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Leiden
ОглавлениеWollen wir das Wesen des Leids ergründen, üben wir uns in Geduld. Wir erweitern unsere Schmerzgrenze auf eine diskrete Art und Weise – here we are! Das ist der Weg. Hier geht es lang. Wie jetzt?
Wir sind es Leid durch andere zu leiden und uns damit vor anderen zu präsentieren. Wir tun das in unserem Kämmerlein – nichts mit Offenheit und Teilen. Introversion ist die neue Devise unserer Kinder, denn alles andere ist Out. Da sie damit groß werden, mag es ein geringeres Problem für sie darstellen. Aber was ist mit dem Rest der Welt? Nach außen hin cool und scheinbar extrovertiert durch alle möglichen modernen Medien, Sprüche und andere Hilfsmittel. Jedoch der Rest ins Innere gekehrt und alles mit sich selber klarmachen. Wollen wir das wirklich? Eine „neue“ Generation unserer Mütter und Väter nur auf Basis einer anderen Lüge?
Jetzt übertreiben wir mal nicht – alles ist gut, Deine Erna. Nichts muss und alles kann. Dummes Geschwätz – wir sind regelrecht hineingezogen worden in diesen Sog des Netzes. Wie eine Spinne, die ihr Opfer einlullt und konserviert, um es später zu verspeisen. Wie eine Erziehung für ein neues Zeitalter – Predator und Terminator vereint im Cyberspace. Es ist die Zeit derjenigen, die von Natur aus und charakterlich einer androgynen Gesellschaft am nächsten stehen. Denen die Maschine, der Computer, der Fortschritt und dessen Umsetzung wichtiger zu sein scheint als der Mensch. Diejenigen sind jetzt am Zug, die den Menschen nicht brauchen, sich selbst genug sind, den Zugang zu anderen Wesen scheuen, meiden oder sich versagen aus Angst vor Versagen.
Es ist die Zeit der Programmierer und Hard- und Softwareentwickler und all seiner Ableger. Jedem Extrem erliegend birgt es Gefahren, deren Überblick wir längst verloren haben.
Sprechen wir hier von einem unaufhaltsamen Fortschritt, der in 1984 zu früh angesetzt war? Oder einer bisher selten gelebten Gewaltbereitschaft? Oder ist es eher die Computergesteuerte Kriminalität, die uns Furcht bereitet? Es erzeugt in jedem Fall neues Leid, das wir bisher nicht kannten.
Ist gut jetzt – ein Horrorszenario, das wir dem Fortschritt verdanken? Albern, wir sind die Schöpfer des Ganzen. Haben wir doch endlich ein Forum gefunden, dass uns in unserer Bequemlichkeit unterstützt – wir müssen uns noch nicht einmal mehr bewegen, um etwas zu tun, wie z. B. eine Überweisung zu tätigen. Sogar einkaufen geht spielend vor dem Fernseher. Spielen auch. Und schreiben. Fortsetzung folgt?
Sport mit dem Fernseher – wenn der Rest schon davor geht, warum nicht. Bald haben wir alle unser Homeoffice und brauchen zum Arbeiten nicht mal mehr vor die Türen, außer, um davor zu kehren. Die Wenigen, die dann noch gut zu Fuß sein werden, bringen uns dann die Einkäufe nach Hause. Was für eine Vision! Nie wieder herumschlagen mit anderen Menschen. Hurra.
Die Grätsche, die es in dieser Zeit zu bewältigen gilt, ist der Übergang zwischen der alten und dieser karikierten neuen Zeit. Ob wir nun wollen oder nicht, wir müssen uns wohl oder übel damit auseinander setzen. Die ersten Anzeichen sehen wir schon in unserer depressiven Burnout-Gesellschaft, die erschreckender Weise nicht erkennt woran sie krankt.
Danke, Frau Doktor, da haben wir aber jetzt mal wieder eine tolle Theorie aufgestellt. Das will sowieso keiner hören und wissen. Jeder versucht einigermaßen mit allem zu Recht zu kommen was ihm begegnet. Das gelingt uns ja auch. Mehr recht als schlecht. Und da komme ich einfach so daher und verpöne den gesamten Fortschritt?
