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VII

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Eines Morgens, wir hatten soeben erst gefrühstückt – ich saß allein am Fenster und dachte an die Rückkehr des Onkels – das April-Thauwetter dampfte und glitzerte auf dem Hofe – als plötzlich Pulcheria Petrowna in’s Zimmer hinein gelaufen kam. Sie war immer sehr flink und unruhig, sprach mit einem kreischenden Stimmchen und fuhr dabei mit den Händen in der Luft umher; diesmal aber stürzte sie förmlich auf mich los.

»Geh! geh’ sogleich zu Deinem Vater, mein Herr!« schmetterte sie. »Was hast Du da für Streiche angegeben, Du Unverschämter! Ihr sollt aber auch Beide dafür bekommen! Nastasei Nastaseitsch hat alle Eure Streiche an’s Tageslicht gebracht! . . . Geh! der Vater ruft Dich . . . gehe den Augenblick!«

Noch immer Nichts begreifend, folgte ich meiner Taute; – als ich über die Schwelle des Gastzimmers trat, gewahrte ich meinen Vater, der mit großen Schritten und zerzaustem Haare auf- und niederging; Juschka stand in Thränen an der Thüre und in einem Winkel auf dem Stuhle saß mein Taufvater, Nastasei Nastaseitsch mit dem Ausdruck einer ganz besonderen Schadenfreude in den aufgeblasenen Nasenlöchern und den brennenden, schielenden Aeuglein.

Sobald ich hereintrat, flog mein Vater auf mich zu.

»Du hast Deine Uhr Juschka geschenkt? rede?

Ich warf einen Blick auf Juschka . . .

»So rede doch,« wiederholte mein Vater, mit den Füßen stampfend.

»Ja,« erwiderte ich und erhielt sogleich eine weit ausgeholte Ohrfeige, die meiner Tante große Freude machte. Ich hörte, wie sie krächzte, als hätte sie einen Schluck heißen Thee genommen.

Mein Vater lief von mir zu Juschka hinüber.

»Und Du, Niederträchtiger! hättest Dich nicht erdreisten dürfen, das Geschenk der Uhr anzunehmen,« sprach er, ihn an den Haaren herumziehend. – Und Du Schurke, hast sie noch dem Uhrmacher verkauft!«

In der Einfalt seines Herzens hatte Juschka in der That, wie ich in der Folge erfuhr, die Uhr zu dem benachbarten Uhrmacher getragen. Der Uhrmacher hatte sie in’s Schaufenster gehängt ; Nastasei Nastaseitsch hatte sie im Vorübergehen dort gesehen, sie aber rückgekauft und zu uns in’s Haus gebracht.

Mein und Juschka’s Verhör dauerte indessen nicht lange; mein Vater war athemlos, fing an zu husten und das Zürnen war überhaupt nicht seine Art.

»Bruder, Porphyri Petrowitsch,« sagte meine Taute, sobald sie, gewiß nicht ohne Bedauern bemerkte, daß meines Vaters Zorn sich besänftigte; »regen Sie sich doch nicht mehr auf; es ist nicht der Mühe werth, daß Sie sich die Hände damit besudeln. Ich aber schlage Folgendes vor: mit der Zustimmung des geachteten Nastasei Nastaseitsch und in Anlaß der großen Undankbarkeit Ihres Sohnes werde ich diese Uhr zu mir nehmen; da er aber durch seine Handlung bewiesen hat, daß er unwürdig ist, dieselbe zu tragen und deren Werth nicht begreift, so werde ich sie in Ihrem Namen einem Menschen schenken, der Ihr Wohlwollen tief empfinden wird.«

»Wer ist das?« fragte mein Vater.

»Chrysanth Lukitsch,« erwiderte meine Tante etwas zaghaft.

»Dem Chrysaschka ?«« fragte mein Vater noch einmal, holte dann mit der Hand aus und fügte hinzu: »meinetwegen; und wenn Ihr sie in den Ofen werft!«

»Und Sie, Verehrter, sind Sie damit einverstanden?« wandte sich meine Taufe an Nastasei Nastaseitsch.

»Mit der vollkommensten Bereitwilligkeit,« erwiderte jener. – Während des ganzen »Verhörs« hatte er sich nicht von seinem Stuhle gerührt und hatte nur leise geschnauft, sich leise die Fingerspitzen gerieben und seine Augen abwechselnd auf mich, auf den Vater und auf Juschka gerichtet. Wir hatten ihm ein wahrhaftes Vergnügen bereitet.

Der Vorschlag meiner Taute hatte mich in tiefster Seele empört. Nicht, daß die Uhr mir Leid gethan hätte, aber der Mensch, dem sie dieselbe zu schenken beabsichtigte, war mir allzusehr verhaßt. Dieser Chrysanth Lukitsch dessen Familienname Tranquillilatin hieß, war ein gesunder, vierschrötiger, langgestreckter Seminarist, der, weiß der Teufel weshalb, sich gewöhnt hatte, zu uns ins Haus zu kommen! »Um sich mit den Kindern zu beschäftigen,« versicherte die Taute; mit uns konnte er sich indessen schon deshalb nicht beschäftigen, weil er selbst nichts gelernt hatte, und dumm war wie ein Pferd.

Er erinnerte überhaupt an ein Pferd: er stampfte mit den Füßen wie mit Hufen, lachte nicht, sondern wieherte, wobei er seinen ganzen Rachen bis an die Kehle sehen ließ – und hatte ein langes Gesicht mit einem Höcker und breite, flache Backenknochen; er trug einen zottigen, friesenen Kaftan und roch nach rohem Fleische. Meine Tante hielt große Stücke auf ihn, nannte ihn einen ansehnlichen Mann, einen Cavalier und sogar einen Grenadier. Er hatte die Gewohnheit, uns Kindern auf die Stirne ein Schnippchen zu schlagen (er that es auch mit mir, als ich jünger war) mit seinen steinharten Fingern und dabei zu zanken und sich zu verwundern: »Wie Dein Kopf klingt, er muß wohl hohl sein!« – Und dieser Tölpel sollte meine Uhr besitzen? – Auf keinen Fall! beschloß ich bei mir, als ich ans dem Gastzimmer hinauslief und mit den Füßen auf mein Bett hinaufkroch, während meine Wange sich von der erhaltenen Ohrfeige röthete und brannte, und auch in meinem Herzen die Bitterkeit der Beleidigung und der Durst nach Rache aufloderten . . . Auf keinen Fall! Ich werde es nicht zulassen, daß dieser verfluchte Seminarist mich verspottet . . . meine Uhr anlegt, die Kette über den Magen herabhängen läßt und vor Vergnügen wiehert. . . . Auf keinen Fall!

Die Uhr

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