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Kapitel 2

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Schon zu lange hatte Tandor unter den Angriffen dieser Barbaren leiden müssen. Zu lange hatten sie eine Schneide der Verwüstung und Plünderung hinterlassen. Zu lange waren Händler überfallen, Dörfer geplündert und Gehöfte niedergebrannt worden. Zu lange hatten die wilden Horden unter Ikran Khan die Ostgrenze Valoriens unsicher gemacht. Aber dies würde sein Ende finden, hier und heute. Dies hatte Herzog Celan seinem Volk versprochen, bevor er vor fünf Tagen aus Taarl losgezogen war, und er würde sein Versprechen einhalten, unter allen Umständen.

Herzog Celan von Tandor war vor neun Jahren, nach dem Tod seines Vaters in der Schlacht am Eisentor, zum Herzog von Tandor erhoben worden. Mit seinen lediglich achtundzwanzig Jahren war er der Jüngste der drei Herzöge und zugleich der Einzige, der seine Streitkräfte noch selbst anführte. Celan war von kräftigem Wuchs, hatte schwarze Haare und ein normalerweise rasiertes Gesicht, auf dem sich aber aufgrund seines Feldzuges schon schwarze Stoppeln abzeichneten. Sein Blick aus grünlich grauen Augen war kalt und berechnend. Wie es sich für ihn als Ritter gebot trug er eine schwere Plattenrüstung, die in der Sonne glänzte, und sein Ritterschwert Wolfsfang an der Seite. Das Schwert trug er in einer goldenen Scheide, die mit Rubinen besetzt war. Der Knauf des Schwertes war dem Kopf eines Wolfes nachempfunden, statt der Augen waren zwei Rubine eingesetzt. Sein Wappenschild zeigte das Wappen Tandors: auf rotem Hintergrund war ein aufrecht stehender, dunkelgrauer Wolf zu sehen, der einen weißen Schild in der Hand hielt, auf dem ein roter Stern abgebildet war. Dieses Wappen war nicht nur auf seinem Schild zu sehen, sondern wurde von jedem Reiter, der sich hinter dem Herzog befand, getragen, und dies waren immerhin an die fünfhundert Mann.

Celan sah aus dem Augenwinkel, wie sich einer seiner engsten Vertrauten, Forgat von Fendron, ihm näherte. Hoffentlich mit guten Neuigkeiten über die Kampfbereitschaft der Truppen und die Bewegungen des Feindes.

„Forgat, was hast du zu berichten?“, begrüßte Celan seinen ehemaligen Knappen, der nun Junker war.

„Euer Gnaden, wir haben gerade Nachricht erhalten, dass Freital seine Truppen formiert hat. Die Späher berichten, dass sich der Feind mit großer Geschwindigkeit nähert und schon bald auf den östlichen Hügel zu sehen sein müsste. In maximal einer Stunde wird die Schlacht beginnen. Außerdem wurden einige feindliche Späher abgefangen. Wir gehen im Moment nicht davon aus, dass der Feind unsere Überlegenheit durchschaut hat.“

Forgat von Fendron war der jüngste Sohn des Herzogs von Fendron und hatte zwei ältere Brüder. Er war ein kleines Stück größer wie sein Herr und von ebenso kräftiger Statur, obwohl er erst das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte. Seine hellbraunen Haare hatten einige blonde Strähnen, die sich in leichte Locken legten. Schon früh hatte er sich als besonders geschickt in der Kampf- und Reitkunst bewiesen und war deshalb von seinem Vater nach Tandor geschickt worden, um hier seine Knappschaft zu absolvieren. Nach dem Ende seiner Knappschaft vor kurzem hatte er dem Herzog versprochen, noch mindestens fünf weitere Jahre in dessen Dienst zu stehen. Zum einen bewunderte er den Herzog, zum anderen erhoffte er noch mehr zu lernen, was er in Fendron nicht erfahren konnte. Das Leben hier war anders als in Fendron, rauer, härter, eher eines Mannes würdig.

