Читать книгу Gerechtigkeit - Jan Müller - Страница 11
ОглавлениеOptimierung – oder das Märchen von der Qualität:
Viele von uns kennen den Begriff Qualitätsmanagement.
Wenn eine Firma nach so einem Qualitätsmanagement zertifiziert ist, dann denken wir: Alles ist gut.
Wir glauben, dann ist Qualität gesichert.
Um die Qualität zu sichern werden Arbeitsabläufe optimiert. Ach, wie ist das schön. Ach, wie glücklich und unglaublich stolz können wir darauf sein.
Es ist halt alles doch optimal. Oder?
Was wird da eigentlich optimiert?
Auf welche Qualität wird denn da Wert gelegt?
Gibt es da etwa Unterschiede?
Wer versteht denn was als Qualität und wer versteht etwas anderes darunter?
Heißt Optimierung und Qualität nicht bei jedem entsprechenden Hintergrund etwas anderes?
Um was geht es denn überhaupt?
Die deutschen Firmen sind ja seit Jahrzehnten allgemein bekannt, für die weltweit miserabelste Qualität, in allem was sie produzieren.
Da sind wir uns sicher alle einig.
Die deutschen Produzenten sind schlampig in der Ausführung und am Ende funktioniert nichts, was sie herstellen oder leisten, weil es einfach völlig an der notwendigen Qualität mangelt.
Das ist schon immer so, dafür sind sie ja wie gesagt weltweit bekannt.
Also benötigten die deutschen Betriebe ein Qualitäts- management. Da musste dringend einiges optimiert werden.
Also, wir sind uns da einig?
Oder nicht?
Naja, wenn man so alt ist, dass man die Erfahrung aus ein paar Jahrzehnten mitbringen kann, dann werden ja doch die ein oder anderen Produkte eher schlechter und kurzlebiger.
Vielleicht versteht da einer die Worte Qualität und Optimierung doch nicht so ganz?
Lange Rede kurzer Sinn (Ein Erfahrungsbericht):
Qualitätsmanagement und Optimierung haben nur sehr wenig mit der tatsächlichen Qualität einer Arbeit, bzw. (vor allem) schon so ziemlich gar nicht viel, mit einem qualitativen und optimierten Ergebnis zu tun.
Es geht dabei darum möglichst wenig Geld in die Produktion / Dienstleistung zu stecken, damit für die Anleger und Chefetagen (welche Etagen an welcher Stelle das dann sind, ist egal – das Geld landet da, wo es landen soll) möglichst viel Gewinn herauskommt.
Diese Optimierung ist eine Optimierung der Ausbeutung, die an manchen Stellen geradezu gefährdend werden kann. Also das Gegenteil dessen, was man mit dem Wort Qualität oder auch Optimierung erst einmal verbindet, bzw. das was die Allgemeinheit damit verbinden soll.
Ein Beispiel ist hier der erzieherische bzw. pflegerische Bereich. Hier gibt es durch das Qualitätsmanagement meist einen gewaltigen Mangel an, vor allem auch qualifiziertem, Personal.
Seit Beginn des Qualitätsmanagements ist in den Bereichen immer mehr qualifiziertes Personal durch Laien ersetzt worden.
Die Arbeit die früher überwiegend von Fachkräften gemacht wurde, wird heute hauptsächlich von Laien erledigt, die lediglich von wenigen Fachkräften, so etwas wie, betreut werden.
Für eine ordentliche Anleitung, ein fachgerechtes Ein-lernen, fehlt allerdings in den überwiegenden Fällen die Zeit.
Teilweise werden auch Hilfskräfte aus dem Ausland eingesetzt, die nicht einmal die Landessprache richtig beherrschen und somit aufgrund der Sprachbarriere schon etliche Qualitätsmängel und Gefährdungs- situationen entstehen.
Durch diesen fortlaufenden Mangel an qualitativer Fachkraft und dem immensen Zeitdruck, kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen. Für die betreuten Menschen, ebenso wie für die Betreuer.
Die Betreuer versuchen den fortlaufenden Mangel zu kompensieren und auch aus Angst ihren Job zu verlieren, schweigen sie (mehr oder weniger) über verheerende Zustände, die das Gegenteil von Qualität sind.
Ich könnte hier jetzt eine Masse an Beispielen aufzählen, die man aber bestimmt auch schon gehört hat und die genau so stattfinden.
Natürlich ist es für die persönliche Realisierung ein Unterschied, ob man diese Dinge selbst erlebt hat, oder ob man sie nur gehört oder gelesen hat.
Ich kann ihnen aus meiner Erfahrung nur sagen, es wird alles getan, um die Wahrheit zu vertuschen (was alle in einem solchen Betrieb / Einrichtung wissen).
Man ist in so einem Bereich auch gezwungen dazu, denn was da gefordert ist, kann nicht eingehalten werden. Und die Qualität im Ergebnis spielt in diesem System der Optimierung sowieso keine Rolle. Wenn, dann einzelne Elemente, die rein rechnerisch sind.