Nein, natürlich nicht. Wir sollten unsere Anpassungsfähigkeit allerdings dahingehend nutzen, dass jeder für sich versteht woran er arbeiten muss, um diesen Konsequenzen nicht hilflos ausgesetzt zu sein. Alles andere erzeugt vielseitiges Leiden. Wir sind nun mal soziale Wesen und voneinander abhängig, sonst verkümmern wir in uns selbst. Wer das ignoriert ist hoffnungslos verloren. Woran wir bisher litten ist nichts großartig anderes als unsere neuen Leiden. Nur in einem neuen Kleid.
Machen wir doch aus Einsamkeit und der Fähigkeit sie zu leben eine Tugend, die unser Überleben in einer computerisierten und automatisierten Welt sichert. Wir soll(t)en lernen alleine sein zu können und am besten auch zu wollen, wenn nötig – das zu üben und zu lernen, was uns bisher leiden ließ. Es ist nichts Schlimmes allein zu sein. Es ist sogar manchmal sehr förderlich, um ungestört an Dingen arbeiten zu können und sich zu entwickeln. Soll nicht heißen, dass es der Zweisamkeit vorgezogen werden sollte. Vielmehr ist es eine positive Ergänzung Einsamkeit als Seins Zustand zusätzlich zu akzeptieren und zu kultivieren. Denn Einsamkeit heißt nicht zwingend alleine zu sein, sondern ausschließlich bei sich und mit sich zu sein. Es hat also mit einer neuen Grundeinstellung des Lebens zum Thema Einsam, Zweisam, Mehrsam zu tun.
Ja, darf es denn wahr sein? Das kultivieren, was uns Leiden beschert? Ich soll Einsamkeit gut finden? Ich glaube es nicht.
Es geht doch nicht um gut finden – oder (?) - eigentlich doch. Was ist denn so schlimm daran mich selbst auszuhalten und zwar alleine? Das erwarte ich doch schließlich auch von Dir, mich auszuhalten und so zu nehmen wie ich bin. Vielleicht sollte ich vorher mal ausprobieren und erfahren, was ich Dir mit mir antue oder zumindest zumute. Wenn ich dann selbst mit mir alleine glücklich sein kann, dann geht das auch woanders. Kann ich überhaupt mit jemand anderem glücklich werden, wenn ich es mit mir selbst nicht hinkriege? Gehört nicht eigentlich Einsamkeitsfähigkeit und alleine-sein-können dazu als Grundvoraussetzung und Basis einer tragfähigen Beziehung, Freundschaft, familiärer Bindung oder jeglicher sonstiger Kontakte? Ich habe im Du nämlich nicht zu suchen, was ich in mir nicht finden möchte. Das lässt uns leiden, weil wir glauben der andere sei dafür verantwortlich. Wir geben uns nicht den Freiraum den wir brauchen, um durchatmen zu können und uns unserer eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden und (um) die Voraussetzungen zu schaffen sie zu befriedigen. Freiheit mit mir bedeutet auch frei sein können mit Dir. Frei von Leid. Auch frei von alten Leiden, die wir mit uns herumschleppen.
Wie jetzt, ich soll kompletto tutti bereinigt, defragmentiert und recycelt in eine neue Verbindung eintauchen? Super, da brauche ich bei und zwischen meinen Beziehungen aber diverse Jahre, wenn nicht gar ganze Leben, um alle Traumata zu verarbeiten und mich wieder in die Lage zu versetzen mich Ballastfrei auf jemand anderen einzulassen. Ist das wirklich erstrebenswert, oder tun wir das nicht automatisch, indem wir uns zurückbesinnen auf uns selbst?
Das, was dann aber passiert, ist, dass wir sämtliche Signale nach außen kappen. Andere spüren uns nicht mehr – genauso wenig wie wir uns selbst spüren können. Dabei könnten wir diesen Zustand hervorragend nutzen. Stattdessen leiden wir so vor uns hin, ungeliebt, dick, fett hässlich, unattraktiv, griesgrämig und vor allem einsam. Kultivieren wir Einsamkeit und Alleinsein allerdings und akzeptieren wir diesen Zustand als Notwendigkeit, können wir mehr Vorteile daraus ziehen, als uns womöglich lieb sein könnte. Denn wir bleiben im Geschäft, wir sind berührbar, wir sind da und bleiben es auch.
