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4.

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Die Mitteilung von Fuchs, dass auf dem Laptop nichts Fallrelevantes gefunden wurde, war für alle enttäuschend. Die darauf enthaltenen Daten waren nur rein beruflicher Natur, Privates gab es überhaupt nichts. Konnte das möglich sein? In einer Zeit, in der jeder noch so kleine Mist über Laptops und Smartphone lief, gab es hier nicht den kleinsten Hinweis.

Viktoria und Werner nahmen sich den Gärtner Lobmann vor, Hans und Leo Grete Hofer.

„Gegen Lobmann liegt nichts vor, er ist noch nie auffällig geworden. Seine Firma steht auf einigermaßen soliden Füßen. Es ist zwar nicht so, dass er mit seiner Arbeit ein Vermögen macht, aber er scheint über die Runden zu kommen. Er ist verwitwet und hat einen achtjährigen Sohn, der in einem Internat lebt.“

„In einem Internat? Kostet das nicht ein Vermögen?“ Für Leo lag es auf der Hand, dass dort nur Kinder aus reichem Hause untergebracht waren.

„Nach dem Tod seiner Frau hat er eine stattliche Summe aus einer Lebensversicherung kassiert, die allerdings langsam aufgebraucht sein dürfte. Wenn ich mir die Unterlagen ansehe, dürfte er sich den Luxus des Internats nicht mehr lange leisten können.“

Leo machte sich eifrig Notizen. Das war einer der Hauptpunkte, zu denen er Lobmann befragen wollte.

„Sonst nichts?“ Leo war enttäuscht. Da sie bei Grete Hofer auch nicht fündig geworden waren, hoffte er auf Lobmann.

„Nichts, was uns zu weiteren Recherchen veranlassen würde. Lobmann wuchs in einem Münchner Kinderheim auf. Er wurde im Alter von neun Jahren von einem Mühldorfer Ehepaar adoptiert, die beide bei einem Unfall im Jahr 2007 verstorben sind. Sonst gibt es nichts über Lobmann, was uns weiterhelfen könnte. Was gibt es über die Hofer?“

„Da sieht es leider ähnlich aus. Bis auf die beiden Drogendelikte aus ihrer Jugend, die sie bereits gebeichtet hat, gibt es nichts Auffälliges. Sie kam nach der Wende 1990 aus der ehemaligen DDR und wurde von Verwandten in Bayreuth aufgenommen. Sie wuchs ebenfalls in einem Heim auf. Wer die leiblichen Eltern sind, konnte nicht ermittelt werden. Das Heim bei Halle wurde 1992 aufgegeben und wurde vor fünf Jahren abgerissen. Wo die Unterlagen verblieben sind, habe ich noch nicht herausgefunden. Seit 2003 lebt Grete Hofer in Mühldorf, wo sie auch eine Ausbildung zur Verkäuferin begonnen und nur wenige Monate später abgebrochen hat.“

„Weshalb der Umzug nach Mühldorf?“

„Keine Ahnung, das geben die Informationen nicht her. Hierzu müssen wir sie befragen.“

„Grete Hofer ist auch ein Heimkind? Wie Lobmann? Ist das ein Zufall?“ Viktoria wurde hellhörig.

Leo blätterte in den Unterlagen. Konnte das sein, dass es noch eine Gemeinsamkeit gab? Hier stand es, schwarz auf weiß.

„Die beiden sind gleich alt, sie sind sogar im selben Monat geboren, aber nicht am selben Tag. Aber das ist noch nicht alles. Auch Grete Hofer hat einen achtjährigen Sohn.“

„So viele Zufälle gibt es doch nicht!“, rief Hans, der sich verarscht vorkam. „Zwei Leute arbeiten für ein- und dieselbe Familie. Beide sind als Heimkind aufgewachsen und beide sind fast genau gleich alt. Und dazu haben beide einen achtjährigen Sohn. Ihr könnt mir doch nicht erzählen, dass das nicht stinkt.“

Leo, Hans und Viktoria waren sich einig und diskutierten heftig. Nur Werner hielt sich raus. Er hatte den Ausführungen zugehört und blätterte in seinen Unterlagen.

