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Kapitel 1 Eine unerwartete Spritztour

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Megan Culiver vergriff sich etwas im Ton, als sie ihrer Freundin die Kurzreise schmackhaft machen wollte. Ihre patzige Rede war nur Ausdruck ihrer Hilflosigkeit, einer trauernden Witwe und Mutter die Lebenslust zurückzugeben.

»Es ist es jetzt vier Jahre her, seit … seit das Unglück geschah. Du kannst dich nicht für den Rest deines Lebens vergraben. Don hätte das bestimmt nicht gewollt, und im umgekehrten Fall …«

»Aber leider bin nicht ich mit Mikey, unserem entzückenden Sohn, zusammen ums Leben gekommen, sondern mein Mann«, sagte Katie Palmer matt. Wie sehr sie diese Diskussionen hasste. Alle meinten es nur gut mit ihr, aber keiner konnte wirklich nachvollziehen, was sie erlitten hatte, nicht einmal ansatzweise. »Warum wollt ihr alle nicht einsehen, dass mir nicht danach zumute ist, mich zu vergnügen? Lasst mir doch einfach meine Ruhe!«

»Also entschuldige mal, du bist monatelang von Fachleuten umsorgt worden. Sie hätten dich bestimmt nicht entlassen, wenn sie nicht der Meinung gewesen wären, dass du bereit bist, ins Leben zurückzukehren. Wann willst du damit anfangen? Ich will dich nicht zu einer wilden Party überreden oder zu einem Besuch in einem Vergnügungspark, sondern schlage dir nur vor, eine kleine Bootstour zu machen. Ein paar Tage auf andere Gedanken kommen, neue Eindrücke gewinnen, das würde dir bestimmt gut tun.«

»Wenn ich Lust auf die Bermudas hätte, könnte ich in zweieinhalb Stunden mit dem Flugzeug reisen und bräuchte nicht tagelang auf dem Boot unterwegs sein.«

»Aber das ist doch gerade das Abenteuer«, ließ Megan nicht locker. »Alleine würdest du so etwas nie machen. Und jetzt hast du Gelegenheit, unter Freunden zu sein und mit ihnen die Tage und Nächte auf See zu genießen. Und was heißt schon tagelang? Wenn ein Motorboot mit zehn Knoten fährt, sind es gut vier Tage. Das Boot von Terry schafft fünfundzwanzig Knoten, also brauchen wir weniger als die Hälfte.«

»Ich halte diesen Terry Sullivan für einen ziemlichen Schnösel und kann nicht behaupten, dass er mir sonderlich sympathisch ist.«

»Du sollst ihn ja nicht heiraten. Er ist witzig und gescheit, und vor allem großzügig.«

»Kein Wunder, wenn man von Beruf Sohn ist … der stiehlt dem Herrgott den Tag und wirft das Geld mit offenen Händen hinaus.«

»Lass ihn doch, wer hat, der hat. Du müsstest mal sein Appartement sehen – alles vom Feinsten, sag ich dir. Na ja, eben Fisher Island, eine ganz andere Welt.«

»Eben, wenn ich schon höre, dass man die Einladung eines Bewohners vorweisen muss, um die Insel überhaupt betreten zu dürfen. Auf der Privatfähre werden Name und Passnummer registriert, und der einladende Bewohner wird telefonisch informiert. Ein Affenzirkus, den ich ziemlich lächerlich finde.«

»Das musst du verstehen, immerhin haben Stars wie Madonna, Julia Roberts, Ricky Martin und Arnold Schwarzenegger dort ihre Zweit- oder Drittwohnung. Da müssen schon Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden.«

»Pah«, machte Katie, »ich bin gar nicht scharf darauf, diese Leute von Angesicht zu Angesicht zu sehen, damit ich mir nicht eine Illusion zerstöre.«

»Die Chance, einen von ihnen zu treffen, dürfte äußerst gering sein, Darling …« Megan zog eine Schnute, als hätte man sie persönlich beleidigt.

