Читать книгу Tödliche Rechnung - Ingo M Schaefer - Страница 8
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Оглавление„Soso, Maske ist tot. Uns alle erwischt es mal.“ Mirko Genaro saß schräg auf dem Stuhl, den rechten Arm über die hohe Lehne gelegt. Er war fast so groß wie Sander aber sehr dünn. Sein Gesicht war feminin, bis auf das spitze Kinn, die stechenden braunen Augen und die buschigen schwarzen Augenbrauen. Er machte einen selbstsicheren fast überheblichen Eindruck auf Sander.
Vor einer Stunde hatte er Genaro angerufen. Seine Einladung zu einem Essen in einem exklusiven Restaurant hatte Genaro überzeugt. Sie hatten gegessen, der Nachtisch war gerade serviert worden, da berichtete Sander vom Tod seinen Freundes. Genaro nahm die Nachricht mit einem zufriednen Lächeln auf.
„Sie mochten ihn nicht, warum?“, fragte Sander mühsam beherrscht.
„Er war nicht der Typ, den man mögen konnte“, antwortete Genaro.
„Hat er Ihnen was getan?“
„Er war ein dahergelaufener Preisträger, der einfach in einen Markt eindrang, den andere geschaffen haben.“
„Etwa Sie?“, fragte Sander spöttisch.
Genaro blickte Sander finster an, sagte nichts.
„Hat Charlie ihnen Aufträge weggenommen, weil er einfach besser war?“
Genaro sah zur Decke hinauf, dann auf Sander. Der Blick war kühl, auch wenn Sander meinte, Triumph zu sehen.
„Was meinen Sie, wenn Charlie umgebracht worden ist?“, grinste Sander.
Der Maler richtete sich mit einem Ruck auf.
„Was reden Sie da? Sie haben doch eben gesagt, es war Selbstmord“
„Ich sagte aufgeschnittene Pulsader, nicht Selbstmord. Die Kripo könnte sich für ihre Geschichte interessieren. Charlie nahm ihnen mehr Aufträge weg, ein HIV Infizierter, noch dazu Bluter. Da kann man doch leicht einen Selbstmord vortäuschen. Sie haben ein Motiv.“
„Hören Sie, das kann mir niemand anhängen. Außerdem können Sie nicht beweisen, dass Maske mir Aufträge weggenommen hat. Das ist Ihre Idee. Ich habe nichts gesagt und sage dazu nichts.“ Genaro stand auf. „Vielen Dank für das Essen. Aber an einem weiteren Gespräch bin ich nicht interessiert. Guten Tag!“
Er ging schnell zum Ausgang.
Sander winkte den Kellner herbei, drücke ihm zweihundert Euro in die Hand mit der Bemerkung „Stimmt so!“ und folgte dem dünnen Mann.
Genaro fuhr einen beigen Golf. Sander folgte mit einigem Abstand. Genaro steuerte den Wagen in eine exklusive Wohngegend. Er parkte den Wagen am Straßenrand einer verkehrsberuhigten Zone und ging schnell zum Eingang eines renovierten dreistöckigen Gebäudes im Jugendstil. Sander sah ihn im Eingang verschwinden und fuhr einige Fahrzeuge weiter bis er eine Parklücke fand. Er stieg aus, ging zum Eingang, in dem Genaro verschwunden war und las die Namensschilder: Heitmann, Lemken, Kromer. Schnell ging er zum Auto, stieg ein und verschwand aus der Gegend.
Zurück in seiner Wohnung fand Sander heraus, das Leon Heitmann, Ewald Lemke und Martin Kromer das Haus bewohnten, in dem Genaro verschwunden war.
Er rief seine Schwester an.
Ob sie einen Heitmann kenne. Da müsse sie erst überlegen, ihr Namensgedächtnis sei so schlecht, ja, sie schreibe sich die Namen gerade auf, Heitmann Lemke und wie Krone? Ach so mit m Kromer. Der Name würde ihr was sagen. Sie würde zurückrufen, ob er auch zu Hause sei, ja gut. Ja, ihr würde es wieder prima gehen. Sie habe hier viel zu tun.
Sarah Sander hielt sich kurz am Tresen fest, als sie den Hörer auflegte. Wieder ein kleiner Schwächeanfall. Nach Hause gehen war unmöglich. Sie brauchte das Geld.
„Sarah, noch zwei Tequila!“
„Ich´n Pils!“
Die Hälfte der Gäste waren Künstler, mehr oder weniger erfolgreich; die andere Hälfte wollte sehen oder gesehen werden.
Sie kannte fast alle Künstler. Einem, Markus Woltz, brachte sie die Tequila. Woltz, ein grobschlächtiger bärtiger Bildhauer, saß mit einer Frau, die Sarah vom Sehen her kannte, allein an einem der Tische.
„Hey Sarah, wo ist Charlie denn?“, fragte Woltz.
Sie versteifte sich sofort.