„Das sind wahrlich gute Neuigkeiten“, empfing der Herzog die gute Nachricht. Dann wandte er sich an seinen zweiten Vertrauten, Ulf von Darbenkort, der einst Knappe bei seinem Vater gewesen war. Im Unterschied zu diesem war er lebendig aus der Schlacht am Eisentor zurückgekehrt. Ulf war ein ausgezeichneter Mann, um Dinge zu erledigen. Er hinterfragte Befehle nicht, er konnte Männer gut anführen und er hatte keinerlei Skrupel, wenn etwas dem Wohl Tandors diente. Obwohl er eher von kleiner Statur war, war er kräftig und ein gefürchteter Kämpfer. Sein Haupt war von keinem Haar geschmückt, ebenso wie sein grobschlächtiges Gesicht mit den kleinen braunen Augen mit einem finsteren Blick. Als Waffe führte er stets einen stachelbesetzten Streitkolben.

„Ulf, befiehl den Männern sich bereit zu machen. Sie sollen aufsitzen und jederzeit bereit zur Schlacht sein. Und führe die Männer hinter den Hügel, sodass sie aus östlicher Richtung nicht zu erkennen sind. Dann komm zu mir und Forgat auf die Spitze des Hügels“, sagte der Herzog zu Ulf und ritt dann mit Forgat zusammen den Hügel hoch, an dessen Fuß die tandorische Reiterei versammelt war.

Celan hatte lange über einen geeigneten Ort für die Schlacht nachgedacht und sich für dieses Tal entschieden, da es geradezu ideal für seinen Plan war. Das unbewohnte Tal war im Norden durch die Dunkelzinnen begrenzt, in den anderen drei Richtungen von Hügeln umgeben, wobei der Hügel im Süden, auf dem sich der Herzog befand, besonders steil anstieg und von der Mitte des Tals nicht zu erklimmen war. Von hier oben hatte er einen kompletten Überblick über das Geschehen der Schlacht ohne Gefahr zu laufen, einem direkten Angriff ausgesetzt zu sein. Nachdem er sich für einen Ort entschieden hatte war es ein Leichtes gewesen, durch gezielte Scharmützel und kleine Angriffe durch seine Leichte Kavallerie das Hauptheer des Feindes in diese Richtung zu locken. Die Urben mochten ein gefürchtetes Reitervolk sein, was zu Pferd selbst der mächtigen tandorischen Kavallerie überlegen war, aber für einen ausgefeilten Sinn für Strategie und Taktik waren sie nicht bekannt.

Oben auf dem Hügel angekommen schaute Celan in das Tal hinunter, das außer einigen kleinen Bäumen und Felsen ein ebenes Gelände bot, ein Fakt, der die Urben einladen würden, da sie sich überlegen fühlten. Dies würde sich aber als trügerisch herausstellen, wenn alles nach Celans Plan verlief. Im westlichen Teil des Tales sah der Herzog den Großteil seiner Streitmacht aufgestellt. Das Zentrum bestand aus schwerer Infanterie, ansonsten waren die Fußtruppen aus Schildträgern mit Äxten oder anderen Hiebwaffen und einfachen Speerträgern zusammengesetzt. Celans eigentlicher Trumpf befand sich aber hinter den tandorischen Fußsoldaten. Lange hatte er mit sich gehadert, war zu stolz gewesen, und hatte gedacht, er könne die Urben alleine besiegen. Nach den vermehrten Übergriffen und Niederlagen der letzten Jahre hatte er jedoch seinem Stolz nachgeben und seinen Nachbarn Rethas um Unterstützung bitten müssen. Und diese Unterstützung war die wohl beste Waffe gegen die die Urben, gegen deren Kampfweise Infanterie und die tandorische Kavallerie nahezu machtlos waren.

Rethas stellte die besten Bogenschützen Valoriens, und dreihundert mit Langbögen ausgerüstete Rethaner befanden sich hinter der tandorischen Infanterie. Unter der Führung des rethanischen Ritters Arthur von Freital hatten sie sich so platziert, dass sie nicht zu sehen waren, zumindest nicht von der Position, von der die Urben angreifen würden. Erst kurz bevor die feindliche Reiterei die tandorische Kampflinie erreichte, würden die Urben von einem Pfeilhagel empfangen werden. Dies würde die Urben unerwartet und tödlich treffen, dessen war sich Celan sicher.

