Читать книгу Die Maske Der Elfen - Janet Christen - Страница 6

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Allerliebste Aliona,

Ich habe mich sehr über deinen Brief gefreut. Deine Schrift wird immer besser. Hier in Venedig ist nicht viel los, die Masken allerdings werden mir jetzt zum Karneval aus den Händen gerissen.

Du wolltest wissen, wie es bei mir so aussieht. Alles in allem sehr gut. Ich habe dir allerdings noch nicht von Persephone erzählt. Persephone und ich, naja, wir sind seit Jahren verheiratet. Ich hielt es bisher zu gefährlich mit dir darüber zu schreiben. Aber Annika versicherte mir, dass nur du den Brief zu Gesicht bekommen würdest.

Persephone und ich leben in der Innenstadt, in einem Elfenhaus, das für Menschen unsichtbar ist. Meine Werkstatt allerdings ist sichtbar, da Menschen ebenfalls Masken kaufen. Nur die anderen drei Stockwerke sind unsichtbar.

Ich hoffe, dass du uns bald mal besuchen kommst! Ich muss doch mein Engelchen mal zu Gesicht bekommen, nach so vielen Jahren!

Falls du vorhast aus deinem Gefängnis zu flüchten. Hier ist immer die Tür für dich offen! Wir würden alles tun damit dir nichts mehr passiert! Also sei unbesorgt und komm her, wenn die Zeit reif ist!

Das lies jetzt bitte im Kopf:

PS: Du hast das Versteck in deinem Schlafzimmer erwähnt. Es gibt noch etwas, was du wissen solltest: Sobald das Haus merkt, wie sehr du in Gefahr bist und das du fliehen musst, so wird es dir alle Mittel dafür geben. Du darfst nur nicht zögern, sonst ist alles verloren.

Wir freuen uns auf dich!

Dein Leonardo & Familie

Ich hatte Tränen in den Augen. „Sie wollen, dass ich zu ihnen komme, Annika.“ flüstere ich. Sie nickte lächelnd. „Aber, er schreibt als würde er wissen, dass ich bald fliehen kann.“ sagte ich leise. Sie nickte wieder. „Du solltest deine Antwort schreiben.“ schlug Annika vor. Ich schniefte. „Du hast Recht.“

Lieber Leonardo

Wenn du dich schon so sehr gefreut hast, so nimm meine Freude mal tausent. Ich danke dir für dein komplimehnt für meihne schrift. Ich Arbeide an ir. Ja ich weis, meihne rechtschreibung ist schlechd. Aber sobalt ich beih euch bin, kannst du sie mir ja besser beibringen.

Dass mit der flucht, darüber freue ich mich ammeisten. Ich werde das angebot annemen ferlass dich drauf. Und zwar sobalt als möglich!

Alles gute dir und deiner Familie,

Aliona

„Geht das?“ fragte ich Annika unsicher. „Ja, keine Sorge.“ sagte sie lächelnd. Sie nahm das Papier und steckte es in einen neuen Umschlag. „Ich schicke es mit einem Express Boten nach Venedig!“ Sie küsste mich auf die Stirn und ging dann.

Es schlug sechs Uhr, die Sonne ging auf. Meine Maske kam herbei gezischt. Ich griff sofort nach ihr. Ihre langen Schnüre schlugen nach meinem Gesicht. Der Druck war zu stark. Langsam zwang sie mich in die Knie. Meine Arme bogen sich. Verzweifelt kämpfte ich gegen den Druck an. Dann knallte es und sie schlang sich um mein Gesicht. Entmutigt ging ich nun endgültig schlafen.