»Trotzdem, das ist einfach nicht meine Welt. Wie bist du eigentlich an diesen Terry geraten? Gehst du mit ihm in die Kiste? Steht er auf Aschenputtel?«

»Du bist gemein. Nein, Caleb hat ihn mir vorgestellt. Der kommt übrigens auch mit.«

»Na, wenigstens ein vernünftiger Typ, obwohl … wenn er Terry Sullivan zu seinem Bekanntenkreis zählt …«

»Sei doch nicht so. Die beiden haben sich beim Golf kennengelernt. Und weil sie sich sympathisch waren, hat Terry Caleb zu sich auf die Insel eingeladen. Du weißt ja, dass es auf Fisher Island mehrere Golfplätze gibt … Ich habe Caleb dort abgeholt, und bei der Gelegenheit hat uns Terry sein Luxusappartement gezeigt.«

»Das wahrscheinlich nicht ihm, sondern seinen Eltern gehört …«

»Ist doch egal. Jedenfalls protzt Terry nicht mit seinem Reichtum. Das siehst du schon daran, dass er keine Luxusyacht fährt, sondern ein ganz normales Motorboot. Trotzdem ist er immer sehr spendabel. Wenn man mit ihm zusammen ist, fließt der Champagner in Strömen«, schwärmte Megan.

»Du erwartest jetzt aber nicht, dass mich das beeindruckt?«

»Meine Güte, gönn doch anderen, ein bisschen Spaß am Leben zu haben … Entschuldige …«

»Schon gut. Ich frage mich nur, was ich unter diesen Leuten soll …«

»Dinge erleben, die sich nicht jedermann leisten kann. Außerdem hast du gerade noch gesagt, dass du Caleb für vernünftig hältst.«

»Ja, den Eindruck macht er jedenfalls auf mich. Wer soll denn sonst noch mitfahren?«

»Terrys derzeitige Flamme, Fallon Walker. Ich habe sie nur einmal gesehen. Typ unbedarfte Blondine, wenn du mich fragst. Ich weiß nicht, was Männer an solchen Frauen finden. Und dann noch ein Kumpel von Terry, Chris Ellis mit seiner Freundin Savannah Bird. Die sind beide sehr nett. Und Brady Holland, ein Schulfreund von Terry.«

»Den ihr dann wohl für mich auserkoren habt. Ich meine, drei Liebespaare und zwei Singles … das riecht förmlich nach einem Kuppelversuch.«

»Ich muss dich enttäuschen. Brady ist glaube ich schwul.«

»Das enttäuscht mich gar nicht, im Gegenteil. Vielleicht finde ich eine neue Freundin, wenn es mit dir und Caleb ernst wird …«

»Du bist unmöglich. Heißt das, du kommst mit?«

»Erwarte noch keine Zusage, aber ich werde darüber nachdenken.«

Katie ließ sich Zeit für ihre Entscheidung. Sie war nicht der Typ des Abenteurers, und eine Fahrt auf hoher See konnte es in sich haben. Zwei Tage hin oder her. Was anderes wäre es auf einem Kreuzfahrtschiff gewesen, nur konnte sie sich so etwas nicht leisten. Terry Sullivans Motorboot musste dagegen wie eine Nussschale anmuten. Wenn sie in einen Sturm oder eine der gefährlichen Strömungen gerieten … dann Gnade ihnen Gott. Außerdem war ihr der Mythos des Bermudadreiecks, das auch Teufelsdreieck genannt wurde, nur allzu bekannt. Dort sollten im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Schiffe und sogar Flugzeuge auf Nimmerwiedersehen verschwunden sein. Das in den siebziger Jahren erschienene Buch The Bermuda Triangle von Charles Berlitz und J. Manson hatte sie geradezu verschlungen. Dabei war der Begriff Bermudadreieck schon 1963 von Vincent Gaddis geprägt worden. Es hieß sogar, schon Christoph Kolumbus habe von einem Verrücktspielen der Kompasse und einer „Flamme“, die aufs Meer stürzte, berichtet.

Katie war nicht unbedingt ein Angsthase, schließlich gab es in Miami die Hurrikansaison, die offiziell vom 1. Juni bis zum 30. November dauerte, aber außerhalb dieser Periode war die Bildung von tropischen Wirbelstürmen nicht gerade ungewöhnlich. Ob Hurrikan oder Wirbelsturm, dabei befand man sich besser an Land und nicht auf offener See, dachte sie. Andererseits hatten sie gerade Ende Oktober, und in Miami konnte es noch bis zu dreißig Grad warm werden, während es in Bermuda schon angenehm kühler war.

