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Ich habe Versuche unternommen, Mutter zu schreiben, ich habe versucht, mich zu erklären, mein Fortbleiben zu erklären, habe extra Briefpapier gekauft, von dem ich vermutete, es könnte meiner Mutter gefallen. Eierschalenfarbenes Papier und eierschalenfarbene Umschläge. Oben rechts in den Bögen war ein Wasserzeichen. Eine schreibende Hand, deren Abbildung sich auch auf dem Futter der Kuverts fand.

Ich erinnerte mich daran, dass meine Mutter, wenn sie ein Geschenk suchte und ihr keines einfiel, immer in einem Schreibwarenladen in der Hauptstraße, die Straße der Nationen heißt, ein Briefpapier kaufte. Auch mir hat sie einmal welches geschenkt. Fliederfarben mit Wasserzeichen. Ich habe es nie benutzt.

Unzählige Briefanfänge hat es gegeben. Liebe Mutter, Mutter, Meine liebe Mutter, Mutti.

Und Thilo war in Amerika. Kein Anfang!

Was hätte ich meiner Mutter also schreiben sollen? Ich schreibe Dir, weil ich Dir nichts zu berichten weiß, das noch Bestand hätte, wenn mein Brief Dich erreicht. Hier ist es so und so. Wenn ich aus meinem Fenster schaue, sehe ich Häuser, ganz wie zu Hause. Deutsche Häuser, etwas höher allerdings. Und auch hier trinkt man Whisky und raucht texanische Zigaretten.

Thilo sitzt irgendwo in Amerika, auch zwischen Häusern wahrscheinlich. Aber er raucht nicht, hat nie geraucht und wird auch in den Staaten nicht damit beginnen. Thilo ist keiner, der sich zugrunde richtet.

Mit dem Studium, das ich in Frankfurt aufgenommen habe, um die Zeit zu überbrücken, komme ich gut voran. Mutter, mache Dir keine Sorgen. Dein Sohn.

Der Papierkorb quoll über.

Vielleicht ist das, was wir Freundschaft nennen, etwas, das nur wie Freundschaft aussieht, eine zufällige Begegnung, den Gesetzen der Physik geschuldet, die wir so lange vor uns hin formulieren, bis sie einen Sinn ergibt, eine Bedeutung erhält, eine Funktion. Weil wir den Zufall nicht ertragen können und weil wir es nicht ertragen, dass etwas, das uns betrifft, den Gesetzen der Physik folgt, weil wir uns in unseren Bewegungen erkennen wollen, es uns nicht eingestehen können, die Schatten der Dinge mit Spiegeln verwechselt zu haben.

Seit unserem ersten Treffen auf dem Schulgelände war mir klar, dass Thilo mein Freund werden musste. Dass wir verbunden sein mussten. Und wenn er meine Stahldrähte zu Bewegungsmustern bog, saß ich ein wenig abseits in seinem Zimmer (keine Bücher, nur Zeichnungen an den Wänden, die alle von ihm waren, bis auf eine, ein Zeitungsausriss, irgendeine Studie der Bewegung eines Tänzers, Thilo wusste auch nicht mehr genau. Klee wahrscheinlich, sagte er, gefällt mir), und ich sah ihm zu, sah dem Schweißdraht zu, der unter Thilos Händen die Form erhielt, eine Form, mit der ich mich identifizierte. Das war ich, denn das konnte ich nicht sein. In dieser Figur begegnete ich der Fremdheit, mit der ich mir selbst begegnete.

Ich suchte Thilos Nähe, und Thilo ließ es zu. Er ließ mich zuschauen, wenn etwas Statisches in seinen Händen einen dynamischen Ausdruck gewann. Aber er nahm mich dabei nicht wahr. In seinem Zimmer, bei der Arbeit, war ich für ihn schlicht nicht vorhanden. Er brauchte meinen Rat nicht. Oder ich war vorhanden wie die Tür, wie die Bettdecke, unachtsam am Fußende des Bettes zusammengeknüllt, auf dem Thilo saß. Unbrauchbar bis zum Abend. Aber ich störte auch nicht weiter. Ein Zustand, in den ich mich nur langsam fügen konnte.

Hatte Thilo eine Arbeit beendet, verließ er das Zimmer, ging an mir vorbei zur Tür und trat ins Freie wie in einen anderen Kosmos. Sah er mich dann kurz nach ihm aus der Tür treten, war er einen Moment lang verstört. Lächelte aber bald, kam auf mich zu und zeigte mir sein Produkt, das ich zwar kannte, das ich aber außerhalb seines Zimmers zuerst einmal wie etwas Fremdes wahrnahm.

Das Modell

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