Ein Weg Einsamkeit und Alleinsein kompensieren zu wollen ist das Netz, das Internet(z). Es bringt uns aber nur dann etwas, wenn wir das Netz als Mittel zum Zweck nutzen, anstatt eine Beziehung zu ihm (als durch es) aufbauen zu wollen - der Ersatz für eine wirkliche reale Verbindung. Vorsicht - das Netz ist nicht berührbar, auch wenn es uns noch so persönlich daher kommt. Es vermag uns zu berühren, wenn wir diese Verbindung zu ihm in uns herstellen. Aber es ist und bleibt ein Netzwerk, nicht mehr und nicht weniger. Genau wie alle Personen, die wir in ihm erfahren. Das Internet erfüllt die Funktion für uns, die wir in es hineingeheimnissen und damit sollten wir sehr vorsichtig sein. Wir entfernen uns damit nicht nur von uns selbst sondern auch von allen anderen.
So ein Blödsinn, ich erschaffe mir doch dadurch erst die Kontakte, die ich ohne das Netz gar nicht erst hätte. Über große Entfernungen sogar visuell, von denen wir noch vor ein paar Jahrzehnten nur geträumt hätten. Jetzt ist aber mal wieder gut – wir sind alles mündige Wesen, die genau wissen was sie tun.
Eben nicht – nicht alle Nutzer sind mündig. Nicht umsonst sind sie eines (Kinder-/Jugend-) Schutzes bedürftig. Auch wir sind in diesem Metier Neulinge, weil nicht damit erwachsen geworden. Zwar mündige Neulinge, jedoch genauso schutzbedürftig. Und den müssen wir uns auch noch selbst angedeihen lassen. Diese vermeintliche Nähe, die hergestellt wird, die so nicht wirklich existiert und kann uns schon ziemliche Probleme bereiten. Wie kann unser Geist das verarbeiten, unser Gefühl das verkraften, unser Verhalten sich diesbezüglich anpassen?
Genial nach Hause zu kommen und es hat sich zwischenzeitlich jemand für mich interessiert. Vielleicht sogar jemand Neues? Im richtigen Leben ist das häufig nicht so, vor allem nicht so einfach, vielfach, schnell und direkt.
Aber genau das ist doch das irreale. In dieser Schnelllebigkeit bin ich schnell In und noch viel schneller wieder Out. Das will erst einmal verkraftet sein. Wenn ich damit in der Realität nicht zu Recht komme, wie sollte ich das erst in der Anonymität des Netzes im Zeitalter der Pseudonyme? Schützt mich die Distanz wirklich, oder lasse ich mich so sehr darauf ein, dass mich alles genauso berührt und Dinge auslöst, wie im normalen Leben?
Aber es schafft Wege aus der Isolation! Wirklich? Bin ich nicht erst dadurch fixiert isoliert, indem ich mich darauf einlasse, dass die virtuelle Welt bald gleich zu setzen ist mit meiner Realität, sie womöglich überschattet oder sie bereits oder bald sogar ersetzt? Die Hilfe, die wir uns selber geben sollten ist zu erkennen, dass alles außerhalb der menschlichen Ebene kein Ersatz sein kann für menschliche Nähe, Wärme, Liebe. Das ist das Einzige was zählt. Das ist nicht zu ersetzen.
Ach, ganz was Neues.
Wir suchen nach Wegen das herzustellen, was uns fehlt. Aus den Augen verlieren wir schnell, dass die Mittel dorthin nicht gleichzeitig die gewünschten Ergebnisse sind. Darin hängen zu bleiben ist fatal. Die Sucht nach Liebe bringt uns dazu viele verschiedene Fährten aufzunehmen – es sind jedoch nur Wege...und der Weg ist doch bekanntlich das Ziel.
Aber das weiß ich doch alles.
Also Krankheit als Weg, wie in den 70ern propagiert? Sucht ist eine Krankheit, die Leiden schafft. Alle Formen von Süchten lenken uns von der eigentlichen Sucht nach Anerkennung sprich Liebe ab. Wenn eine Sucht kurzfristig dazu dienlich ist das zu erkennen, dass wir eigentlich geliebt sein wollen, dann kann es ein Weg sein zu sich selbst und der Ausweg aus der Sucht herauszukommen. Süchte sind legitim, mittlerweile überall sichtbar und häufig unterschätzt. Der Suchtfaktor Liebe findet sich bei der meist jüngeren Generation in der moderneren Form als Essstörungen wieder. Ablenkung auf den Körper. Richtig ist, sich mit sich selbst zu beschäftigen, aber doch nicht durch die Identifikation des Problems in der Körperlichkeit. Das sind allenfalls Symptome, die vom grundlegenden Problem ablenken. Oder stoßen sie uns regelrecht darauf?
