engländerin, die von einem älteren Herrn im Rolls-Royce angefahren wird, wobei ihr das Kleid hochrutscht und der Gentleman einen Blick auf ihr weißes Höschen werfen kann. Im Grunde handelt es sich bei diesem „Konzeptalbum“ also nur um eine Variation von Vladimir Nabokovs Roman Lolita, in dem ein Literaturwissenschaftler seiner 12-jährigen Stieftochter verfällt, doch Gainsbourg selbst hatte Zeit seines Lebens stets ein Faible für sogenannte „Kindfrauen“.
Der Sex-Pistols-Manager Malcolm McLaren war ebenfalls nicht mehr der Jüngste, als er Annabella Lwin in einem Waschsalon entdeckte und überredete, in einem neuen Projekt namens Bow Wow Wow zu singen. Auf dem Debütalbum der ehemaligen Band von Adam Ant, die McLaren gehörig gestylt hatte, sang sie ebenso aufgeregt wie atemlos: „I’m coming! I’m coming!“ Und auf dem Cover, einer Nachstellung von Edouard Manets berühmtem Gemälde Frühstück im Grünen, war sie nackt zu sehen, weshalb ihre Mutter McLaren vorwarf, eine Minderjährige auszubeuten und sogar Scotland Yard einschaltete – die Ermittlungen verliefen jedoch im Sande.
„Dass man eine Menge erreichen kann, wenn man ein Mädchen ist – und das auf eine aufreizende, weibliche Art unterstreicht“, hatte auch Madonna schon sehr früh erkannt: „Ich habe das ausgenutzt, wo immer ich konnte.“ Und Luci van Org landete zusammen mit Ralf Goldkind 1994 unter dem Projektnamen Lucilectric einen Hit, als sie allen „Mädchen“, die zu geil waren, um ihre Hausaufgaben zu machen, zeigte, wie man ergraute Männer spielerisch um den Finger wickelt. „In Bayern oder in der Schweiz war das ein Skandal“, blickte Luci van Org 2011 in der Süddeutschen Zeitung zurück, doch dann habe ihre Plattenfirma das Lied so „in die Schlagerecke gedrängt“, dass sie die Lust daran verlor.
Auch die isländische Sängerin Björk räkelte sich zu Beginn ihrer Karriere bei Interviews oft so lasziv, dass den überwiegend männlichen Pop-Kritikern die Spucke wegblieb. Dabei hatte sie für die Leiden und Leidenschaften der Männer nur Spott über: „Als Frau hat man es viel zu leicht. Stell dich auf die Bühne und sieh ansatzweise gut aus. Du brauchst nur drei Gitarrenakkorde zu beherrschen und wirst schon als Göttin gepriesen. Es ist traurig, dass man als Frau so wenig beweisen muss, solange nur der Lippenstift richtig sitzt.“
Schlüssel zum Selbst
Das Hauptziel ihrer Arbeit, verkündete die kanadische Sängerin Alanis Morissette 1999 im musikexpress, bestünde darin, sich damit einer chauvinistischen, männerdominierten Welt zu entziehen: „Ich war lange genug von Männern unterdrückt, die mir beibringen wollten, wie es ist, eine Frau zu sein.“ Sex – „speziell guter Sex“ – sei dabei „eine Art Schlüssel“ zu ihrem Selbst …
Das Herz des Star-Systems
Nachdem Britney Spears, Lindsay Lohan und Paris Hilton für Schlagzeilen gesorgt hatten, weil sie ohne Slip unterm Minirock ausgegangen und breitbeinig aus dem Auto gestiegen waren, damit die Paparazzi, von denen sie auf Schritt und Tritt verfolgt wurden, auch was zu sehen bekamen, platzte der Kolumnistin Camille Paglia die Hutschnur. „Diese Mädchen degradieren sich zu Hinterhof-Flittchen“, zürnte sie 2006 in der Netzeitung. Das sei „eine Herabwürdigung des gesamten pro-sexuellen Flügels des Feminismus“. Sie präsentierten sich billig und nähmen ihrem Image so jedes sexuelle Geheimnis. Dabei sei doch gerade dies „das Herz des Star-Systems“.
Lady Gagas Fleischkleid
Als Lady Gaga am 12. September 2010 bei der Verleihung der MTV Video Music Awards in einem Kostüm auflief, das aus echtem Fleisch geschneidert bzw. gehackt war, stahl sie nicht nur Cher, der Großmutter des Pop, die Show, die bei derlei Anlässen stets viel Fleisch zur Schau stellt. Mit ihrem ungewöhnlichen Kleid wollte sie auch dokumentieren, dass weibliche Stars oft wie Schnitzel behandelt würden: „Wenn wir nicht dagegen kämpfen, werden wir bald nur noch so viele Rechte haben wie das rohe Fleisch an unseren Knochen.“
Während die amerikanische Pop-Feministin Camille Paglia darin nur „das erschöpfte Ende der sexuellen Revolution“ sah, inspirierte es den deutschen Rolling Stone dazu, das Kleid in seinem Jahresrückblick als „Traum in Rindsrot und Speckgrau“ zu bezeichnen. Allein Peter Cacioppo von der Fleischerei Ottomanelli Brothers auf New Yorks Upper East Side bemängelte im New Musical Express die Qualität des Fleisches: „Es gibt keine teuren Stücke, nur richtige Steaks.“ Das beste Stück, urteilte der Fachmann, sei noch das Flankensteak gewesen, das Lady Gaga auf dem Kopf getragen habe.