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3. Pachet

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Im Halbdunkel, nur fahl beleuchtet durch ein kleines Oberlicht im Dach kam die Großkatze langsam näher. Es schien ihr nicht ganz geheuer, ihr Heim mit einem Menschen zu teilen.

„Hallo Pachet, ich bin Eveline“, sagte sie mit freundlich leiser Stimme.

Ein skeptisches und knurrendes Fauchen war zu hören, dann kratzte sie an den engen Maschen des Gitters. Eveline verzog sich in die hinterste Ecke und war froh, dass der Käfig mit zwei Seiten an der Wand stand. Pachet inspizierte sie neugierig. Eveline fühlte den eindringlichen Blick. Dann, anscheinend durch ein Geräusch abgelenkt, drehte sich die Katze um und verließ den Raum durch die Klapptür, die Eveline gesehen hatte, als sie auf das Haus zugingen. Sie atmete durch und auch sie vernahm nun Geräusche. Es war ein Auto, das vorgefahren war. Sie streckte ihre Beine. Kreiste die Füße, die schmerzhaft in eine Haltung gebogen waren, an die sie sich erst gewöhnen musste. Es schien, als wäre Besuch eingetroffen, denn sie hörte entfernt Stimmen. Dann Stille. Eine gefühlte Ewigkeit später hörte sie wieder ein Auto, dieses Mal fuhr es jedoch fort. Als kurz drauf Pachet wieder in den Raum kam, musste Eveline lachen. Herrchen und Frauchen weg, also zurück zu dem, was man ihr da ungefragt vorgesetzt hatte. Wieder kam die Katze dicht an Gitter und legte sich wachend davor. Sie streckte ihre Hand aus, neugierig, wie Pachet reagieren wurde. Und tatsächlich hob sie ihren Kopf und roch an Evelines Hand. Sie griff nun zwei von den Futterbrocken, reichte vorsichtig einen Pachet durch das enge Gitter, während sie den anderen in ihren Mund steckte. Die Katze beobachtete sie, dann griff sie, was für sie ein Snack sein musste, mit den Zähnen. Angst einflößende Zähne, wie Eveline fand. Von dieser Katze gebissen zu werden, endet tödlich, dem war sie sich sicher. Beide beobachteten sich wortlos. Mit der Zeit wurde es dunkler und Eveline kauerte sich, müde von dem ereignisreichen Tag, in die Ecke. Pachet schien es ähnlich zu gehen. Denn nicht lange, nachdem sie ihre Augen geschlossen hatte, hörte sie das sanfte Schnurren einer schlafenden Katze.

Mitten in der Nacht hörte sie wieder ein Auto vorfahren. Und wieder eilte die Katze aus dem Haus, um nach dem Rechten zu sehen. Evelines Blase drückte und sie erinnerte sich, was Julie ihr gesagt hatte. Sie atmete kurz durch, dann drückte sie ihren Unterleib dicht an das Gitter und ließ der Natur ihren Lauf. Selbst ohne die wachsamen Augen der Katze war es degradierend und sie fühlte sich schuldig, in das Heim dieser eleganten Dame gepinkelt zu haben. Als Pachet zurückkam, schnüffelte sie kurz an Evelines Hinterlassenschaft, dann stolzierte sie in ihre Ecke und legte sich demonstrativ dort nieder. Wenn das Mal kein Statement war, dachte sie sich und versuchte wieder zu schlafen.

„Gute Morgen, die Damen!“

Eveline schreckte hoch, als die Tür aufging und Susanne im Raum stand. Sie blinzelte geblendet von dem gleißenden Licht, das durch die Tür in ihren Käfig strahlte.

„Oh Gott, wie spät ist es denn?“, erkundigte sich Eveline verschlafen.

„Es ist neun Uhr, Eveline, Zeit dich aus dem Käfig zu lassen und hier etwas sauber zu machen.

Eveline errötete vor Scham und blickte zu Susanne auf.

