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Ein Zwiegespräch

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Weder auf der Jungfrau noch auf dem Finsteraarhorn war je ein menschlicher Fuß.

Die höchsten Gipfel der Alpen ... Eine ganze Kette zerklüfteter Felsenmassen ... Das Herz des Gebirgsstockes. Über den Bergen wölbt sich blaßgrün, glänzend und stumm der Himmel. Strenger, schneidender Frost; harter, flimmernder Schnee; aus dem Schnee hervor ragen raue Zacken vereister, verwitterter Felsblöcke. Zwei Kolosse, zwei Riesen recken sich zu beiden Seiten des Horizontes empor: Jungfrau und Finsteraarhorn. Und die Jungfrau spricht zum Nachbar: »Was gibt es Neues? Du hast freieren Ausblick. Was geht da unten vor?«

Es vergehen einige Jahrhunderte: eine Minute.

Und Finsteraarhorn donnert zur Antwort: »Dichte Wolkenmassen verhüllen die Erde ... Warte!«

Wieder vergehen Jahrtausende: eine Minute.

»Nun, und jetzt?« fragt die Jungfrau.

»Jetzt sehe ich; dort unten ist alles wie ehedem: bunt, kleinlich. Blau die Wasser; schwarz die Wälder; grau die zusammengetragenen Steinhaufen. Um sie herumwimmeln noch immer diese Käferchen, du weißt, die zweifüßigen, denen es bisher noch nie gelang, dich und mich zu beflecken.«

»Menschen?«

»Ja; Menschen.«

Jahrtausende gehen dahin: eine Minute.

»Nun, und jetzt?« fragt die Jungfrau.

»Die Zahl der Käferchen scheint abgenommen zu haben,« – grollt das Finsteraarhorn; »klarer ist es da unten geworden, die Wasser haben sich verringert, die Wälder gelichtet.«

Wieder verrannen Jahrtausende: eine Minute.

»Was siehst du jetzt?« spricht die Jungfrau.

»Um uns her, in der Nähe ist es sichtlich reiner geworden,« – erwidert das Finsteraarhorn; »da hinten nur, in der Ferne, in den Tälern sind noch Flecken, und dort bewegt sich noch etwas.«

»Aber jetzt?« fragt die Jungfrau, als weitere tausend Jahre verrauschten – eine Minute.

»Jetzt ist es gut,« – antwortet das Finsteraarhorn; – »rein ist es überall und ganz weiß, wohin man auch blickt ... Überall unser Schnee, nichts wie Schnee und Eis. Erstarrt ist alles. Gut ist es jetzt, ruhig.«

»Gut« – wiederholt die Jungfrau. – »Allein, wir haben jetzt genug geplaudert, Alter. Zeit ist’s, einzuschlafen.«

»Es ist Zeit.«

Sie schlafen, die gewaltigen Bergriesen; es schläft der grüne, leuchtende Himmel über der auf ewig verstummten Erde.

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