Читать книгу Der Plot H. Heine 3 - Irene Pietsch - Страница 7

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Die sogenannte Wende war nach den ersten Auswüchsen des Ludwig-Erhard-Wirtschaftswunders – „Auferstanden aus Ruinen“ – und den Protesten der sogenannten 68iger, die keine Restauration durch alte Seilschaften aus NS-Zeiten dulden wollte, schon die dritte Eruption politischen Willens.

Wir dürfen aber unsere Krawatten umbehalten?, fragt T 7 rein rhetorisch.

So ist es, sagt T 1. Prof. Ludwig Erhard verkörperte bei aller Männlichkeit, die durch eine nie erkaltende Zigarre demonstriert wurde, das sprichwörtliche „Fräuleinwunder“ – nicht nur vom Amt - und ebnete den Weg für ein neu reiches Deutschland. Man vergaß dabei gerne, dass seine Weste von brauner Vergangenheit nicht hatte rein gewaschen werden können und seine Kanzlerschaft mit der ersten schweren Rezession im Nachkriegsdeutschland endete.

Auch die 68iger wurden ihren eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht und verlegten sich auf eine radikale Sicht, die selbst von Sozialdemokraten kaum noch gut geheißen werden konnte. Ihr „Anti“ zu allem, was nicht in ihr Schema passte, führte zu einer bedauerlichen Enge des Horizonts, vor dem sie agierten.

Die sogenannte Wende ist erst dreißig Jahre her und hat schwere Störungen erlitten, was nicht zuletzt in der Polarisierung von nicht stringent genug geführten Debatten zu suchen ist, die sich wie überzogene Karikaturen ausnahmen und immer noch ausnehmen, denen man die stumpfe Spitze nehmen muss, um an den brauchbaren Kern ihrer Inhalte zu gelangen. Nicht nur Loriot – Vicco von Bülow - hat das versucht. Ich habe mir gedacht, ich bleibe bei einer Größe, die groß genug ist, dass sie nicht so schnell in Vergessenheit gerät, wie andere Größen, die gelegentlich sogar Übergröße hatten, aber vielleicht gerade aus dem Grund im Nebel ihrer mangelnden Authentizität verschwanden. Loriot war derjenige, der am besten für den Privatgebrauch nutzbar gemacht werden konnte, so dass er beinahe in die Nähe der Klasse von Andersen und Heine kommt. Beide konnten sich auch nicht mehr gegen überbordende Vereinnahmung wehren, die sie – bei aller Fürsorglichkeit, sich selber gut zu vermarkten – abgelehnt hätten. „Thööölke!“ hieß es, wenn im Fernsehen „Der Große Preis“ angesagt war und die Nation sich unter Anleitung des Juristen Wim Toehlke mit dem Segen der Behörden zum öffentlich rechtlichen Glücksspiel versammelte, um sich auf einem anderen Kanal in Eduard Zimmermanns „Aktenzeichen XY…ungelöst“ als Gemeinschaft von Detektiven und Hobbyjuristen mit richterlichen Qualitäten auf die Pirsch nach Schwerverbrechern zu begeben. Der Preis war wirklich heiß, ohne dass Eduard Zimmermann es mit Onkel Eduard, dem Märchenonkel im NDR Hörfunk, hätte aufnehmen können, obwohl er keinen Wendelin sprechen konnte, der in seinen Elefantenrüssel einen Knoten schwang, um an die Fernsehlotterie zu erinnern. Los kaufen! Nicht vergessen! Auch den schwarz - weiß gescheckten Hund Wum musste man sich denken, dessen Spürsinn einzig darin zu bestehen schien, Wim Thoelkes Publikum in Abstimmung mit Wendelin, dem komischen Heiligen der „Aktion Sorgenkind“, ein Küsschen zuzuhauchen, nachdem er von Loriot – synchron zu Wendelins Rüssel – einen Erinnerungsknoten in eines seiner zu Berge stehenden Schlappohren praktiziert bekommen hatte. Stattdessen hagelte es Klagen, wer die entscheidenden Hinweise geliefert haben könnte. Sehr oft war es die Kriminalpolizei selber.

Wum und Wendelin waren Geschöpfe Loriots, dessen Fantasien und Sketche nicht als Märchenwelt im Sinne von H. C. Andersen missverstanden werden dürfen. Es ist unschwer vorstellbar, dass Vicco v. Bülow – Künstlername Loriot -, der Adelige mit dem Pirol im Wappen, sich auf seine Weise der Welt von H. C. Andersen genähert hat, um daran Nachkriegsrealitäten wie Heißhunger auf Fettiges und missverstandene Bürgerlichkeit - wie das Frühstücksei à la minute - zu veranschaulichen.



Der Plot H. Heine 3

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