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4. Bund fürs Leben

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Für mich war es wichtig, Sophie meinen Eltern und Geschwistern vorzustellen. Sophie freute sich auf dieses Treffen. Familienleben kannte sie ja schon länger nicht mehr. Zu meiner Freude schien sie das Zusammensein mit meinen nächsten Angehörigen zu geniessen. Anschliessend schrieb sie mir, wie es sie berührte, nach ihren einsamen Jahren wieder Vater, Mutter, Schwester, Bruder und in Kürze sogar einen Ehemann zu gewinnen.

Ja, unsere Beziehung war schnell ernst geworden und die Heirat eine klare Sache. Sophie war auch schon 50 Jahre alt und ich 41. Wir hatten nicht die Absicht, eine Heirat noch viele Jahre hin­aus­zuschieben.

Wenige Monate nach Beginn unserer Beziehung verlobten wir uns im engen Kreis der Familie. Die Verlobungsfeier war ausgesprochen schön. Zu diesem Anlass machte Sophie Filet im Teig – daran erinnere ich mich noch sehr gut.

In den folgenden Wochen machten wir uns auch schon ans Planen für unsere Hochzeit. Diese sollte dann nicht mehr im kleinen, sondern in einem grösseren Rahmen stattfinden. Während der Vorbereitungszeit wurden einige Beziehungen strapaziert. Meist waren es Auseinandersetzungen mit gutmeinenden Leuten, welche Sophie seit Jahren unterstützend zur Seite gestanden hatten. Irgendwie hatte sich das wertvolle Helfen dann aber zu ungesunden Abhängigkeiten entwickelt.

Während sich Sophie lange Zeit angepasst hatte und tat, was man ihr riet, wollten wir jetzt unseren Weg selbst finden. Als Paar mussten wir beispielsweise selbst entscheiden können, wo wir unser gemeinsames Heim haben und wie wir dieses einrichten wollten. Doch genau an solchen Punkten entfachten sich mehrmals ernsthafte Konflikte mit wertvollen Freunden, die eigentlich nur unser Bestes wollten. Wir hingegen sahen uns in unserer Entwicklung aber an einem Punkt angekommen, wo wir selbst Verantwortung für unser Leben übernehmen wollten.

Es ist sehr traurig, dass wir wertvolle Beziehungen zu guten Menschen verloren, weil wir unterschiedliche Vorstellungen hatten, wie stark sie unser Leben bestimmen durften. Aber Sophie und ich waren überzeugt, unsere Ehe selbst zu führen. Während sich viele über unsere Liebe freuten, drohten uns einige an, dass wir für eine erfolgreiche Ehe nicht fähig sein würden. Für sie war unsere Beziehung ein grosser Fehler.

Die Herausforderungen unserer ersten Ehejahre liessen uns erkennen, dass die Einwände der Kritiker nicht ganz aus der Luft gegriffen waren. Zum Glück hatten wir aber auch sehr treue Freunde an unserer Seite, die uns unterstützten und halfen, in unserer Ehe zu erstarken. Dank deren Hilfe gelang es uns in den ersten Ehejahren, unsere Beziehung auf ein solides Fundament zu stellen. Wir durften auch lernen, Hilfe von Freunden anzunehmen, ohne erneut in falsche Abhängigkeiten zu geraten. Gerade diese Freundschaften sollten uns in späteren Jahren von grösstem Wert sein.

Doch zurück zu unserem Hochzeitsfest. Trotz einiger zwischenmenschlicher Konflikte, die uns in jener Zeit belasteten, war unsere Vorfreude ungetrübt. Sophie und ich liebten uns und wir freuten uns auf unsere gemeinsame Zukunft. Wir freuten uns auch über die vielen Gäste, die kommen würden, um unsere beginnende Ehe zu feiern.

Das gemeinsame Planen machte uns Freude. Stundenlang diskutierten wir über all die Fragen, die halt so aufkommen: Wer wird Trauzeuge sein? Wer wird uns trauen? Und wen laden wir ein? Diese und viele andere Dinge mussten besprochen und Entscheide getroffen werden.

Und dann kam er, der 7. September 2002. Unser Grosser Tag!


Brautpaar mit Pastor Paul Jeremias

Der Traugottesdienst fand im Evangelischen Gemeinschaftswerk (EGW) in Schwarzenburg statt. Paul Jeremias, ein Freund der ersten Stunde, hatte sich bereit erklärt, uns zu trauen. Oder wie wir oft sagten: Er traute sich, uns zu trauen. Zahlreiche Gäste erschienen und wir genossen den Gottesdienst in vollen Zügen. Die Blaukreuzmusik Bern umrahmte den Gottesdienst und erfreute die Hochzeitgesellschaft auch während des anschliessenden Aperos mit einem kurzen Konzert. Der Liedermacher Markus Dolder überraschte uns während des Gottesdienstes mit dem vertonten Text aus Psalm 124: «Unsere Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat, ER ist für uns da.» Nach dem Gottesdienst gab es weitere Überraschungsbeiträge von Gästen. Da waren Drehorgelspiel und vieles andere. Wir waren überwältigt!

