Читать книгу Der Wüstensklave - J. D. Möckli - Страница 4
Kapitel 1: Lagerchaos
ОглавлениеDie Sonne geht gerade auf, als Yari aus seinem unruhigen Schlaf hochschreckt. Er hatte wieder jene verwirrenden Träume, die ihn öfters heimsuchen. Trotzdem bleibt er ruhig liegen, da Kai ihn mal wieder als Kopfkissen benutzt. Er kann aber beim besten Willen nicht mehr einschlafen, weshalb er aus dem Fenster sieht und beobachtet, wie die Sonne langsam den Himmel in ein leuchtendes Rot taucht. Ohne es zu merken, streichelt er dabei immer wieder leicht über die Seite seines Shariks.
Das lässt Kai aus seinem Tiefschlaf erwachen. »Yari, es ist noch mitten in der Nacht.« Murrend dreht er sich um und zieht sich die leichte Decke über den Kopf.
Im ersten Moment ist Yari etwas enttäuscht, hat er sich doch insgeheim etwas anderes erhofft. Allerdings kann er seinen Sharik nach den beiden anstrengenden Tagen ja auch verstehen, deswegen steht er jetzt möglichst leise auf und geht mit seiner Kleidung hinunter ins Bad.
Dort legt er sie auf den Hocker, bevor er sich vor das Waschbecken stellt und eingehend mustert.
Verdammt, was ist nur mit mir los? Sich die Nasenwurzel reibend, senkt Yari den Blick und wendet sich vom Spiegel ab. Vielleicht hilft ihm ja eine heiße Dusche, seine Gedanken wenigstens ein wenig zu ordnen.
Als er unter dem heißen Wasserstrahl steht, wird das Kreisen der Bilder in seinem Kopf ein wenig besser, sodass er schließlich nicht nur erfrischt, sondern auch deutlich ruhiger aus der Wanne steigt und sich mit kräftigen Bewegungen abtrocknet. Dabei muss er daran denken, wie ihn Kai abgetrocknet hat, was ihn unwillkürlich lächeln lässt.
Als er mit seiner Morgentoilette fertig ist, verlässt er das Badezimmer und bringt seinen Schlafanzug ins Wohnzimmer, um Kai nicht aus Versehen noch einmal aufzuwecken. Trotzdem blickt er noch einmal ins Schlafzimmer. Was er dort sieht, lässt ihn unterdrückt auflachen, denn Kai hat die Decke wie eine Wurst zwischen seine Beine gezogen und umschlingt sie mit den Armen.
»Offenbar leidest du an Klammerattacken, Sharik«, murmelt Yari und schließt leise die Tür.
Noch immer vor sich hin schmunzelnd geht er in den Stall, um sich endlich mal wieder richtig um seine beiden Racker zu kümmern.
Tatsächlich wird er schon ungeduldig erwartet und mit lautem Gewieher begrüßt.
»So, Jungs, jetzt ist die ganze Nachbarschaft wach und weiß jetzt endgültig, dass ihr wieder zu Hause seid.« Grinsend krault er die beiden kurz, bevor er ins Heulager geht. Dort nimmt Yari die Netze von den Haken neben der Tür und trägt sie zu den Boxen. Natürlich kriegt Rocky als Erster sein Heu in die Box gehängt.
Einen Moment lang bleibt er bei den Pferden stehen und beobachtet, wie die beiden zufrieden ihr Heu aus den Netzen zupfen. Dann schnappt er sich den Eimer und füllt die Tränken mit frischem Wasser. Anschließend füllt er die Netze schon mal für die nächste Fütterung.
Weil er danach noch Zeit hat, setzt sich Yari auf die Stufen vor der Hintertreppe. Den Blick in den Himmel gerichtet, beobachtet er die Wolken, die noch immer leicht rötlich über ihm hinwegziehen.
Erst als auch der letzte Schimmer des Sonnenaufgangs verschwunden ist und die Schatten ihm verraten, dass es langsam Zeit fürs Frühstück ist, steht er auf. Bevor er jedoch zurück ins Haus geht, kontrolliert er noch einmal die Tränken und füllt sie mit frischem Wasser.
Als er sich die Hände wäscht, fällt ihm auf, dass er aus der Küche keine Stimmen hört.
Er ist überrascht, dass Ren allein am Tisch sitzt. »Guten Morgen, Großvater, wo ist denn Kai?«
Nachdem er sich seinen Tee eingeschenkt hat, dreht er sich mit einem fragenden Blick zu dem alten Mann um und lehnt sich an die Arbeitsplatte neben dem Herd.
»Guten Morgen, mein Junge. Ich lasse Kai heute ausschlafen und öffne für ihn den Laden. Weißt du, nach so einer anstrengenden Reise sollte man ihn nicht zu früh wecken, denn sonst ist er noch schlimmer drauf als sowieso schon.«
»Ja, ich habe es gemerkt«, murmelt Yari und setzt sich zu Ren an den Tisch, um sich endlich einen Löffel Honig in den Tee zu rühren.
Schmunzelnd beobachtet Ren, wie Yari mit geschlossenen Augen seinen Tee genießt. »Hast du bei Hemingway keinen Honig bekommen?« Er selbst greift schon mal nach einem Brötchen, während er auf eine Antwort wartet.
Seufzend stellt Yari seine Tasse hin. »Es gab schon Honig, aber ich wollte die Situation nicht ausnutzen, also habe ich verzichtet und mich auch sonst zurückgehalten. Die Situation war schon angespannt genug, wegen meiner Privilegien.« Nun nimmt auch er sich ein Brötchen und bestreicht es dick mit Honig. »Es kam mir schon komisch vor, dass ich auf einmal so anders behandelt wurde, denn dieser Hemingway hat auf mich nicht den Eindruck gemacht, dass er von seinen Prinzipien abweicht. Darum habe ich versucht, mich so perfekt wie möglich zu verhalten.« Jetzt beginnt er schief zu grinsen. »Okay, die Wette mit der Göre war nicht gerade die beste Idee und dass ich sie dann auch noch haushoch im Schach geschlagen hatte, war vielleicht auch nicht klug, aber sie hatte es nicht anders verdient.«
Schmunzelnd hört Ren Yari zu, obwohl er das meiste schon aus dem Brief kennt. »Ja, das war wirklich nicht gerade das beste Verhalten für einen Sklaven, aber damit hast du bei den beiden auch Eindruck hinterlassen. Aber sag mal, warum nennst du Elaine immer Göre? Was hat sie denn getan, dass du so von ihr sprichst?« Neugierig beugt er sich vor.