Auch wollte sie Megan nicht enttäuschen. Die Freundin hatte ihr in der schweren Zeit unerschütterlich beigestanden, auch wenn man sie mitunter nicht vorlassen wollte oder Katie keinen Besuch an sich heranließ. Nach dem Verlust von Mann und Sohn war Katie völlig zusammengebrochen, was jeder verstehen konnte. Monatelang hatte sie unter dem Einfluss von schweren Beruhigungsmitteln regelrecht dahinvegetiert. Mehr als einmal hatte sie in Betracht gezogen, ihren Lieben zu folgen. Davon, dass sie öfter Don und Mikey vor sich gesehen hatte, als wären sie zu Besuch in ihr Zimmer gekommen, hatte sie keinem erzählt.

Megan mit ihrer etwas oberflächlichen, aber durchaus herzlichen Art, war nicht die Gesellschaft, die Katie in dieser schlimmen Zeit bevorzugte, doch die Freundin tat, als bemerke sie nicht Katies Vorbehalte und war immer wieder auf sie zugegangen. Als Bedienung in einem der Strandcafés von Miami Beach war sie es gewohnt, auf Ablehnung zu stoßen oder gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ihr robustes Naturell bewahrte sie stets vor tiefer gehenden Verletzungen.

Dieser Terry schien zwar ein Windhund zu sein, wie er im Buche steht, doch unwahrscheinlich, dass er sich absichtlich in Gefahr brachte, überlegte Katie. Dazu lebte er viel zu gerne, wenn auch auf Kosten anderer. Bestimmt hatte er die Überfahrt schon unzählige Male gemacht oder wusste zumindest, was er tat.

Die anderen Mitfahrer kannte sie nur flüchtig oder nur vom Sehen, außer Caleb. Der sympathische und etwas ältere Mann als Megan mit glänzendem Aussehen schien an Megan einen Narren gefressen zu haben, sonst würde er nicht standhaft übersehen, dass Megan in gewisser Weise nur mit ihm spielte. Katie kannte Megans Geschmack, was Männer anbetraf, sehr genau. Caleb Morgan gehörte nicht zu ihrem Beuteschema. Wahrscheinlich gefiel ihr nur, wie er sie seit längerem umwarb, und da gerade kein anderer da war … Caleb tat Katie sogar ein bisschen leid. Und so ganz verstand sie auch nicht, was zwischen den beiden ablief. Der charismatische Mann hätte bestimmt ganz andere Frauen haben können, doch vielleicht gefiel er sich auch in der Opferrolle. Wer konnte schon in einen anderen Menschen hineinsehen?

Megan hatte jubiliert, als Katie schließlich zusagte, an der Bootstour teilzunehmen. Am frühen Samstagmorgen trafen die beiden Frauen im Yachthafen der Fischerinsel ein. Terry Sullivan, ganz in Weiß gekleidet, sonnengebräunt wie immer und mit dunklen Naturlocken, ließ einen Moment seine derzeitige Liebste, Fallon Walker, los, um den Frauen galant an Bord zu helfen und ihre Koffer zu übernehmen. Fallon, die ebenfalls weiße Kleidung trug, aber für Katies Geschmack etwas zu offenherzig dekolletiert war und ihre blond aufgehellten Haare mit einem knallroten Tuch bändigte, nickte hoheitsvoll und lächelte säuerlich.

»Na, hat dir mein Dad freigegeben?«, fragte Terry Katie.

»Das war nicht nötig«, mischte sich Megan ein, »sie hat noch ihren gesamten Jahresurlaub zu beanspruchen.«

Wayne Sullivan, Terrys Vater, hatte mit Immobilien ein Vermögen gemacht und unterhielt noch immer mehrere Maklerbüros in der Stadt. In einem davon, im Art Déco District von Miami Beach gelegen, arbeitete Katie. Sie nahm gerne täglich die achtzehn Kilometer von ihrer Wohnung in Miami in Kauf, denn sie liebte das historische Viertel am Ocean Drive, in dem es noch immer Gebäude aus den 1930er und 1940er Jahren gab mit ihren abgerundeten Formen und lieblichen Pastellfarben. Der Abriss war durch Proteste von Bürgerinitiativen verhindert worden. Bei Touristen, jungen Leuten und besonders „Gaypeople“ war dieses, als Sehenswürdigkeit geltende Areal sehr beliebt.

