Читать книгу Zu den Klippen von Vanikoro - Jean-Francois de Lapérouse - Страница 18
VIERTES KAPITEL
ОглавлениеDie Cook Bay auf der Osterinsel liegt unter 27 Grad 11 Minuten südlicher Breite und 111 Grad 55 Minuten 30 Sekunden westlicher Länge. Gleich mit Anbruch des Tages ließ ich alles für unsere Landung vorbereiten. Ich durfte hoffen, auf der Insel Freunde zu finden, weil ich alle diejenigen, die tags zuvor an Bord gekommen waren, reichlich beschenkt hatte. Indes war mir aus den Berichten anderer Seefahrer sattsam bekannt, dass man diese Indianer als große Kinder ansehen muss, in denen beim Anblick europäischer Gerätschaften so heftige Begierden entstehen, dass sie sich alles Mögliche einfallen lassen, um ihrer habhaft zu werden. Ich hielt es daher für ratsam, mir rechtzeitig bei ihnen Respekt zu verschaffen, und traf deshalb die Anordnung, unsere Landung mit kriegerischem Pomp zu inszenieren. Diese Wirkung erreichten wir dadurch, dass wir mit vier Booten unter einer Bedeckung von zwölf bewaffneten Soldaten an Land gingen. Herr de Langle und ich hatten ein Gefolge von ungefähr siebzig Personen: Es begleiteten uns alle an Bord befindlichen Wissenschaftler, alle Offiziere außer den diensttuenden sowie die Mannschaften unserer Ruderboote. Am Ufer erwarteten uns vierhundert oder fünfhundert Indianer; sie waren unbewaffnet, einige hatten sich mit einzelnen Stücken gelben oder weißen Stoffs geschmückt, die meisten aber waren vollständig nackt. Mehrere dieser Leute trugen Tätowierungen und hatten ihre Gesichter mit roter Farbe bemalt. Ihr Geschrei und ihr Mienenspiel bekundeten Freude. Sie kamen uns bis ins Wasser entgegen und reichten uns die Hand, um uns beim Aussteigen aus den Booten zu helfen.
Die Höhe der Insel beträgt in dieser Gegend ungefähr zwanzig Fuß; die Berge liegen sieben- bis achthundert Klafter landeinwärts; vom Fuß dieser Berge an fällt das Land sanft zum Meer ab. Diese Fläche ist von einer Grasart bedeckt, die, wie ich glaube, ein gutes Rinderfutter abgäbe. Im Gras liegen obenauf große Wackersteine, die mit denjenigen absolut identisch sind, die man auf Île-de-France8 Giraumons oder Flaschenkürbisse nennt, weil sie in Form und Umfang an diese erinnern. Diese Steine hinderten uns zwar am Gehen, sind aber eine Wohltat der Natur; sie erhalten nämlich den Boden immer feucht und kühl und ersetzen auf diese Weise erquickenden Schatten der Bäume, die die Inselbewohner unbedachterweise schon vor undenklichen Zeiten gefällt haben, mit dem Resultat, dass ihr Land von der heißen Sonne ausgedörrt wird und sie ohne Wassergräben, Bäche und Quellen auskommen müssen. Diese unwissenden Leute hatten nicht herausgefunden, dass es auf kleinen, in einem unermesslichen Ozean liegenden Inseln die Vegetation ist, die die Wolken anzieht und in bergigen Gegenden jene starken Regenfälle hervorruft, die dann in der Form von Quellen und Bächen ein ganzes Eiland bewässern. Darum herrscht auf Inseln ohne hohe, schattenspendende Bäume eine fürchterliche Dürre. Herr de Langle war ganz meiner Meinung, dass dieses Volk seine jetzige traurige Lage bloß der Unwissenheit seiner Vorfahren zuzumessen hat. Auch ist es sehr wahrscheinlich, dass es anderen Südseeinseln nur darum nicht an Wasser gebricht, weil sie glücklicherweise sehr hohe und unzugängliche Gebirge besitzen, in denen es schlechterdings nicht möglich war, alle Bäume abzuholzen. Während meines langen Aufenthalts auf Île-de-France, einer Insel, die mit der Osterinsel eine auffällige Ähnlichkeit aufweist, konnte ich beobachten, dass Bäume, die nicht durch andere Bäume oder durch steinerne Mauern gegen die Seewinde geschützt sind, nicht wachsen können; diese Erfahrung gilt auch für die Osterinsel und erklärt deren Verwüstung. Die Bewohner der Insel sollten sich, statt über ihre längst erloschenen Vulkane, über ihren unklugen Umgang mit der Natur beklagen. Da sich der Mensch aber besser als jedes andere Lebewesen den einmal gegebenen Umständen anpasst, kamen mir diese Insulaner bei Weitem nicht so unglücklich vor, wie Kapitän Cook und der Deutsche Förster sie geschildert haben. Diese kamen freilich nach einer langen, mühseligen Reise hier an, litten Mangel an allem und waren skorbutkrank; sie konnten weder Wasser noch Holz oder Schweine bekommen, einige wenige Hühner, Bananen und Süßkartoffeln halfen ihnen auch nicht viel weiter. So spiegeln ihre Reiseberichte im Grunde nur ihre schlimme Lage. Die unsrige war weitaus günstiger. Die Mannschaft beider Schiffe war kerngesund, wir hatten uns in Chile auf mehrere Monate mit allen nur erdenklichen Vorräten versehen und begehrten von den Bewohnern der Osterinsel weiter nichts als die Erlaubnis, ihnen Wohltaten erweisen zu dürfen. Wir überbrachten diesem Völkchen Schafe, Ziegen und Schweine sowie die Samen von Orangen- und Zitronenbäumen, Baumwolle, Mais und anderen Pflanzenarten, die im dortigen Klima gedeihen konnten.