Yari verschränkt grimmig die Arme. »Die Göre ist respektlos und ignoriert die Wünsche von anderen komplett, wenn sie ihr nicht passen. Zwar hat sie mir geholfen, aber das hat nur einen Bruchteil von dem, was sie zuvor angestellt hat, wieder wettgemacht. Und wenn sie diese Wette nicht verloren hätte, dann würde sie meinen Kai jetzt immer noch mit ihrem ewigen Darling nerven und sich ihm aufdrängen.« Fest sieht er Ren an, der aufgrund des Tonfalls unwillkürlich schluckt.
»Na, das nenne ich mal direkte Worte. Aber ja, sie ist wirklich ein wenig verwöhnt.«
»Ein wenig? Das ist ja wohl die Untertreibung des Jahrtausends! Man hätte ihr schon viel früher ihre Grenzen zeigen sollen! Dass Kai zu freundlich dafür ist, ist klar, aber Hemingway hat bei ihrer Erziehung ganz klar versagt, wenn es um das Thema Respekt geht! Das hätte ich mir als Kind niemals erlauben dürfen, so die Grenzen meiner Mitmenschen zu missachten. Außerdem hat Kai ihr gleich zu Anfang klar und deutlich gesagt, dass er vergeben ist, und trotzdem hat sie sich ihm aufgedrängt und dann noch behauptet, dass Homosexualität eine Phase sei!« Während er spricht, beginnt Yari wild zu gestikulieren.
Ren legt ihm die Hand auf die Schulter. »Ganz ruhig, ich habe dich ja verstanden. Du kannst weder Elaine noch Hemingway leiden und das ist auch dein gutes Recht.« Fest sieht er ihn an. »Nur will ich dir eins sagen: Elaine lebt bei ihrem Großvater, weil ihre Eltern schon nicht mehr mit ihr klargekommen sind, als sie noch ein Kind von vier Jahren war. Sie ist nämlich hochintelligent und darum lebt sie bei ihm, weil er sie fördern kann.«
Mit zusammengekniffenen Augen erwidert Yari den Blick. »Sie ist vielleicht hochintelligent, aber trotzdem ist sie respektlos. Ihre soziale Intelligenz ist nicht sehr ausgeprägt.« Weil er der Meinung ist, zu dem Thema alles gesagt zu haben, wendet Yari den Blick ab und schmiert sich noch ein Brötchen.
Seufzend akzeptiert Ren die stumme Botschaft. Offensichtlich hat sich Yari seine Meinung über Elaine gebildet. Sie hat offenbar noch viel Arbeit vor sich, um diese wieder zu ändern. Eigentlich grenzt es ja schon beinahe an ein Wunder, dass sich Yari so gut beherrschen konnte, obwohl er Elaine so wenig leiden konnte. Hemingway hatte ihm nämlich geschrieben, dass sich Yari bis auf die direkten Worte, wenn es um Kai ging, immer vorbildlich verhalten hat. – So, wie es von einem Herrscher nun einmal erwartet wird.
Unauffällig mustert er Yari und fragt sich, ob der Junge inzwischen ahnt, wer er mal gewesen ist. Laut Hemingway gibt es keinen Zweifel, dass Yari der angeblich verstorbene Pharao ist, und die Begründungen klingen logisch.
Nach dem Frühstück steht Ren auf. »Spülst du bitte das Geschirr?« Fragend sieht er Yari an, der nach einem Moment nickt.
»Ja, das kann ich machen.«
»Danke. Ich bin dann jetzt im Laden. Lass Kai so lange schlafen, wie er will. Die Stoffe könnt ihr ja auch noch am Nachmittag richtig ins Lager einordnen.« Noch bevor Yari etwas sagen kann, geht Ren aus der Küche.
Yari beginnt in aller Ruhe, den Tisch abzuräumen, und trinkt seinen inzwischen kalten Tee. Er ist überraschend schnell fertig und weil es ihn stört, alles auf dem Tisch stehen zu lassen, legt er für Kai ein paar Brötchen auf einen Teller und stellt die Marmelade und dessen Tasse daneben. Den Rest bringt er wieder in die Vorratskammer.
Zufrieden betrachtet Yari dann die saubere Küche, ehe er zu Ren geht.
Noch im Flur zieht er sich das Halsband an und betritt schließlich mit gesenktem Kopf den Laden, wo Ren sich gerade mit einer Kundin unterhält.
Obwohl sich Ren auf die junge Dame konzentriert, bemerkt er sofort, dass Yari hinter ihm steht und dreht sich mit ernstem Gesichtsausdruck zu ihm um. »Yari?«
Erst als er seinen Namen hört, hebt Yari den Blick, versucht aber weiterhin, unterwürfig zu wirken. »Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass die Küche aufgeräumt ist und ich jetzt wieder in den Stall gehe.« Weil er auf die Antwort von Ren warten muss, verschränkt er seine Arme hinter seinem Rücken, steht aber ansonsten vollkommen ruhig da.
Im ersten Moment ist Ren irritiert, doch dann fängt er sich wieder. »Ja, ist gut. Ich gebe Kai Bescheid, wenn er dich suchen sollte.« Ohne ihn noch weiter zu beachten, wendet er sich wieder der Kundin zu, die Yari mit einem seltsamen Glanz in den Augen nachsieht.
