Читать книгу Die Maske Der Elfen - Janet Christen - Страница 8

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Die Wache stupste angsterfüllt die andere an. „Herr-„ sagte dieser heiser. Alle wandten sich um. Ich zog die Schnüre auseinander. Die Maske war- sie war zerstört. Ich war FREI! Ich drehte mich und blickte Alavin direkt in die Augen. Er schlug sich mit den Händen vors Gesicht und taumelte schreiend zurück. Ich blickte mich Raum um. Serem sprang schreiend beiseite und wälzte sich auf dem Boden. Die Wachen zuckten zurück und hechteten davon. Mein Fluch griff um sich. Jeder Elf der mich ansehen würde, würde Höllenqualen erleiden! Und zum ersten Mal in meinem Leben- wollte ich, dass sie das erlitten.

Ich überlegte kurz, ich musste fliehen. Jetzt oder nie, ehe sie wieder zu sich kamen, Brillen aufsetzten und mir eine neue Maske verpassten. Ich rannte raus. Den Göttern sei Dank! Es war bewölkt. Ich lief zu meinem Haus. „SIE HAT KEINE MASKE MEHR!“ schrie eine Frau. Alle rannten beiseite oder wandten ihr Gesicht ab. Habt Angst vor mir! Los verschwindet! Je mehr ihr auseinander stürmt, desto einfacher hab ich es!

Ich riss die Tür zu meinem Haus auf und schloss sie sofort hinter mir ab. Ich räumte den schweren Schrank davor. Und plötzlich bebte das Haus. Wie bei einem Erdbeben, aber nichts fiel herunter. Eine Wand zersprang. Und gab den Blick auf einen Schrank frei. Ein Reisegewand hing da. Als ich es berührte hatte ich es plötzlich an. Ein Messer steckte an meinem Bein. Aus der Küche und meinem Zimmer flogen verschiedene Sachen. Sie wurden immer kleiner und verstauten sich in meinem neuen Anzug. Der Anzug war magisch. Gehetzt blickte ich mich um. Wachen liefen um mein Haus herum. Wie kam ich hier raus?! Schnell das Fotoalbum und alles aus meinem Dielenversteck eingepackt. Auch wenn es nicht mehr viel war.

Im Wohnzimmer polterten sie gegen die Tür. Der Kasten rührte sich kaum. Als wäre er fest mit dem Haus verwurzelt. „Haus! Bitte ich muss aus dem Dorf raus!“ Der Anzug wurde kurzärmelig. Die Stiefel schnürten sich fest, so konnte ich besser laufen. Dann krachte der Dielenboden. Während er aufbrach, nahm ich ein Feuerzeug und verbrannte die Zeitschrift in der ich meine ganzen Schriftsachen aufbewahrte. Besser so, als das sie es fanden. Ein Schwall eisiger Kälte empfing mich. Ein Loch war im Boden. Und darunter ein Tunnel. Der Kasten drohte umzukippen. „Hab ich alles?“ Der Tunnel seufzte schaurig schön „Ja.“ Als ich in das Loch sprang hörte ich die Tür splittern.

Ich rutschte pfeilschnell den Tunnel runter. Hinter mir schloss sich die Erde, damit ich nicht verfolgt werden konnte. Dennoch war ich mir sicher, dass jetzt sämtliche Wachen nach mir ausschwärmen würden. Ich war zu Fuß und sie mit Flügeln unterwegs. Wir wussten alle wer schneller war…

Ich merkte wie der Tunnel flacher wurde. Ich sah Licht und dann plumpste ich in den grünen Wald. Ich fasste es nicht. Ich war- war wirklich aus dem Dorf draußen! Oh Gott! Aber- wo musste ich hin? Überall waren fremde Geräusche, Gerüche. Ich war unsicher. Ich richtete mich auf und sah mich um. Irgendwo musste ich mich doch bitte orientieren können! Ich wusste das es ungefähr Zwölf war, aber die Sonne konnte ich nicht sehen. Ich musste nur genug Entfernung zwischen das Dorf und mich bringen. Ich rannte also querfeldein durch den Wald, in der Hoffnung, sie würden erst Mal wo anders suchen.

Aber ich hatte mich getäuscht. Ich hörte das Wispern der kräftigen Flügel. Sie mussten irgendwo hinter mir sein, es würde nicht mehr lange dauern, bis sie mich sahen. Ich rannte durch die Büsche, damit sie mich nicht allzu gut sahen. Doch es war zu spät „DA IST SIE!“ „Scheiße!“ entfuhr es mir.

„Treibt sie zum Wasserfall!“ hörte ich sie rufen. Ein Elf schnitt mir den Weg, den ich vorher gelaufen war, ab. Ich rannte scharf an ihm vorbei und versuchte wieder auf den alten Kurs zu kommen. Aber immer mehr Elfen halfen.

Ich hörte das Rauschen. Sah die Klippe und konnte gerade so vor dem Abgrund abbremsen. Direkt vor mir stürzte das Wasser 30 Meter oder sogar mehr in die Tiefe. Ich schluckte. Das Wispern hörte auf. Sie landeten hinter mir. Die Elfen standen im Halbkreis um mich herum. „So, jetzt ist’s vorbei mit der Verfolgungsjagd.“ lachte Serem. Sämtliche Elfen hatten die Flügel hoch aufgereckt. Ich sah Flügel selten, deshalb fesselten mich die verschiedenen Farben und Formen. Die spitzen Ohren waren nun auch da. Serem und die anderen schnaubten kräftig. „Schicke Sachen, woher hast du die?“ fragte eine Wache lässig. „Geschenkt.“ fauchte ich. „Oh mutig, mutig ist die Kleine jetzt!“ höhnte Titan. Jetzt wusste ich warum er Titan hieß und nicht mehr Lukar. Seine Flügel waren grau und sahen beinahe stählern aus. Serems Flügel waren kräftig blau, schmal und spitz, typische männliche Flügel. Die nichts mit Grazie zu tun hatten, sondern einfach nur mit Kraft. Die Farben waren wild gewählt, alles sah ich, dunkelrot, dunkelgrün. schwarz. Es waren nur dunkle Farben. „Und jetzt komm her Aliona, sei brav und lass dich ins Dorf zurückführen.“ sagte Serem zuckersüß und streckte die Hand aus. Ich blickte lieber hinter mich auf den Wasserfall. „Da geht’s 30 Meter runter.“ sagte Luv lässig. „Ich sehs.“ „Ach Luv, tu unserer kleinen Missgeburt doch den Gefallen und nenn ihr ihre Chancen wenn sie da runter springt.“ sagte Serem lässig. „Wenn du springst liegt die Chance bei 50% dass wir dich kriegen, im Flug oder im Wasser. 45% beträgt die Chance, dass du stirbst bei dem Sprung. 3%, dass du auf einen Stein aufschlägst an der Wand und 2%, dass du überlebst.“ Alle lachten auf. Sie fanden das also lustig ja?! „Also bei 2% würde ich nicht mehr springen! Da müsste ich vollkommen plemplem sein.“ sagte Titan. Wieder lachten sie alle. „Sie springt so oder so nicht, sie hat viel zu viel Angst!“ sagte Luv. Alle bogen dich vor Lachen. „Also komm!“ sagte Serem nun wieder ernst. „Ihr hättet mehr Zeit mit mir verbringen sollen. Mir zuhören sollen.“ sagte ich leise. „Dann hättet ihr gewusst, dass eine Chance von 2% immer noch eine Chance für mich ist, das Dorf lebend zu verlassen.“ Alle erbleichten. Ich drehte mich um, lief den letzten Meter und sprang.