„Haltet mich für bescheuert“, unterbrach Werner die Diskussion, „aber es gibt noch etwas, das euch nicht gefallen wird. Esterbauers Sekretär Tobias Mohr ist im selben Jahr geboren wie Franz Lobmann und Grete Hofer.“

„Bitte? Das gibt es doch nicht!“

„Warum sollte es das nicht geben? Es gibt nichts, was es nicht gibt,“ sagte Werner unbeeindruckt. Er selbst kannte viele, die nicht nur im selben Jahr, sondern sogar am selben Tag wie er geboren wurden. Deshalb waren für ihn diese Gemeinsamkeiten zunächst nur eine Tatsache, mehr nicht.“

„Wie sieht es mit der Vita von Mohr aus?“

„Du weißt doch, dass wir erst nachforschen dürfen, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt. Bei Lobmann und Hofer war das vom Chef abgesegnet worden, aber bei Mohr nicht. Warten wir, bis er hier ist, dann können wir ihn befragen. Es dürfte nicht mehr allzu lange dauern, bis wir mit ihm sprechen können. Sollten wir nach dem Gespräch Zweifel haben, werden wir ihn unter die Lupe nehmen.“ Viktoria hatte Recht mit ihrer Aussage. Es war nicht so, wie den Leuten durchs Fernsehen weisgemacht wurde, dass man sämtliche Informationen über Bürger einfach so sammeln durfte. Es gab auch für die Polizei das Datenschutzgesetz, das nur mit Genehmigung vom Chef oder des Staatsanwaltes umgangen werden konnte.

Brigitte Dickmann wartete ungeduldig am Fenster ihres Büros. Ihre Sekretärin war längst weg, sie hatte ihr für den Rest des Tages freigegeben, denn Zeugen konnte sie für das Treffen nicht brauchen. Endlich fuhr ein Wagen vor. Als sie das Gesicht des Mannes erkannte, wurde ihr schlecht. Auf was hatte sie sich da eingelassen? Sie öffnete dem Mann, der sich ihr nur als Josef vorgestellt hatte, die Tür der Kanzlei und verschloss sie sofort wieder. Niemand sollte auch nur ein Wort des Gesprächs mitbekommen oder ihren Gast zu Gesicht bekommen. Jetzt war sie mit dem Typen allein und bekam es mit der Angst zu tun. Der Mann hatte mit eigenen Händen heute eine Frau erschossen. Trotzdem hatte er sich seit dem letzten Besuch nicht verändert. Was hatte sie erwartet? Dass man ihm den Mord irgendwie ansah?

Sie war unsicher. Sollte sie einem Killer einen Kaffee anbieten? War das angemessen?

Josef setzte sich. Der Typ hieß nie und nimmer Josef, dafür sah er zu südländisch aus, das fiel ihr schon bei ihrem letzten und bisher einzigen Gespräch auf. Aber der Name war ihr gleichgültig. Sie bot ihm einen Platz weit genug von ihr entfernt an und er setzte sich. Auch heute war sie von dem unscheinbaren Äußeren des Mannes verblüfft. Wenn sie dem auf der Straße begegnen würde, würde sie niemals annehmen, dass er kaltblütig Menschen umbrachte. Wie viele Menschen er wohl schon auf dem Gewissen hatte?

Josef hatte noch kein einziges Wort gesagt. Er saß ihr direkt gegenüber und sah sie mit seinen dunklen Augen an. Die Stille versetzte sie in noch größere Angst. Wenn dieser Josef sie jetzt umbrächte, würde die Polizei nie im Leben auf den Mörder kommen. Mit einer Handbewegung wischte sie die Gedanken beiseite. Sie musste sich zusammenreißen und Josef gegenüber souverän und bestimmt auftreten. Sie verzichtete darauf, ihm ein Getränk anzubieten, das hier war schließlich keine gemütliche Plauderstunde.

„Was ist schiefgelaufen? Warum ist Heiderose Esterbauer tot?“ Brigittes Hände zitterten, was Josef sehr wohl bemerkte.

