Читать книгу ADAC Reiseführer Ägypten - Jan Marot - Страница 8
ОглавлениеImpressionen aus Ägyten
Wüstenwunderland an der Lebensader Nil
Altägyptische Schätze und pulsierende Metropolen, Traumstrände und die endlose Sahara verzaubern Reisende und Abenteurer
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Der Nil – im alten Ägypten Grenze zwischen dem Reich der Lebenden und der Toten
»Ja. Ich sehe wunder-bare Dinge!«
Howard Carter bei der Entdeckung des Grabs von Tutanchamun 1922
Kaum ein Land erweckt derart viele Bilder im Kopf wie Ägypten, der Sehnsuchtsort am Nil. Jedes Kind kennt die Pyramiden von Gizeh. Es ist das einzige Weltwunder der Antike, das fünf Jahrtausende überdauert hat. Die rätselhafte Sphinx, die am Zugang zur Nekropole wacht, ist ebenso ein Begriff wie der »Fluch des Pharao«, der einige Menschen heimgesucht haben soll, die 1922 zusammen mit dem Archäologen Howard Carter die Schätze im Grab des Pharaos Tutanchamun im Tal der Könige bei Luxor entdeckt hatten.
Ebenso unvergessen sind die Namen mächtiger Herrscher, allen voran Pharao Ramses II., dessen Monumentalstatuen Betrachter bis heute ehrfürchtig erstaunen lassen; Alexander der Große, der Ägypten von den Persern eroberte und die Stadt Alexandria gründete; oder der selbst im christlichen Abendland des Mittelalters hoch angesehene Widersacher Saladin mit seiner alles überschauenden Zitadelle in Kairo.
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Tutanchamuns Mumie, umringt von Isis, Osiris und Hathor (links) – Die Totenmaske Tutanchamuns (rechts)
Götter und Mumien
Am Nil, der Lebensader Ägyptens, entstand eine der ersten Hochkulturen der Welt. Die Überschwemmungszyklen des Flusses machten Ackerbau und Plantagenwirtschaft in der lebensfeindlichen Wüste erst möglich. Nicht umsonst richteten die alten Ägypter ihre Zeitrechnung am Nilhochwasser aus, das maßgeblichen Einfluss auf Wohlstand und Überfluss, aber auch Hungersnöte und Krisen hatte. Einer Perlenkette gleich säumen Städte den blauen Fluss bis weit in den Süden. Viele wurden von Pharaonen gegründet, wovon kolossale Tempelanlagen für die alten Götter und die gottgleichen Pharaonen zeugen, etwa Abydos, Dendera, Luxor, Kom Ombo, Elephantine, Philae und Abu Simbel.
Der Sonnengott Amun-Re, der Gott der Unterwelt Osiris, die Göttin Isis, der schakalköpfige Anubis, der Falke Horus und der Krokodilgott Sobek sind nur einige der Götter, die verehrt wurden. Die Götter und Mythen dienten den Gläubigen zugleich als Wegweiser und Pfortenhüter zu Wiedergeburt oder ewiger Verdammnis. Solange das Herz des Verstorbenen beim Totengericht leichter war als eine Feder, war das ewige Leben so gut wie erreicht. Die sterbliche Hülle wurde dafür in penibler ritueller Arbeit mumifiziert. Und diese Kunstwerke überdauern Jahrtausende.
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Panoramablick vom Mosesberg auf dem Sinai (oben) – Alexandrias Amphitheater (unten links) – Kirche der Hl. Barbara in Al-Fustat, Kairo (unten rechts)
Moses und Markus
Als Wiege der Zivilisation prägte das alte Ägypten die griechische und römische Kultur. Die Provinz Aegyptus diente bis zum Niedergang Konstantinopels als Kornkammer des römischen Reichs.
Der Apostel Markus legte den Grundstein für das Christentum und die erste Kirche in Alexandria. Die koptischen Christen, heute rund 10–15 Millionen, und die verschwindend kleine jüdische Gemeinde blicken beide auf eine lange Geschichte in Ägypten zurück. Immerhin war es niemand Geringerer als Moses selbst, der auf dem Berg Sinai, dem Mosesberg oder Dschebel Musa, die Zehn Gebote aus Gottes Hand empfing und sein Volk der Hebräer nach der Vertreibung aus Ägypten auf Befehl des Pharaos durch das Rote Meer ins Heilige Land nach Kanaan führte. Aber auch die Heilige Familie floh vor Herodes nach Ägypten. Klöster wie das berühmte Katharinenkloster auf dem Sinai, aber auch im Wadi Natrun, Kirchen in Alt-Kairo und Einsiedeleien bis weit in den Süden bei Assuan in Nubien bergen um die 1500 Jahre an christlicher Geschichte.