Nach einer Schrecksekunde schossen die Elfen hinter mir her. Ich ballte Fäuste um mich vor dem Aufschlag ins Wasser zu schützen. Ich konnte mich nicht drehen. Ich musste so runter. Die Elfen holten auf. Titan griff nach mir, aber ich sauste durch seine Arme. Zwei Elfen schnitten mir den Weg ab, aber ich holte aus und schlug nach den Flügeln. Sie schrien erschrocken und trudelten beiseite. Dann atmete ich tief ein und aus. Mit einem lautem Knall durchstieß ich die betonartige Wasseroberfläche. Das Wasser war eiskalt. Ich schrie fast. Aber ich musste nach oben. Ich brauchte wieder Luft. Ich schwamm, aber durch die Strömung war es alles andere als leicht nach oben zu kommen. Das kalte Wasser brannte an meinen Gliedmaßen. Dann durchbrach ich endlich die Oberfläche. Wassertropfen spritzen hoch auf. „DA IST SIE!“ riefen die Elfen. Sie flogen mir hinter her. Ich hustete einige Male, atmete tief ein. Meine einzige Chance nicht gepackt zu werden, war unter Wasser zu bleiben. Kurz bevor Serem mich fassen konnte, tauchte ich unter.

Das machte ich ein paar Mal. Aber der Fluss, in dem ich schwamm, lähmte langsam meine Glieder. Es war immer schwerer wieder aufzutauchen. „Sie wird müde! Wir müssen sie aus dem Wasser fischen oder sie stirbt!“ rief Luv. Seine Seile kamen auf mich zu. Ich war angestrengt und atmete tief ein. Da drückte mich eine Welle unter Wasser. Sie drückte mich nah an den Boden, die Seile verfehlten mich. Aber eines wickelte sich um mein Bein. Er zog kräftig daran. Ich konnte das Triumphgeschrei fast hören. Alle zogen jetzt. Aber ich hatte das Messer. Ich riss es raus und schnitt einmal am Seil. Es riss und der Fluss drückte mich mit ungeheurer Wucht weiter. Ich steckte das Messer weg und versuchte rauf zu kommen. Aber meine Arme gehorchten mir nicht mehr. Sie waren taub und bewegten sich kaum. Verzweifelt versuchte ich die Oberfläche zu erreichen. Aber sie verschwand vor meinen Augen. Gut, dann geht es ebenso zu Ende. Ertrinken, wenn man nichts mehr spürt.

Serem und die anderen suchten verzweifelt nach mir. „Verdammt noch eins!“ Serem flog nah über das Wasser und versuchte mich auszumachen. Er sah nichts. „Die 2% waren eben doch zu wenig.“ sagte Luv. „Das darf nicht sein! Nein, nein, nein, nein!“ rief Serem. Er schraubte sich hoch. „Alavin wird uns köpfen! Er hat gesagt, wenn sie stirbt, lyncht er uns!“ sagte er verzweifelt. „Vielleicht hat sie einfach länger die Luft angehalten. Sie feixt vielleicht grade über unsere Dummheit.“ meinte Titan. „Nein, das sind jetzt beinahe zwei Minuten. Sie hat kein Training, sie ist tot, ertrunken. Und wir sind’s bald auch. Kommt, wir fliegen zurück.“

Ich fühlte Sand an meiner Wange. Warmen Sand. Ich öffnete die Augen. Mir war schlecht. Und eiskalt. Die Sonne stand niedrig. Ich drehte mich auf den Rücken und dann wieder auf den Bauch. Wasser war in meiner gesamten Kleidung, aber ich war zu schwach mich auszuziehen.

„SIE IST TOT?!“ Alavin tobte im Thronsaal. „Habt ihr eine Ahnung was ihr Vollidioten da getan habt?!“ schrie er sie an. „Wo ist ihre Leiche?“ sagte er bebend. Serem kniete verzweifelt vor Alavin. „Wir haben sie nicht gefunden. Der Fluss muss sie mitgerissen haben.“ jammerte er verzweifelt. Alavin schlug ihn. „Wie hoch war die Chance, dass sie stirbt?“ fragte er Luv. „48%“ sagte er stotternd. „Und das ihr sie fangt?“ „50%“ „Und die restlichen zwei?“ polterte Alavin. Sein Gesicht war zorngerötet. „2% war die Chance, dass sie es überlebt. Wir haben ihr gesagt, dass es albern wäre zu springen. Aber sie meinte, eine Chance ist eine Chance.“ sagte Luv vorsichtig. Alavin knirschte mit den Zähnen. „Doch nicht so dumm wie ich dachte.“ knurrte er. „Ihr geht sie suchen! Schwärmt überall hin aus!“ sagte er. „Aber sie ist wahrscheinlich tot-„ fing Serem an. Alavin riss ihn hoch. „SIE IST ERST TOT, WENN IHRE LEICHE VOR MIR LIEGT, KAPIERT?!“ schrie er ihn an. „2% ist eine Chance, da hat sie recht! Und dieses Luder hat schon Vieles überlebt! Und das mit Sicherheit auch! Geht nach Italien und sucht Leonardo! Da wird sie versuchen zuerst unterzukriechen und sich eine neue Maske kaufen!“ fauchte er. „Leonardo? Der Maskenmacher, der ihre alte Maske gefertigt hat?“ fragte Titan. „Genau der!“ „Aber es ist zu weit. Sie wird es niemals schaffen-„ „NIEMALS! Ja genau niemals! Wir haben auch gesagt, dass sie NIEMALS aus dem Dorf fliehen kann! Sie schafft es! Und wenn sie dafür ihren Fluch einsetzt, dass sich jeder Mensch in sie verliebt, sobald er ihr Gesicht sieht!“ schrie Alavin. Schert euch, ehe ich mich ganz vergesse!“