»Da haben sie sich aber einen wirklich gut aussehenden Sklaven zugelegt. Trägt er die Stoffballen gegen einen kleinen Aufpreis auch zu den Kunden nach Hause?« Lächelnd neigt sie den Kopf und ignoriert dabei, dass sie ja einen Sklaven hinter sich stehen hat, der die Einkäufe für sie trägt.
»Mademoiselle, Yari ist nicht direkt mein Sklave, sondern der meines Enkels, und der kann es gar nicht leiden, wenn man solche Angebote macht.« Trotz seiner harten Worte lächelt er die junge Frau weiterhin freundlich an, während er jetzt um den Verkaufstresen herumgeht. »Was halten Sie davon, wenn wir uns jetzt die in Frage kommenden Stoffe ansehen? Leider ist mein Enkel erst gestern am späten Abend von seiner Geschäftsreise zurückgekommen, darum kann ich Ihnen die neue Ware noch nicht zeigen, aber ich denke, dass wir auch so einen für Sie passenden Stoff finden werden.«
Yari hat gerade noch so die Worte der Frau mitbekommen und geht kopfschüttelnd zu den Pferden. Bevor er sie allerdings rauslässt, ändert er spontan seinen Fütterungsplan und verteilt ihr zweites Frühstück großzügig im Hof. Erst nachdem er sein Werk zufrieden begutachtet hat, öffnet er die Boxentüren.
Sofort spazieren Blacky und Rocky zufrieden schnaubend in den Hinterhof und drehen ein paar langsame Runden, ehe sie sich gemütlich den vielen kleinen Heubergen widmen.
Eine Weile lang beobachtet Yari schmunzelnd die beiden Wallache, die zufrieden umherwandern und sich die Bäuche vollschlagen. Erst als er sich sicher ist, dass sie nichts anstellen werden – schließlich sind sie eine ganze Woche lang nicht wirklich frei herumgelaufen, wenn man die Weide beim Gasthof außer Acht lässt –, geht er zurück in den Stall, um die Boxen auszumisten.
Pünktlich zum Mittagessen ist Yari mit seinen Aufgaben, bis auf die Fütterungen, für heute fertig und holt die Pferde wieder rein, indem er sie mit Äpfeln lockt, die er schon seit einer Weile für solche Fälle in der Sattelkammer aufbewahrt.
Als Yari in die Küche kommt, sieht er zu seinem Erstaunen Kai am Herd stehen. »Sharik? Kochst du heute für uns?« Freudig umarmt er ihn von hinten und schielt dabei in die Pfanne. »Was ist das denn?« Neugierig versucht er, den Inhalt zu identifizieren. Als ihm das nicht gelingt, legt er den Kopf auf der Schulter seines Shariks ab. »Das ist aber nichts Giftiges, oder?«
Bei der vorsichtigen Frage kann sich Kai nicht mehr zurückhalten und beginnt leise zu kichern. »Ja, ich koche heute für uns, weil mich Großvater im wahrsten Sinne des Wortes wieder aus dem Laden geschmissen hat, als ich ihn ablösen wollte. Dieses Essen nenne ich immer Wochenrückblick. Es ist eine Art Eintopf aus allen möglichen Sachen, die noch übrig sind. Und natürlich ist es nicht giftig, auch wenn es so aussieht, und schmeckt sehr gut.« Vorsichtig nimmt er mit dem Holzlöffel ein wenig von dem Eintopf heraus und hält ihn Yari vor den Mund. »Keine Sorge, ich habe vorhin schon probiert. Du bist also nicht mein Versuchskaninchen«, sagt er grinsend, als er den zweifelnden Gesichtsausdruck seines Liebsten bemerkt.
Zögernd öffnet Yari den Mund und probiert dann äußerst vorsichtig.
»Und? Schmeckt es dir?« Gespannt dreht sich Kai um.
Yari schluckt erst einmal runter. »Na ja, noch ein bisschen mehr Salz und dann schmeckt es wirklich ganz gut. Jetzt ist es noch ein wenig fad.«
Seufzend streut Kai noch etwas Salz in den Topf und rührt dann kräftig um. Auffordernd hält er Yari wieder den Holzlöffel vor den Mund.
Sorgfältig prüft Yari den Geschmack und nickt dann zufrieden. »Jetzt schmeckt dein Wochenrückblick wirklich lecker.« Zur Belohnung beugt er sich vor und gibt Kai einen sanften Kuss auf die Lippen. »Guten Morgen erst mal. Hast du gut geschlafen?«
Diese Frage lässt Kai unwillkürlich grinsen, während er Yari seine freie Hand in den Nacken legt. »Ich habe sehr gut geschlafen. Nur bin ich ziemlich einsam aufgewacht und jetzt darf ich auch noch kochen.« Den letzten Teil des Satzes grummelt er mehr, als dass er ihn spricht.
Todernst lehnt Yari seine Stirn an Kais und sieht ihm direkt in die Augen. »Tut mir leid, aber ich konnte doch Blacky und Rocky nicht hungern lassen. Und Großvater meinte, dass ich dich schlafen lassen soll, weil du sonst unausstehlich wärst.« Ohne Vorwarnung zieht er Kai nun an sich und verwickelt ihn in einen leidenschaftlichen Kuss.
Nur zu gern lässt sich Kai darauf ein, allerdings nicht für lange, weil er nicht riskieren möchte, dass das Essen anbrennt. Schweren Herzens löst er sich von seinem Liebsten und wendet sich wieder dem Topf zu. »Deckst du bitte den Tisch?« Lächelnd blickt er über seine Schulter und bekommt sofort noch einen Kuss.
»Natürlich, Sharik. Soll ich dann auch gleich die Brötchen aus der Vorratskammer holen?« Die Teller schon in den Händen haltend, sieht er Kai an, der nach einem Moment nickt.
»Ja, bitte, Liebster.«
Wie erhofft bekommen Yaris Augen wieder diesen warmen Schimmer, den er so sehr liebt.