Arthur von Freital stach deutlich aus den Rittern Valoriens hervor. Das einzige Zeichen seiner Würde war sein Schwert in einer bronzenen Scheide mit roten Berylls verziert. Obwohl er kurz vor einer Schlacht war, trug er jedoch nicht wie die anderen Ritter eine Plattenrüstung. Auch einen großen Wappenschild oder ein schwer gepanzertes Pferd würde man bei dem Ritter lange suchen können. Stattdessen trug er als Rüstung lediglich eine Lederweste, in die mehrere Metallplatten eingenäht waren, dazu trug er eher die typische Kleidung eines Jägers oder Waldläufers. An Unterarmen und Beinen hatte er mit Nieten beschlagene Stulpen, seine Kleidung war in grün und braun Tönen gehalten und er trug einen schweren, grünen Mantel. Um seinen Kopf trug er ein ledernes Band, in dem auf seiner Stirn sehr klein sein Wappen abgebildet war, ein roter, auf allen Vieren stehender Fuchs auf dunkelgrünem Grund. Sein Schwert hing an einem Gürtel, an dem außer mehreren Gürteltaschen noch ein grünes Wappen mit einem schwarzen Pfeil befestig war. Das Bild wurde von einem Köcher auf dem Rücken abgerundet, in der Hand trug er einen rethanischen Langbogen. Auch sein wettergegerbtes Gesicht wirkte mit den vielen rotbraunen Haaren und dem zotteligen Vollbart eher wie das eines Bauern, denn eines Adeligen. Nur die dunkelbraunen, fast schwarzen Augen, strahlten eine herrschaftliche Würde aus. Sein Körper war muskulös und wirkte dennoch agil und sehnig, insbesondere da er im Vergleich zu anderen Männern eher klein war.

Ähnlich gekleidet wie Arthur hockten links und rechts von dem Ritter die Bogenschützen aus Rethas hinter der tandorischen Infanterie. Es gehörte zu dem Schlachtplan des Herzogs, an dem auch Arthur mitgearbeitet hatte, dass die Bogenschützen erst in letzter Minute vom Feind gesehen wurden. Die Rethaner trugen das Wappen ihres Herzogs, ein grüner Baum der zwischen zwei schwarzen Bergen zu sehen war. Auf dem weißen Hintergrund prangte über dieser Dreierformation ein grüner Stern. Nur etwa fünfzig Mann um Freital herum trugen dieses Wappen nicht, stattdessen trugen sie ebenso ein Gürtelwappen wie der Ritter. Die Bogenschützen aus Rethas wirkten ruhig, eine Eigenschaft, die ein guter Bogenschütze brauchte. Außerdem konnten sie relativ hoffnungsvoll der Schlacht entgegenblickten, da sie sich in der letzten Reihe und somit am weitesten entfernt vom Feind befanden.

Arthur schaute auf den Hügel hoch, auf den gerade der Herzog von Tandor mit seinen engsten Getreuen ritt. Von hier unten konnte man nicht erkennen, dass sich jenseits dieses Hügels die tandorische Reiterei auf den Angriff vorbereitete. Diese wilden Urben würden hier ihr blaues Wunder erleben, wenn sie einem der größten valorischen Strategen dieser Zeit entgegentraten, dem Herzog von Tandor, dessen war sich Arthur sicher. Der Bote hatte berichtet, dass der Feind in keiner großen Entfernung mehr war und bald in dem Tal eintreffen würde. Noch einmal schaute Arthur nach Links und Rechts und sah in die entschlossenen Gesichter seiner langjährigen Weggefährten, die zum Teil schon damals bei der Verteidigung der Ostwacht gestritten hatten. Es war gut, stets Freunde um sich zu haben. Ob es jetzt Hagen war, Arthurs Cousin, der ihm fast aus dem Gesicht geschnitten war, oder Jorgen, der Sohn eines Schmiedes aus Freital, der selber Oberarme wie ein Bär hatte, oder Wulf, der bestimmt schon über fünfzigjährige ergraute Jäger und Kämpfer, oder William, oder Georg, oder Rogar, oder alle anderen braven Freitaler, die sich bei den Schwarzen Pfeilen zusammenfanden. Man würde sich wieder viel zu erzählen haben, wenn man nach dem Kampf am Lagerfeuer auf die erfolgreiche Schlacht anstieß. Arthur schaute nach vorne. Bald schon würde der Feind da sein.