Jetzt ist Schluss – blödsinnige Schlussfolgerungen. Jetzt ist der Fortschritt schon verantwortlich für unsere Gesundheit. Wir sind schließlich die Kinder der Neuzeit – die Zukunft. Und überhaupt – das war schon immer so, dass es Krankheiten im Zeichen der jeweiligen Zeit gab, gibt und geben wird.
Schwieriges Erbe des Fortschritts. Das alte Erbe kaum verdaut werden wir hineingeworfen in neue Welten. Keine Erfahrungen mit dem schnellen Austausch und trotzdem damit klar kommen sollen. Jeder, der sich lieber mit dem Internet verbündet, als ein gutes Gespräch zu führen, eine gemeinsame Unternehmung zu starten, mit den Kindern zu spielen, hat bereits den Schritt ins Unbekannte gewagt und verloren. Sich selbst und die anderen.
Wie schade, aber was soll’s? Jeder ist seines Glückes Schmied und was geht’s mich an. Genau das hat uns doch dahin gebracht – diese „was geht es mich an“-Mentalität. Was nichts anderes heißt als „was gehst Du mich eigentlich an“. Andere isolieren mich also oder geben Anlass mich isoliert zu fühlen oder mich selbst zu isolieren? Einsam zu sein? Egal wie, die Entscheidung treffe ich alleine.
Klar, ganz allein, wenn keiner mehr mit Dir reden will, Kontakt zu Dir abbricht, Dich meidet. Ja aber wie kommt es wohl dazu – entscheide ich mich nicht selbst dafür einen Weg zu gehen und erhalte dafür von den anderen auch die Reaktion auf mein eigenes Verhalten? Und inwiefern habe ich das selbst unbewusst gesteuert, weil ich es eventuell offen nicht gekonnt hätte? Nehmen wir mal an ich brauche mehr Zeit und Ruhe für mich selbst und am besten für mich alleine. Kann ich ja schließlich ganz schwer herstellen, wenn ich mich um Gott und die Welt parallel zu kümmern habe. Schwierig ist es auch zu sagen, dass man eine Auszeit von wem oder was auch immer benötigt, sodass wir dann unbewusst die Ereignisse herbeiführen und anziehen, die uns das ermöglichen. Wir sind dafür selbst verantwortlich. Ich kann ja nicht allen Ernstes behaupten, dass ich gezwungen bin irgendwie zu sein, zu fühlen oder zu handeln.
Das wird mir jetzt aber alles zu psychotheoretisch und vor allem weltfremd. Aber der Rest ist sehr nah am Menschen dran, ganz klar. Vielleicht gibt’s ja noch etwas dazwischen – zwischen den unterschiedlichen Welten. Wir streben in der Weltbevölkerung ja schließlich auch Einheit und Einigung an, oder etwa nicht? Das macht vor uns auch nicht halt.
Jetzt wird’s auch noch politisch.
Was früher in den Klassen geschah unter den Kindern, geschieht nun im Internet. Es wird nicht mehr geklärt auf direktem Wege sondern meist feige über alternative. Indirekte Aktionen, die uns dazu auffordern in Aktion zu treten auch wenn es nur eine defensive sein sollte. Wir erziehen uns um zu direkten Kommunikationsvermeidern. Gerade hatten wir ansatzweise gelernt miteinander umzugehen und zu kommunizieren, da wird die Ebene von direkt auf indirekt umgeschaltet. In der Mitte liegt die Kraft – auch und vor allem in der gesunden Mischung.