Ich erbrach mehrere Liter Flusswasser. Mir war eisig kalt. Sachte knöpfte ich im liegen die Jacke und das Hemd auf, legte sie beiseite. Ich konnte nur hoffen, dass die Sonne die Sachen trocknen würde. Aus meinen Stiefeln floss literweise das Flusswasser. Ich legte mich hin und zog die Hose aus. Da blitzte die Sonne hervor. Schnell krabbelte ich zurück in die kleine Höhle hier. Die Sachen waren beige. Besonders gut konnte man sie nicht sehen. Ich rollte mich klein zusammen. Die Sonne wärmte die Höhle auf. Es wurde heiß und stickig. Aber es würde mich wieder aufwärmen.

Es dämmerte der Abend, als ich das Wispern hörte. Ich riss meine Sachen zu mir in die Höhle und verhielt mich Mucksmäuschen still. Die Wellen des Ufers und der aufkommende Wind waren gnädig. Von oben durfte man die Spuren nicht mehr sehen. „Immer noch nichts?“ Serem. „Nein Serem, hier ist zwar eine kleine Bucht, aber es sieht nicht danach aus, als ob hier jemand gewesen wäre!“ Titan. „Geh runter und schau nach!“ Starr vor Schreck hörte ich das eine Wispern näher kommen. Allerdings wisperten Titans Flügel nicht wirklich. Sie klirrten mehr. Ich raffte die Sachen zusammen und verzog mich tiefer in die Höhle. Titan landete leichtfüßig am Strand. Ich konnte ihn sehen. „Sind da Spuren?“ fragte Serem. „Ja!“ „Und sind die menschlich!?“ Alle waren anscheinend in heller Aufregung. „Könnte sein, könnten aber auch genauso gut Wolfsspuren sein! Die sind so klein!“ Gut, dass er so strohdoof war. „Warte, ich komme runter.“ sagte Serem. „Denkst du, ich wäre zu blöd Wolfsspuren von Frauenspuren zu unterscheiden?!“ giftete Titan hinauf. „Ich mein ja nur.“ „Pff.“ Schnaubte Titan. „Wo gehen denn die Spuren lang?“ fragte Luv. Titan bückte sich erneut. Er ging den Spuren nach, die immer deutlicher wurden. Mein Herz begann wie wild zu klopfen. Als wollte es aus meiner Brust raus. Ich hielt mir den Mund zu, mein Atem war laut zu hören. Er trat noch einen Schritt näher. Dann sah er zur Seite. „War nur ein Tier, es ist die Böschung wieder rauf!“ Ich wurde fast ohnmächtig vor Erleichterung. Er war wirklich sau dumm. Er ging zurück, trat dabei aus Versehen auf meine Spuren und erhob sich wieder. „Wir müssen weiter Flussabwärts.“ sagte Luv. „Oh ja, wenn wir sie nicht finden. Oh Gott.“ sagte Serem. Das Wispern entfernte sich und verschwand. Ich stand zitternd auf und ging wieder raus. Die Sonne war nun weg. Ich legte die Sachen auf den Sand und wusch mir den Schmutz und das Blut ab. Vorsichtig betastete ich meine Wunden. An meinem Oberschenkel klaffte ein 15 Zentimeter langer Schnitt. Er war bereits verkrustet. Zu tief war er nicht gewesen. Eine Platzwunde war an meinem Kopf. Und Beulen am ganzen Körper. Ich musste niesen. Hoffentlich handelte ich mir keine Erkältung ein.

Ich übernachtete in der Höhle. Es schien mir das Beste. Denn jetzt im Dunkeln einen Unterschlupf zu suchen grenzte an Wahnsinn.

Ich hörte das sanfte Rauschen der Wellen als ich erwachte. Zu allererst dachte ich, es wäre ein Traum. Ich würde nur auf meinem Boden liegen, weil sie mich wieder betäubt hatten und das ich immer noch im Dorf war. Da es hell war musste meine Maske auf meinem Gesicht sein. Aber bald dämmerte es mir. Ich fuhr an mein Gesicht. Die Lippen waren aufgesprungen, meine Haut stark gespannt und trocken – aber ich hatte keine Maske auf. Die Maske ist zerstört rief ich mir ins Gedächtnis Du bist geflohen! Und sie haben dich immer noch nicht gefunden! DU BIST FREI! Wirklich fassen konnte ich es immer noch nicht. Aber es fühlte sich gut an. Keiner schrie mich an, keiner hatte vor mir Leid anzutun, keiner konnte es. Weil ich allein war. Ich fühlte Freiheit!

Die kühle Morgenluft streichelte meine Haut. Ich legte mich in den Sand. Er war warm und weich. Meine Kleidung war trocken. Ich hatte sie geschwind wieder angezogen. Dann nahm ich ein Lederband und bändigte meine Haare.

Die Sonne war mein einziger Feind. Momentan hielt sie sich mir fern, da ich im Wald lief. Aber ich fand noch allerlei in meinen Jackentaschen. Ein Paar weiße Handschuhe. Sie waren robust und fest, aber von innen weich wie Daunen. Dann eine Kapuze. Ich würde sie erst aufsetzen, wenn es nötig würde.

So wanderte ich erst einmal durch den Wald. Immer auf der Suche nach Siedlungen, einer Straße oder etwas dergleichen.

