Читать книгу Blaue Diamanten - Irene Dorfner - Страница 8

3.

Оглавление

Die Kriminalbeamten der Mühldorfer Polizei murrten und waren sauer. Ihr Chef Rudolf Krohmer hatte ihnen eben offenbart, dass sie sich einem ganz besonderen Einsatz anschließen mussten: Dem Treffen der EU-Energieminister in der Bayrischen Staatskanzlei in München.

„Was sollen wir dort? Gibt es nicht schon genug Einsatzkräfte?“ maulte Hans Hiebler, der solche Jobs überhaupt nicht mochte. Der 55-jährige, 1,80 m große Lebemann roch heute wieder fantastisch. Allerdings war er müde, denn er kam direkt von einem Date mit einer jungen Frau, die er erst heute Nacht in einer Disco kennengelernt hatte. Hans war nicht verheiratet und genoss sein Leben in vollen Zügen. „Sind die Minister nicht erst kürzlich in Brüssel zusammengesessen?“ hakte er nach.

„Richtig. Aber unser Ministerpräsident hat eingeladen, um die noch offenen Fragen zu klären. Nach meinen Informationen wurden noch nicht alle Punkte für die Umsetzung der EU-Klima- und Energieziele für das Jahr 2030 sichergestellt. Seien Sie unserem Minister-präsidenten dankbar, dass er sich dafür einsetzt, die Umwelt geht uns schließlich alle an,“ sagte Krohmer, für den es selbstverständlich war, dass sich seine besten Leute bei der Sicherung des Treffens beteiligten. „Ich weiß, die Sache ist kurzfristig, aber das schaffen Sie schon.“

„Wann soll das stattfinden?“ sagte Leo Schwartz. Der 51-jährige gebürtige Schwabe hatte schlecht geschlafen und war mies drauf. Der 1,90 m große Mann hatte heute wieder eines dieser schrecklichen T-Shirts an, deren Leuchtfarben nicht nur in Krohmers Augen schmerzten.

„Lesen Sie keine Zeitung? Die Energieminister treffen nächste Woche Dienstag den 15. März in München ein. Das ganze dauert zwei Tage bis zum 17. März. Am Freitag nach dem Frühstück reisen die Minister ab, dann ist der Spuk vorbei.“

„So kurzfristig? Was ist unsere Aufgabe?“ sagte Tatjana Struck gelangweilt. Auch sie mochte diese Aufpasser-Jobs für hochrangige Personen nicht, dafür hatte sie sich nicht für ihren Job entschieden. Sie wollte Verbrechen aufklären und nicht Kindermädchen spielen. Die 38-jährige Tatjana war seit einem knappen halben Jahr in Mühldorf am Inn und hatte sich trotz der Enge des Landlebens schon sehr gut eingelebt. Sie kam aus Frankfurt am Main und Mühldorf war anfangs ein Schock für sie gewesen.

„Sie sind für die Staatskanzlei vorgesehen, und zwar alle vier. Sie werden die Energieminister im Auge behalten und für deren Sicherheit sorgen.“

Nun stöhnte auch der 40-jährige Werner Grössert auf, der darauf gehofft hatte, dem Job entgehen zu können, indem er sich freiwillig meldete, in Mühldorf die Stellung zu halten. Er war verheiratet und seit einem Jahr Vater einer kleinen Tochter. Natürlich wollte er gerne jede freie Minute mit ihr verbringen, und danach sah es mit dem Job in München nicht aus. Werner Grössert stammte aus einer sehr angesehenen Mühldorfer Anwaltsfamilie und schlug mit der Wahl seiner Polizeilaufbahn komplett aus der Art. Auch optisch passte er nicht zu seinen Kollegen. Werner trug sündhaft teure, moderne Anzüge. Krohmer sah ihn streng an.

„Was ist mit deren Begleitern und den Dolmetschern?“ wollte Leo wissen.

„Nur die Minister. Um die anderen kümmern sich separate Einheiten.“

„Das heißt, wir sind für die Sicherheit der Minister in der Staatskanzlei und im Hotel eingeteilt? Ist ein Kulturprogramm geplant?“ Leo bohrte nach und würde am liebsten sofort jede Kleinigkeit erfahren.

„Das erfahren Sie alles vor Ort. Der Einsatzleiter ist Wilfried Totzauer. Der Name ist Ihnen hoffentlich ein Begriff.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Alle kannten den Chef der Münchner Polizei, der fast täglich in den Medien auftauchte.

„Liegt irgendetwas Wichtiges an, das gegen den Einsatz spricht?“

Die Kriminalbeamten schüttelten die Köpfe. Seit diesem unsäglichen Märchen-Fall war es ruhig geworden, es gab nur Routinearbeiten. Leider.

„Gut. Am Montagabend treffen Sie in München ein und bleiben dort bis Freitag. Ihr Dienst ist erst beendet, wenn alle Energieminister abgereist sind.“ Krohmer hatte zwar einen gewissen Unmut seiner Leute erwartet, aber nicht mit so viel Gegenwind gerechnet. „Als besonderes Zuckerl wurden für Sie Zimmer im Hotel König Maximilian reserviert. Auch, weil dort die Minister untergebracht werden.“

„Nobel, nobel,“ sagte Hans Hiebler und grinste. Er hatte das vor drei Jahren eröffnete, sehr moderne 5-Sterne-Hotel bereits mehrmals von außen gesehen, könnte sich aber dort eine Übernachtung nie im Leben leisten. Unter diesen Gesichtspunkten sah der Job sehr viel besser aus und er freute sich auf nächste Woche.

Leo Schwartz dachte anders darüber. Das Hotel interessierte ihn überhaupt nicht, er brauchte keinen Luxus und legte keinen Wert darauf. Der Schutz der EU-Energieminister war eine hohe Verantwortung und nicht ohne Risiko.

„Warum wurden wir für den Job ausgewählt? Meines Wissens nach gibt es speziell ausgebildete Personenschützer, die dafür sehr viel besser geeignet sind,“ hakte er bei Krohmer nach. Natürlich kam die Frage wieder von Schwartz, der immer nur an den Job dachte und überall nach dem Haar in der Suppe suchte. Krohmer hatte gehofft, mit dem Hotel ablenken zu können. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als Farbe zu bekennen.

„Die Personenschützer sind zu einem wichtigen Treffen nach Berlin gebeten worden. Um was es da genau geht, kann ich Ihnen nicht sagen und das ist auch nicht wichtig. Es handelt sich bei den EU-Energieministern nicht um A-Prominenz, weshalb diese nicht extra zurückbeordert werden.“ Das waren genau die Worte, die Totzauer in dem Telefongespräch verwendet hatte.

„Wie bitte? Auch bei Politikern wird jetzt schon in der Wichtigkeit unterschieden? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein,“ echauffierte sich Werner. Er hasste es, wenn Menschen in Wichtigkeit eingestuft wurden, damit war er mit seinen versnobten Eltern aufgewachsen.

„Sorry, aber so wurde mir das mitgeteilt. Wie auch immer: Der Job ist klar und ich bitte Sie, diesen professionell auszuführen. Ich möchte über meine Leute nichts Negatives hören. Es versteht sich von selbst, dass Sie sich alle bezüglich Ihrer Kleidung anpassen,“ sagte er und sah vor allem Leo und Tatjana an.

Krohmer war verschwunden. Er war sicher, dass er sich auf seine Leute verlassen konnte. In seinen Augen war das zwar kein Routinejob, aber er musste nun mal erledigt werden.

Dass dieser Job größere Ausmaße annehmen würde, konnte er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ahnen.

Blaue Diamanten

Подняться наверх