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Die Atmosphäre im Hilton war kühl!

Das lag gewiss nicht nur an der Klimaanlage, in deren kaltem Luftzug man geradezu fror, wenn man von der Hitze der Straße hereinkam, sondern es lag vor allem an der Größe des Raumes und der Steifheit der Leute, die sich hier versammelt hatten.

Wenn es sich nicht gerade um großkarierte Amerikaner handelte, waren die Leute, die dieser Veranstaltung „beiwohnten“, so gekleidet, als gingen sie zu einer Opernpremiere in Paris. Das hieß: labberige Abendkleider, aus denen sich fette, vom Schwitzen rot angelaufene Brüste wölbten, prall wie die Hinterteile polnischer Mastputen, und pinguinhafte Fräcke oder Cutaways.

Wie konnte man bei dieser Atmosphäre überhaupt atmen!

Louis kam sich vor als würden ihn alle anstarren, denn unwissend wie er war, war er in Shorts und mit buntem Jamaica-Hemd aufgetaucht. Und Pierre war der einzige Farbige, wenn man von einem Jesuiten-Pater im Hintergrund absah, der so dunkle Haut hatte, dass man nur das Weiß der Augen und der Zähne aus der Ferne sah.

Die Voodoo-Vorführung stellte sich als mittelmäßige Tanzgruppe heraus, die nicht einmal Originelles bot. Ältliche Schönheiten zuckten in gespielter Wildheit um geschniegelte Tango-Boys herum, die ihre bleichen Gesichter mit Kakao oder Theaterschminke geschwärzt hatten.

Louis achtete nicht auf die langweiligen Tänze, und noch weniger auf Pierres Erklärungen. Er hatte Carolin entdeckt. Sie machte einen unglücklichen Eindruck und schien, genau wie er, so schnell wie möglich hier verschwinden zu wollen.

Da! Jetzt hatte sie ihn entdeckt.

Sie winkte. Er winkte zurück, freundlich.

Nein, nein! Schien sie sagen zu wollen. Sie schüttelte den Kopf und winkte wieder.

Er winkte zurück, lächelte.

Sie machte ein ganz verzweifeltes Gesicht. Mit den Händen wild gestikulierend schien sie ihm etwas sagen zu wollen. Sie deutete mit dem Finger auf irgendwelche Leute.

Louis sah nichts. Doch!

Er spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. In seinem Nacken trat kalter Schweiß aus. Also doch!

Irgendwo weit vor ihm sah er die feiste Gestalt von Nikolas Chaussin.

Seine Gedanken kreisten in seinem Kopf. Konnte das Zufall sein? Er war hier, um einen Bericht zu machen, Carolin Preuilly war hier, mit einem ganz gezielten Auftrag, und wenn „Noveaux“ den Star Chaussin entsandt hatte, dann musste wirklich etwas an der Sache sein.

Und die Tatsache, dass Chaussin geleugnet hatte, nach Haiti zu reisen, bestätigte Louis Verdacht noch. Hier gab es etwas Interessantes zu berichten. Und in seinem Innern war er sicher, dass der erste - und der beste! - Bericht in „Lui“ erscheinen würde, mit seinem eigenen Namen darunter.

Noch während er überlegte, wie er am besten fliehen konnte, um den Augen Chaussins zu entgehen, stand der Dicke auf und wälzte seine Fleischmassen durch die Menge. Erleichtert atmete Louis auf und wartete einen Moment. Als er sah, dass Carolin sich erhob, winkte er Pierre, stand auf und folgte ihr nach draußen.

Er sah gerade noch, wie sie in ein Taxi sprang und die Tür zuschlug. Hatte sie denn nicht gesehen, dass er ihr gefolgt war? Sie musste ihn gesehen haben, denn sie starrte ihn durch die Scheibe an, als der Wagen losfuhr. Er winkte, sie reagierte nicht.

„Was ist los?“, fragte Pierre.

„Nichts Besonderes. Das da ist eine Kollegin von mir. Ich wollte sie sprechen. Ist nicht so eilig - sie wohnt ja in demselben Hotel. Gehen wir.“

„Gefällt Ihnen Voodoo nicht?“, fragte Pierre verwundert.

Louis schüttelte den Kopf. „Ist doch alles nur unechtes Tam-Tam für Touristen. Richtiger Quatsch. Ich will echten Voodoo sehen. Erst einmal ab ins Hotel.“

„Echten Voodoo... das ist gefährlich.“ Pierres Stimme wurde verschwörerisch leise. „Und nichts für Fremde.“

Louis zuckte resignierend mit den Schultern. „Dann eben nicht. Der Tag ist mir sowieso verdorben. Ich brauche jetzt einen guten Fick.“

Der Junge strahlte. „Bin bereit“, sagte er.

Louis sah ihn von der Seite an. „Sei mir nicht böse, aber worauf ich jetzt Lust habe, ist eine nasse Fotze. Wir beide werden uns noch in der Nacht ein wenig vergnügen, ja? Bring mich doch zu den Nutten, zu denen du immer gehst. Carolin ist mir im Augenblick auch zu kompliziert. Ich will ein wenig nachdenken, und das geht mir beim problemlosen Vögeln am leichtesten.“

Pierre nickte verständnisvoll. Er nahm Louis an der Hand, und der Mann und der Knabe marschierten wie ein Liebespaar durch die heißen, staubigen Straßen.

Die wilden Töchter der Odette

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