Warum nicht wieder leiden auf die althergebrachte Weise? Was spricht dagegen? Dich anbrüllen, schreien, stampfen, heulen, rumzicken, verständnisloses Zeug reden. Hauptsache direkt. Es gibt so vieles, das wir tun und je nachdem auch wieder lassen könnten. Anstatt dessen packen wir das Ganze, unseren Ärger, aber auch Liebe, Leid und andere Konsequenzen, in SMSen und Mails. Indirekt. Da sind ja der althergebrachte Brief, das candlelight-dinner für die verschiedensten Anlässe, eine kleine Überraschung hier oder gar eine einzelne Blume dort völlig überflüssig geworden. Unsensibel schreibt und textet man hin und her. Jeder interpretiert seine eigene Emotion noch zusätzlich mit hinein und perfekt ist das Chaos. Ein Chaos der Mehrdeutigkeiten.
Das Leid war früher greifbar und verständlicher, weil wir damit konfrontiert waren und es uns direkt anging. Heute gerät man schon in Panik, wie man auf diese neue Form reagieren soll. Aber das lernen wir sicher noch – bleibt uns ja auch nichts anderes übrig, wenn wir glücklich leben wollen. Miteinander.
Wir nehmen diese neue Form einfach nicht an und bleiben „alt“. Geht, aber nur noch in meinem bestehenden Umfeld, das mich alt versteht.
Nein, ich nehme lieber ein Stück weit diese neue Art und Weise an, ich tue das sogar aus mir selbst heraus, gezwungener Massen zwar, denn ich bin anders groß geworden – ich muss mich einfach nur neu trainieren und alles hinter mir lassen. In der Ruhe liegt die Kraft – also doch besser mit mir alleine?
Gib mir einfach einen Grund mich schlecht zu fühlen und ich sehe schon, mit welcher Art und Weise ich damit umgehen werde. Alt oder neu oder gar nicht. Situativ und im Einzelfall – das ist ja Klasse – ich muss mich ja gar nicht mehr festlegen! Das ist es also, was uns umtreibt mit dieser neuen Art umgehen zu wollen.
Auch hier hatten wir mühsam gelernt Verantwortung zu übernehmen und versucht das auch unseren Kindern zu vermitteln – lassen wir’s doch einfach wieder. Prima, genau mein Ding. Wir dürfen andere und uns jetzt völlig legitim aus der Distanz leiden lassen und es ist ab sofort kultiviert und legitim. Keiner nimmt mehr Anstoß daran, weil unmodern und nicht zeitgemäß. Im Herzen bleibe ich alt und das gerne – außen werde ich jung und das ohne Hyaluronsäure oder Q10.
Wenn hier etwas maßlos ist, dann diese Übertreibungen. Als erwachsener Mensch sollte man schließlich alles (er)leben können und auch aushalten. Wir sind schließlich niemals fertig und haben das Potential zur Erweiterung und Entwicklung. Offen sein, sich selbst vertrauen, dass wir schon adäquat mit der jeweiligen Situation umzugehen wissen. Kein planen oder systematisches abarbeiten. Tolle Sache, in den Tag hinein leben, handeln und fühlen. Wie’s gerade kommt.
Diese Trennung war früher unterschiedlichen Lebensmodellen zugeordnet – Familie und Verantwortung – Single und das Leben leben. Und das soll ich jetzt alles können und am besten korrekt gewichtet und aufgeteilt in die verschiedenen Themen und Rollen? Überforderung. Burnout. Das ist es, was uns ausbrennt und ausbremst. Die mangelnde Fähigkeit alt mit neu zu vereinen und ein gesundes Mittelmaß für sich selbst zu finden.
Sich damit überhaupt auseinandersetzen zu müssen ist eine Frechheit. Wer nötigt mich eigentlich eine derartige Entscheidung überhaupt treffen zu wollen oder gar zu glauben es zu sollen. Es gibt doch nichts was sich gegenseitig ausschließen könnte, jedenfalls nicht so endgültig, dass ich zwangsläufig in meinen eigenen Erklärungszwang gerate. Bin ich ein verantwortungsloser Single – sprich zwangsläufig verantwortungslos weil Single? Oder Verantwortungsbewusst weil Familienmensch und wie selbstverständlich verantwortlich? Und Weiß ein Single zwangsläufig das Leben wirklich zu leben und der Familienmensch nicht? Schließen Verantwortung und Leben sich gegenseitig wirklich aus oder bedingt das eine nicht sogar erst das andere? Ich kann mein Leben doch nur leben, wenn ich verantwortungsbewusst bin.