Doch es gab auch eine dunkle Seite von Miami. Die Viertel Little Haiti und Little Havana, von Einwanderern aus Kuba und Haiti gegründet und im Laufe der Jahre zu einem sozialen Brennpunkt geworden. Dort trieben Jugendbanden oder auch sogenannte Straßengangs ihr Unwesen. Einst eine Minderheit, belegten diese Einwanderer mittlerweile in etwa ein Drittel von Miami. Und es kam immer wieder zu Auseinandersetzungen und sogar Morden zwischen den verschiedenen Gruppen. Man vermutete, dass Miamis Drogen- und Waffenhandel von diesen Banden beherrscht wurde.

»Du wirst lachen, deinen alten Herrn habe ich bis heute nicht zu Gesicht bekommen«, übernahm Katie wieder das Wort. »Außerdem ist es meine Provision, die mir während meiner Abwesenheit flöten geht.«

»Daddy hat es nicht mehr nötig, nach dem Rechten zu sehen. Das überlässt er jetzt seinen Geschäftsführern. Doch viel hast du nicht versäumt, er kann ganz schön bärbeißig sein.«

»Nur so kommt man zu was«, sagte Katie. »Ist Caleb schon eingetroffen?«

»Nein, bisher nicht. Ich wundere mich, dass ihr nicht zusammen kommt.«

»Er wollte einen Umweg machen und uns abholen, doch das fand ich übertrieben«, meinte Katie. »Schließlich sind wir beide schon große Mädchen. Sicher wird er gleich kommen, Megan, wenn er es sich nicht anders überlegt hat.«

»Keine Sorge, den hab ich fest im Griff. Wenn er bis jetzt nicht angerufen hat, kommt er auch«, sagte Megan. »Sind denn die anderen schon da?«

»Ja, sie warten im Salon. Dort gibt es ein zweites Frühstück. Aber jetzt zeige ich euch erst einmal eure Kabine.«

Unter Deck saßen bereits Chris Ellis mit seiner Freundin Savannah Bird auf der gemütlichen, halbrunden Sitzbank gegenüber der Küchenzeile. Er, ein eher unscheinbarer Bursche mit kurzen, braunen Haaren, sie, mit dunklen, fast schwarzen Haaren, die sie windschnittig aufgesteckt trug. Brady Holland, der seine rötlich blonden Haare superkurz trug, dem man seine Veranlagung aber nicht auf den ersten Blick ansah, bediente sich gerade am Büffet.«

»Hereinspaziert«, sagte er lächelnd. »Auf dass das Haus voll werde.« Dabei blitzten seine strahlend blauen Augen schelmisch, während Chris und Savannah nur kurz winkten und sich dann wieder ihrem Lachstoast widmeten.

Terry stellte die Koffer in eine der drei Kabinen. Besser, er warf sie mit großem Schwung auf das bequeme Doppelbett. »Wie ihr euch aufteilt, überlasse ich euch«, sagte er grinsend. »Der Masterbedroom im Bug ist allerdings für mich und Fallon reserviert.«

»Man beachte die Reihenfolge«, meinte Megan spitz.

»Ein Doppelbett beanspruchen Chris und Savannah, und dieses hier könnte euch beiden gehören, falls Megan nicht mit Caleb zusammen nächtigen will«, sprach Terry unbeirrt weiter. »Brady hat schon signalisiert, mit einer Koje in dem kleineren Raum mit zwei Etagenbetten zufrieden zu sein. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass du, Katie, mit Brady in einem Raum schlafen willst, wäre es vielleicht angebrachter, dass Caleb dies tut. Dabei übernehme ich keine Verantwortung für die Nacht.«

»Was denkst du denn?«, protestierte Megan. »Caleb ist dem eigenen Geschlecht gegenüber völlig resistent.«

»Wie schön für dich. Also, wie gesagt, wie ihr euch aufteilt, sei euch überlassen. Ach so, zusätzlich gibt es noch vier Badezimmer. Bis später dann.«

»So viel zu dem kleinen Motorboot«, sagte Katie, als Terry draußen war. »Ich schätze, diese Yacht ist mindestens zwanzig Meter lang, wenn nicht noch mehr. Und die Ausstattung … alles holzgetäfelt … geradezu luxuriös.«

»Sei doch froh. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dir lieber wäre, dich in enge Kabinen zu quetschen. Genieße doch einfach den Luxus …«

Das Gespräch wurde unterbrochen, als Caleb eintraf.

