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Vorwort des Übersetzers

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"Der Himmel ist ihr Schlachtfeld; sie sind die Kavallerie der Wolken. Hoch über dem Elend und dem Schlamm, so hoch am Firmament, dass sie vom Boden aus nicht mehr sichtbar sind, fechten sie den ewigen Kampf zwischen Recht und Unrecht aus. Ihr tägliches und nächtliches Ringen gleicht dem Milton'schen Streite zwischen den geflügelten Heeren des Lichtes und der Finsternis. Sie bekämpfen den Feind in den höchsten Höhen und sie bekämpfen ihn knapp über der Erde; sie fliegen umher gleich bewaffneten Schwalben, lauern über Schützengräben, die kampfbewährte Männer verbergen, zerstören Konvois, jagen Infanteriekolonnen auseinander und nehmen marschierende Bataillone unter Feuer. Jeder Flug ist ein Abenteuerroman; jeder Kampfbericht ist ein Epos. Sie sind die Ritter des Krieges, ohne Furcht und Tadel. Sie gemahnen an die alten Legenden von Ritterlichkeit, nicht nur durch ihren Wagemut, sondern auch durch ihren noblen Geist. So lasst uns, unter der Vielzahl all unserer Helden, der Ritter der Lüfte gedenken."

David Lloyd George, britischer Premierminister


Als die romantischen Vorstellungen eines "ehrenvollen" und "ruhmreichen" Krieges bereits im Giftgas erstickt und im Schlamm der Schützengräben versunken sind, erscheint der Luftkrieg in der öffentlichen Wahrnehmung als die letzte Bastion einer ritterlichen Kriegsführung, bei der Geschick und Wagemut des Einzelnen über Leben und Tod entscheiden und die Kontrahenten, die einander auf offenem Felde zum Duell entgegentreten, sich gegenseitig respektieren. Dieses verklärte Zerrbild vom "Ritter der Lüfte" spricht in besonderem Maße jene jungen Männer an, die dem anonymen Massensterben in den Gräben zu entgehen suchen und sich vom Prestige und dem Elitestatus der neuartigen Luftstreitkräfte angezogen fühlen.

Einer dieser Männer ist der junge US-Amerikaner James Norman Hall, der nach dem Krieg als Co-Autor der Romantrilogie über die Meuterei auf der Bounty weltweite Bekanntheit erlangen wird. Gebürtig aus Iowa, zieht er nach seinem College-Abschluss nach Massachusetts, wo er zum Broterwerb als Sozialarbeiter tätig ist, während er nebenher an der Harvard University seinen literarischen Neigungen nachgeht. Im August 1914 befindet sich Hall auf einer ausgedehnten Fahrradtour durch Großbritannien, die er mit einem Besuch seines literarischen Idols Joseph Conrad zu verknüpfen hofft, als er vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überrascht wird. Er trifft Vorbereitungen für eine hastige Rückreise in die Vereinigten Staaten, doch noch vor der Abfahrt seines Schiffes erfasst ihn die Euphorie der ersten Kriegstage und als Bürger der neutralen USA meldet er sich unter falscher Identität freiwillig zum britischen Heer. Hall dient als Maschinengewehrschütze in Frankreich und kämpft im Herbst 1915 in der Schlacht bei Loos, wo seine Kompanie beinahe vollständig aufgerieben wird. Als kurz darauf seine wahre Identität offenbar wird, wird er ehrenhaft aus der Armee entlassen und kehrt in die Vereinigten Staaten zurück, um seine Kriegserlebnisse in seinem ersten Buch Kitchener's Mob niederzuschreiben. Es ist dies sein erster schriftstellerischer Erfolg und er beginnt, regelmäßig Artikel für diverse Tageszeitungen zu schreiben. Als die Bostoner Zeitschrift Atlantic Monthly ihn mit dem Verfassen einer Artikelreihe über die Escadrille Lafayette, eine überwiegend aus US-Amerikanern bestehende Jagdfliegerstaffel, die im Dienste Frankreichs kämpft, beauftragt, kehrt Hall 1916 zu Recherchezwecken nach Frankreich zurück.