Ich wanderte Richtung Süden. Ich wusste, dass Venedig im Süden lag und ich hoch im Norden war.

Und endlich! HEUREKA! Eine Stadt tauchte vor mir auf. Eine Großstadt musste das sein, zu mindestens waren hier Häuser die 10 Mal so hoch waren, wie ein normales Haus. Es war später Nachmittag. Nur stand ich oben auf einem Plateau und die Stadt war unten. Hätte ich Flügel. würde ich einfach hinunter gleiten. Aber so ging ich erst mal nach rechts weiter auf der Suche nach einem Abhang.

Erst etliche Kilometer und Stunden später, stand ich an einer Kiesgrube. Ein Berg war aufgeschüttet worden, und ging mit 45° steil nach unten. Aber ich musste zur Stadt hin! Ich sprang und rutschte prompt auf dem Kies aus. Ich schlug hin und rutschte und kullerte den ganzen Berg hinunter. Staub wurde aufgewirbelt, wie beim Straßenputz im Dorf. Ich hustete und massierte eine Weile meine Beine, die jetzt schmerzten.

Ich sah mich um. Da hinten stand so etwas wie ein Auto. Ich kannte die Dinger, im Dorf waren einige, falls jemand in die nächste Stadt musste – Moment! DAS HIER musste die nächste Stadt sein. Oder naja, zu mindestens die Kiesgrube der Stadt, die viele Kilometer weiter links lag.

Ich ging zu dem Auto. Schien ein altes Model zu sein. Ich hatte zugesehen wie den neuen Elfen das Autofahren beigebracht wurde. Ich kannte soweit alles, weil Annika es mir auch ein paar Mal gezeigt hatte. Damals saß ich mit 15 in ihrem Auto und gurkte auf dem Marktplatz herum, bis sie sagte, dass es genug wäre und ich ganz passabel fahren würde. Ich schluckte und griff an die Türklinke.

Der Wagen öffnete sich sofort. Ich stieg auf den Fahrersitz. Zuerst tastete ich im Dunkel das Armaturenbrett ab, kein Schlüssel. Weder im Aschenbecher, noch Mülleimer, noch Fußraum – kein Schlüssel. Mich verließ schon der Mut und ich blickte hoch. Da waren die Sonnenblenden. Ich griff sofort hin und klappte diese auf. Der Schlüssel fiel herunter. „Gelobt sei der Besitzer dieses Autos!“ jauchzte ich. Hörte mich ja sowieso keiner. Ich suchte nach der Kupplung, keine Kupplung? Hä, was sollte denn der Mist? Ich griff an den Schaltknüppel. Ich musste nicht in die Kästchen schalten, sondern rauf und runter ziehen. Sollte mir recht sein. Moment, davon hatte ich gehört, Automatik Schaltung. Ich musste nicht mehr kuppeln. Der Schlüssel fand den Weg zum Zündschloss, ich drehte ihn einmal herum und schon brummte der Motor auf. Ich atmete erleichtert aus. Gaspedal treten. Der Motor heulte auf, der Wagen bewegte sich nicht. Blick auf den Schalthebel. Was stand da? Der Schalthebel steht auf P. Darunter stand ein R, dann ein N, gefolgt von einem D, dann ein S und ganz unten ein L. Also Schalthebel anfassen und auf R. Ich war ganz vorsichtig, kein Gas, der Wagen ruckelte langsam rückwärts. AH! Der Rückwärts Gang. Weiter auf N, kein Gas, der Wagen blieb stehen. Nun auf D. Der Wagen rollte langsam an. Ein bisschen Gas geben, der Motor wurde lauter, der Wagen beschleunigte „Juhu! Ich fahre!“ jubelte ich. Ich bremste wieder, schnallte mich zu meiner Sicherheit an und fuhr endlich los. Vorsichtig drehte ich ein paar Runden. Dann suchte ich die Ausfahrt. Da war sie, die Schranke war offen. Anscheinend war das ein verlassener Kiestagebau. So weit so gut.

Ich fuhr die Straßen entlang. Ging doch ganz gut. Die Bremsen griffen hervorragend. Ich machte mir nur um den Besitzer Sorgen. Der hockte da oben jetzt wahrscheinlich und fragte sich nachher wo sein Auto wohl ist. Der Tank war dreiviertel voll. Ich griff ins Handschuhfach und beförderte eine Rock n Roll CD zutage und legte sie ein. Hatte guten Beat, also lief sie weiter. Dann eine Zeitschrift. Prompt fiel mein Blick auf die halbnackte Frau. „Playboy“ stand drüber. Ich zuckte mit den Schultern und warf sie nach hinten. Eine Packung Zigaretten samt Feuerzeug. Die Packung war noch warm. „Oh Scheiße!“ Ich blickte nach hinten. Gott sei Dank, da war niemand. Dann nahm ich die letzte Schachtel raus. Eine geöffnete Kondompackung kam zum Vorschein. Da hatte ich wohl einem jungen Paar das Auto geklaut. Naja, wer schon zu ner Kiesgrube fahren muss, um mal ganz ungestört zu sein… konnte auch wieder runter gehen.

Ich stand an einer Abzweigung. Eine zeigte nach links, eine nach rechts. Rechts stand: „Wilnsdorf 50km“ und das daneben war unleserlich. Da ich a: von links gekommen war und b: keine 50 Kilometer gelaufen war, nahm ich die linke Abfahrt.

Doch bald kam ich in einen Kreisverkehr. Hier waren auch weitere Autofahrer zu so später Stunde. Die Auto Uhr zeigte 10:21 an. Ich fuhr einem Gold lackierten Ford hinter. Und der fuhr auf die Autobahn.

Ich sah wie er beschleunigte. Der Motor heulte trotzdem. Ich wartete solange bis das Auto anfing zu schalten damit es wieder in den normalen Bereich kam. Dann sah ich auf den Tacho: 80 km/h, 90 km/h, 100, 110, 120. Ich fing an zu zittern. Bei 130 hörte der Wagen vor mir auf zu beschleunigen und zog in die linke Spur. Ich machte es sofort nach und setzte den Blinker.

Nach einiger Zeit hatte ich mich beruhigt. Es ging ganz passabel. Ich fuhr jetzt auf der rechten Spur mit 125 dahin. Eine Ausfahrt nach der anderen schoss an mir vorbei. Dann sah ich das Schild für einen Flughafen. Mutig drosselte ich langsam die Geschwindigkeit und fuhr ab.