Kaum hat Yari den Tisch fertig gedeckt, kommt Ren in die Küche und trinkt als Erstes einen großen Schluck Wasser, ehe er sich seufzend auf den Stuhl fallen lässt. »Kai, der allerletzte Ballen von dem neongrünen Stoff ist endlich verkauft. Wie lange lag der jetzt rum? Fünf Jahre?«
Den Topf auf den Tisch stellend, nickt Kai. »Ja, der gehörte zu den ersten Paketen, die ich kaufen musste, um das Lager wieder zu füllen. Sag bloß, die Aino war da und du hast ihn ihr aufgeschwatzt.« Das Grinsen seines Großvaters ist Antwort genug, sodass er sich nur kopfschüttelnd hinsetzt.
Bevor auch Yari sich setzt, füllt er ihre Becher noch einmal auf. »Was hat die olle Tratschtante denn heute wieder zu erzählen gehabt?«, fragend sieht er Ren an, der jetzt noch breiter grinst als zuvor.
»Na ja, hast du gewusst, dass du auf der Reise nach Edo hungern musstest? Und dass Kai so unersättlich ist, dass du noch nicht einmal in die Sklavenunterkünfte gekommen bist?«
Vor lauter Schreck, dass das in Izusan herumerzählt wird, lässt Kai den Schöpflöffel in den Topf fallen. »Was? Woher hat sie denn das schon wieder? Hong ist uns doch erst gestern begegnet und der war doch auf dem Weg nach Edo!«
Lachend wischt sich Ren eine Träne aus dem Augenwinkel. »Du hast wohl noch nicht bemerkt, dass die Gute ihre Spione überall hat. Anscheinend war ihr Sohn in dem Gasthof, als ihr auf dem Weg nach Edo dort angekommen seid, und der hat dein Gespräch mit Herrn Kagayama mitangehört.«
Nachdenklich blickt Yari zum Fenster. »Da war wirklich so ein kleiner Typ, der in einem Sessel in der Ecke neben der Tür gesessen hat.« Als er ein seltsames Geräusch hört, sieht er zu Kai, der sich mit der Hand an die Stirn geklatscht hat.
»Na toll, dann bin ich ja mal wieder das Stadtgespräch Numero uno. Es ist ja auch schon eine Weile her, dass ich das wegen meiner lauten Trennung von Linus war, die Hong leider mitbekommen hatte.« Genervt verdreht er die Augen, ringt sich dann aber zu einer Erklärung durch, als er den fragenden Blick seines Liebsten bemerkt: »Wir waren bei Yu in der Schmiede und haben uns aus irgendeinem Grund, den ich aber wirklich nicht mehr weiß, gestritten. Dabei ist, glaube ich, ein Hufeisen herumgeflogen. Na ja, ich habe es an die Wand geworfen. Tja, am Ende hieß es, wir hätten Yus ganze Schmiede demoliert. Die Leute haben sich tatsächlich gewundert, dass er deswegen nicht schließen musste.« Kopfschüttelnd denkt Kai an jenen Tag zurück. »Na ja, auf jeden Fall waren wir nach dem Streit getrennt und Linus ist dann auch zwei Tage später in die nächste Stadt gezogen. Das war aber schon länger geplant gewesen.«
Verstehend nickt Yari. »Na, dann hast du jetzt wenigstens gute Gerüchte. Denn wenn so etwas rumgeht, gilt man in der Regel als guter Sklavenhalter.« Als er die erstaunten Blicke bemerkt, hebt er die Schultern ein wenig an. »Es ist leider so. Kai wird jetzt als streng gelten und auch als Mann, der seinen Sklaven nicht verwöhnt und so weiter.« Erst jetzt bemerkt er den geschockten Gesichtsausdruck seines Shariks und wird sich bewusst, dass er wohl etwas Falsches gesagt hat.
Ohne auf Großvater zu achten, steht er auf und geht um den Tisch herum, bis er neben Kai in die Hocke gehen kann. Sanft legt er ihm die Hand auf die Wange und zwingt ihn so, ihm in die Augen zu sehen. »Kai, das ist gut, weil die Leute nun nicht mehr so sehr darauf achten werden, wie du dich mir gegenüber verhältst, wenn ich im Laden bin. Denn dann denken sie einfach nur, dass du deine wahre Strenge vor ihnen nicht zeigen möchtest.« Weil er in dieser Position kleiner als sein Sharik ist, zieht er ihn leicht zu sich runter, um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. »Das Wichtigste ist doch, dass wir drei und unsere Freunde wissen, wie es wirklich ist. Also nimm dir die Gerüchte nicht so zu Herzen.«
Es dauert einen Moment, doch dann nickt Kai. »Du hast ja recht, es ist nur so, dass mich deine Worte gerade ziemlich schockiert haben.« Zärtlich fährt er über Yaris Wange. »Na komm, wenn wir nicht langsam mit dem Essen anfangen, wird mein Wochenrückblick noch kalt.«
Erleichtert, dass sein Sharik wieder lächelt, steht Yari auf.
Stumm hat Ren alles beobachtet und wartet jetzt darauf, dass sich Yari wieder setzt. Erst dann greift er nach dem Topf und verteilt das Essen auf die Teller, die er sich einfach nimmt und dann gut gefüllt wieder vor den Jungs hinstellt. »Also dann, ich wünsche euch einen guten Appetit.«
Weil er die Kochkünste seines Enkels kennt, nimmt Ren extrem vorsichtig den ersten Bissen, stellt dann aber erleichtert fest, dass das Essen weder versalzen noch zu fad ist. »Kai, das hast du wirklich gut gekocht«, lobt er ihn.
Kai strahlt. Wenn sein Großvater so ein Lob ausspricht, dann ist das Essen wirklich lecker. »Danke, aber Yari hat mitgeholfen, er hat mehr Salz verlangt.«
Als Yari nun den Kopf in die Hand stützt und diesen leicht schüttelt, fangen beide Mutsuos an zu lachen, schließlich ist Yari der wohl schlechteste Koch, den es gibt. Aber rausschmecken, wenn etwas Salz fehlt, kann er hervorragend.
Nach dem Essen verschwindet Yari in den Stall, weshalb Kai und Ren gemeinsam die Küche aufräumen.