„Charlie ist tot, Markus!“ Sie erschrak wegen ihrer eigenen lauten Stimme. Köpfe drehten sich zu ihr um.
„Was? Charlie ist tot?“, dröhnte die Stimme des Bärtigen durch das Lokal. Viele Köpfe drehten sich. Einige Leute standen auf.
Fragen, Menschen, Sarah wich hinter die rettenden Theke. Vergeblich. Die Fragen prasselten auf sie ein.
„Seit wann ist er tot?“
„Ist das sicher?“
„Warum wissen wir nichts?“
„Wie ist das passiert, ein Unfall?“
„Ausgerechnet Charlie.“
„Sarah, sag doch was!“
Sie wurde panisch. Erst das überraschende Ausbrechen der Krankheit, jeden Tag wurde es schlimmer, dann der Tod von Charlie und jetzt diese Leute, die sich auf sie zu stürzen schienen. Kein Wort schaffte den Weg über die Lippen, desto stärker zuckten die Schultern. Sie wollte hier raus. Ihr gefiel nicht, was sie sah: viele, plötzlich fremd gewordene Augen starrten sie an, wartend.
„Schwesterchen, alles in Ordnung?“
Der Glanz in den Augen verschwand. Es wurde still. Vorgestreckte Köpfe zogen sich zurück. Der warnende Unterton war niemandem entgangen. Einige Künstler machten sofort Platz. Eine Gasse entstand. Mit Kai Sander legte sich niemand an.
Sander, in Lederjacke und Jeans, ging zu seiner Schwester hinter den Tresen und grinste in die Menge, während er sich die Jacke auszog
„Wer wollte was trinken?“
Woltz brach als erster das Schweigen und polterte:
„Zwei Doppelte auf den Schreck, du auch?“, fragte er seine Freundin, die den Kopf schüttelte.
„Ich auch, hallo Kai!“
„Tschuldigung, Sarah!“
„Wie ne dumme Meute waren wir...“
Sander goss Gläser nach, zapfte Bier. Sarah setzte sich auf den Hocker, trank Cola und seufzte.
Einige blieben an der Theke stehen, der Großteil war an die Tische zurückgekehrt.
„Was ist mit Charlie passiert?“, fragte Woltz.
Sander erzählte alles bis auf Genaros Verfolgung.
„Also, Genaro“, sagte Woltz bestimmt, „ist eiskalt.“
Sander sagte nichts dazu, fragte aber stattdessen:
„Weiß jemand etwas über Charlies Geschäfte? Ich meine die Fälschungen.“
Ein hagerer junger Mann, fast ausgemergelt, mit tief liegenden Augen antwortete:
„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Fälschungen sind es nicht sondern Nachbildungen. Ich hab auch ein paar an Kromer verkauft.“
„Kromer?“ Sander blickte überrascht auf. Sofort stieg Ärger in ihm hoch, weil er sich nicht beherrscht hatte. Der junge Mann wurde sofort misstrauisch.
„Was ist? Das ist nicht illegal. Was soll mit Kromer sein? Der ist okay, Mann.“
„Wenn es nicht verboten ist, kein Problem“, meinte Sander ruhig. „ Hat Charlie auch an Kromer verkauft?“
„Bestimmt. Viel haben wir für die Bilder nicht bekommen, war ja nicht viel Arbeit drin. Aber ist besser als nichts. Genaro war vorher der King, aber Charlie konnte einfach zu gut malen. Der nahm Genaro viele gute Aufträge weg. Für Genaro ist das bestimmt übel gewesen.“
„Woher kommen die Aufträge?“
„Keine Ahnung. Kromer macht das. Er sagt, welches Bild gemalt werden soll.“
„Dann ist Kromer ein Galerist?“
„Ja, ohne Galerie. Er betretbt `ne Art Agentur, nur für Maler.“
„Und er lebt gut davon“, warf Woltz ein. „Wir können uns grad das Nötigste leisten.“
„Ohne ihn könnte ich mir nicht mal das leisten, du Arschloch!“ Der junge Mann zitterte, aber die Stimme war klar. Er schlang die Arme um sich und rannte aus der Kneipe.
Woltz und Sander blickten sich kurz an.
„Was hat er denn?“, fragte Sander erstaunt.
„Die meisten, die für Kromer arbeiten, sind positiv. Der da,“ Woltz nickte zum Ausgang, „macht nicht mehr lange.“
„Kennst du Kromer näher?“, fragte der Kaufmann den Hünen.
Der schüttelte den Kopf.
„Kaum, aber er scheint in Ordnung zu sein. Hab bisher Gutes über ihn gehört. Jeder Agent nutzt seine Leute aus, der auch. Wollte ihm auch was anbieten, aber der verkauft nur Bilder. So jetzt lass uns auf Charlie anstoßen. Auf Charlie!“
Alle hoben die Gläser. Geschichten von Charlie wurden verlangt und Sander musste reden. Er kam erst spät ins Bett.