Der Flughafen war nicht schwer zu finden. Aber das Geld für die Reise nach Venedig schon. Ich ließ den Wagen einfach stehen und schloss nicht mal ab. Jeder durfte ihn sich nehmen.

Ich ging in den hellerleuchteten Flughafen. Mit meiner eigentümlichen Kleidung fiel ich sofort auf. Ich zog die Kapuze eng um meinen Kopf und sah auf die Abflugliste: „23:00 Abflug London, 23:15 Abflug Berlin“ so ging es weiter bis ich dann das fand was ich suchte: „00:00 Abflug Venedig“ Gut, das Geld und der Pass etc. fehlten aber.

Ich verzweifelte. Der Flughafen leerte sich und die Putzkolonen machten ihre Arbeit. Ich musste so dringend nach Venedig. Aber wie sollte ich das schaffen?! Eine Gruppe Männer kam auf mich zu. „He Püppchen. Lust mit uns einen Trinken zu gehen?!“ grölten sie. „Nein danke, ich trinke nicht.“ sagte ich. „Nein? Na dann vielleicht was anderes?“ Ich wurde hochgezogen und mir wurde grob an den Hintern gefasst. Ich verpasste demjenigen eine schallende Ohrfeige. Dann wurde ich von ihm grob am Kragen hergezogen. „Ich würde mir eher keine Ohrfeige verpassen.“ „Wieso?“ „Nun, sagen wir mal so, die Gefallen, die ich anbiete, sollte man lieber nicht ablehnen. Ich habe viel Einfluss.“ Irgendwie wirkte der Typ gruselig. Währenddessen war meine Kapuze heruntergefallen und der Typ sah mir direkt ins Gesicht. Ein rosaner Schimmer lief ihm über die Augen. „Bist du schön!“ flüsterte er. Ich erstarrte. Der Fluch! Oh Gott und in drei Tagen ist dieser Mann tot! „He Boss, was ist denn?“ fragte sein Kumpel ihn. „Sie ist schön! Wie kann ich dir helfen?“ fragte er mich. Ich schluckte und setzte die Kapuze wieder auf. Meine Gedanken tanzten Tango. Abenteuerliche Gedanken kamen. Ich überlegte kurz. Was hatte der Typ gesagt? „Ich habe viel Einfluss.“ war der einzige Satz der meine Gedanken beherrschte. Spontan sagte ich „Ich muss nach Venedig.“ „Nach Venedig, um die Uhrzeit?“ fragte er und lächelte galant. „Boss? Alles ok?“ „Geht!“ fauchte er seine Leute an. Die Männer gingen. „Wie kann ich da helfen?“ fragte er. „Ich habe weder den Pass noch das Geld.“ sagte ich. „Nicht gut.“ sagte er lächelnd. „Kannst du mir helfen?“ „Es wäre mir eine Ehre Madam!“ Er machte einen tiefen Diener. Der Fluch war furchtbar, ich hasste ihn, aber ich musste einfach nach Venedig. Außerdem konnte ich es nicht mehr rückgängig machen. Er nahm mich mit zum Schalter. Die Frau dahinter verkrampfte sich. „Dieses Mädchen braucht ein Ticket nach Venedig.“ sagte er zu ihr. Sie schluckte. „Klar doch, ihren Pass bitte.“ „Kein Pass.“ sagte er scharf. Sie zittere. „Ist gut, Sie heißen wie?“ fragte sie vorsichtig. „Jennifer Smith.“ sagte der Mann barsch. Die Frau tippte es ein.

Eine viertel Stunde später hatte ich das Flugticket. Ich hielt es in der Hand wie einen Schatz. Und das war es auch. „Musst du wirklich gehen?“ fragte er mich. „Ja, es tut mir leid. Ich kann nicht anders.“ Wie ich diese Dramen verabscheue. „Kann ich mitkommen?“ „Nein, das geht bei besten Willen nicht.“ sagte ich. Er nickte, dann küsste er mich auf die Wange, er roch ekelhaft nach Alkohol, Zigaretten und Schweiß. Seine Bartstoppeln kratzen mich und seine breiten Hände taten fast weh auf meiner zarten Haut. Dagegen waren Serems Hände ja wie Seide. „Ich werde dich vermissen.“ Damit drehte er sich um und ging.

„Letzter Aufruf für den Flug nach Venedig“ hallte die Stimme aus dem Lautsprecher. Ich hatte mich hoffnungslos verlaufen. Da stand ein Flugbegleiter. Meine Schritte lenkten sich von allein. „Entschuldigen Sie, könnten Sie mich bitte zu meinem Flug bringen?“ fragte ich mit piepsiger Stimme. Die Frau drehte sich um. Ich zeigte ihr das Ticket. Sie sah es kurz an und nickte dann. „Folgen sie mir.“ Ich rannte hinter ihr her, sie war groß und ging schnell. „Hier hinein.“ sagte sie freundlich und wies in den Tunnel. Die letzten Nachzügler kamen hinter mir an. Alle in Sommerhemden und Sandalen. Ich ging schnell den Flur entlang. Da kamen Fenster in den Flur. Ich konnte auf den dunklen Flugplatz sehen. Ich war schon wieder so hoch oben, aber ich ging weiter.

An einer Tür standen die Flugbegleiterinnen. „Könnten Sie mir sagen wo ich sitze? Ich fliege das erste Mal.“ sagte ich. Nicht gelogen und dieser riesige Metallvogel sollte fliegen können? Die Frau sah sich das Ticket an. „Sehr wohl Frau Smith, folgen Sie mir.“ Wir gingen durch einen engen Gang. Ein Raumteiler aus Metall kam, darin war ein kleines WC. Dann gingen wir durch einen weiteren Gang. Und schließlich über eine Treppe in den dritten Teil, hier waren nur wenige Sitze. „First Class Madam, hier ist Ihr Sitz!“ Ich setzte mich. Sie schnallte mich an. „Wir starten in Kürze. Sie sollten am besten die ganze Zeit lang angeschnallt bleiben.“ sagte sie förmlich aber freundlich. Ich hielt den Kopf gesenkt und nickte. Sie ging. Um mich herum waren keine großen Gespräche, nur hinten telefonierte jemand. Vor mir hing ein Fernseher. Die Fernbedienung war in meine Sitzlehne eingelassen. Ich konnte durch ein kleines Fenster hinaus schauen.