»Yari hat sich in der einen Woche ja massiv verändert. Er wirkt viel ausgeglichener als vorher.«
Kai nickt. »Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Dabei hat er wirklich viel aushalten müssen, denn die Tochter seines ersten Besitzers ist zu allem Übel auch noch aufgetaucht und hat ihn bedrängt und die Frechheit besessen, am nächsten Tag wiederzukommen! Die hat mir doch tatsächlich hundert Goldmünzen für ihn geboten! Kannst du dir das vorstellen!? So eine Frechheit, als würde ich Yari einfach so verkaufen – noch dazu an sie!«
Weil Kai mit dem Teller in der Hand wild herumfuchtelt, nimmt ihm Ren diesen sicherheitshalber ab und bringt ihn in Sicherheit. »Tja, damit musst du leider immer wieder rechnen, dass du solche Angebote bekommst.« Beruhigend legt er seinem Enkel die Hand auf die Schulter und sieht ihn ernst an. »Also reg dich nicht zu sehr auf und lehne diese Angebote freundlich aber bestimmt ab.«
Widerwillig nickt Kai. »Trotzdem muss es mir nicht gefallen. Yari ist ja schließlich kein Gegenstand, den man einfach mal so verkauft, weil man ein gutes Angebot bekommt. Außerdem ist er unbezahlbar!« Noch immer gereizt schnappt er sich den nächsten Teller und beginnt ihn heftig abzutrocknen.
Seufzend widmet sich Ren wieder dem Abwasch. Dabei schielt er immer wieder zu seinem Enkel und hofft, dass das Geschirr die harte Behandlung überlebt.
Wie durch ein Wunder geht tatsächlich nichts zu Bruch.
Als Yari wieder in die Küche kommt, beginnt Kai verliebt zu lächeln. Vergessen ist sein ganzer Ärger, als er die Arme um seinen Liebsten schlingt und ihn in einen Kuss verwickelt.
Erstaunt erwidert Yari den Kuss und die Umarmung, blickt seinen Sharik dann aber fragend an, als sie sich wieder ein wenig voneinander lösen.
Seufzend lehnt Kai die Stirn an die Schulter seines Liebsten. »Es ist nichts, ich habe mich nur ein wenig aufgeregt, das ist alles.«
Weil Yari merkt, dass Kai nicht mehr sagen möchte, sieht er zu Ren, der mit verschränkten Armen an die Arbeitsplatte gelehnt dasteht. »Er hat mir von dem Kaufangebot von dieser Frau erzählt. Mach dir also keine Sorgen.« Er streicht sich das Hemd glatt. »Ich gehe jetzt wieder in den Laden und hoffe, dass ich bald die neuen Stoffe zu Gesicht bekomme.« Yari zuzwinkernd geht er aus der Küche.
Kurz darauf ist die kleine Ladenglocke zu hören. Offenbar hat Ren die Tür geöffnet, um ein wenig frische Luft reinzulassen.
»Na komm, lass uns die Stoffe ins Lager räumen«, sagt Kai schließlich. »Darum bist du doch wieder reingekommen, oder?« Den Kopf leicht zur Seite neigend, sieht er in die himmelblauen Augen seines Liebsten.
»Du hast mich ertappt.« Schmunzelnd beugt sich Yari ein wenig vor. »Ich muss nur ab und zu raus, um die Pferde zu füttern und ihnen zwischendurch frisches Wasser geben, aber sonst habe ich schon alles erledigt. Nur der Mistkarren muss noch auf die Straße gestellt werden, also achte bitte mit mir zusammen darauf, dass ich nachher nicht zu spät dran bin.« Schnell haucht er seinem Sharik einen Kuss auf die Nasenspitze, ehe er nach dessen Hand greift und ihn zum Lager zieht.
Zum ersten Mal, seit über zwei Wochen betritt Yari das Lager und kann es kaum glauben: Was für ein Chaos! »Sag mal, warum haben wir das Lager überhaupt sortiert? Soviel ich weiß, gehört das Leinen nicht in Regal E, sondern in Regal A! Und da, da auch.« Er zeigt auf die falsch einsortierten Ballen. Mit der Fußspitze auf den Boden tippend, sieht er Kai an, der unwillkürlich den Kopf einzieht.
»Entschuldige, aber ich war an dem Freitag in Eile und habe den Ballen einfach in das nächste freie Fach gestopft, ohne auf die Nummer zu achten.«
Die Hände in die Seiten gestützt, schüttelt Yari den Kopf. »Kai! Wenn ihr euch nicht an die Lagerordnung haltet, dann ist die ganze Mühe umsonst! Wir räumen jetzt als erstes die Stoffe wieder an die richtigen Plätze und erst dann werden die neuen Stoffe ausgepackt. Egal, wie neugierig Großvater auf deine Einkäufe ist!« Noch bevor Kai etwas darauf sagen kann, holt Yari den falsch einsortierten Leinenballen hervor. Kurz blickt er dann an die Tafel neben der Tür und legt den Ballen dann in das Fach A2. Da gehört der schließlich hin!
Ergeben geht Kai nun auch zu den Regalen und beginnt die Ballen, die er vor ihrer Reise nach Edo einfach irgendwo reingelegt hat, wieder in die richtigen Lagerfächer zu packen. Dabei murrt er leise vor sich hin: »Pingeliger Korinthenkacker …«
»Kai, ich kann dich hören! Es ist wichtig, die Ordnung beizubehalten! Wie willst du sonst wissen, was hier an Werten rumliegt und wie viel Platz du noch hast?« Die Arme vor der Brust verschränkt steht Yari direkt hinter Kai, was diesen erschrocken herumfahren lässt.
»Erschreck mich doch nicht so! Verdammt, wegen dir kriege ich noch einen Herzschlag!« Die Hand auf seinen Brustkorb drückend, sieht er Yari an, der lachend wieder zum Regal auf der anderen Seite geht.