Beim Apero herrschte ein fröhliches Beisammensein – wie es bei Hochzeiten so ist. Aber meine Begeisterung und Freude waren viel intensiver, als ich dies bei irgendeinem anderen Anlass jemals verspürt hatte. Sophie ging es genauso. Die Unterschiedlichkeit der Gäste war ein Abbild unseres bisherigen Lebensweges. Einerseits waren öffentlich angesehene Leute wie Prof. Dr. Heinrich Koller anwesend, anderseits sassen aber auch ungepflegte und angetrunkene Männer und Frauen in den Kirchenbänken. Auch sie zählten wir zu unseren Freunden und wir freuten uns über ihr Kommen.

Während des Gottesdienstes beobachtete ich eine Szene, die sich sehr tief in mein Gedächtnis einbrannte. Herr Koller war so gerührt, dass ihm Tränen runterliefen! Und dann war es ausgerechnet der Seelsorger vom Blauen Kreuz, Heinz Hügli, unser guter und treuer Freund, welcher zu Herrn Koller hinging und ihm ein Taschentuch anbot.

Da waren die unterschiedlichsten Leute, die wichtige Rollen in unserem Leben gespielt hatten, die sich nun an unserer Hochzeit mit uns freuten und sich auf ganz persönliche Weise begegneten …

Das ganze Fest war stark vom Blauen Kreuz geprägt. Für das abendliche Fest hatten wir uns für das Blaukreuzheim in Aeschi entschieden. Damit war von Anfang an klar, dass auch dieser Teil der Hochzeitsfeier gänzlich ohne Alkohol abgehalten wurde.

Sophie und ich wurden reich beschenkt. All die Glückwünsche und überraschenden Beiträge! Wir waren einfach sprachlos. Das grösste Highlight erreichte uns dann aber völlig unerwartet. Monate zuvor hatte Sophie einmal zu mir gesagt, dass sie es sehr schön finden würde, wenn der Jodlerklub von Zwischenflüh singen könnte.

«Liebe Sophie, das wäre grandios», gab ich ihr Recht. «Aber das wird kaum möglich sein. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten dieser Sänger noch mit ihren Tieren auf der Alp. Ein Auftritt an unserer Hochzeit wird ihnen kaum möglich sein.»

Ich wollte nicht, dass sich Sophie falsche Hoffnungen machte. Ich selbst rechnete keinen Augenblick damit, die Jodler an unserem Fest zu sehen.

Doch dann waren sie plötzlich da! Weder Sophie noch ich hatten gesehen, wie sie den Raum betraten. Das ging sehr schnell. Plötzlich hörte ich einen leisen summenden Klang und wandte den Kopf. Da stand die ganze Formation des Jodlerklubs! Und schon ging es los: ein privates Konzert an unserer Hochzeit.

Sophie und ich hatten beide Tränen in den Augen.

Mein Bruder Klaus, selbst aktiver Sänger im Jodlerklub, war unser Trauzeuge und hatte von Sophies Wunsch erfahren. Nachdem er unter den Jodlern einmal beiläufig erwähnte, wie Sophie sich über einen Beitrag freuen würde, war die Reaktion einstimmig: «Da kommen wir gerne!» Als sie dann «Abendgloggen4» sangen, eines von Sophies Lieblingsliedern, schien die Welt für einen Moment stillzustehen.

Viele mögen sich vielleicht fragen, wie wir unser Hochzeitsfest denn überhaupt finanzieren konnten. Meine Finanzkraft war mit Sicherheit keine grosse Hilfe. Ich hatte in dieser Zeit kaum Ersparnisse. Aber Sophie hatte etwas Geld. Es war irgendwie klar, dass sie die Kosten übernehmen würde. Es ist typisch für unsere damalige Beziehung, dass wir während der Hochzeitsplanung nicht über die Finanzierung des Festes gesprochen hatten.

Sophie nahm also die Rechnung entgegen und steckte sie ungelesen in ihre Handtasche. Sie hatte auch nicht die Absicht, mir die Rechnung zu zeigen, schliesslich war sie es ja, die bezahlte. Meine Neugierde war aber gross. Und da ich gesehen hatte, wie Sophie den Umschlag in ihre Tasche steckte, wartete ich nur noch auf den geeigneten Augenblick, um einen unbemerkten Blick reinzuwerfen.


Familie Käser aus Sumiswald

Nervös nahm ich die Rechnung aus dem Umschlag. Meine Augen glitten über die Auflistung der einzelnen Kostenpunkte. Hinter jedem Posten stand die Summe «Null». Als ich den Gesamtbetrag gefunden hatte, staunte ich noch mehr: null Franken! Ich war irritiert.

Doch dann klärte sich die Sache auf: Unter dem Totalpreis stand ein Vermerk. «Die Kosten wurden von Familie Markus und Ruth Käser aus Sumiswald übernommen.» Hatte diese Familie überraschend die ganze Rechnung des Blaukreuzheimes bezahlt! Bis heute wissen wir nicht, wie viel unser Fest gekostet hat.

So starteten wir unsere Ehe. Ein Leben gemeinsam zu gestalten musste aber erst einmal gelernt sein. Sophie und ich sind wirklich sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Dazu kam, dass wir beide eine zerrüttete Vergangenheit hinter uns hatten.


4 Abendglocken

Vom Bundeshaus ins Passantenheim

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