Eine viertel Stunde später setzte sich das Flugzeug in Bewegung. Es rollte auf die Startbahn. Mir wurde verdammt mulmig. Eine Elfe, die Angst vorm Fliegen hat, na toll.

Erst nach weiteren Minuten beschleunigte der Flieger, wir hoben ab. Ich konnte das sanfte Vibrieren spüren, hörte aber sonst absolut nichts. Das Flugzeug ging in Schräglage, ich spürte es in meinem Magen und an den Getränken, die hier neben mir festgeschnallt standen.

Kurz darauf war alles vorbei. Das Licht wurde jetzt gedimmt. Fahrig schaltete ich das Licht bei mir wieder an und suchte nach etwas um meine Augen abzudecken. Ich fand eine Augenklappe oder sowas ähnliches. Die Stewardess (das Wort hatte ich gerade eben aufgeschnappt) quatschte irgendein Zeug. „Sie dürfen sich, wenn Sie wollen, jetzt abschnallen.“

„Frau Smith?“ Ich wurde geschüttelt. Eine Stewardess machte mich wach. „Wir sind gelandet, Sie dürfen jetzt aussteigen.“ „Danke Ihnen.“ sagte ich und war sofort hellwach. VENEDIG! „Wir sind in Venedig oder?“ Sie schüttelte den Kopf, „Wir sind auf dem Flugplatz Marko Polo, sie können gern einen Shuttlebus nach Venedig nehmen, wie in ihrem Ticket bereits inkludiert ist.“ „Gut, wo find ich denn den?“ „Er steht draußen vor dem Flughafen, man kann Sie hinführen.“ „Danke, das wär toll.“

Mir war furchtbar heiß. Mittlerweile war es fast eine Schnapsidee hierher zu kommen. Es war einfach unerträglich in diesem Bus. Überall die schwatzenden, schwitzenden Menschen um einen herum, der Geruch von Schweiß und zu viel Parfüm drückte meine Stimmung furchtbar.

Ich versteckte mich erst mal vor der sengenden Nachmittagssonne. Der Flug hatte entweder länger gedauert als ich gedacht hatte oder wir waren irgendwo zwischengelandet – natürlich ohne, dass ich es gemerkt hatte. Ich lief zur Innenstadt, einfach immer den italienischen Schildern nach. Ich hoffte zu mindestens, dass „Centro“ Zentrum hieß.

Meine Rettung war ein Italienisches Wörterbuch, das ich auf der Straße fand. Es war zerrissen und vergilbt. Aber Wörter bleiben Wörter oder? Also saß ich in einer kleinen Nebengasse und las ein Wort nach dem anderen durch. Es fiel mir nicht schwer mir irgendwelche Wörter einzuprägen.

Am Abend, als die Sonne endlich weg war, ging ich weiter durch die Straßen. Immer Leonardos Satz im Kopf (schließlich war's ein Satz und kein Gedicht!): „Der Maskenmacher ist ein Elf, wusstest du das nicht? Sei pünktlich und verspäte dich bloß nicht. Die Türen sind offen und wieder zu, er lässt dich nur ein wenn du ein Freund bist, juhu!“

Ich war so erschöpft. Ich hatte nichts mehr gegessen, mein Vorrat war aufgebraucht, hatte nichts getrunken, weil ich vorher eingeschlafen war und absolut fertig. Mir war furchtbar heiß und ich hustete. Jetzt erst merkte ich wieder, wie weh mir die Wunden an meinem Körper taten. Jetzt, wo die Anspannung nachließ.

Irgendwie lenkten sich meine Füße. Ich ging einfach nur müde voran. Und irgendwann bog ich um eine Ecke. Und da stand groß das Schild: „Leonardo Subito;“ und dahinter stand wahrscheinlich Maskenbauer nur auf Italienisch. Ich war so froh und so glücklich, dass ich erst im letzten Moment die Elfen bemerkte, die gerade an die Tür heran traten. Ich schlüpfte hinter eine Hausecke. „Bon Giorno.“ hörte ich Leonardo. Ich glaubte zu mindestens, dass er es war. Wer sollte sonst öffnen und jemanden mit „Bon Giorno“ begrüßen, wo es stockfinstere Nacht war? Und das bekam er prompt von den Wachen zu hören. „Es ist Nacht du Idiot!“ fauchte Titan. „Ich weiß. Ach sieh an, sieh an! Wen haben wir denn da? Was verschafft mir die „Ehre“ eures Besuches?“ Oh, das war schneidender Sarkasmus. Die Stimmung war so dick, dass man sie hätte schneiden können. Einen Moment war es still. „Du hast noch nicht davon gehört?“ fragte Titan scharf. „Wovon gehört? Würdet ihr mich bitte nicht auf die Folter spannen, wie ihr es sonst immer tut?“ „Aliona ist geflohen.“ Leonardo blinzelte erstaunt. Er trat einen Schritt wieder ins Haus hinein, ich konnte ihn schlechter sehen. „Ja stell dir vor, irgendwie hat sie es geschafft aus dem Dorf zu fliehen. Sie hat sich den Zarua Wasserfall hinabgestürzt. Wenn sie überlebt hat, kommt sie wahrscheinlich zu allererst zu dir.“ sagte Titan. „Wieso sollte sie?“ fragte Leonardo. Ich spürte förmlich, wie sein sehendes Auge umher sah. Es lag in seinem eigenen Auge, war aber unabhängig. Und das suchte jetzt die Umgebung ab. Titan deutete nach oben. „Du bist Maskenmacher, sie braucht eine neue Maske!“ Jetzt war Leonardo endgültig baff. „Wieso?“ fragte er. „Ihre Alte ist zerbrochen.“ „Ok, gut, und was jetzt?“ „Wir werden jetzt zu dir rein kommen und nachsehen ob sie da ist!“ „Vergesst es! Ich bin grad beim Abendessen mit meiner Frau!“ empörte sich Leonardo. Aber Titan schob ihn rein. Ich hörte gedämpfte Stimmen, dann schlug die Tür ins Schloss. Mein Herz raste bis zum Hals. Eine Wache blieb noch vor der Tür stehen.