Das ist ja mal eine Aussage – frag die geschundenen Familienväter und überforderten Mütter oder gar die frustrierten Singles. Und was ist mit denen, die keiner fragt – unsere Kinder. Die leiden doch am meisten unter unseren fixierten Modellversuchen. Wären sie nicht Kind, würden sie völlig verwirrt das Weite suchen wollen. Oder sich wundern über ihre sonderbaren Eltern und dem Spielfeld, das sie umgibt.
Das ist völlig übertrieben. Ich gerate keineswegs in den Konflikt zu glauben, dass die eine Lebensart die andere ausschließt. Würde ich meine Kinder oder die der anderen damit konfrontieren, wüsste ich, dass sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden? Ja, tue ich fortwährend, denn ich kann doch alles leben was ich möchte. Kann man(n), Frau, Kind oder gar ich selbst mich wirklich davon abhalten? Ich weiß doch wer ich bin, was ich denke und fühle, was ich bereit bin zu leben und was für mich alleine und was für uns gemeinsam lebbar ist. Verlange nicht von mir mich zu entscheiden – es wird Dir einmal leidtun müssen. Entweder oder gibt es nicht, sonst bedeutet das gemeinsam einsam. Will ich wirkliche Nähe leben, um Leiden zu verarbeiten und neues Leid zu vermeiden, sollte ich die Chance nutzen alles gemeinsam zu leben.
Freifahrtschein für Ausschweifungen – schön wär’s. Frei all das zu sein, was in mir ist – das ich bin. Aber wer will das schon wissen. Ich! Du bist doch in diesem Zusammenhang egal. Nicht weil es unwichtig ist, was andere denken. Vielmehr ist die eigene Ausrichtung unmittelbar verantwortlich für mich. Und umgekehrt. Keiner um mich herum kann wirklich glücklich sein, wenn ich es nicht bin, weil ich sie nicht glücklich mache. Also ist es immens wichtig, dass ich lerne für mich selbst zu sorgen.
Sorge mal lieber fürs Kind, für mich und dein Umfeld, da hast Du genug zu tun.
Wer ist denn jetzt nun wer in diesem Zwiegespräch? Wer pro und wer contra? Ist das nicht mittlerweile eine Vermischung beider Seiten in der Mitte, die sich kaum trennen lassen? Weder während des Lesens noch im Leben? Wir können nicht allen Ernstes behaupten beide Lebensmodelle vereint und gleichzeitig zu leben.
Doch das geht: Alleinerziehend ist ein Weg, um Single und Familie zu vereinen und das in Selbstbestimmung – es sei denn ich leide. Ein zweiter Weg wäre die Patchwork-Familie, die viele Herausforderungen für uns bereithält, aber dazu auffordert es neu und anders zu bewerkstelligen. Oder da wäre noch die fast unmögliche Variante der funktionierenden Familie oder Beziehung, in der jeder den Freiraum und das Verständnis erhält sich selbst zu entwickeln und sich eben nicht für sich oder für die Familie bzw. Beziehung entscheiden zu müssen. Denn das kann nicht ernsthaft die Frage sein – mich für mich oder gegen mich zu entscheiden. Es ist immer ein „für mich“ weil „ich bin“ und das ist gleichzeitig die wirklich einzige und ehrliche Entscheidung für Gemeinschaft.
Entscheide ich mich für mich und meine Entwicklung erscheint das meinem Umfeld oftmals als egoistisch oder egozentrisch, abgefahren, esoterisch oder welche Begrifflichkeit man ansonsten dafür wählen mag. Aber es ist die einzige Entscheidung, um Liebe und Glück in sich und um sich herum herzustellen. Sofern Du das verstehen kannst und willst.
Da bin ich aber ganz anderer Meinung. Jeder muss ein Stück weit von sich selbst wegtreten, damit andere auch zu ihrem Recht kommen und den Raum erhalten das zu Leben was sie möchten und um Familienleben oder Beziehung erst möglich zu machen.
Trete ich von mir selbst weg ist das Spiel verloren – ich habe bei mir selbst zu bleiben und am besten permanent. Bin ich einmal nicht bei mir, also außer(halb von) mir, dann erst entstehen die Probleme, die wir eigentlich vermeiden wollen. Wäre ich im Kontakt mit mir und dem was mich selbst wirklich ausmacht und meinen Weg bestimmt, dann spüre ich genau was ich brauche und was die anderen brauchen und werde mich in einem gesunden Verhältnis darauf ausrichten dem Gemeinwohl zu dienen.