Der Einblick in die Welt der noch jungen, sich jedoch rasch entwickelnden Luftfahrt und das exzentrische Wesen der jungen, wagemutigen Individualisten, die die hochmodernen Jagdflugzeuge bemannen, führen Hall den scharfen Kontrast zu dem ihm vertrauten gesichtslosen Massenkrieg am Boden vor Augen und beflügeln seine Fantasie ebenso wie seine Abenteuerlust. Kurzerhand ersucht der 29-Jährige, dessen Alter bereits mehrere Jahre über dem Durchschnitt für Piloten liegt, und der keinerlei technisches Verständnis einzubringen vermag, um Aufnahme in die Escadrille Lafayette. Von nun an erhält die Atlantic Monthly anstelle der vereinbarten Artikel eine Reihe unmittelbarer Erfahrungsberichte aus dem Herzen der Staffel, die Hall verfasst, sooft sich ihm Zeit dazu bietet. Diese Aufzeichnungen, die im Juni des Jahres 1918 gesammelt in dem Buch High Adventure: A Narrative of Air Fighting in France erscheinen und nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegen, umfassen Halls Erlebnisse vom Zeitpunkt seines Entschlusses, sich der Escadrille anzuschließen bis zu seinem persönlichen vorzeitigen Kriegsende im Sommer 1918.

Versprühen die ersten Kapitel, in denen Hall den Leser in den Ausbildungsbetrieb der französischen Flugschulen einführt, noch jenen Ton naiver Begeisterung, dessen zweifelsohne propagandistische Wirkung ganz im Sinne des Auftraggebers gewesen sein mag, so hinterlassen der Kontakt mit kampferfahrenen Kameraden und die eigene Verlegung an die Front bald deutliche Spuren in Halls Berichten. Zwar bewahrt er sich bis zuletzt seine beinahe kindliche Freude an der Fliegerei und begegnet er den zahllosen Gefahren seiner Profession so gut es ihm möglich ist mit seinem typischen selbstironischen Humor, aber der zunehmende seelische Verschleiß ist nicht zu überlesen und im letzten Kapitel vermag er sein zerrüttetes Nervenkostüm kaum noch zu verbergen. "Zwischen Himmel und Hölle mit der Escadrille Lafayette" gewährt nicht nur einen detaillierten Einblick in das Alltagsleben eines Jagdpiloten des Ersten Weltkriegs, sondern legt auch Zeugnis ab über die schweren Opfer, die der Luftkrieg den jungen Männern körperlich wie geistig abverlangte.

Die Wahrung des sich wandelnden Schreibstils eines Mannes, der seine Aufzeichnungen in der Überzeugung beginnt, das Abenteuer seines Lebens zu erleben und dessen romantische Illusionen allmählich an der harten Realität zerschellen, war dieser Übersetzung ein ebenso großes Anliegen wie die Übertragung des betont lässigen Humors, der häufig Halls einzige Waffe wider seine wachsende Desillusionierung darstellt. Die häufigen literarischen Anspielungen des belesenen Hall und gelegentliche Nennungen von Begebenheiten, deren Kenntnis beim Leser nicht ohne Weiteres vorauszusetzen ist, wurden in aller gebotenen Kürze erläutert.

Abschließend ist noch anzumerken, dass Hall seine Berichte teils sehr zeitnah zu den darin geschilderten Ereignissen postalisch in die Vereinigten Staaten übersandte und er sich in dem Bestreben, keine etwaig militärisch verwertbaren Details preiszugeben, einer strikten Selbstzensur hinsichtlich konkreter Orte und beteiligter Personen unterzog. Die Rekonstruktion der im Original durchweg ausgelassenen Ortsnamen war nach einiger Recherchearbeit möglich, allerdings gestattete die Quellenlage keine sichere Identifizierung der verfremdeten Namen des Personals der Escadrille Lafayette. Im Falle der nur sporadisch und peripher auftretenden Charaktere vermag dieser Umstand die Lektüre nicht zu trüben, im Falle der zentralen Figur Drew, auch J. B. genannt, dem engen Freund Halls, mag es jedoch von Interesse sein zu erfahren, dass Hall in dessen Charakter einige seiner eigenen Wesenszüge spiegelte, während Drews Erlebnisse im Wesentlichen auf denen von Halls Staffelkameraden David McKelvey Peterson basieren.


Florian Dexheimer

Zwischen Himmel und Hölle mit der Escadrille Lafayette

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