Drinnen wurde gestritten und es polterte. Ich drückte mich in die enge Gasse. Ich durfte nicht entdeckt werden. Aber ich glaubte, dass Leonardo schon wusste wo ich war. Und dann passierte es. Ich stolperte über eine Kiste. Und es schepperte laut. Ich hörte Schritte. „Wer da?“ ehe der Elf um die Ecke kam, sprang ich auf und rannte davon. Und er hinter mir her.

Das ging eine ganze Weile so, er konnte es nicht riskieren in so einem eng bewohnten Stadtteil seine Flügel auszubreiten. Aber er hatte meinen Umriss gesehen. Da blieb er mir dicht auf den Fersen, schließlich könnte ich ein Mensch sein, der das Gespräch belauscht hatte. Ich hörte ihn hinter mir keuchen.

Ich rannte in eine Gasse. Er war noch nicht da. Und plötzlich packten mich zwei starke Hände, rissen mich von den Füßen und zogen mich in ein Haus.

Der Elf rannte an uns vorbei. Er schnaufte wie verrückt. Ich kämpfte momentan nicht gegen die Hände, jedes Geräusch hätte ihn auf uns aufmerksam gemacht. Als seine Schritte verhallten, wollte ich wegrennen. Ich kämpfte gegen die Hände. „Bitte Aliona, ich will dir helfen! Ich bringe dich zu Leonardo!“ Ich keuchte, „Lass mich los!“ „Ich bin dein Freund Aliona! Beruhige dich! Mein Vater schickt mich dich zu holen! Wir sollten zurück, ehe die anderen kommen.“ Seine Stimme war warm und tief. Seine Hände samtig. Er musste doch ein Elf sein. „Vertrau mir, du musst dich ausruhen! Komm wir gehen.“ Aber ich konnte nicht mehr. Ich sank in den Armen zusammen. Die Flucht war zu viel gewesen.

Eine Frau summte leise vor sich hin. Ich lag in einem Bett. Ich war umgezogen worden. Als ich die Augen öffnete lächelte mir eine Elfe ins Gesicht. „Hallo Aliona.“ Ich starrte sie erschrocken an und wollte wegkrabbeln. „WO BIN ICH? NEIN FASSEN SIE MICH NICHT AN!“ schrie ich. „Ruhig Kind! Ich will dir nichts Böses.“ Es waren Schritte zu hören und die Tür ging auf. Meine Hände wurden genommen und auf ein Gesicht gelegt. „Ruhig Aliona, du bist in Sicherheit! Du bist bei mir. Ich bins Leonardo!“ Ich fuhr fahrig über die Bartstoppeln. Er sah noch genauso aus wie in meiner Erinnerung. Hellbraunes, zottliges, strubbliges Haar, ein paar Fältchen und ein liebenswürdiges Lächeln. Seine Augen waren so tief dunkelrot, dass man es schon fast als braun ansehen konnte. „Aliona. Es ist alles gut. Das ist Persephone, meine Frau. Sie ist eine Waldelfe. Sie wird dir die Wunden behandeln. Sei unbesorgt, die Wachen haben wir erfolgreich abgewimmelt.“ Verschwommen sah ich ihn an. „Ich bin in Venedig.“ murmelte ich. Persephone lächelte. „Ja bist du, eigentlich sollten wir dich über das Wie und Wann fragen. Aber erst einmal muss ich das Fieber bekämpfen. Du hast dir eine böse Erkältung eingefangen. Und dazu diese ganzen Wunden. Dein Rücken sieht aus als ob du ausgepeitscht worden wärst. Dein Gesicht und dein Körper sind mit blauen Flecken übersät.“ sagte sie. „Ich wurde ja auch- ausgepeitscht.“ Meine Hände rutschten von Leonardos Wangen, die sich unter meinen Worten verhärtet hatten. Ich glitt entspannt zurück ins Traumland.

Ich spürte frische Verbände an meinem Körper. „He Aliona.“ sagte Persephone leise. Sie richtete mich auf und gab mir eine Schüssel. „Was ist das?“ fragte ich. Sie sah mich erstaunt an. „Hast du noch nie Bohnensuppe gesehen?“ fragte sie mich. Ich roch daran. Es duftete verdammt gut! „Nein, aber es riecht super.“ sagte ich und begann zu essen. Die Suppe war heiß. Und sie schmeckte- schmeckte wunderbar, wie der Schinken. Mein Magen knurrte und verlangte nach mehr. „Ist sie zu heiß, die Suppe?“ fragte sie. „Das hast du gekocht oder?“ Sie nickte. „Mit Leo zusammen, wieso?“ „So etwas Leckeres hab ich noch nie gegessen.“ sagte ich leise und aß weiter. „Das ist doch nur eine Suppe, ich wollte dir eigentlich ein Steak oder so etwas geben, aber Leo hat recht, für deinen zarten Körper wär das zu viel.“ sagte sie. „NUR?! Hast du eine Ahnung was du da sagst?!“ rief ich empört. Sie zuckte verwirrt zurück. „Seit verfluchten 14 Jahren lebe ich von Brot und den Leihgaben der Jäger! Diese Suppe ist das Beste was ich je gegessen hab und du bezeichnest es als NUR?!“ Sie streichelte mir durch die Haare. „Sie müssen dich schwer misshandelt haben.“ sagte sie leise. Ich setzte die Suppenschüssel an und trank die Suppe einfach aus. „Bitte noch eine Schüssel!“ bettelte ich. Sie nickte und lief schnell nach unten.