»So schnell kriegst du keinen Schlag. Hör auf zu murren und räum auf, damit wir Platz für die neuen Stoffe haben.«
Die Arme in die Seite stemmend, baut sich Kai vor ihm auf: »Hör auf, mich rumzukommandieren! Ich bin nicht dein Untertan. Ich habe den Laden in den letzten Jahren problemlos ohne dich geführt. Also pass auf, was du sagst, sonst darfst du den Scheiß hier allein machen und ich leiste Großvater im Laden Gesellschaft.« Fest sieht er Yari in die Augen, der den Blick nach ein paar Sekunden senkt.
»Entschuldige, ich …« Tief atmet er durch. »Du bestimmst, wie wir weiter vorgehen und …« Weil ihm die Stimme versagt, bricht Yari mitten im Satz ab.
Dies lässt Kai sofort hellhörig werden. »Yari, lass uns jetzt weitermachen. Ich werde dich ganz sicher nicht … na ja, du weißt schon.« Hilflos fährt er mit seiner rechten Hand durch die Luft, ehe er sie auf die Schulter seines Liebsten legt.
Erst jetzt hebt Yari den zuvor gesenkten Blick wieder an. »Ja, lass uns weitermachen.« Nur mit Mühe bringt er ein leichtes Lächeln zustande. »Es tut mir wirklich leid, ich wollte dich nicht herumkommandieren, aber irgendwie ist wohl mein Temperament mit mir durchgegangen.«
Noch immer hat er Mühe, in Kais Augen zu blicken. Als er dann in ihnen aber nur Wärme erkennen kann, schlingt er die Arme um seinen Sharik, nur um ihn gleich wieder loszulassen und sich den nächsten Ballen zu schnappen, der in einem falschen Fach liegt.
Das alles geht so schnell, dass Kai gar nicht wirklich reagieren kann, weshalb er sich nun auch wieder daran macht, die falsch eingelagerten Stoffballen an die richtigen Plätze zu verfrachten.
Als sie es schließlich geschafft haben, ist wieder deutlich mehr Platz in den Regalen. Nun bleiben nur noch die neuen Stoffballen.
»Hilfst du mir, sie auszuwickeln? Ich lege sie dann in eines der Fächer und sage dir, was du aufschreiben sollst.«
Sofort kommt Yari der Aufforderung nach und mit vereinten Kräften wickeln sie den ersten Ballen aus. Dies ist schon beinahe wie Geschenke auszupacken, denn durch das Leinen können sie nicht erkennen, welchen Stoff sie gerade vor sich haben.
»Also, das ist weinrote Winterbaumwolle«, erklärt Kai nach einem Moment und trägt dann den Ballen zu den anderen roten Baumwollstoffen. »Die weinrote Winterbaumwolle kommt ins Fach C5.« Er faltet sorgfältig das Öltuch zusammen, in das der Ballen eingewickelt war, schließlich kann er diese Tücher selbst noch einmal zuschneiden und zum Einpacken der kleineren Stoffballen benutzen.
Nachdem Yari den Stoff auf der Tafel eingetragen hat, hilft er Kai mit dem zweiten Ballen.
So Hand in Hand arbeitend, kommen sie gut voran, obwohl Yari zwischendurch nach den Pferden sieht. Diese Momente nutzt Kai dazu, die Stoffballen auch in das Buchhaltungsbuch einzutragen. Schließlich muss für die Steuern alles seine Richtigkeit haben.
Am frühen Abend haben sie es endlich geschafft. Sogar die Tücher haben sie noch sortiert und nach Farben geordnet in die Regale geräumt.
Vollkommen geschafft lässt sich Kai auf den Stuhl fallen, während sich Yari neben ihm auf die Tischplatte setzt.
»Ich wusste gar nicht, dass du so viel gekauft hast«, kommentiert er die wieder deutlich volleren Regalfächer und lässt dabei seine Beine entspannt hin und her baumeln.
Stöhnend lehnt sich Kai auf dem Stuhl zurück. »Das ist noch gar nichts. Der Markt in Wladiwostok ist noch viel größer und wenn es so läuft, wie in den letzten Jahren, dann werde ich dort mindestens doppelt so viel kaufen wie in Edo.« Nun grinst er Yari schelmisch an. »Und du darfst dir schon mal überlegen, wo du die Ballen dann unterbringen wirst, wenn dir die Ordnung hier drin so wichtig ist.«
Sofort bekommt er einen kleinen Schlag gegen die Schulter.
»Hey!« Entrüstet steht Kai auf und stellt sich direkt vor Yari. »Fängst du mir jetzt auch noch so an wie Yu?« Mit dem ausgestreckten Finger wedelt er direkt vor dem Gesicht seines Liebsten herum.
Grinsend schnappt sich Yari die Hand und zieht Kai an sich ran, sodass er ihn mit den Armen umschlingen kann. »Das ist ganz einfach: Gleiche Stoffe und gleiche Farbe bedeutet gleiches Lagerfach. Ich bin mir nämlich sicher, dass du hauptsächlich Stoffe kaufen wirst, die du schon hast, und nur wenige Neue. Außerdem hast du mir auch jetzt manchmal einfach nur gesagt, dass das Fach sowieso doppelt belegt ist, weil du von dem alten Ballen noch einen Rest hattest. Hast du das etwa schon vergessen?« Schmunzelnd legt er seine Stirn an Kais und sieht ihm tief in die Augen.
Kai weiß nicht wieso, aber es wird ihm immer wärmer und er glaubt zu spüren, wie sich sein Herzschlag beschleunigt, als er den Blick erwidert und die Hände auf seinen Hüften spürt. »Yari, ich …«
Er hält es nicht mehr aus. Verlangend legt er die Arme um seinen Liebsten, während er gleichzeitig ihre Lippen in einem leidenschaftlichen Kuss vereint. Vorsichtig fährt er mit seiner Zunge um Einlass bittend an Yaris Lippen entlang. Bis dieser sie mit einem unterdrückten Stöhnen öffnet. Im Zeitlupentempo dringt er in die schon vertraute Mundhöhle vor und stupst Yaris Zunge so lange mit der seinen an, bis dieser auf die sinnliche Spielaufforderung eingeht.