»Entschuldigt, aber die Fähre hätte mich fast nicht mitgenommen, weil ich die Einladung nicht finden konnte«, sagte er schwitzend. »Ich dachte schon, ihr seid ohne mich in See gestochen.«

»Sei nicht albern, wir fahren doch nicht ohne dich«, sagte Megan. »Aber vielleicht willst du dir noch einmal überlegen, ob du mitkommst. Du müsstest dir nämlich die Kabine mit Brady teilen, weil man Katie nicht zumuten kann, dies zu tun.«

»Hört doch auf, mich wie mit Glacéhandschuhen zu behandeln«, sagte Katie ärgerlich. »Mir macht es nichts aus, mit einem Mann in einem Raum zu schlafen. Noch dazu, wo es sich um Etagenbetten handelt. Deiner Aussage nach soll er doch an Frauen nicht interessiert sein. Also wozu die Aufregung?«

»Ja, ich dachte nur …«, sagte Megan kleinlaut.

»Selbstverständlich überlasse ich dir und Katie diese Kabine«, warf Caleb ein. »Wir Männer sind da weniger anspruchsvoll.«

»Du bist ein Schatz, aber dass mir keine Klagen kommen …Vielleicht solltest du eine Blechhose anziehen.«

»Du übertreibst mal wieder schamlos«, sagte Katie grummelnd. »Es ist noch gar nicht erwiesen, dass dieser Brady wirklich schwul ist. Und wenn, diese Art von Männern nehmen auch nicht jeden. Das ist ein weit verbreitetes Vorurteil. Es wäre ein Zufall, wenn Caleb sein Typ wäre.«

»Du musst es ja wissen«, sagte Megan gereizt. »Vielleicht komme ich mit diesen Leuten in unserem Café mehr in Berührung als du in deiner Branche.«

»Dann solltest du besser informiert sein …«

»Bevor ihr noch die Messer wetzt, ich habe meinen Standpunkt klargelegt«, sagte Caleb bestimmt. »Ich bin Gentleman genug, einer Lady den Vorzug zu lassen.«

»Und was ist mit mir? Vielleicht hätte ich gerne romantische Nächte mit dir auf See verbracht …«

»Megan, du gehst mir gelinde gesagt auf die Nerven«, sagte Katie. »Vielleicht könntest du dich mal entscheiden.«

»Es bleibt dabei. Wir können noch genug Nächte zusammen verbringen, Schatz.« Caleb nahm Megan zärtlich in den Arm. »So, und jetzt sehe ich mir meine Schlafgelegenheit an. Wir treffen uns dann im Salon.«

»Na, das kann ja heiter werden«, meinte Katie und öffnete ihren Koffer, damit die Sachen nicht noch mehr knitterten.

Wenig später richtete Terry das Wort an alle Anwesenden, indem er ihnen mit einem Glas Champagner zuprostete.

»Herzlich willkommen, meine Lieben! Ich hoffe, ihr wisst, worauf ihr euch da einlasst. Zwischenzeitlich könnte es etwas ungemütlich werden, doch ihr seid in guten Händen. Ich habe diese Tour schon mehrmals unternommen, und wie ihr seht, weile ich noch unbeschadet unter den Lebenden. Wir legen jetzt gleich ab, und dann geht’s los. Für euer leibliches Wohl, was das Essen und Trinken angeht, ist reichlich gesorgt. Bedient euch einfach. Doch gebe ich zu bedenken, das manches Essen schneller wieder zum Vorschein kommt als gedacht. Wer also das Bedürfnis verspürt, etwas wieder loszuwerden, der möge dies bitte nicht an der Reling tun. Es könnte sonst eine ziemliche Sauerei geben, wenn wir Gegenwind haben.«

»Keine Sorge, wir haben unsere Reiseapotheke dabei«, sagte Savannah und erntete dafür Zustimmung von allen anderen.

Der Tag verlief heiter und gelöst. Während Terry auf seinem weichen Polstersessel hinter dem Steuer thronte und Fallon ihm nicht von der Seite wich, hatten sich die anderen an Bord verteilt. Megan, Caleb, Savannah und Chris sonnten sich auf dem Oberdeck, und Katie und Brady saßen noch immer auf dem halbrunden Sofa und schlürften einen Cocktail.