Das ist mir jetzt wirklich zu abgehoben – Gemeinwohl, als würde das irgendjemanden interessieren, was ich will, was mir gut tut, wo meine Grenzen sind und wie man mich erfreuen kann.
Das tut mir leid, so desillusioniert kann nur jemand reden der die Erfahrung gemacht hat, dass es störend ist man selbst zu sein. Ich störe mit dem was ich bin, mit dem was ich will. Ja bin ich denn dann wirklich in meinem richtigen Leben angekommen, in dem, was ich wirklich leben sollte, damit es mir gut geht? Ich behaupte ja, denn wenn ich es nicht über den direkten Weg zu schaffen glaube, muss ich wohl den indirekten Weg durch die Anpassung und das vorprogrammierte Leiden gehen, um durch diese schmerzhaften Erfahrungen erst zu lernen, dass ich mich so nur selbst verleugne und das untergrabe, was mich ausmacht, wofür ich auf der Welt bin und was ich nur durch mein eigentliches Sein Gutes bescheren kann. Das bedeutet mich dem Willen und dem Weg eines anderen zu unterwerfen, denn es ist dann kein Weg den man gemeinsam geht, sondern einer, den ich mit jemandem mitgehe.
Gemeinschaft bedeutet eben auch gemeinsam und ist nur möglich, wenn man sich auf Andersartigkeit einlässt oder als harmonische Variante die Wege sich möglichst ähnlich sind.
Aber ich arbeite doch wirklich daran, dass ich auch das Glück der anderen im Sinn habe, auch wenn man es mir nicht immer abnimmt. Richtig so, ich die Egoistin, die nur sich selbst liebt, obwohl eigentlich jeder genau weiß, dass der Liebe zu anderen immer die eigene Selbstliebe vorausgeht. Du kannst doch nicht behaupten mich zu lieben, wenn ich nicht so sein darf wie ich bin. Bin ich eine gute Freundin, wenn ich nach langjähriger Freundschaft oder Partnerschaft diese beende mit den Worten – du liebst doch nur Dich selbst und versuchst durch das Interesse an mir nur Deine eigenen Vorteile daraus zu ziehen.
Wie widersprüchlich und albern. Da gibt es doch gar keinen Unterschied, ob ich nun dem anderen gut tue oder mir selbst. Man leidet doch nur darunter, wenn man sich etwas anderes erwartet oder eben selber so denkt und handelt. Oder einfach nur, weil man zu verschieden ist und der Weg des Miteinander eben nur zwei Wege nebeneinander ergeben können.
Und was ist so schlimm daran. Jeder macht sein Ding, leben und leben lassen und wenn man sich zwischendurch dann mal trifft, kann man wunderbar gemeinsam Zeit verbringen. Es ist nicht schlimm, wenn es mir entspricht. Wähle ich aber einen Weg, der mir nicht entspricht, wird Problemprogramm X ab gespult. Nicht gespielt, denn Filme kann man abschalten. Eine Spule in die korrekte Position gebracht lässt sich kaum aufhalten und zeitlich einschränken – sie spult und spult und spult...
Leiden? Klar. Selbst gewählt.
Aber, wenn andere doch durch mich leiden, kann ich doch nicht so gefühllos sein. Ich bin doch dafür verantwortlich. Sicherlich für die Impulse, die dem anderen das Leid bescheren, aber mit Sicherheit nicht für die Gefühle, die der andere fühlt. Wenn ich an Deinem Leid beteiligt bin, dann entschuldige bitte, dass ich so böse war Dir die Impulse zu setzen woran Du noch zu arbeiten hast. Aber mach mich nicht für Deine Gefühle verantwortlich. Das ist Dein Ding. Dankbarkeit wäre hier angebracht. Sei doch froh, dass ich dafür herhalte, damit Du noch was lernen kannst. Darauf kannst Du verzichten? Ganz bestimmt nicht, denn sonst würde es ja nicht passieren. Zufall?