„Das ist mir unglaublich unangenehm, Susanne. Ich konnte es aber einfach nicht länger zurückhalten.“

„Das ist kein Grund peinlich berührt zu sein. Alle paar Tage wird das ganze Haus ausgewaschen. Die Dame soll hier drin ja angenehm wohnen. Trotzdem ist es eine Art Stall. Und wie es sich für einen guten Stall gehört, auswaschbar. Pachet macht ihr Geschäft nicht hier im Haus, was ich sehr angenehm finde. Sie verscharrt es draußen. Ich hoffe doch, sie war eine gute Gastgeberin und hat dich schlafen lassen?“

Eveline musste lachen. Susanne schien Pachet wie ein menschliches Wesen zu behandeln.

„Das erklärt natürlich, warum es hier drin nicht stinkt. Ich hatte mich schon gewundert, da es in Raubtierhäusern im Zoo ja doch recht streng riecht. Werde ich gleich was zum Frühstück bekommen, abgesehen von diesem Katzenfutter?“

„Natürlich, Eveline. Madame wollte mit dir heute ein paar Besorgungen machen.“

Eveline nickte zurückhaltend.

„Sie hatte erwähnt, dass sie heute mit mir zum Friseur möchte. Maitresse und Monsieur haben mir gestern ganz schön Angst eingejagt. So harte Worte hätte ich nicht erwartet.“

Als Antwort bekam sie ein mildes Lächeln. Susanne nahm einen Gartenschlauch zur Hand und begann den Raum zu waschen. Pachet ergriff direkt die Flucht. Etwas was Eveline auch gerne getan hätte, wäre sie nicht in diesem Käfig eingesperrt. Sie unterbrach kurz, entfernte die Futterschale aus Evelines Käfig, dann brauste sie auch Eveline ab.

„Auf diese Weise sparst du dir die Dusche.“

Susanne lachte, während Eveline aufschrie und nach Luft schnappte. Das Wasser war eiskalt und schlagartig war die letzte Müdigkeit ausgetrieben. Dann drehte Susanne das Wasser ab.

„Ich möchte dir eines sagen, Eveline. Den Rest wirst du nach und nach sowieso erfahren und beobachten. Ja, es stimmt, Robert und Julie sind sehr dominant. Sicherlich wirst du dich an so Einiges gewöhnen müssen. Doch du kannst dir sicher sein, dass die beiden ganz wundervolle Menschen sind, die sich liebevoll um dich kümmern werden. Nur Lügen und Respektlosigkeit können sie nicht leiden. Ich weiß noch, wie das damals war, als Isabelle hierher kam. Es gab viele Nächte, in denen sie in Tränen aufgelöst war. Sie hat mir viel erzählt und ich habe ihre Entwicklung miterlebt. Kurz bevor ihre Krankheit diagnostiziert wurde, erzählte sie mir wie erfüllt und glücklich sie ist, diesen beiden Menschen zu dienen. Sie war eine sehr stolze Frau, Eveline. Ich habe sie bewundert“, Susanne machte eine kurze Pause und atmete gedankenverloren tief durch.

„Als sie von uns gegangen ist, zerbrach hier die Welt. Ich habe Robert und Julie noch nie so leiden sehen, Eveline. Man kann es drehen, wie man will. Isabelle wurde geliebt.“

Liebe, da war es wieder. Dieses Wort, welches sie in letzter Zeit eigentlich nur mit Louis und Marie in Verbindung bringen konnte. Während Susanne damit beschäftigt war den Fliesenboden mit einem Abzieher trocken zu machen, dachte Eveline über diese magischen Worte nach.

„Vielleicht sollte ich den beiden etwas Zeit geben und mich darauf einlassen“, sagte sie schließlich sanft und blickte zu Susanne.

