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ОглавлениеZassi, ein Frankfurter Kommilitone, weigerte sich lautstark, auf einem Sofa Platz zu nehmen, das im Philosophencafé stand und die Horkheimercouch hieß. Sein Geschrei ließ die Studenten zusammenströmen, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Frankfurter Dantestraße 4-6 befanden. Aus Sorge, aus Angst oder auch nur aus Neugier. Eine Zwangshandlung, die wie jede Zwangshandlung zu nichts führe, sollte Zassi später bemerken, als wir schon lange Freunde waren und ich ihn darauf ansprach.
Auch ich hatte im Philosophencafé gestanden, mit einer Laugenbrezel direkt am Tresen. Eine Zwangshandlung, Zassi war sich ganz sicher, eine Handlung also, wie sie gerade in Frankfurt in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder beschrieben wurde. Am Grad der ermüdenden Entrüstung bemesse sich der Grad der Unfreiheit einer Gesellschaft, sagte Zassi.
Das besagte Sofa hatte angeblich einmal in Horkheimers Arbeitszimmer gestanden. Vielleicht sei der Denker gerade dort, auf dem Sofa liegend, die Schenkel gekreuzt, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, in seinen Katholizismus zurückgekehrt, sagte Zassi, und der Kaffee in den Tassen der Kommilitonen bildete Wellenkreise; er wollte wohl unbedingt vermeiden, dass ihm auf der gleichen/selben Couch das Gleiche/Selbe widerfuhr.