„Ein Kollateralschaden, der leider nicht zu verhindern war. Die Frau lief direkt zur Polizei und wollte plaudern. Ich denke, dass das nicht in Ihrem Sinne gewesen wäre. Ich habe Sie soweit verstanden, dass die Unterlagen unter keinen Umständen in fremde Hände gelangen sollen, schon gar nicht in die der Polizei.“

„Aber gleich erschießen? Hätte man das nicht anders regeln können?“

„Wie stellen Sie sich das vor, Gnädigste? Hätte ich zu ihr gehen und gemeinsam mit ihr und den Bullen diskutieren sollen? Die Frau sprach bereits mit einem Polizisten der Kriminalpolizei. Ich musste schnell handeln.“

„Wo ist Uwe? Was haben Sie mit ihm gemacht?“

„Ich erzähle Ihnen alles, von Anfang an, schließlich bezahlen Sie mich und haben Anspruch darauf. Ich hatte für das Ehepaar Esterbauer eine perfekte Unterkunft besorgt, in der die beiden bis nach der Wahl verbleiben sollten. Ich rief Esterbauer an und versprach ihm mehr Informationen über Martlmüller. Ich bat um ein Gespräch nur mit dem Ehepaar Esterbauer – genau so, wie wir beide es vereinbart hatten, Frau Dickmann.“ Josef sprach sehr langsam und deutlich, was Brigitte Dickmann fast wahnsinnig machte. Sie war eher von hektischer Natur und mochte es, wenn man schnell auf den Punkt kam. Aber sie unterbrach den Mann nicht. „Esterbauer war sofort interessiert und bat mich, zu ihm nach Hause zu kommen. Als ich dort ankam, wartete das Ehepaar bereits auf mich. Man sah den beiden an, dass sie sehr neugierig auf die vermeintlichen Informationen waren. Ich zog meine Waffe und forderte zuerst die Unterlagen, danach wollte ich mit dem Ehepaar untertauchen. Aber die Frau ist plötzlich völlig ausgetickt. Sie griff nach einer Statue und schlug mir die Waffe aus der Hand, dann lief sie einfach davon. Der Mann wollte auf mich losgehen. Ich zog mein Messer und verletzte ihn am Oberarm. Esterbauer hat heftig geblutet, die Wunde sah nicht gut aus. Ich konnte mich nicht um ihn kümmern, ich musste die Frau zurückholen. Ich drohte Esterbauer, seine Frau umzubringen, falls er die Polizei oder irgendjemand anderen rufen sollte. Ich hatte den Eindruck, dass der Mann mich verstand, die Angst in seinen Augen war deutlich zu sehen. Ich bin der Frau hinterher – den Rest kennen Sie bereits. Als ich zurückkam, war Esterbauer verschwunden. Trotz meiner eindringlichen Warnung ist der Mann abgehauen. Offenbar liegt ihm nicht viel an seiner Frau, jeder andere wäre geblieben. Esterbauer hat es vorgezogen, sich selbst in Sicherheit zu bringen.“

„Esterbauer ist weg? Und wenn er zur Polizei geht?,“ rief Brigitte erschrocken.

„Das glaube ich nicht. Wenn er das vorgehabt hätte, wäre die Polizei längst hier. Ich bin mir sicher, dass die Polizei noch völlig im Dunkeln tappt, noch sind wir auf der sicheren Seite. Allerdings muss ich zugeben, dass die Zeit drängt. Ich muss Esterbauer so schnell wie möglich finden.“

„Wenn Uwe erfährt, dass seine Frau tot ist, rennt er zur Polizei. Begreifen Sie das eigentlich? Die Medien stürzen sich auf den Mord, spätestens morgen weiß es jeder. Und wenn Uwe das weiß, hindert ihn nichts mehr daran, zur Polizei zu gehen.“

„Dann muss ich schnell sein. Bleiben Sie ruhig, ich regle das. Noch ist nichts passiert. Wie gesagt, wäre die Polizei längst hier, wenn Esterbauer geplaudert hätte. Ich vermute, dass er untergetaucht ist. Der Mann hatte so viel Schiss, dass er sich erstmal in eine Ecke zurückzieht. Meine Aufgabe ist es, ihn und die Unterlagen zu finden. Ich mach das schon, kommen Sie wieder runter und behalten Sie die Nerven.“

„Als ob ich Ihnen das glauben könnte! Das ist ein Desaster! Hätte Uwe trotz seiner Verletzung ohne Hilfe abhauen können?“

„Schwer zu sagen. Kann sein.“

„Keine Spur von den Unterlagen?“

„Leider nein. Ich habe alles durchsucht, habe aber nichts gefunden.“

Brigitte stöhnte auf und wurde wütend.

