Читать книгу Cadburn und das Tal der Toten: Texas Wolf Band 67 - Horst Weymar Hübner - Страница 6

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Es war unnatürlich still um das Haus herum. Old Joe blieb so plötzlich stehen, dass Tom Cadburn ihn fast umrannte.

„Gefällt mir nicht“, knurrte Joe und schaute auf die untergehende Sonne. „Um die Tageszeit ist Hutch immer auf der Ranch.“ Er setzte sich wieder in Bewegung und schleifte das steife Bein nach. „Sehen wir besser mal auf der hinteren Veranda nach“, fügte er hinzu. Und dann sagte er nichts mehr.

Hinter der Brunneneinfassung lag Hutch auf dem Rücken. Seine gebrochenen Augen blickten in den Himmel, den er nie wieder sehen würde. Er war zweimal in den Bauch geschossen worden.

Old Joe schluckte. Es war vor vielen Stunden geschehen, denn das Blut war schon trocken. Klein und hilflos lag der alte Hutch im Staub seines Hofes, das rechte Bein angezogen, als hätte er noch den Versuch gemacht, sich auf die Seite zu rollen.

Langsam hob Joe den Kopf. Seine Augen wurden dunkel und tief.

„Sieh nach Mary, Tom! Sieh überall nach!“ Er sprach leise wie ein Kind, das sich fürchtet.

Tom wandte sich ab, er verstand. Da nahmen zwei alte Freunde Abschied voneinander. Ein Dritter dabei störte.

Er schlug einen Bogen um die vielen Spuren im Hof. Im Halbschatten unter dem vorgezogenen Dach lag ein umgeworfener Stuhl. Die Haustür stand auf.

Tom lauschte in die Dunkelheit des Hauses. Die herrschende Stille war beklemmend.

Mit einer geschmeidigen Bewegung glitt er durch die Öffnung. Es dauerte ein paar Momente, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten.

Er war nicht in den Flur geraten, sondern sofort in den Wohnraum. Das Ranchhaus der Bends enthielt bestenfalls drei Räume. Vielleicht hatte Hutch früher mal geplant, den Bau zu erweitern, und hatte es bei den Plänen bewenden lassen, nachdem die Ranch auch so die Familie ernährte.

Der Raum sah aus, als hätte ein Wirbelsturm darin gehaust. Die handgearbeiteten Möbel waren umgeworfen, Schubladen herausgerissen und ausgeleert. Nichts befand sich mehr an seinem Platz.

„Mistress Bend?“ Geisterhaft hohl klang Toms Stimme durch das dunkle Haus.

Er erhielt keine Antwort, aber ein leichter Luftzug streifte sein Gesicht. Im Hintergrund stand noch eine Tür auf.

Er musste über Möbeltrümmer steigen und geriet in die kleine Küche und von dort auf die hintere Veranda.

Und dann stand er starr neben dem alten Schaukelstuhl und blickte hinunter.

Die weißhaarige alte Frau saß ganz still da, das Gesicht zwei Gräbern im Garten zugekehrt, und hielt die Armlehnen des Stuhles umkrampft.

Tom stieg etwas in die Kehle. Auf dem Herweg hatte Old Joe stundenlang über die Bends, über die kleine Ranch im Sweetwater-Tal, über seinen alten Sattelgefährten Hutch und über dessen prächtige Söhne geredet, die es offensichtlich vorzogen, Junggesellen zu bleiben. Zwei Gräber im Garten hatte er nicht erwähnt.

„Mistress Bend !“, sagte Tom behutsam. Die alte Frau saß da, als sei sie eingenickt.

Sie rührte sich nicht. Behutsam fasste er sie an der Schulter. Und plötzlich wusste er, dass sie nicht eingenickt war.

Ihr Oberkörper rutschte zur Seite. Er sah das trockene Blut in den grauen Haaren und auf dem Kopfpolster des Schaukelstuhls.

Darum war sie nicht draußen im Hof bei ihrem Mann!

„Mein Gott!“, murmelte Tom.

Diese Familie war ausgelöscht.

Im Sweetwater-Valley gab es keine Bends mehr.

Cadburn und das Tal der Toten: Texas Wolf  Band 67

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