Ich wurde aus dem Bett getreten. Alavin stand in meinem Zimmer, neben und hinter ihm Serem mit seinen Schergen. „Was wollt ihr?“ fragte ich und versuchte mir die Augen zu reiben. Fehlanzeige, die Sonne war noch am Himmel. „Ich bin hier um dich zu befragen.“ sagte Alavin. Sein Gesicht zeigte keinerlei Mitleid oder Reue. Seine Lippen waren nur ein schmaler Strich, so fest presste er sie zusammen. Seine Arme zitterten, er hatte sie verschränkt. „Worüber befragen?“ fragte ich rieb mir die Arme. „Das weißt du ganz genau!“ keifte Serem. Alavin gebot ihm ruhig Einhalt. „Weswegen sind es 26 Sonnensteine dies Jahr?“ fragte Alavin mich ruhig. „Woher soll ich das wissen? Du lässt mich NIEMALS auch nur in die NÄHE von diesen Steinen!“ Ich sagte absichtlich Stein, damit sie nicht wussten, dass ich wusste, dass die Steine keine Steine, sondern Kristalle waren. Alavin schnaubte verächtlich. „Gut, dann greifen wir zu härteren Methoden.“ Luv und Titan packten mich und zogen mich ins Wohnzimmer. Luv hielt meine Hände auf den Tisch. Titan zog eine schmale dünne Peitsche. „Warst du bei der Zeremonie?“ fragte Alavin und setzte sich seelenruhig in meinen Sessel. „Nein.“ antwortete ich. „Weißt du wie die Zeremonie abläuft?“ fragte er mich. „Nein.“ Titans Hand zitterte. Er wartete nur noch darauf mir auf die Finger schlagen zu dürfen. „Weswegen sind es dann 26 Sonnensteine?“ fragte Alavin mich scharf. „Woher soll ich das denn bitte wissen?“ Der Ton war zu scharf. Alavin zuckte nur mit dem Finger. Die Peitsche knallte runter. Ich schrie, meine Finger brannten. „Du wärst die 26. dieses Jahrganges. Aber du bist keine Elfe, du bist eine Geächtete, höchstens. Wieso haben wir dann einen 26. Sonnenstein?“ Die Peitsche knallte nochmals. Wieder schrie ich. Mir schossen die Tränen in die Augen. Ich biss die Zähne zusammen. „Ich- bin- keine- Magierin.“ sagte ich verbissen. „Wieso versucht ihr etwas aus mir raus zu prügeln, was ich euch nicht erklären kann! Geht zu Kahai, der kann euch sagen warum das so ist!“ Titan wollte schlagen aber Alavin hielt ihn ab. „Kahai kann es sich nicht erklären. Auch wenn er der Sonnensteinhüter des Dorfes ist.“ sagte Alavin. Unbarmherzig blickte er zu Titan. „Macht ihr den Rücken frei und nimm die größere Peitsche. Wenn nötig quetschen wir es aus ihr raus.“

Nach drei Stunden Verhör gingen sie endlich. Titan schwenkte die Peitsche lässig. Er hatte sie im Badezimmer saubergewaschen. Luv entfernte meine Fesseln. Sie ließen mich liegen. Tränen rannen in meine Maske. Heiß rann mir das Blut den Rücken runter und bildete kleine Pfützen. Erschöpft und mit Schmerzen im Körper schaffte ich es irgendwie einzuschlafen.

Als ich erwachte lag meine Maske neben mir. Ich war erleichtert. Ich ging ins Badezimmer und duschte vorsichtig meinen Rücken ab um das getrocknete Blut abzuwaschen. Behelfsmäßig cremte ich die Wunden ein und zog ein enges T-Shirt über, so als eine Art Verband. Dann nahm ich ein weiteres T-Shirt, zog es an und verließ das Haus.

Ich linste um die Straßenecke. Dort war Kahais Haus. Die Halle in der die Sonnensteine ruhten, direkt davor. Ich MUSSTE diesen Stein sehen und ihn anfassen! Ich MUSSTE einfach. Aber Wachen patrouillierten davor. Klar. Kahai und sein Schatz waren das Wichtigste im Dorf. Ohne Sonnensteine gab es keine Elfen. Ich atmete tief durch und trat um die Hausecke herum. Sie bemerkten mich nicht, der Mond schien nur schwach. Im Schatten des Hauses schlich ich mich weiter.

Eine einsame Wache stand am Seiteneingang. Ich suchte nach einem Stein. Oh ja, der lag gut in der Hand. Da vorn stand eine der Wachen, die den Haupteingang bewachten. Ich zielte und warf. Der Stein flog, drehte sich- und traf sein Ziel. Der Stein schlug dumpf an die Hauptwache. Er kippte sofort um. Die Seitenwache merkte auf und lief um die Hausecke zu ihm. Jetzt oder nie.

Ich schlug mich durchs Gebüsch. Die Wache verschwand aus meiner Sicht, ran an die Tür. Nicht verschlossen, das Glück war mir hold. Im Schein der kleinen Lampe musste ich gut zu sehen sein. Ich pustete geschwind und die goldene Flamme erlosch. Ich fühlte den Messinggriff und öffnete die Tür. Bedrohlich knackste sie, aber sonst blieb es ruhig. „Huch, das Licht ist aus!“ Oh nein, die Wache! Ich machte mich schmal und glitt durch den Spalt. Hörte die Schritte und schloss die Tür. Es war dunkel hier drinnen. Die Halle war gewaltig. Größer als sie von außen wirkte. In der Mitte standen etliche Säulen. Und auf einer lag der Sonnenstein. Ich horchte einige Minuten. Keine Wache. Ich schritt durch die Reihen zum Sonnenstein. Der Mond leuchtete herein. Ich wollte danach greifen und ihn fest in meine Hand nehmen. „HALT WER DA?!“ Ich drehte mich um und sah nur noch den Armbrustpfeil auf mich zuschießen.

