Читать книгу Cadburn und das Tal der Toten: Texas Wolf Band 67 - Horst Weymar Hübner - Страница 7

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Old Joe hatte den Stuhl hingestellt und Hutch hineingesetzt.

„Einen Mann wie Hutch lasse ich nicht im Staub liegen“, sagte er, als müsste er seine Handlungsweise erklären. Die Augen des Toten hatte er geschlossen. Das im Schmerz erstarrte Gesicht von Hutch hatte er jedoch nicht mehr verändern können.

Tom Cadburn räusperte sich die Kehle frei. „Seine Frau auch.“ Dabei klang seine Stimme wie brechendes Glas. „Und im Garten sind zwei Gräber.“

Joe fuhr hoch. „Im Garten?“ Nach ein paar Sekunden sagte er: „Dann sind's keine Fremden. Also auch Fairlie und Tuss!“ Sein Dachsbart sträubte sich. „Warum bin ich nicht früher hergekommen, statt eben mal vorbeizuschauen. weil's gerade am Weg lag? Hilf mir, wir tragen ihn ins Haus.“

„Lass ihn besser im Sonnenuntergang sitzen.“

In Joes Augen stand eine Frage. Er humpelte ins Haus.

Tom hörte ihn nach hinten gehen und eine Weile später zurückkommen und zwischen den herausgeworfenen Sachen herumkramen. Dann brachte er einen schwarzen Tuchrock heraus.

Sie zogen dem Toten den Rock an und richteten ihn her, so gut sie konnten.

„Den trug er damals, als sie heirateten. Er passt ihm immer noch“, murmelte Joe. „Pfeif den Wolf her, ich habe Spuren gefunden.“ Wie er das sagte, klang es, als verspräche er sich einiges davon.

„Wir verständigen besser den nächsten Sheriff und benachrichtigen die Nachbarn.“

„Sheriff? Früher gab's in der ganzen Gegend keinen, und das hat sich nicht geändert, denke ich. Wir haben nicht mehr viel Zeit, es wird bald dunkel.“

Ein schwaches Klirren drang bis zum Haus her. Thunder versuchte, die Gebisskette aus dem Maul zu schieben. Dabei äugte er zur vorderen Veranda her. Tom hatte die Zügel über einen Gatterpfosten geworfen, als ihr Hufschlag keine Menschenseele herausgelockt hatte und als ihnen die unwirkliche Stille auf der kleinen Ranch aufgefallen war.

„Gut, dann zuerst die Spuren und später die Nachbarn“, stimmte Tom zu.

Die Sonne schickte sich an, hinter die fernen Hügelketten zu sinken. Sehr viel Zeit für Nachforschungen hatten sie nicht mehr.

Es waren vier gewesen. Die Pferde hatten sie dort abgestellt, wo jetzt Rosinante, Joes widerborstiges Maultier, den hässlichen Kopf zwischen den Gatterstangen hindurchschob und die in einer Ecke zusammengedrängten verschreckten Hühner anblinzelte. Die Gäule waren scharf geritten worden, denn sie hatten sich kaum bewegt.

Das ließ den Schluss zu, dass die Reiter von einem ziemlich entfernt liegenden Ort gekommen waren.

Gemeinsam hatten sie den Hof betreten. Hutch war ihnen entgegengegangen. Hinter dem Brunnen waren sie aufeinandergetroffen und hatten geredet. Hutch musste unruhig geworden sein, seine Stiefelspuren lagen auf einer kleinen Fläche hart nebeneinander. Aber er war keinen Zoll zurückgewichen.

Einer hatte geschossen. Dann noch einmal, als Hutch schon am Boden lag.

Vom Brunnen führten die Spuren der vier zum Haus.

Tom öffnete die Augen unnatürlich weit, als er entdeckte, dass einer mit gespreizten Beinen stehengeblieben war.

Er visierte die Richtung und fand den Kugeleinschlag neben dem Türrahmen im Holz.

