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Vorwort

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Respekt vor der Sprache der Dichter lässt Ignaz Kirchner sagen, er sei kein Literat, könne daher nicht schreiben. Deshalb ist dieses Buch eine Erzählung. Ignaz Kirchner kann wunderbar erzählen: authentisch, uneitel, plastisch – oft unter Verwendung der direkten Rede, leidenschaftlich und manchmal auch komisch. Sein sehr persönlicher Sprachduktus blieb auch in der schriftlichen Form erhalten, beim Lesen kann man seine markante Stimme hören. Viele Stunden sprach Ignaz Kirchner mit mir über das Theater und das Leben, erzählte – nicht chronologisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit – von Produktionen, die ihm auch im Rückblick wichtig sind, und schloss an konkrete Erfahrungen und Erinnerungen assoziativ immer allgemeine Betrachtungen über den Beruf an.

Der 70. Geburtstag, der in die Zeit der Entstehung dieses Buches fiel, ist ihm egal wie alle Geburtstage, Resümee will er keines ziehen. Bei jeder Geschichte, die Ignaz Kirchner erzählt, spürt man die Leidenschaft, die all sein Tun begleitet. Auch die Leidenschaft des Suchens. Dem ewig Neugierigen ist die Gegenwart wichtig, die Erfahrungen der niemals verklärten Vergangenheit dienen dem Jetzt und Heute sowie dem unaufhörlichen Kampf gegen die Oberflächlichkeit. Auch bei heiteren Anekdoten spürt man immer seine Auffassung von der Ernsthaftigkeit des Berufes.

Thomas Bernhard lässt in Ritter, Dene, Voss die ältere Schwester sagen:

»… immer an der Grenze der Verrücktheit / niemals diese Grenze überschreiten / aber immer an der Grenze der Verrücktheit / verlassen wir diesen Grenzbereich / sind wir tot…«

Ignaz Kirchner meint, besser könne man ihn nicht beschreiben, und Gert Voss schenkte ihm den ersten Teil dieses Satzes zu jeder Premiere. Im Gegenzug unterschrieb Kirchner seine Briefe mit »Der verrückte Ignaz«.

Theater ist für Ignaz Kirchner ein Fluchtort vor der Wirklichkeit, aber gleichzeitig stellt er sich jeder Wirklichkeit, setzt sich mit den Schrecklichkeiten, den Verrücktheiten, den Absonderlichkeiten, den Katastrophen und Freuden der Realität auseinander. In diesem Spannungsfeld bewegt sich seine Erzählung über Theater und seine »reale« Welt. Die Verwandlung, die der Schauspieler mit Lust immer wieder vornimmt, ist nur eine der vielen Facetten der Wirklichkeit. Kirchner biedert sich bei niemandem an, nicht beim Publikum, nicht bei Politikern oder Theaterdirektoren, geht jedes Risiko ein, sich unbeliebt zu machen, wenn es ihm für die Gestaltung einer Rolle oder für das Bewahren einer Haltung notwendig erscheint. Er scheut nicht davor zurück, Menschen abzustoßen – immer im Dienste des Autors.

Am Eingang zu seinem Wiener Wohnzimmer hängen Bilder von Persönlichkeiten, die ihm wichtig sind. Derzeit sind das Bachmann, Shakespeare, Pessoa, Walser, Tschechow, Kafka, Beckett, Freud und van Gogh. Manchmal tauscht er auch den ein oder anderen aus. Den meisten von ihnen hat er Soloabende gewidmet, bei denen er Schauspieler, Dramaturg, Bühnenbildner und Regisseur in einer Person ist, und die zur Legende wurden. Liebe zur Literatur, Leidenschaft für das Theater und sein Motto »Die Sinngebung des Sinnlosen« dominieren das Leben von Ignaz Kirchner und dieses Buch.

Wien, August 2016



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