Ikran Khan, der einstmalige Stammesführer der Urboi Kjit, war mittlerweile unumstrittener Anführer aller Urben. Nach und nach hatte er die vielen zersplitterten Stämme unterworfen oder überzeugt, sich ihm anzuschließen. Majestätisch ritt er vor seinen Reitern, neben ihm seine vier Söhne. Und er wirkte in der Tat wie ein Herrscher: seine schwarzen Haare waren zu mehreren Zöpfen zusammengebunden, die mit edlem Schmuck verziert waren. Auch sein Bart war von kleinen Schmuckstücken durchzogen und reichte ihm bis auf die Brust. Sein Blick stach aber heraus. Ein Blick aus braunen Augen, die einen Mann in die Knie zwingen konnte.

In den letzten Jahren hatte sich das Reitervolk an den Reichtümern Tandors laben können, nun aber waren sie so stark geworden, endgültig in Valorien einzufallen.

Seine Späher hatten von einer Armee des Herzogs von Tandor berichtet. Wenn diese erst besiegt war, dann würde das Tor in das Königreich offen sein, das sich im Südwesten an die Steppen der Urben anschloss. Und dies würde weiteren Reichtum bedeuten. Ikran Khan würde unsterblich werden, dies war stets sein Streben gewesen, und hier sollte es beginnen. Dem Anführer der Urben folgten über eintausend Reiter, was für das sonst eher kleine Volk der Urben, das über weite Steppen verteilt war, eine große Streitmacht war. Die meisten der wilden Reiter waren mit Bögen ausgerüstet, dazu trugen sie Säbel und Speere, einige wenige auch Schilde aus Holz oder Leder.

Ikran Khan gab seinem Pferd die Sporen und erreichte ein gutes Stück vor seinen Söhnen den Hügelkamm. Sein Blick glitt über das Tal, das sich zu seinen Füßen erstreckte. Im westlichen Teil des Tales sah er die Streitmacht der Valoren, die, soweit er erkennen konnte, ausschließlich aus Infanterie bestand. Etwa tausend Mann glaubte er zu erkennen, eine durchaus ordentliche Streitmacht. Dennoch suchte er im Tal nach weiteren Anzeichen von Soldaten, da er sich nicht vorstellen konnte, dass tandorische Infanterie ohne Unterstützung durch Kavallerie reiste, deren Qualität immerhin fast an die der Urben heranreichte. Dann erkannte er die einzelnen Reiter auf der Spitze des südlichen Hügels. Er lächelte. Dahinter versteckte sich also die Kavallerie Tandors. Er schätzte diese nicht auf mehr als dreihundert Pferde, zumindest besagten dies in etwa seine letzten Berichte, die er von seinen Spähern erhalten hatte. Mit den Fußtruppen waren seine Feinde den Urben zahlenmäßig leicht überlegen, was für Ikran Khan einen sicheren Sieg bedeutete. Seine Söhne schlossen zu ihm auf und gemeinsam besprachen sie den Schlachtplan in der groben und harten Sprache der Urben.

Die Strategie der Urben sah fast immer gleich aus: Man ritt bis auf etwa fünfzig Schritt an den Feind heran, um ihn mit Pfeilen zu spicken. Wenn der Feind vorrückte, zog man sich zurück, was aufgrund der Schnelligkeit der leichten Reiterei der Urben bei keinem Gegner eine Schwierigkeit darstellte. Wenn der Feind ausreichend geschwächt war durchbrach man dessen Linien und löschte ihn endgültig aus. Wenn es möglich war, griff man vorher noch seine Flanken an, um zusätzlich Unruhe zu stiften.

