Читать книгу Frühling auf Huntington Castle - Imelda Arran - Страница 9
ОглавлениеEr lachte verächtlich.
„Natürlich habe ich das. Aber ich würde es nicht als Stehlen bezeichnen. Ich habe mir nur den Lohn genommen, den ich für meine untertänigsten Dienste meiner Ansicht nach tatsächlich verdient habe. Aber seid Ihr denn mit vollkommen geschlossenen Augen gereist? Habt Ihr Euch niemals umgeschaut? Mit welchem Recht sprecht Ihr davon, dass nun mal alles so ist, wie es ist. Wie könnt Ihr es wagen, von einer göttlichen Ordnung zu sprechen?“
„Xavier, lassen Sie meinen Arm los, Sie tun mir weh!“ wimmerte Madeleine ängstlich, doch Xavier drückte nur noch fester zu und führte das Pferd dabei dichter an den Rand der Brücke. Madeleine sah das dunkle Wasser unter der Brücke. Es schien ein tiefer Fluss zu sein, denn ruhig floss das Wasser, gurgelte leise an den Brückenpfeilern, bewegte Fischerboote, die am Ufer lagen.
„Ich werde mir jetzt nehmen, was schon längst mir gehören sollte. Ich werde jetzt zu Eurem Onkel reisen als Jean Pierre, Duc de Valmont. Und glaubt mir, ich werde tiefste Trauer tragen, weil ich meine geliebte Familie an die scheußliche Revolution verloren habe.“
„Das werden Sie nicht wagen!“
„Oh, doch, das werde ich!“ knirschte er. „Und Ihr, meine Liebe, werdet jetzt Fischfutter. Aber selbst wenn Ihr dem Tod entgeht und bei Eurem Onkel aufkreuzt, werde ich ihm schon eine Geschichte von einem Überfall erzählt haben. Räuber haben mich überfallen - und einer von Ihnen sah ganz genau so aus wie Ihr! Und wem wird der Earl wohl glauben? Dem gut gekleideten Gentleman oder dem abgerissenen, stinkenden Burschen?“
„Ich weiß mehr über die Familie als Sie. Mein Onkel würde mir Fragen stellen, und dann wären Sie entlarvt!“
„Dann hat mir das böse Räuberpack eben auch die Briefe gestohlen, hat sie gelesen und versucht jetzt, noch mehr Geld zu schinden. Unsere Plauderei hat jetzt ein Ende - genau wie Ihr, Mademoiselle.“
„Xavier!“ schrie Madeleine in panischer Angst, da hob er sie aus dem Sattel. Madeleine klammerte sich an ihn. Er ohrfeigte sie, der Schmerz nahm ihr den Atem und sie wusste für einen Moment nicht mehr, wie ihr geschah. Sie fühlte die raue, kalte Mauer der Brücke an ihrem Rücken. Sie wollte sich an den Steinen festkrallen, doch Xavier hieb ihr auf die Hände. Er schob sie immer weiter, bis sie sich nicht mehr halten konnte und stürzte. Der Fluss schluckte sie in seinen kalten Schlund, um sie in seinen Tiefen mit sich zu reißen. Madeleine ruderte wild mit den Armen, rang sich zurück an die Oberfläche und schrie laut auf. Schemenhaft konnte sie Xavier auf der Brücke erkennen. Dort, wo Xavier stand, flammte kurz Licht auf, gleichzeitig hörte sie einen ohrenbetäubenden Knall. Er hatte auf sie geschossen! War sie verletzt? Hatte er sie getroffen? Sie fühlte nur das kalte Wasser an ihrer Haut, die Kleider, die an ihr klebten und sie hinab zogen. Da schlug das Wasser wieder über ihr zusammen.