Als Betreuer (Pfleger etc.) ist man heutzutage in aller erster Linie mit sämtlichen Dokumentationen beschäftigt. Diese nehmen einen gewichtigen Teil der geringen Zeit ein. Das Ganze geht so weit, dass man oft die Zeit gar nicht hat, die Dinge die man dokumentiert auch wirklich zu tun. Also müssen Kompromisse gefunden werden, um dem Druck irgendwie standhalten zu können.
Am Ende steht dann, wie immer mehr zunehmend, der „Burnout“. Das ist eine logische Konsequenz. Insofern man nicht rechtzeitig den Absprung schafft.
Also diese „Optimierungen“ sind im Grunde Optimierungen der Gewinneinnahmen und profitieren tun davon nur diejenigen, die die Gewinne einstreichen.
Die Leidtragenden daran sind diejenigen, die die Arbeit ausführen müssen und diejenigen, die betreut werden (oder halt eben auch nicht so wirklich).
Das Endergebnis ist grauenhaft schlecht, durchzogen von Qualitätsmängeln, im Sinne von guter Arbeit am Menschen und für den Menschen.
Allenfalls ist es akzeptabel und erfüllt in diesem Sinne, ein wackeliges unethisches Mindestmaß. Unethisch im doppelten Sinne. Denn unethisch dem Betreuer gegenüber ebenso, wie dem Betreuten gegenüber.
Derjenige, der die Arbeit verrichtet steht nur unter Strom, im ständigem Wissen über die vorhandenen Mängel und damit verbundenen Gefahren.
Unsere ganze Gesellschaft ist geprägt von diesem Optimierungswahn, der einen immensen Druck ausübt, der im Gewand der Qualität uns alle blendet, am Ende genau das Gegenteil vorantreibt und uns einen nach dem anderen krank macht.
Kurz angeschnitten noch ein Beispiel aus einer anderen Branche:
In den Großschlachtereien (in denen als „Fleischer“ ja häufig ausländische Arbeiter in „Sklavenart“ beschäftigt werden) sind nun die Fleischbeschauer reduziert worden und sie dürfen das Fleisch auch nicht mehr anfassen, sondern nur noch beim Vorbeifahren anschauen (wenige Sekunden). Somit ist es nicht mehr möglich Erkrankungen im Fleisch ordentlich festzustellen und aus dem Verkehr zu ziehen. Da können sich jetzt alle konventionellen Fleischesser auf leckere Eitergeschwüre mit resistenten Keimen und sonstiges auf ihrem Teller freuen.
Es wird Zeit, dass wir dafür sorgen, dass Qualität und Optimierung etwas anderes bedeuten. Dass eine (falsch verstandene) Ökonomie (Wirtschaftlichkeit) nicht mehr scheinheilig als eine Optimierung verkauft wird. Denn auch wenn es bei diesen „Optimierungen“ scheinbar um eine versteckte Ökonomie geht, ist es dies ebenso wenig.
Wenn ich Schäden anrichte, muss ich sie als allgemein Sterblicher auch bezahlen.
Beispiel:
Mein Haus. Ich fahre am Vorgarten das Gartentor ein. Es ist kaputt, ich brauch ein neues - also bezahle ich es.
Beim Hecke schneiden geht mir die unter Qualitätsmanagement erzeugte Gartenschere kaputt, also muss ich mir eine neue kaufen und die bezahlen.
Wenn mir ausversehen ein Fass Öl umkippt, dann kommt die Feuerwehr und macht die Sauerei wieder weg und ich muss es bezahlen.
Wenn ich ein Altenheim hab und die alten Menschen leiden, weil sie abgefertigt werden, wenn ein Mitarbeiter aufgrund der Situation krank wird (Krankengeld / Klinikaufenthalt etc.) und sich eventuell sogar das Leben nimmt. Wenn ich mein altes Atomkraftwerk stilllege und der ganze Atommüll entsorgt werden muss usw. .
Wer bezahlt den Schaden dann?
Die Allgemeinheit.
Wenn die Firmen überhaupt etwas daran bezahlen, dann einen minimalen Teil dessen, was sie verursacht haben.
Das heißt, wenn ich alle Kosten rechne, alle Schäden mit einbeziehe, dann kann man bei diesem System auch nicht von Ökonomie (Wirtschaftlichkeit) sprechen.
Das richtige Wort dafür ist Ausbeutung.
Skrupellose Ausbeutung.
Es ist ein Abwälzen der entstandenen Schäden auf die Allgemeinheit.
Wenn wir meinen da mitmachen zu müssen, dann sollten wir so weiter machen wie bisher.
Wenn wir der Meinung sind, da muss sich was ändern, dann wird es Zeit, dass WIR unser Verhalten ändern.
Im Kleinen fängt’s an.
Und los geht’s!