Während sich ihre Zungen umspielen, lässt Yari seine Hände über Kais Körper wandern, bis er sie unter dessen Shirt schieben kann. Deutlich kann er unter seinen Fingerspitzen die Schauer spüren, als er sie den Rücken hinaufgleiten lässt. Unwillkürlich zieht er ihn noch näher an sich heran, was seinem Sharik ein unterdrücktes Stöhnen entlockt.
Mit einem Keuchen unterbricht Kai ihren Kuss. »Verdammt, Yari, wenn du so weitermachst, kriege ich in meiner Hose ein Problem.« Nach Luft ringend, blickt er in die himmelblauen Augen, in denen sich zu seinem Erstaunen eine leichte Erregung widerspiegelt.
Selbst außer Atem kämpft Yari schon beinahe um seine Selbstbeherrschung. »Kai … darf ich dich etwas fragen?«
Verdutzt nickt dieser. »Natürlich, du weißt doch, dass du mich alles fragen kannst.« Sanft legt er die Hände auf Yaris Oberschenkel und lässt dann seine Finger kreisen, ohne sie dabei allerdings groß von der Stelle zu bewegen.
Um sich zu sammeln, schließt Yari kurz die Augen, öffnet sie dann jedoch gleich wieder, um in Kais Augen sehen zu können. »Ich bin zwar noch nicht so weit, dass du mich wirklich anfassen kannst, wenn wir intimer werden, aber es hat mir doch auch gefallen, als wir es … gemacht haben. Darum wollte ich dich fragen, ob wir eventuell so wie da …« Mit hochroten Wangen bricht Yari mitten in seiner Erklärung ab. Den Kopf leicht gesenkt haltend, schielt er zu seinem Sharik.
Kai braucht einen Moment, um zu verstehen, was Yari meint. Dann fängt er glücklich an zu lächeln. Sanft legt er ihm die Hand an die Wange. »Natürlich können wir es wieder so machen, wenn du das möchtest, und uns dann einfach ganz langsam steigern, wenn du soweit bist.« Hauchzart legt er seine Lippen wieder auf Yaris.
Genauso sanft wie Kai ihn begonnen hat, erwidert Yari den Kuss. Dabei fühlt er deutlich die Erleichterung in sich, dass ihn sein Sharik verstanden hat.
Plötzlich reißt er sich aus der Umarmung. »Scheiße, ich muss den Mistkarren auf die Straße stellen!« Hektisch springt er vom Tisch und rennt in den Flur.
Er ist schon durch die Hintertür getreten, als er sich noch einmal umdreht, um die Kupfermünze aus der kleinen Box zu nehmen.
Als Yari beim Mistkarren ankommt, hört er schon die entfernten Hufschläge von Monoks Pferd. So schnell er kann, schiebt er den Karren durch das Tor und will die Münze gerade in die Aussparung legen, als er die Stimme des Mistsammlers hört.
»Na, das nenne ich mal einen seltenen Anblick. Ich weiß ja gar nicht mehr, wann ich dich das letzte Mal gesehen habe.« Grinsend lässt Monok sein Pferd anhalten und mustert Yari neugierig, der sich mit steifen Bewegungen umdreht. »Also es ist schon eine Schande, dass dich Kai so versteckt hält und nicht teilen möchte.«
Yari schluckt schwer und beobachtet, wie Noah den Mistkarren hinter die große Transportkutsche befördert. »Ja, Kai ist sehr streng, was das angeht«, schafft er mit Müh und Not, herauszuquetschen.
»Hey, Noah! Hast du das gehört? Er spricht ja sogar!«, ruft Monok laut, während er Yari nicht aus den Augen lässt. »Na ja, aber man kann es nicht ändern. Wenn es sich Kai anders überlegen sollte, sage ich aber sicher nicht Nein.«
»Was sollte ich mir anders überlegen?« Mit fragendem Blick tritt Kai durch das Tor und stellt sich vor Yari. »Monok, lange nicht gesehen. Hier ist deine Kupfermünze.« Mit einem freundlichen Lächeln geht er auf den Mistsammler zu und lässt die Münze in dessen ausgestreckte Hand fallen.
»Danke, Kai. Das kommt halt davon, wenn man den Stall seinem Sklaven überlässt. Nur schade, dass ich den auch nur selten zu Gesicht bekomme.« Er lässt die Münze in seine Tasche gleiten, während er den Blick wieder zu Yari schweifen lässt. »Ich habe vorhin nur gesagt, dass ich nicht Nein sagen würde, wenn du dich doch noch dazu entscheiden solltest, ihn zu teilen. Es würde sicher auch meiner lieben Frau gefallen, wenn er uns mal etwas unterhalten würde, wenn du verstehst, was ich meine.« Bei der Vorstellung fängt Monok lüstern an zu grinsen, was Kai und Noah einen genervten Blick tauschen lässt.
»Vater«, mischt sich Noah ein, »wir sollten langsam mal weiter. Du kennst Kai doch, wenn der sagt, dass er seinen Sklaven nicht teilt, dann ist das so.« Um seine Worte zu unterstreichen, greift er seinen Vater am Arm und nimmt diesem dann die Zügel ab. »Also dann, Kai, sei uns bitte nicht böse, du kennst Vater ja.«
Die Hände hinter dem Rücken zu Fäusten geballt nickt Kai. »Keine Angst, wir werden weiter euch als Mistsammler bevorzugen.«
Mit den Zähnen knirschend sieht er den beiden nach, bis sie hinter dem nächsten Haus verschwunden sind. »Komm rein, Yari. Nicht dass die Nachbarn noch auf dumme Gedanken kommen.« Mit eckigen Bewegungen dreht sich Kai um und geht zurück in den Hinterhof, wo er sich auf die Treppe setzt.