Leiden ist nun mal einer der einfachsten Wege, um etwas zu lernen. Einfach, weil Leid eben einfach herzustellen ist aber ungleich schwieriger auszuhalten, weil es eben weh tut. Lerne doch einfach freiwillig, sei offen und hör zu, was andere Dir zu sagen haben. Überprüfe Deine innere Einstellung und zieh dir mal kurz anderer Leute Schuhe an, um festzustellen, ob sie dir auch passen. Wenn nicht, dann bloß Finger weg davon.
Den maßgeschneiderten Schuh gibt es nicht und wenn doch ist er teuer zu bezahlen. Aber ich bin es mir Wert, spare ich doch ein wenig, lerne auf den verschiedenen Leidens- und Lebenswegen, was mir und anderen Glück beschert und versuche ich mich in eine Position im Leben zu begeben, die mich und andere lieben lässt.
Alles nur theoretisches Gequatsche, aber schön, hört sich gut an und gibt es sicher hin und wieder auch, aber nur bei den anderen und das auch noch sehr selten. Fragen wir die Glücklichen dieser Welt doch mal, wie sie das geschafft haben. Fragen wir mich und meinen entwickelten Anteil:
Glück ist in mir und in allem was mich umgibt. Ich erlaube mir zu empfinden und auch anzunehmen oder abzulehnen was und wie es mir gefällt, denn ich darf das. Leide ich dann darunter, korrigiere ich meinen Kurs. Bin ich glücklich, kann es so bleiben. So einfach ist das. Geht aber nur, wenn ich verstanden habe wer ich bin und dass nichts und niemand besser oder schlechter ist als ich selbst. Dann verurteile ich niemanden, auch nicht mich für das was ich bin und tue. Kurskorrekturen sind nichts anderes als sich selbst eingestandene Fehler, die wir alle machen dürfen sofern wir diese Fehler durch Leid erzwingen. Dazu gehört gegenseitiges Verzeihen, sich entschuldigen können bei sich selbst und anderen, dankbar zu sein für alles egal ob ich mich damit gerade gut oder schlecht fühle und vor allem die große uneingeschränkte Portion Liebe für alles und alle.
Kurskorrekturen ohne Leid erfahren wir oft als Ablehnung durch andere gepaart mit Unverständnis und Unversöhnlichkeit. Das lässt sich ausschließlich alleine mit den obigen Komponenten verarbeiten. Ich verzeihe mir, entschuldige mich bei mir selbst und Danke mir für meine selbst gemachte Erfahrung und fühle mich dann wie es mir beliebt. Am liebsten gut.
Toll, und was soll mir das jetzt bitte sagen? Dass ich es eben nicht kapiere, weil meine Gefühle eben nicht diese Sprache sprechen und es Scheiße weh tut? Du Engel ich Teufel? Beides in mir oder durch mich gesprochen und gefühlt, oder mit Dir oder durch dich. Es macht einfach keinen Unterschied, bis auf die Tatsache, dass ich es mir oder Dir vorwerfen könnte. Aber warum nur?
Weil meine Gefühlslage aufgewühlt misslich ist. So sehr ich mich auch bemühe, ich kriege diese Wut nicht gebändigt über so viel Dumpfbackengehabe. Du Dumpfbacke und nix gut, ich Armsau und feel good. Ja genau das eben nicht, ich fühle mich leider gar nicht gut damit, weil ich es nicht verstehen kann. Verstehen gehört doch dazu.
Wozu denn? Ich entscheide mich einfach für gute und schöne Gefühle.
Mich gut fühlen ohne zu wissen warum? Damit auch ich zur Dumpfbacke werde? Nein danke.
Was ist daran denn dumm, wenn ich einen einfachen Weg finde mich gut zu fühlen, egal was mir widerfährt? Ich darf doch ruhig verstehen, aber muss meine Gefühlslage zwangsläufig davon abhängen? Ich muss doch keine leidigen und leidenden Gefühle haben, um etwas zu kapieren. Das steht doch auf einem ganz anderen Blatt. Vor allem ziemlich dumm gelaufen, wenn ich meine Gefühle vorschiebe um davon abzulenken, dass ich mich grundsätzlich wie eine arme Sau fühle. Also gar nicht situationsbedingt, sondern Themenabhängig oder gar ganzheitlich. Suchtfaktor Liebe? Mangelerscheinungen?