„Wofür habe ich Ihnen das viele Geld bezahlt? Ihr Auftrag war es, die Unterlagen zu besorgen, die mich und auch Martlmüller belasten. Außerdem sollten sie dafür sorgen, dass die Esterbauers von der Bildfläche verschwinden und erst nach der Wahl wieder auftauchen. Ich hatte niemals von Mord gesprochen. Jetzt haben wir eine tote Frau und Uwe ist weg. Außerdem sind die Unterlagen immer noch verschwunden. Das ist eine Katastrophe!“ Brigitte Dickmann war wütend.

„Beruhigen Sie sich und behalten Sie die Nerven. Jetzt auszuflippen und kopflos zu reagieren bringt nichts. Ich pflege meine Aufträge auszuführen, bisher waren meine Auftraggeber immer zufrieden mit mir. Manchmal laufen Aufträge nicht reibungslos ab, man muss immer mit Komplikationen rechnen. Ich kümmere mich um alles, machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe bereits eine Vermutung, wer über Esterbauers Aufenthalt oder sogar über den Verbleib der Unterlagen Informationen liefern könnte. Überlassen Sie mir die Drecksarbeit, dafür bezahlen Sie mich. Nicht mehr lange, und alles ist erledigt.“ Josef stand auf und wollte gehen.

„Ich möchte nicht, dass Uwe nochmals auftaucht. Sie haben mich verstanden?“ Während sie sprach, zitterte ihre Stimme. Hatte sie das gerade tatsächlich gesagt?

Josef blieb stehen und drehte sich um. Hatte er richtig verstanden?

„Sind Sie sicher? Sie wollen wirklich, dass ich ihn töte?“

„Ja.“

„Wie Sie wollen, Sie sind der Boss. Ihnen ist klar, dass das extra kostet?“

„Geld spielt keine Rolle.“ Sie griff in die Schublade und überreichte ihm einen dicken Umschlag, den sie sofort nach ihrer Rückkehr sorgfältig vorbereitet hatte. „Das ist eine weitere Anzahlung. Wenn der Auftrag erledigt ist, rechnen wir ab. Wie kann ich Sie erreichen?“

„Ich werde Sie anrufen.“ Josef steckte den Umschlag, ohne nachzusehen, ein.

Brigitte stand auf, öffnete ihm die Tür und sperrte sofort wieder zu. Josef war verschwunden und Brigitte blieb zurück. Sie sah aus dem Fenster und beobachtete, wie der Mann wegfuhr. Sie war völlig durcheinander und goss sich mit zitternden Händen ein großes Glas Whiskey ein, den sie eigentlich für besondere Kunden parat hielt. Dann griff sie zum Telefon und wählte die Nummer eines Mandanten, der ihr zu großem Dank verpflichtet war: Vincent Neuberger.

„Wie zuverlässig ist Josef?“

„Was ist passiert?“ Neuberger spürte sofort, dass etwas geschehen sein musste. Die Stimme seiner Anwältin sprach Bände.

„Die Sache läuft völlig aus dem Ruder. Josef hat versprochen, sich um mein Problem zu kümmern. Sie haben mir den Mann empfohlen und scheinen ihn gut zu kennen. Wie zuverlässig ist er?“

„Bleiben Sie ruhig, Frau Anwältin. Wenn Josef sagt, dass er das erledigt, dann ist das so. Ich habe ihn nicht umsonst wärmstens empfohlen.“ Neuberger legte auf. Was war da los?

Brigitte trank nach dem Telefonat einen weiteren Whiskey. Sie nahm das Diktiergerät aus der Schublade und schaltete es ein. Dann wählte sie Martlmüllers Nummer, schaltete den Lautsprecher ein und erklärte ihm alles.

