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IV

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Nach meiner Rückkehr in‘s Gasthaus und nachdem ich zum Diner die ewige Suppe à la Julienne, Cotelettes und Schoten und ein vertrocknetes Haselhuhn gespeist hatte, setzte ich mich auf das Sopha und überließ mich meinen Gedanken. Ihr Gegenstand war jene Sophie, jene räthselhafte Tochter meines Bekannten; aber Ardalion, der den Tisch abgedeckt hatte, legte meine Träumerei auf seine Weise aus. Er schrieb sie der langen Weile zu.

»Es giebt bei uns in der Stadt sehr wenig Zerstreuungen für die Herren Durchreisenden,« begann er mit seiner gewöhnlichen zwanglosen Herablassung, während er zugleich fortfuhr mit einer schmutzigen Serviette die Lehnen der Stühle abzuklopfen – dieses Abklopfen ist wie bekannt nur sehr gebildeten Kellnern eigen –; »sehr wenig, weder Concerte noch Theater (Ardalion war mit seinem Herrn im Auslande gereist, vielleicht sogar nach Paris gekommen. Er wußte sehr gut, daß nur der Bauer Keather sagt), noch z. B. Tanzsoiréen und Abendconversationen unter den Herren Edelleuten. Alles der Art existirt nicht.« (Er hielt einen Augenblick inne, wahrscheinlich um mich die Eleganz seines Ausdruckes bemerken zu lassen).

»Man sieht sich selten. Und die Folge ist, daß die angekommenen Fremden manchmal nicht wissen, was sie anfangen sollen.«

Ardalion sah mich von der Seite an.

»Uebrigens . . . vielleicht . . . « fuhr er stockend fort – »im Falle Sie geneigt sein sollten . . . « Er sah mich wieder an – bemerkte aber vielleicht die nöthige Neigung nicht bei mir.

Der feine Kellner ging nach der Thür, überlegte, kehrte wieder um, stand eine Weile unentschlossen, beugte sich zu meinem Ohr nieder und sagte mit leichtem Lächeln:

»Wollen Sie Verstorbene sehen?«

Ich sah ihn erstaunt an.

»Ja,« fuhr er jetzt flüsternd fort, »es giebt hier einen solchen Menschen. Es ist ein einfacher Kleinbürger, der sogar nicht einmal lesen kann – aber er macht wunderbare Sachen. Wenn Sie sich zum Beispiel an ihn wenden und wünschen, irgend einen Verstorbenen von Ihren Bekannten zu sehen, so zeigt er ihn Ihnen unfehlbar.«

»Auf welche Weise?«

»Das ist nun sein Geheimniß. Denn obgleich er ein Mensch ist, der nicht lesen, ja man kann geradezu sagen, der nicht sprechen kann, so ist er doch im Himmlischen stark. Am meisten steht er bei den Kaufleuten in Achtung.«

»Und ist dies Allen in der Stadt bekannt?«

»Wer es wissen soll, weiß es. Und es ist dafür gesorgt, daß von der Polizei nichts zu befürchten ist – denn was man auch sagen möge, es sind immer verbotene Dinge und für den gemeinen Mann verführerisch. Der gemeine Mann ist bekanntermaßen immer gleich mit der Faust bei der Hand.«

»Hm er Ihnen Verstorbene gezeigt?« fragte ich Ardalion. Ich konnte mich nicht entschließen, einen so gebildeten Sterblichen zu dutzen

Ardalion nickte mit dem Kopf: »Ja! er hat mir meinen Erzeuger gezeigt, wie wenn er lebte.«

Ich sah Ardalion an. Er lächelte und spielte mit der Serviette und sah mich herablassend, aber mit Festigkeit an.

»Das ist sehr merkwürdig«, rief ich endlich. »Kann ich mit diesem Mann wohl bekannt werden?

»Mit ihm direct nicht; man muß durch seine Frau Mutter vorgehen. Es ist eine alte sehr respectable Dame. Sie handelt auf der Brücke mit faulen Aepfeln; wenn Sie befehlen, will ich sie fragen.«

»Sie thun mir einen Gefallen.«

Ardalion hustete in die Hand. »Und die Gratifikation, welche Sie geben wollen – es versteht sich eine unbedeutende, müssen Sie gleichfalls dieser Alten selbst einhändigen. Und ich werde ihr meinerseits sagen, daß sie nichts zu fürchten hat, da Sie ein Fremder, ein Cavalier sind – nun Sie begreifen ja, daß es ein Gebeimniß ist – und daß Sie ihr in keinem Falle Ungelegenheiten verursachen werden.«

Ardalion nahm das Präsentirbret in eine Hand und graziös mit seinem eigenen Rückgrat und dem Brete balancirend, wendete er sich zur Thür.

»Ich kann also auf Sie hoffen?« rief ich ihm nach.

»Sein Sie überzeugt,« entgegnete er mit seiner selbstbewußten Stimme. »Wir werden mit dem Mütterchen sprechen und Ihnen die Antwort überbringen.«

Eine wunderliche Geschichte

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