Nachdem Yari den Karren wieder an seinen Platz gestellt und den Pferden ihr letztes Heu gegeben hat, geht er zu Kai und lässt sich neben ihm auf die Stufen sinken. »Danke, ich …«
»Du musst dich nicht bei mir bedanken. Außerdem hätte dir Monok bis auf weitere blöde Sprüche nichts getan.« Nun fängt Kai an zu grinsen. »Allerdings weiß ich nicht, was du als Nächstes getan hättest. So wie du da gestanden hast, musste ich einfach eingreifen, um dich von einem Mord durch Blicke abzuhalten.«
Sich zurücklehnend, erwidert Yari den Blick seines Shariks. »Tja, anders darf ich mich ja nicht verteidigen. Aber was hast du eigentlich mit deinem letzten Satz zu diesem Noah gemeint? Monok ist doch der einzige Mistsammler.«
Seufzend fährt sich Kai nun durch die Haare. »Nicht ganz. Am Morgen kommt hier immer ein anderer vorbei. Aber der verlangt zwei Kupfermünzen und du müsstest den Karren schon vor Sonnenaufgang rausstellen, damit er den Mist auch sicher mitnimmt.«
»Ach so. Dann lasse ich Monok lieber noch ein wenig am Leben und stelle den Karren wieder früher raus.« Mit einem Seufzen steht Yari wieder auf und reicht Kai die Hand. »Na komm, ich habe langsam Hunger und müde bin ich auch.«
Verwirrt über diese Aussage oder besser gesagt Yaris Tonfall, lässt sich Kai von seinem Liebsten hochziehen und folgt ihm ins Haus.
Nach dem Abendessen verschwinden Kai und Yari möglichst schnell nach oben in ihr Zimmer. Dort verschließt Yari sofort die Lippen seines Shariks mit einem Kuss, während er ihn gleichzeitig rückwärts zum Bett dirigiert.
Kai ist völlig überrumpelt und erschreckt, als er plötzlich rücklings auf der Matratze landet. »Verdammt, warne mich das nächste Mal bitte vor!« Er greift nach Yaris Oberteil und zieht ihn zu sich runter. »Was hast du jetzt vor?«, raunt er mit tiefer Stimme, was Yaris Augen leicht aufleuchten lässt.
»Ich würde sagen, wir schauen mal, was so passiert …« Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, greift er nach dem Saum von Kais Oberteil und zieht es ihm über den Kopf. »Zieh dir die Hose aus, leg dich auf den Bauch und dann massiere ich dich ein wenig.« Über die plötzliche Röte seines Shariks schmunzelnd richtet sich Yari wieder auf und nimmt die Ölflasche, die seit gestern Abend auf dem Nachttisch steht.
So schnell wie möglich zieht sich Kai bis auf die Shorts aus und legt sich dann wie verlangt auf den Bauch.
Nun zögert Yari doch. Nach einem Moment stellt er die Flasche wieder hin und zieht sich auch bis auf die Shorts aus. Vorsichtig kniet er sich dann, die Flasche in der Hand haltend, über Kais Beine. So wie es sein Sharik bei ihm gemacht hat, gießt er eine gute Portion von dem Öl auf die Handfläche und verreibt es.
Sanft aber kräftig beginnt Yari, die Schultern seines Shariks zu massieren, was Kai genüsslich aufseufzen lässt. Langsam lässt er die Hände über den Rücken gleiten, bis er den Saum der Shorts erreicht hat. Nun beugt er sich nach vorn, bis sich seine Lippen neben Kais Ohr befinden. »Dreh dich um.« Um das seinem Sharik zu ermöglichen, kniet er sich neben ihm hin.
Enttäuscht, dass die zärtliche Massage schon aufgehört hat, dreht sich Kai auf den Rücken. Zu seinem Erstaunen greift Yari nun nach seiner Hand und beginnt, diese und den Arm zu massieren. Genießend schließt Kai die Augen. Als dann auch noch seine andere Hand und der Arm auf diese Art verwöhnt werden, kann er sich ein genüssliches Seufzen nicht mehr verkneifen.
Diese Reaktionen sind es, die Yari dazu bringen, sich wieder über seinen Sharik zu knien. Zwar sind seine Hände inzwischen ziemlich trocken, trotzdem greift er nicht mehr nach der Ölflasche.
Während er nun Kais Brust massiert, beugt er sich nach vorne und verwickelt ihn in einen leidenschaftlichen Zungenkuss. Leider kann er ihn jetzt nicht mehr richtig massieren, aber das scheint seinen Sharik nicht zu stören.
Sich dem Kuss hingebend, schlingt Kai die Arme um Yari und zieht ihn noch weiter zu sich herunter. Immer wieder lässt er seine Finger sanft über die weiche Haut gleiten, bis er den Stoff spürt. Vorsichtig legt er eine Hand auf den Stoff, was seinen Liebsten scharf einatmen lässt. »Soll ich …«
»Nein, mach weiter«, sagt Yari und bewegt gleichzeitig seine Hüften gegen Kais. Deutlich kann er die fiese kleine Stimme in sich hören, die ihn dazu bringen will aufzuhören, doch Yari schiebt sie entschlossen zur Seite. Das hier ist sein Sharik und dieser würde die Situation niemals ausnutzen. Außerdem tragen sie immer noch ihre Shorts.
Kai kann nicht anders: Als sich Yari wieder gegen ihn drückt, hebt er seine Hüften an, was seinen Liebsten unwillkürlich aufstöhnen lässt.
Immer wieder bewegen sie sich gegeneinander und lassen ihre Lippen zu leidenschaftlichen Küssen verschmelzen, bis sich Yari plötzlich in den Hüften seines Shariks verkrallt und sich mit einem lauten Stöhnen so heftig gegen ihn stößt, dass auch Kai über die Klippe rutscht.
Schwer atmend lässt sich Yari auf Kai fallen. »Wow!« Mehr kann er beim besten Willen nicht sagen, aber das Lächeln seines Shariks spricht für sich.
»Ja. Wow!« Sanft streicht Kai eine der verschwitzten Strähnen aus Yaris Gesicht und küsst ihn dann zärtlich.