„Du weißt, was das heißt? Uwe könnte jeden Augenblick auftauchen und unser beider Leben vernichten. Hast du gesagt, dass es besser wäre, wenn Uwe nicht mehr auftaucht? Hast du ihm klargemacht, dass er ihn töten muss?“

„Ja, ich habe ihm gesagt, was du von mir verlangt hast. Ich habe ihm eine größere Summe gegeben. Dir ist klar, dass du dich daran beteiligen musst?“

„Das versteht sich von selbst. Ich bin dir sehr dankbar und werde mich über die Beteiligung hinaus für deine Arbeit erkenntlich zeigen, Brigitte. Vielen Dank.“

„Das hoffe ich sehr.“ Brigitte legte wütend auf. Sie war sauer auf Kilian, der nur meckerte und Ansprüche stellte, während sie sich um einen zwielichtigen Typen und auch um den Computerspezialisten namens Sven kümmern musste.

Brigitte Dickmann schaltete das Diktiergerät aus. Das war ihre Absicherung, falls Martlmüller irgendwann kalte Füße bekäme. Wenn er auch nur andeuten sollte, dass das alles nur auf ihrem Mist gewachsen sei, würde die Aufnahme umgehend der Polizei übergeben werden. Sie steckte das Gerät in einen Luftpolsterumschlag und schrieb ein paar Zeilen dazu. Dann rief sie eine Kollegin in Frankfurt an, die zusammen mit ihr studiert hatte und mit der sie sich die Studentenbude geteilt hatte. Conny Mahnstein war eine der wenigen Personen, denen sie blind vertraute.

„Ich schicke dir einen Umschlag zu, den du bitte sicher verwahrst. Bitte sieh nicht hinein. Kann ich mich auf dich verlassen, Conny?“

„Selbstverständlich, du kennst mich doch. Bist du in Schwierigkeiten?“

„Das weiß ich noch nicht. Wenn ich dich darum bitte, schickst du mir den Umschlag einfach wieder zu. Sollte mir etwas zustoßen, übergibst du den Umschlag der Polizei. Machst du das für mich?“

„Klar. Muss ich mir Sorgen machen?“

„Nein. Ich möchte mich nur absichern. Vielen Dank, Conny.“

„Gerne. Tue mir den Gefallen und pass bitte auf dich auf.“ Conny Mahnstein lehnte sich mit einem Seufzer zurück. Auf was hatte sich ihre alte Freundin Brigitte eingelassen?

Nach einem weiteren Glas Whiskey brachte Brigitte Dickmann den Umschlag persönlich zur Post. Jetzt ging es ihr besser. Kilian konnte sich in der Sache nicht mehr aus der Affäre ziehen. Sollte ihnen die Polizei auf die Spur kommen, würde sie nicht allein alles auf sich nehmen. Dass die ganze Geschichte völlig schief lief, war ihr nach dem Gespräch mit Josef klargeworden. Inständig hoffte sie darauf, dass doch noch alles gutgehen würde. Warum auch nicht? Bis jetzt war sie immer mit Glück gesegnet gewesen und sie hoffte weiterhin darauf.

„Wo bleibt dieser Sekretär?“, maulte Hans, der immer wieder aus dem Fenster sah. Er hatte für heute Abend eine Verabredung und dachte überhaupt nicht daran, diese sausen zu lassen.

„Keine Ahnung. Er hätte schon vor Stunden hier sein müssen“, murmelte Viktoria, die sich nach anfänglichem Ärger langsam Sorgen machte.

„Ich habe auch noch ein Privatleben. Wenn ihr erlaubt, würde ich mich gerne für heute verabschieden.“

Viktoria lehnte ab, worüber Hans sauer war. Er rief seine Verabredung an und vertröstete sie auf später. Vielleicht tauchte dieser Mohr doch noch auf. Werner war längst nach Hause gegangen. Er war der Einzige mit Familie und wurde zuhause gebraucht. Außerdem mussten sie nicht alle wegen Tobias Mohr Überstunden machen.

Das Klingeln des Telefons durchbrach die eingetretene Stille. Leo ging ran. Das, was ihm mitgeteilt wurde, verschlug ihm die Sprache. Erschrocken legte er auf und sah seine Kollegen an.

„Das war München. Tobias Mohr wurde in seinem Wagen tot aufgefunden. Er wurde erschossen.“

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