Krachend schlug er in meine Schulter ein. Ich schrie und stürzte zusammen. Schnelle Schritte waren zu hören. Die Wache drehte mich um. „Scheiße.“ sagte er. Das Blut lief munter aus der Wunde in der Schulter. „Ruft eine Heilerin!“ Sie machten sich Sorgen um mich? Was war das denn? Kahai kam herbei. Sein wallendes goldenes Gewand blitze mir sofort ins Auge. Er konnte mich gut leiden. „Bist du wahnsinnig geworden?!“ Schimpfte er mit mir oder mit der Wache? „Sie mit einem Armbrustpfeil zu durchbohren?!“ „Sie wollte an den Sonnenstein! Ich hielt sie für einen Dieb!“ Kahai hätte ihm gerade zu gern eine Tracht Prügel verpasst. Aber er durfte nicht. In diesen Hallen sollte Friede herrschen. Und durch mein Blut, was jetzt in den Raum floss, war der Friede gestört. Wieder schnelle Schritte. Angewidert beugte sich eine Heilerin über mich. Alle hatten verzauberte Brillen auf. „Igitt.“ Sie meinte mich. Schnell zerriss sie beide T-Shirts. „Sie muss ins Krankenhaus, sofort.“ „Aliona, hörst du mich?“ fragte Kahai. Ich versuchte zu nicken. Aber ich konnte nicht mehr. Mir wurde schlecht. „Ist sie?“ fragte die Wache. Kahai fasste an meinen Hals. „Nein, sie hat Puls.“ Das war das Letzte was ich hörte. Ich fühlte mich, als fiele ich in Wasser. Alles hörte sich dumpf an. Dann knipste jemand den Mond aus. Alles wurde schwarz.

Mein Aufwachen wurde von höllischen Schmerzen im ganzen Oberkörper begleitet. Ich konnte den linken Arm, dessen Schulter durchbohrt war, nicht mehr bewegen. Oder war er weg? Ich spürte Finger. Also musste er noch da sein. Ich lag auf einem weichen Krankenhausbett. Die Luft war klinisch rein. Typisch für unser Krankenhaus im Dorf. Ich hörte gedämpfte Stimmen. „Weck sie auf! Ich muss mit ihr reden!“ „Mit Verlaub König. Ich wünschte mir sie wäre weg, aber sie ist zu schwach. Sie muss allein zu sich kommen!“ Das war eine Heilerin. Ich öffnete die Augen. Der Schmerz ließ langsam nach. Ich hustete. Meine Maske war ab, es musste Nacht sein. Alavin war sofort neben mir. „Was hast du in dieser Halle zu suchen gehabt?!“ fuhr er mich an. „Ich wollte Sonnensteine sehen.“ Das war nicht einmal gelogen. Er verpasste mir eine Ohrfeige. „DU HAST KEINE SONNENSTEINE SEHEN ZU WOLLEN!“ Wieder eine Ohrfeige. Die Heilerin sah zu. Müsste sie nicht eigentlich einschreiten? „Dich gehen die Sonnensteine absolut nichts an! Du bist eine Geächtete, eine ekelhafte, hässliche Missgeburt!“ Der letzte Schlag beförderte mich wieder ins Traumland.

Ich musste Tage geschlafen haben. Die Schmerzen waren fast verschwunden. Meine Schulter war verbunden, der Arm lang in einer Schlinge. Ich tastete vorsichtig nach der Wunde. Zehn Zentimeter darum war das Fleisch dick angeschwollen. Aber ich spürte kein Blut mehr. Eine Heilerin kam. „Lass das.“ sagte sie barsch und nahm meine Hand weg. Sie öffnete den Verband und nahm ihn ab. Mit einem feuchten Tuch, das stark nach Kräutern roch, wischte sie um die Wunde herum. Sie hatte sich zusammengezogen und eine Kruste gebildet. Die Heilerin cremte die Wunde ein und ließ sie abtrocknen. Kaum war sie fertig, ging sie raus, ohne ein weiteres Wort wie „Wird schon wieder, mach dir keine Sorgen.“ oder „Keine Angst, ich bin da.“ zu sagen.

Annika kam in der folgenden Nacht durchs Fenster. „Hallo Süße!“ sagte sie leise. „Leonardos Antwort ist da.“ Sie lächelte. „Aber wie geht’s dem Arm?“ „Schmerzt noch.“ war meine Antwort. Sie küsste mich auf die Stirn. Sie holte einen kleinen Brief heraus und las vor:

Hallo Aliona!

Der Bote ist gerade erst angekommen, ich schicke ihn gleich wieder zurück mit einem neuen Brief. Ich verrate dir jetzt nur wo du uns findest. Ich bin mir sicher, dass du bald kommst, mein eines Auge kribbelt schon wie verrückt.