„Ich denke, dass du das tun solltest. Vorerst hast du sowieso keine Chance an deiner Situation etwas zu ändern.“

„Wie meinst du das, Susanne?“

„Sie werden dich nicht gehen lassen. Nicht bevor du dir und ihnen nicht die Chance gegeben hast, es zu probieren. Sollten die beiden auch nach ein paar Monaten noch das Gefühl haben, dass du hier wegwillst, werden sie dich natürlich gehen lassen.“

„Und ja, selbst Monate sind viel. Aber Du warst es, die hierher gekommen ist und darum gebeten hast ihre Sklavin zu sein, richtig?“

„Ja, das war ich, Susanne.“

„Dann gib dem Ganzen eine Chance und lass dich nicht von donnernden Worten verschrecken. Es wird nie so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Und nun werde ich dich da raus holen und von deinen Schuhen befreien.“

„Du hast die Schlüssel?“

„Ich habe von allem die Schlüssel, Eveline. Nenn mich die Herrin der Schlüssel.“

Beide Frauen mussten lachen. Als Eveline aus dem Käfig und von den Schuhen befreit war, atmete sie erleichtert auf. Die Freiheit genießend trat sie von einem Bein aufs andere. Bis sich von hinten ein Kopf zwischen ihre Beine schob. Sollte Pachet ihr feindlich gesonnen sein, dies wäre nun der Augenblick, um Eveline zu Frühstück zu verarbeiten. Dementsprechend gebannt blickte Eveline nach unten. Doch Pachet sah sie nur an, mit einem Blick, den man auch mit einem:

„Es tut mir schrecklich leid, dass du dieser Dusche nicht entfliehen konntest“ interpretieren hätte können. Nein, Pachet schien nicht vorzuhaben, sie zu verspeisen. Erst als Eveline die raue Zunge der Katze über ihre Innenschenkel lecken spürte, schob sie Pachet vorsichtshalber dann doch weg.

„Sie scheint dich zu mögen. Bei mir hat es Tage gedauert, eh sie meine Haut geleckt hat.“

„Wundert mich etwas, da ich nicht glaube, dass du in ihr Wohnzimmer gepinkelt hast!“

Susanne begann schallend zu lachen und schüttelte den Kopf.

„Eher nicht, nein. Oh, eh ich es vergesse. Habe ich gerade im Autoradio gehört. Das Wetter wird wohl noch ein paar Tage so windig bleiben. Daher könnte es sein, dass ihr noch ein bisschen Zeit hier verbringt, ehe ihr dann losfahrt.“

„Ich glaube, dass ich seekrank werde. Egal wie viel Wind weht. Ich konnte Geschaukel noch nie besonders gut ab. Als Kind ist mir selbst im Auto schlecht geworden.“

„Aber nun bist du ja erwachsen und ich gehe davon aus, dass dir im Auto nicht mehr schlecht wird. Zumindest hast du nicht sehr blass um die Nase ausgesehen, als ich dich hierher gefahren hab. Komm, du musst etwas essen.“

Eveline stimmte lächelnd zu und folgte Susanne zum großen Haus. Auch Pachet folgte den beiden. Auf der Terrasse wurden sie von Julie empfangen.

„Ich hoffe, dass Pachet sich anständig benommen hat, Eveline. Aber so wie sie dir folgt, mache ich mir da eigentlich keine Gedanken“, sie nahm Susanne dankend die High Heels ab und fuhr fort. „Ich habe für dich heute einen Termin gemacht, damit wir das Gestoppel loswerden. Des Weiteren wirst du mich zum Friseur begleiten. Ich möchte dich blond. Wir werden dich auch vermessen, damit Robert dir die Kleidung besorgen kann, die dir auf den Leib geschnitten ist. Wir haben auf der Party letzte Nacht lange über dich gesprochen. Wir wollen dich sexy.“

Sexy klang nicht schlecht, nur hoffte Eveline, dass sexy nicht gleich billig in den Augen von Julie und Robert war. Aber eigentlich brauchte sie sich da keine all zu großen Sorgen zu machen. Beide hatten Stil und würden nicht wollen, dass ihre Dienerin aussieht wie eine Prostituierte. Das Entfernen ihrer Schambehaarung machte ihr am meisten Sorgen.

