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Das Schwarze Kloster

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Wenn man heute durch das Melanchthonhaus geht, dann ist das Schwarze Kloster, Luthers Haus und Wirkungsstätte, allgegenwärtig mit dabei. Das war damals auch schon so. Es gab einen Weg vom Garten hinter dem Melanchthonhaus hinüber zum Klostergarten. Die Kinder hatten es leicht, sich zu verabreden, sich zu besuchen, miteinander zu spielen.16

Aber auch die Väter lebten in einer kollegialen Freundschaft und Nachbarschaft miteinander. Dabei hatte Luthers Haus die größere Attraktion. Es gab Zeiten, da saß Philipp Melanchthon „wochenlang Abend für Abend an Luthers Tische“.17 Wenn Luther und Melanchthon, ihre Ehefrauen und ihre Kinder, ständig miteinander in Beziehung gesetzt und verglichen werden, so sind dabei ihre Häuser immer auch mit im Spiel.

Melanchthon wohnte in einem nagelneuen Haus. Der Kurfürst hatte es ihm 1536 gebaut, auf einem Grundstück, das seiner Frau Katharina gehörte und auf dem in den ersten Jahren ihrer Ehe die kleine Bude stand, in der sie sehr bescheiden wohnten. Das neue Haus kann den Vergleich mit den Häusern wohlhabender Handwerker und Kaufleute aushalten. Es steht gleichsam in ihrer Tradition. Seit Beginn seiner Lehrtätigkeit in Wittenberg 1518 hat Melanchthon dafür geworben, dass seine Kollegen Studenten bei sich zu Hause aufnehmen.18 Schon bald darauf hatte er bei sich Studenten aufgenommen und damit eine Art Wohngemeinschaft gegründet. Jetzt im neuen großen Haus und mit diesen Vorerfahrungen im Rücken kann Melanchthon seine Vorstellungen von einem modernen, an humanistischen Idealen ausgerichteten Studienbetrieb wie auf dem Reißbrett verwirklichen. Er nimmt ständige Hausschüler bei sich auf und gründet eine „schola domestica“, eine Hausschule.19

Bei Luther sieht das ganz anders aus. Er bewohnt das Schwarze Kloster. Das war ein alter, weitläufiger Bau, immer wieder umgebaut, auch zu Luthers Zeiten. Nach Auflösung des Augustinerklosters hatte der Kurfürst es Luther 1524 überlassen. Hier musste er sich mit seiner Ehefrau Katharina 1525 einrichten.

Als Mitte dieses Hauses wird das Studierzimmer, die Lutherstube, gezeigt. Im selben ersten Stockwerk ist die Disputationsaula zu sehen, Luthers Hörsaal. Aber es gibt auch bei Luther noch eine andere Mitte des Hauses: den Tisch, um den sich die wachsende Familie versammelt, zusammen mit den Mitbewohnern des Hauses und den Gästen, zweimal am Tage, zum Mittagessen und zum Abendessen. Ein Tisch von gewaltigen Ausmaßen, stelle ich mir vor, oder auch mehrere Tische, denn im Haus wohnen nicht nur eine stattliche Anzahl Studenten, sondern je länger je mehr auch in Not geratene Verwandte Luthers, darunter eine ganze Anzahl Kinder.

Man muss also, noch deutlicher als bei Melanchthon, ein Haus mit zwei Schwerpunkten vor sich sehen: dem Studienbetrieb und der groß angelegten Haushaltung, dem Tisch. Und wie der Hochschulbereich durch eine ungeheuere Anzahl von Schriften dokumentiert ist, so der Tisch durch Luthers Tischreden, die in sechs Bände der Weimaraner Ausgabe gesammelt sind.

Beide Häuser sind je auf ihre Art Laboratorien einer neuen Epoche, einer neuen Verbindung von Familienleben und Universität, einer neuen Pädagogik und neuer theologischer Grundentscheidungen.

Melanchthon und Luther als Väter

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