Katie war etwas nachdenklich geworden, denn Terrys Ankündigung hatte sie ein wenig verunsichert. Sie nahm sich vor, ihn im Auge zu behalten und ihn notfalls zu bremsen, wenn er es mit der Geschwindigkeit übertreiben würde.

Brady schien ihre Gedanken erraten zu haben.

»Ich hoffe, Terry hat nicht vor, die Yacht auf volle fünfunddreißig Knoten zu beschleunigen«, sagte er plötzlich. »Also, mir kommt es auf eine Stunde mehr oder weniger nicht an.«

»Mir auch nicht. Megan meinte, die Yacht macht nur fünfundzwanzig Knoten …«

»Dann hat sie geflunkert. Wahrscheinlich wollte sie dich nicht beunruhigen.«

»So ein Biest. Sag mal, was geschieht eigentlich nachts? Terry wird doch auch ein paar Stunden die Augen zumachen wollen. Hat die Yacht einen Autopiloten wie ein Flugzeug?«

»Soviel ich weiß, ja. Der Autopilot berücksichtigt auch Schlingerbewegungen, die durch Seegang, Windböen oder Strömungen auftreten. Aber Chris will Terry später ablösen, der hat nämlich auch einen Bootsführerschein, den man für solch große Schiffe braucht.«

»Dann bin ich ja beruhigt«, atmete Katie auf. »Ich hatte schon Sorge, wir treiben führerlos übers Meer. Kein besonders ermutigender Gedanke. Der Technik vertraue ich nämlich nicht restlos.«

»Hast du Angst, wir könnten das gleiche Schicksal wie die Titanic erleiden?«, witzelte Brady. »Ich kann dich beruhigen, Eisberge sind in dieser Gegend eher selten.«

»Sehr komisch. Nein, aber es soll hier sehr gefährliche Strömungen geben und plötzlich auftretende orkanartige Stürme. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so eine Yacht diese Umstände von allein berücksichtigt.«

»Doch, soll sie wohl, aber ich war nie so ein Junge, der sich für Autos und alles Technische interessierte. Lieber habe ich meiner Mom einen neuen Fummel genäht.«

Katie lachte herzhaft. »Dann scheint es zu stimmen, was man hinter vorgehaltener Hand über dich munkelt.«

»Du meinst, dass ich gay bin? Ich würde eher sagen, metrosexuell. Ich weiß durchaus die Vorzüge beider Geschlechter zu würdigen.«

»Vielen Dank für deine Offenheit.«

»Warum nicht? Ich habe nichts zu verbergen. Wenigstens habe ich dich einmal zum Lachen gebracht. Für einen Augenblick waren deine Augen weniger traurig.«

»Nun ja, du wirst ja vielleicht wissen … was ich hinter mir habe … Ich fange gerade erst an, aus meinem Schneckenhaus hervorzukriechen.«

»Ja, ich habe davon gehört … eine schreckliche Geschichte. Sei dir meines aufrichtigen Mitgefühls bewusst … und meiner Bewunderung, wie du das alles verkraftet hast.«

»Danke, doch ich habe Jahre dafür gebraucht. Und ob ich es letztendlich verkraftet habe, würde ich nicht so ohne Weiteres unterschreiben. Manchmal fühle ich mich wie ein Automat, der seiner Beschäftigung nachgeht und im Leerlauf läuft, weil ihn niemand abstellt.«

»Meinen Glückwunsch, dass du dich uns angeschlossen hast. Du wirst sehen, wir werden viel Spaß haben. Und wenn dir mal mehr nach einem ernsthaften Gespräch zumute ist, ich stehe jederzeit zur Verfügung.«

»Lieb von dir, du beschämst mich. Wenn du so weitermachst, glaube ich noch, dass es ein Fehler war, nicht mit dir die Kabine zu teilen …«

»Stand das zur Diskussion? Ach so, wegen der Pärchen. Andererseits habe ich es mit Caleb nicht so schlecht getroffen. Ich mag reifere Herren, besonders, wenn sie so männlich sind.«

Katie kicherte. »Lass das bloß nicht Megan hören. Die ist schon ganz krank vor Sorge, behauptet aber, Caleb sei gegenüber männlicher Zuwendung immun.«

»Dann wollen wir ihr den Glauben lassen. Bis sie eines Besseren belehrt wird.«

»Das kann ja heiter werden, wiederholte sich Katie innerhalb weniger Stunden, musste aber dabei lächeln.

Schiff der Verdammnis

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