„Tut das weh, die Haare dauerhaft zu entfernen, Maitresse Julie? “, fragte sie vorsichtig.

„Angenehm ist es mit Sicherheit nicht. Vor allem aber dauert es lange. Du wirst heute vier Stunden behandelt.“

Erschrocken blickte sie Julie an. Waxen dauerte nicht Mal fünf Minuten, wieso würde das dann so lange dauern? Sie beschloss, es unkommentiert zu lassen und fokussierte sich auf ihr Grundbedürfnis. Essen. Sie hatte einen unbändigen Hunger.

„Könnte ich etwas essen, Maitresse? Ich sterbe vor Hunger.“

Julie nickte und zeigte Richtung Tür.

„Susanne wird dir zeigen, wo alles in der Küche zu finden ist. Zukünftig wirst du für die Mahlzeiten zuständig sein.“

„Natürlich, Maitresse, danke.“

Susanne erklärte ihr alles. Nicht nur, wo sie was finden würde in der Küche, mehr noch, wann und wo, bei welchem Wetter Robert und Julie zu essen pflegten. Ihre Vorlieben und Abneigungen. Sogar welches Geschirr und Besteck, zu welchen Anlässen zu verwenden sei. Sie erfuhr auf diesem Wege auch, dass Robert und Julie gläubig waren und der Sonntag heilig war. Demzufolge gab es auch ein besonderes Sonntagsgeschirr. Es sollte an diesen Tagen etwas festlicher sein.

Eveline sog die Informationen auf wie ein Schwamm. Sie wiederholte das Wichtigste, um von Susanne bestätigt zu bekommen, dass sie alles richtig verstanden hatte. Als der Vortrag beendet war, griff sie sich endlich eine Schale und füllte sie mit Müsli.

„Hier, probier das mal an, wäre schön, wenn es dir passt.“

Julie war in die Küche gekommen und reichte Eveline ein kurzes rotes Kleid. Es war schulterfrei und reichte figurbetont hinunter bis kurz über die Knie. Eveline nahm es und hielt es sich an. Der Stoff fühlte sich gut an. Aber es würde sich wohl jeder Stoff gut anfühlen, denn alles war besser als nackt sein.

Dem ersten Augenschein nach müsste es passen, und der Stretch Jersey Stoff ließ annehmen, dass sich auch das Kleid dem Körper anpassen würde.

„Das sieht doch gut aus. Die passenden Heels stehen an deinem Platz. Ich möchte bald los, also ess auf und mach dich bereit. Deine Badezimmer Utensilien sind in deinem Bad. Susanne wird dir zeigen, wo das ist. Ich erwarte dich in fünfzehn Minuten mit gestylten Haaren und geschminkt am Auto.“

Eveline nickte und blickte zu Susanne, da die Zeit knapp werden würde. Mit der Müslischale in der Hand folgte sie ihr und begutachtete, was ihr Bad sein würde. Es war überraschend groß. Es verfügte über eine moderne Dusche mit Glastür, ein großes Waschbecken mit perfektem Schminkspiegel, der keine Wünsche einer Frau offenließ. Sie stellte die Schale am Waschbecken ab und begann sofort mit Zähne putzen, dann widmete sie sich den Haaren, um keine Zeit zu verlieren. Auch das dezente Schminken hatte sie schnell erledigt. Auf dem Weg nach draußen, schnell noch in die Schuhe geschlüpft und Eveline stand pünktlich abfahrbereit am Auto. Sehr zur Freude von Julie, die ihr salopp Beifall klatschte.

„Komm, spring rein, ich hasse es, zu spät zu kommen.“

„Natürlich, Maitresse Julie. Pünktlichkeit ist eine Tugend“, erwiderte sie sanft und lächelte Julie entgegen, als sie in das Auto stieg.

Der Code Noir Eve

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