Für Gott und den Propheten
Seit dem 7. Jh. bestimmt der Islam das religiöse Leben in Ägypten. Prachtvolle architektonische Meisterwerke sind Moscheen, Koranschulen (Medersen), Universitäten, Mausoleen und Bäder in den islamisch-arabischen Altstadtkernen, allen voran in Kairo, der »Mutter der Welt«. Farbenprächtige Basare bieten edles Kunsthandwerk und eine ganze Gewürzpalette feil. Mächtige Dynastien wie die Abbasiden, Fatimiden, Ayyubiden, Mamluken und Osmanen förderten den Glauben, aber auch die Wissenschaften und Künste. Damit beeinflusste Ägypten in seiner Brückenfunktion den Okzident, aber natürlich auch den Orient, und das bis in die Gegenwart als eine, wenn nicht die Leitkulturnation der arabischen Welt, von Musik und Kunst bis zu Film und Literatur – Nagib Mahfuz war der erste arabische Literaturnobelpreisträger.
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Eine Zeitreise durch die Gassen im Ort Balat in der Dachla-Oase
Grüne Oasen
Ägypten ist auch reich an Naturwundern, dazu zählen im Westen die Weiße und die Schwarze Wüste, das Tal der Wale bei Al-Fayyum mit versteinerten Urzeitwalskeletten und die »Große Sandsee« bei der Oase Siwa mit über 600 000 Dattelpalmen. Auf dem Sinai faszinieren dagegen Schluchten wie der Farbige und der Weiße Canyon.
Und natürlich locken die Traumstrände am Roten Meer und am Mittelmeer, ein Paradies für Schnorchler und Taucher, von Marsa Alam über den Sinai bis Nuwaiba. Das Rote Meer birgt eine immense Artenvielfalt. Ferienresorts wie El-Guna, Soma Bay oder Port Ghalib erfüllen fast alle Urlaubsträume.
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Die Wasserpfeife ist in ganz Ägypten allgegenwärtig, auch bei den Nubiern im Süden
Teetrinken und Wasserpfeife rauchen
Kairo und Gizeh bilden einen Ballungsraum, der etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung Ägyptens beherbergt – laut, chaotisch und voller Leben, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Aber auch die mediterrane Metropole Alexandria zieht Besucher in ihren Bann. Weltoffen und dem Meer zugewandt, auch wenn das neoklassizistische Zentrum deutlich Patina angesetzt hat. In den Kaffee- und Teehäusern an der Küstenpromenade wie im gesamten Land wird ägyptische Lebensart zelebriert. Domino- und Backgammon spielend wird an der Wasserpfeife gezogen, gescherzt und am Hibiskus- oder Schwarztee mit Minze genippt.
Im oberägyptischen Nubien sind traditionelle Tänze und Musik das jahrtausendealte, lebendige Erbe eines Volkes, das seine Eigenart unterstreicht. Ähnlich die Beduinen des Sinai: Ihr (halb-)nomadisches Leben haben sie weitgehend aufgegeben, ihre Wurzeln jedoch nicht vergessen.
Revolution und Renaissance
Nach der gescheiterten Revolution des Arabischen Frühlings (für viele nur »die Katastrophe«) von 2011 steht das stets autoritär regierte Land politisch und sozial vor großen Herausforderungen. Präsident Abd al-Fattah as-Sisis Prioritäten sind nahezu pharaonische Infrastrukturinvestitionen in eine »Neue Hauptstadt« bei Kairo, in das Autobahnnetz, den Nahverkehr, die Flughäfen und gar eine Hochgeschwindigkeitszugverbindung den Nil entlang. Es gilt, Arbeitsplätze zu schaffen, den Wohlstand zu fördern und dabei den wichtigen Wirtschaftszweig des Tourismus anzukurbeln, der sich an der Küste des Roten Meeres um die Resorts bei Hurghada konzentriert. Großes Potenzial haben dabei die Mittelmeerküste und der Wüstentourismus.