Mary Bend war nicht hinter dem Haus im Schaukelstuhl gestorben, sondern hier draußen! Sie hatte die Schüsse gehört und war herausgelaufen. Die Männer hatten sie dann hinters Haus gebracht und in den Stuhl gesetzt, als sollte sie noch im Tod das Bild der beiden Gräber im Garten ertragen müssen.

Danach hatten die Killer das Haus verwüstet. Sie hatten etwas gesucht.

Old Joe hinkte in den Hof. Er setzte sich auf die Brunneneinfassung und streckte das steife Bein von sich. „Schätze, sie kommen wieder. Sie haben nicht bekommen, was sie wollten. Sonst hätten sie das Haus angezündet.“

Tom wiegte den Kopf. Für Joes Annahme sprach ebenso viel, wie dagegen. „Sie könnten es auch an einem anderen Ort vermuten und suchen jetzt dort. Was war Hutch Bend für ein Mann? Große Reichtümer hat er bestimmt nicht angesammelt.“

„Was für ein Mann? Von seiner Art gibt's keine fünf im Umkreis von fünf Tagen. Er steckte sein Geld in dieses Tal. Das war früher eine Wildnis, und er hat eine gute Weide daraus gemacht. Hutch hatte das Zeug, einer der großen und bedeutenden Männer zu werden. Aber er wollte nie mehr als das, was er zum Leben brauchte. Und Mary war ihm eine gute Frau und seinen Söhnen eine gute Mutter. Als sie mit ihm herkam, musste sie in der ersten Nacht am Feuer zwei Pferdediebe erschießen. Reich waren sie nie, wollten es nie sein.“

„Tatsache bleibt, dass die Familie ausgelöscht ist, und das hat eine Ursache. Er muss die vier gekannt haben.“

„Bist du sicher?“

„Er hörte sie kommen, vielleicht sah er sie sogar. Er kam unbewaffnet aus dem Haus, vor dem Frühstück. In der Küche stehen Tassen und Teller auf dem Tisch, aber sie sind nicht benützt. Wären es Fremde gewesen, hätte er eine Waffe in die Hand genommen, oder in die Hose gesteckt. Kennst du welche von den Nachbarn?“

„Du meinst, ob die was wissen?“

„Zumindest über die Gräber im Garten. Wie sieht's damit aus?“

Der Alte dachte nach. „Stockwood. Vor zwanzig Jahren bin ich mal mit ihm hingeritten. Zwei kleine Herden hatten sich vermischt. Ist drüben im Nachbartal, fünf Stunden weit ungefähr. Wir kämen erst gegen Mitternacht hin.“

„Und wenn's noch drei Stunden später wäre.“ Tom Cadburn pfiff nach dem Schwarzwolf, der sich irgendwo herumtrieb.

Ein heiserer Laut kam aus dem Weidengebüsch, das eine Wasserstelle neben dem Ranchhaus markierte. Ein Schwarm Vögel stieg kreischend auf und senkte sich hinter dem Stallschuppen nieder. In einer Gebüschlücke tauchte der zerzauste Sam auf und blickte enttäuscht der gefiederten Schar nach.

Old Joe holte den Eimer aus dem Brunnen und tränkte sein Maultier und Toms Hengst.

Bevor sie von der Ranch ritten, schauten sie noch einmal zu der stummen Gestalt im Stuhl unter dem vorgezogenen Dach drüben.

„Weißt du, was ein heiliges Versprechen ist?“, fragte Old Joe murmelnd.

Tom Cadburn schwieg. Die Frage konnte ebenso ihm wie dem Toten gelten.

Er bemerkte, wie der Alte das steife Bein über den Sattel schwang und mit einem unglaublich harten Ruck das Maultier in Gang brachte.

Da begriff er, wem Joe das Versprechen gegeben hatte.

Und er erkannte, dass der Alte von diesem Augenblick an auf dem Kriegspfad war.

Cadburn und das Tal der Toten: Texas Wolf  Band 67

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