Adresse: „Der Maskenmacher ist ein Elf, wusstest du das nicht? Sei pünktlich und verspäte dich bloß nicht. Die Türen sind offen und wieder zu, er lässt dich nur ein wenn du ein Freund bist, juhu!“

Es tut mir leid, dass die Zeilen ziemlich dämlich sind, aber nur so und nicht anders wirst du uns finden können. (und, dass das Versmaß absolut nicht passt, aber da war ich 4, als ich das gedichtet hab)

Ich werde bemerken wenn du kommst!

Kuss Leonardo

„Ich werde die erstbeste Gelegenheit nutzen.“ flüsterte ich. „Ich schreibe für dich zurück, dass du dich erst auskurieren musst.“ sagte Annika. „Du hast doch schon geschrieben.“ Sie lächelte. „Ja ok hab ich. Gleich als der Bote eintraf. Gute Nacht Spätzchen und träum was Schönes!“ Sie breitete ihre zarten Flügel aus und flatterte aus dem Fenster.

Drei Wochen später war die Wunde so gut wie verheilt. Ich wurde nach Hause geschickt. Sie wollten mich nicht länger als dringend nötig da behalten.

Ich merkte sofort eine Veränderung. Zwei Wachen begleiteten mich zum Haus. Und sie gingen nicht einmal als ich die Tür vor ihnen schloss.

Alavin ließ mich bewachen. Tag und Nacht. Ich konnte nicht mehr ungestraft oder ungesehen irgendwo hin, ohne, dass mir mindestens eine Wache folgte.

Serem hatte seinen Spaß daran mich mit meinem kaputten Arm zu ärgern. Er kniff in ihn, boxte mir auf die Schulter. Einmal hatte ich mich vor Schmerz in die nächste Mülltonne übergeben. Er fand es lustig und war selbstgefälliger als vor der Verwandlung seiner Schwester.

Ich wurde wachgerüttelt. „Alavin will dich sprechen.“ sagte die Wache. Ich stand auf, den Arm nach wie vor in einer Schlinge und zog mich an.

Sie brachten mich zu viert in Alavins Haus.

Serem war auch da und seine beiden „Freunde“. Sympha häkelte im Hintergrund. Dieses Haus war über und über mit Gold, Samt und Seide bedeckt. Die Luft war schwer von Parfüm, stickig. Darum mochte ich mein Haus auch lieber. „Dein Vergehen den Sonnenstein zu stehlen-„ sagte Alavin. „Ich habe ihn nicht gestohlen!“ sagte ich. Serem knurrte bedrohlich. „Dieses Vergehen muss bestraft werden.“ fuhr Alavin fort. „Und was habt ihr vor? Mir, wie einem Dieb, die Hände abzuhacken, nur um mich dann füttern zu dürfen?“ fragte ich scharf. Serems Knöchel traten weiß hervor, so fest klammerte er sich an seinen Dolch an seinem Gürtel. Er hatte seine Uniform an, und war komplett bewaffnet. „Nein.“ sagte Alavin. Er sah mich immer noch nicht an. „Wir werden dir Handschuhe geben. Strafhandschuhe.“ Ich zuckte zurück. Strafhandschuhe waren das Schlimmste, das einem Elfen mit den Händen passieren konnte. Wenn der Besitzer der Handschuhe meinte, du hast etwas Böses getan, so brachen sie dir die Hand, quetschten dich ein oder erhitzten sich. Früher war es eine beliebte Folter gewesen. Aber mittlerweile waren die Handschuhe selten und sofern ich wusste, existierte im Dorf nur noch ein Paar. Und das hing mir gegenüber an der Wand. „Ich sehe schon, du magst diese Idee.“ sagte Alavin. Er lachte freudlos. „So können wir dich besser unter Kontrolle halten!“ sagte er. „Ach ja?! Euch geht es nur darum mich zu quälen! WIESO?! WIESO FRAG ICH DICH! WAS HABE ICH DIR GETAN?! Ich bin eine Jung Elfe. Ich habe es nicht verdient so behandelt zu werden! Töte mich doch lieber sofort! Dann „belästige“ ich niemanden mehr!“ Serem schrie auf und verpasste mir einen Faustschlag. Ich taumelte zurück, stolperte und knallte mit dem Kopf voran auf den Couchtisch. Alavin war außer sich vor Wut. Aber nicht auf mich. „Bist du von allen guten Geistern verlassen?! Die Maske hätte brechen können!“ schrie er Serem an. Die Maske… brechen. Ich hatte ein Knacken gehört. Das musste mein Schädel gewesen sein. „Aber sie ist nicht gebrochen!“ sagte Serem sauer. Ich drückte mich vorsichtig hoch. Da war kein Schmerz. Es war- als wäre ich befreit. Ich sah runter. Und vor mir lagen Scherben. Ich fuhr an mein Gesicht. Die Maske fiel ab. Sie war zerbrochen.

Die Maske Der Elfen

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