Vier Schüsseln später ließ ich sie meinen Rücken untersuchen. „Wieso haben sie dich ausgepeitscht?“ fragte sie mich. „Das müssen sie doch öfters getan haben. Da sind auch einige Narben.“ „Ach, ein paar sind von Serems Tritten. Die langen dünnen von seiner Peitsche. Letztes Jahr hat er mich dabei erwischt wie ich bei der Flügel Zeremonie zugeschaut hatte.“ Sie tastete vorsichtig weiter. „Sie haben es dir verboten? Aber das… das ist doch das Wichtigste überhaupt!“ Ich lachte trocken. „Dies Jahr war mein Jahrgang.“ flüsterte ich. „Aber wo sind deine – sie haben dich nicht.“ Sie stockte bei jedem Wort. „Ich bin eine Geächtete. Ich habe nicht das Recht Flügel auszubreiten. Die neusten Wunden sind von einem Verhör. Weil ein 26. Sonnenstein aufgetaucht ist, gaben sie mir die Schuld und haben mich ausgepeitscht, um aus mir herauszuquetschen, dass ich mitten auf der Zeremonie stand.“ sagte ich. „Aber das hast du nicht.“ fragte Persephone. Ich schrie auf als sie eine Wunde berührte. „Tu- das- nie- wieder.“ bettelte ich. „Es tut mir leid.“ sagte sie leise. „Ich muss einige berühren. Die Krusten sind dick und verschmutzt.“ stellte sie fest. „Dann betäub das doch bitte.“ sagte ich zu ihr. „Das mache ich noch, wenn ich anfange diese Wunden zu behandeln, versprochen.“ Sie drehte mich um. „Diese Wunde an der Schulter ist tief. Wovon hast du sie?“ „Ein Armbrustpfeil.“ erklärte ich und tippte drauf. Sie fühlte sich ziemlich taub an. „EIN PFEIL?!“ rief Persephone erschrocken. „Nicht aus Folter, aus Dummheit. Ich bin in die Sonnensteinhalle eingedrungen, um den 26. Kristall zu sehen. Dabei hat ein Wächter auf mich geschossen. Du musst wissen, innerhalb des Dorfes funktionieren keine Feuerwaffen, sondern nur Mechanische. Pfeil, Bogen, Schleuder oder eben Armbrust.“ Sie nickte. „Sie ist gut abgeheilt, aber der Arm muss weiterhin ruhig gehalten werden.“ empfahl sie. „Kein Problem, irgendwie spüre ich meine Finger kaum.“ Sie lächelte. „Das war ich. Ich hab dir eine Beruhigung verpasst, bevor ich dich geweckt habe. Du hast gemurmelt im Schlaf und den Arm gehalten. Er muss dir sehr wehtun. Aber jetzt schlaf lieber weiter.“ Sie legte mich hin und zog mir die Decke hoch. Als sie raus ging rief ich „Persephone!“ Sie drehte sich um „Ich danke euch von Herzen, dass ich hier sein darf.“ „Du bist wie unser Kind Aliona.“ Sie schenkte mir einen Luftkuss und ging dann runter.

Zwei Wochen später hatte ich drei Kilo zugenommen und sah um einiges besser aus. Ich war nicht mehr so abgemagert, meine Augen waren wieder normal und meine spröden Lippen hatten sich geschlossen. Persephone hatte einfach begnadete Hände. Sämtliche Fleischwunden waren narbenlos verheilt, sogar die Armbrustwunde. Ich war noch zu schwach zum Aufstehen, deshalb brachten mir Leo und Persephone immer Essen rauf. Leo quatschte unendlich mit mir, wir holten die 14 Jahre wieder auf, in denen wir nur unsere Briefe hatten. Und er war mehr als bestürzt, als er hörte was sie mir alles angetan hatten. Persephone hatte die Wunde gezeigt und wäre sie nicht seine Frau gewesen, hätte er sein Elfenschwert genommen und wäre post wendend zu Alavin gelaufen. Leo war ein Kunstelf. So nannte ich jedenfalls seinen Stamm. Sie waren begnadet in sämtlichen künstlerischen Handwerken, Schnitzen, Töpfern, Malen, Bildhauern. Alles konnte er. Und zur Kunst zählten Elfen auch die Sprache. Überall wo er gewesen war, und das waren viele Länder, konnte er die Sprachen fließend sprechen, als wäre er ein Einheimischer.

„Deine Haare gehören geschnitten.“ bemerkte er, als seine Finger versuchten durch meine widerspenstige, verfilzte Mähne zu gleiten. „Ich weiß, aber ich sehe so aus, weil sie mir nie eine Schere gegeben haben.“ erklärte ich nüchtern. „Persephone will dir das sowieso die ganze Zeit machen. Sie wird dich bald baden und dir die Haare zurechtmachen. Ich hoffe, dass sie nicht allzu viel wegschneiden muss, ich mag diese Farbe.“ sagte er und küsste mich auf die Stirn. Er streichelte meine Hände. „Du bist groß geworden in all den Jahren. Und ich alter Mann sehe immer noch das kleine glückliche Mädchen vor mir sitzen, das du einmal warst.“ „Alter Mann, haha. Du siehst nicht älter aus als 40.“ stellte ich fest. Er seufzte. „Du weißt Elfen altern so gut wie gar nicht.“ „Natürlich.“ Ich lächelte. Dann lehnte ich mich an seine Schulter. Sanft streichelte er mir das Haar. „Es wird jetzt alles gut werden. Du bist dieser Hölle entkommen.“ Ich atmete einige Male tief durch. Dann richtete ich mich auf. „Wieso könnt ihr mich ansehen?“ fragte ich ihn. „Du meinst diesen- Fluch.“ Ich nickte. „Die Wachen haben davon gesprochen. Als ich Cinnamon losgeschickt hatte, um dich zu holen, hörten wir, dass auf deinem Gesicht drei Flüche liegen.“ „Ja, der, der Menschen sich in mich tödlich verlieben lässt, der, der Elfen Höllenqualen zufügt und der, der verhindert, dass ich in die Sonne treten kann.“ Er nickte. „Du weißt, wie gut ich in Magie bin. Deshalb habe ich über uns drei mehrere Schutzzauber gesprochen. Ich wollte nicht, dass du uns durch Brillen oder so etwas ansehen musst und denkst wir würden uns vor dir fürchten.“ „Wer ist Cinnamon? Dein Neffe?“ fragte ich ihn. Er lachte auf. Das Lachen kam aus dem tiefen Inneren seines Brustkorbes, ließ ihn vibrieren, stieg zu seinem Kehlkopf auf, der das Ganze zu einem angenehmen Summen vereinigte. Als sein Lachen abebbte sah ich ihn verwirrt an. Er lächelte. Seine Augen blitzten. „Cinnamon ist mein Sohn.“

Die Maske Der Elfen

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