In dieser Form war auch der Plan von Ikran Khan gestrickt. Nur musste er mit seinen Truppen darauf achten, wie sich die feindliche Reiterei verhielt. Er war sich sicher, dass der Herzog von Tandor versuchen würde, ihn und seine Männer zu umschließen und sie dann in den Nahkampf mit der Infanterie zu drängen, den die urbischen Reiter gegen die valorischen Speerträger verlieren mussten. Doch soweit würde er es nicht kommen lassen. Wenn die feindliche Reiterei auftauchte, würde sich die gesamte urbische Streitmacht dieser zuwenden, um sie zu zerschlagen. Danach würde die restliche Infanterie ausgelöscht werden. Der Plan war einfach, aber Ikran Khan war sich sicher, dass er erfolgreich sein würde und er eine weitere Schlacht in seine Siege einreihen konnte.

Dann ließ er das Signal zum Angriff geben.

Celan von Tandor mochte den Ritter Arthur von Freital nicht. Er beschmutzte einfach die Ehre des Reiches und der valorischen Ritterschaft. Und dieser gehörten neben den großen Männern dieser Zeit auch die größten Helden der Altvorderen an. Sein Verhalten, seine Kleidung, sein Umgang mit einfachen Soldaten, dies entsprach einfach nicht dem, was Celan von einem Adeligen und Ritter erwartete. Zudem war Freital vorlaut, zeigte kaum Respekt, selbst ihm als Herzog gegenüber nicht, und mischte sich ständig unter das Volk. Und diese Dinge waren nur die Ersten, die Celan einfielen, wenn er daran dachte, wieso er Arthur von Freital nicht mochte.

Aber diesmal konnte er nicht abstreiten, dass die Kampfart von Freital und seinen Gefolgsleuten genau in seinen Plan passte. Nicht nur waren sie ausgezeichnete Bogenschützen, wohl die besten ganz Valoriens, sondern sie waren auch noch unauffällig und konnten, wenn sie wollten, absolut ungesehen bleiben. Von hier oben fiel es selbst ihm schwer, obwohl er über die Anwesenheit der Rethaner wusste, diese zu erkennen. Dann blickte er erneut zu den östlichen Hügeln und erkannte erste Reiter. Es ging also los. Er zog seinen Helm über und sah, wie mehr und mehr urbische Reiter sichtbar wurden. Seinen Spähern zufolge waren es ungefähr eintausend Reiter, eine stattliche Streitmacht, dennoch etwa zwei zu eins den tandorischen Soldaten unterlegen.

Celan hatte in den letzten Jahren, in denen sein Land von den Übergriffen geplagt worden war, viel Geld aufgewendet, um möglichst heimlich große Streitkräfte auszuheben. Und dies zahlte sich jetzt auch aus, zumindest hoffte er, dass der Feind über ihre wahre Stärke im Dunkeln war. Er schaute erneut zu den Urben. Und dann begann der Angriff.

„Forgat, halte dich bereit Freital das Signal zu geben, Ulf, halte dich bereit den Angriff unserer Reiter zu befehligen.“, befahl der Herzog seinen Untergebenen, während er zusah, wie sich die Horde der Urben in das Tal ergoss. Sie waren wirklich furchteinflößende Krieger. Celan versuchte den Abstand zwischen der ersten Reihe der Urben und der Linie seiner Krieger, die sich keinen Schritt bewegten, möglichst gut einzuschätzen. Bei seiner Strategie ging es um Genauigkeit, Genauigkeit bei dem Abstand der gegenüberstehenden Feinden und Genauigkeit bei dem Zeitpunkt, an dem die einzelnen tandorischen Soldaten angreifen sollte. Alles war genau durchdacht, jetzt konnte der Herzog nur noch hoffen, dass sein Plan aufgehen würde.

„Wohlgeboren, der Feind ist auf dem Hügel zu sehen.“, informierte ein tandorischer Soldat Arthur von dem Eintreffen der Urben, das er jedoch selbst schon längst erkannt hatte.

„Danke mein Junge, dann geh zurück auf deine Position“, entgegnete der dem Soldaten, um sich dann an seine Männer zu richten.

„Die Bögen besehnen und Pfeile bereit legen, niemand schießt vor meinem Kommando, und bleibt unten, sodass euch der Feind nicht sehen kann. Ich wünsche euch allen viel Glück, möge dieser Tag ein guter für uns werden.“

Dann steckte er vor sich fünf Pfeile in den Boden und spannte seinen eigenen Bogen mit der Sehne aus Hanf. Gerade für die ersten Schüsse war es von elementarer Wichtigkeit, schnell zu sein. Die ersten Pfeile, die auf die Urben nieder regnen sollten, sollten alle möglichst schnell hintereinander kommen, sodass diese nicht reagieren konnten, bevor es eigentlich schon zu spät war.

