Читать книгу Tagebuch eines Überflüssigen - Иван Тургенев - Страница 3

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22. März.

Heute ist es wieder kalt und trübe. So ein Wetter ist für mich viel passender. Es entspricht vollkommen meiner Arbeit. Der gestrige Tag hat in mit zur unrechten Zeit manche unnützen Gefühle und Erinnerungen wachgerufen. Das soll sich nicht mehr wiederholen. Gefühlsergüsse sind gleich der Wurzel des Farnkrautes; man saugt sie anfangs gerne, und es scheint, als ob sie gar nicht schlecht schmecke; später aber wird sie unangenehm im Munde. Ich will lieber einfach und gelassen meine Lebensgeschichte erzählen.

Wir siedelten also nach Moskau . . .

Es fällt mir eben wieder ein, ob es wirklich der Mühe wert sei, von meinem Leben zu erzählen?

Nein, entschieden – es verlohnt sich nicht . . . Mein Leben zeichnete sich in keiner Weise von dem vieler anderen Menschen aus. Das elterliche Haus, die Universität der Dienst in untergeordneten Aemtern, der Austritt aus dem Dienste – ein kleiner Zirkel von Bekannten, eine saubere Armuth, bescheidene Wünsche – sagen Sie gütigst: Wem ist dies Alles nicht schon bekannt! Und deshalb werde ich meine Lebensgeschichte lieber nicht erzählen, um so mehr, da ich zu meinem eigenen Vergnügen schreibe. Und wenn ich selbst in meiner Vergangenheit weder etwas besonders Heiteres, noch etwas besonders Trauriges fände, so muß auch in Wahrheit Nichts in ihr vorhanden sein, was der Aufmerksamkeit werth wäre. Ich will lieber versuchen, mir meinen Charakter darzulegen.

Was bin ich für ein Mensch? . . . Man könnte mir bemerken, daß ich auch danach nicht befragt werde – nun gut! Aber ich stehe ja vor dem Tode – unbedingt muß ich bald sterben – und vor dem Tode ist wahrlich, wie mir scheint, der Wunsch verzeihlich, zu erfahren: was bin ich denn für ein Mensch gewesen?

Nachdem ich gehörig über diese Frage nachgedacht, und da ich im Uebrigen nicht nöthig habe, mich zu bitter über meine Person zu äußern, – wie es solche Leute zu thun pflegen, die zu sehr von ihren guten Eigenschaften überzeugt sind – so muß ich, ohne daß es mir schwer fiele, das Eine bekennen: daß ich ein durchaus überflüssiger Mensch in dieser Welt gewesen bin – oder anders gesagt – ein vollkommen überflüssiger Vogel. Und dies beabsichtige ich morgen zu beweisen; denn heute huste ich wie ein krankes Schaf, und meine Nianjuschka,2 Terentjewna, läßt mir keine Ruhe: »Gehen Sie doch zu Bette, mein Väterchen, und nehmen Sie etwas Thee zu sich!« . . . Ich weiß schon, weshalb sie mich quält: sie mochte selbst Thee trinken. Nun, mir ist’s recht! Weshalb denn einer alten Frau versagen, in den letzten Augenblicken ihres Herrn noch so viel als möglich Nutzen von ihm zu ziehen? . . . Vorläufig ist die Zeit noch nicht um.

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Wärterin.

Tagebuch eines Überflüssigen

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