Arthur sah deutlich beeindruckt, wie die Lawine aus urbischen Reitern in das Tal rollte. Eine riesige Staubwolke bildete sich hinter dem Heer des Feindes. Wie Herzog Celan ihm berichtet hatte, schätze auch Arthur den Feind auf etwa eintausend Mann. Als die Urben näher kamen, spürte er wie die Erde zu zittern begann. Die Schläge der viertausend Hufe, die auf den harten Steinboden des Tales schlugen, ließen nicht nur das ganze Tal erzittern, sondern erzeugten auch ein ohrenbetäubendes Getöse. Der Lärm wurde im Norden von den Hängen des Gebirges zurückgeworfen und baute sich so weiter auf. Zusammen mit dem wilden Kriegsgeschrei der Steppenkrieger bildete dies eine Atmosphäre, die jedem Soldaten bis ins Mark fuhr. Arthur sah gerade in den Gesichtern der jüngeren Soldaten Angst und schwindende Zuversicht.

In den Augen der Rethaner war jedoch fast ausschließlich Entschlossenheit zu sehen. Viele waren alte Veteranen und kampferfahren. Trotz aller Angst regte sich kein Krieger in den tandorischen Reihen. Wie ein Fels blieben die Soldaten stehen. Da erschallten die ersten Befehle über die Linien der Infanterie. Arthur selbst führte nur die Bogenschützen, die restlichen Männer wurden von einem tandorischen General geführt. Den Befehlen folgend begaben sich die Tandorer in Kampfformation. Ein Schildwall wurde gebildet, dazwischen wurden die Speere nach vorne gerichtet, um den Ansturm der Reiter aufzuhalten. Die Spannung wuchs, der Feind näherte sich, aber immer noch war kein Zeichen von Celan zu sehen. Arthur blickte zu dem Südhügel, auf dem der Herzog zu sehen war.

Fünfzig Schritte, dies war ungefähr die übliche Angriffsdistanz der Urben. Einhundertfünfzig Schritte, das war die Distanz, die ihm Arthur mitgeteilt, auf der seine Bogenschützen gut schießen konnten. Darüber war nur ungenaues Schießen möglich. Celan konnte gut Distanzen abschätzen. Die Urben waren noch gut sechshundert Schritte entfernt und näherten sich schnell. Noch fünfhundert Schritte. Celan hob die Hand. Forgat umschloss mit seiner Hand das Banner des Herzogs. Noch vierhundert Schritte. Celan konzentrierte sich. Jetzt wurde es ernst. Noch dreihundert Schritte. Noch einen kurzen Moment zögerte der Herzog, dann ließ er seine Hand sinken.

Forgat schwenkte das herzogliche Banner deutlich sichtbar über seinem Kopf und folgte danach seinem Herzog, der sich abwendete um zu seinen Reitern herunter zu reiten. Jetzt sollte es also beginnen.

Arthur sah den Feind sich nähern. Vielleicht täuschte er sich, aber die Urben sahen schon sehr nah aus. Der Lärm war mittlerweile kaum mehr ertragbar. Die ersten Pfeile schlugen vor den Reihen der tandorischen Soldaten ein. Es mangelte den Urben wirklich an Disziplin, aber das war bei einem solchen Kampfstil wohl auch nicht nötig. Arthur blickte erneut auf den Hügel. Dann sah er das Zeichen. Blitzschnell erhob er sich, und ebenso taten es alle Bogenschützen neben ihm. Er zog die Sehne des Bogens nach hinten. Der Feind war schon nah, vielleicht einhundert Schritt.

„Treu und Ehr!“, brüllte er so laut, dass es selbst gegen der Lärm der feindlichen Reiterei zu hören war.

„Valorien!“ erschallte es aus den Kehlen von eineinhalbtausend Valoren und die Pfeile Rethas flogen los.

Mondschein

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