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3. Unselbstständigkeit der Dienstleistung
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JURIQ-Klausurtipp
Auf dem Prüfungspunkt der Unselbstständigkeit der zu erbringenden Dienstleistung liegt in der Regel der bzw. ein Schwerpunkt der Klausur. An dieser Stelle sollte also der Sachverhalt genau ausgewertet und das Ergebnis im Gutachten umfangreich dargestellt werden. Wer hier lediglich eine halbe Seite schreibt, verschenkt in der Regel wertvolle Punkte!
Im Gegensatz zum Arbeitsvertrag wird die Dienstleistung im Rahmen eines freien Dienstvertrags in Selbstbestimmung und persönlicher Unabhängigkeit erbracht. Der Arbeitnehmer hingegen ist persönlich abhängig und fremdbestimmt durch den Arbeitgeber.
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Die Rechtsprechung hat Beurteilungsgrundsätze entwickelt, die bei der Zuordnung eines Dienstleistenden zum abhängigen Arbeitnehmer helfen können. Es ist aber darauf zu achten, dass ein „Abhaken“ vorgegebener Prüfungspunkte nicht immer zur sachgerechten Lösung führt. Vielmehr ist im Einzelfall auf die einzelnen tatsächlichen und rechtlichen Umstände abzustellen. Hierbei hat in der Regel der tatsächlich gelebte Vertragsinhalt ein höheres Gewicht als die vertraglich festgeschriebenen Regelungen. Denn das tatsächliche Verhalten der Parteien bestimmt maßgeblich den Inhalt des Vertragsverhältnisses, nicht ihre eventuell nur auf dem Papier stehenden Vereinbarungen. Insgesamt sind also sämtliche Umstände des Einzelfalls zu beachten und in ihrer Gesamtheit zu würdigen.[5]
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Eine entscheidende Hilfe bei der Einordnung eines Erwerbstätigen als Arbeitnehmer bietet § 84 Abs. 1 S. 2 HGB:
Selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
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Daraus ist im Umkehrschluss zu folgern: Arbeitnehmer ist, wer seine Tätigkeit gerade nicht im Wesentlichen frei gestalten und auch seine Arbeitszeit nicht frei bestimmen kann, mit anderen Worten weisungsgebunden ist. Man spricht hier von einer persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit wird nicht gefordert.[6]
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Entscheidende Indizien, die zur Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft führen können, sind die Folgenden:
• | Weisungsgebundenheit des Dienstverpflichteten liegt dann vor, wenn er auf die Faktoren Zeit, Inhalt und Ort der Dienstleistung (vgl. § 106 GewO) keinen oder sehr wenig Einfluss hat. |
• | Das Gleiche gilt, wenn der Betroffene in die Organisation des Betriebs des Dienstberechtigten eingegliedert ist. In der neueren Rechtsprechung des BAG tritt dieses Merkmal als eigener Prüfungspunkt etwas in den Hintergrund und geht im Begriff der Weisungsgebundenheit auf.[7] Das BAG geht demnach davon aus, dass der einem umfassenden Weisungsrecht unterliegende Dienstverpflichtete in die Organisation des Dienstberechtigten eingebunden sein muss. |
• | Arbeitnehmer müssen ihre Dienste in der Regel in eigener Person, mithin höchstpersönlich, erbringen. Darf der Vertragspartner andere Personen mit der Erledigung seiner Aufgaben betrauen, spricht dies gegen eine Arbeitnehmereigenschaft. |
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Falls diese Prüfung kein eindeutiges Ergebnis ermöglicht, können weitere Kriterien zur Beurteilung herangezogen werden. Diese stellen im Gegensatz zu den bisher genannten Abgrenzungskriterien jedoch nur schwache Indizien dar:
• | Bezeichnung der Vertragsparteien im Vertrag (Arbeitnehmer, Arbeitgeber). |
• | Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge werden abgeführt. |
• | Der zur Leistung Verpflichtete erhält auch im Krankheitsfall Lohnfortzahlung. |
• | Der zur Leistung Verpflichtete erhält bezahlten Urlaub. |
JURIQ-Klausurtipp
In der Klausur wird in der Regel die Arbeitnehmereigenschaft zu bejahen sein, handelt es sich doch um eine Arbeitsrechtsklausur. Falls die Klausur im Rahmen einer Zivilklausur gestellt wird, müssen Sie im Zweifelsfall den Sachverhalt daraufhin untersuchen, bei welcher Lösung Sie sich mit der Entscheidung für oder gegen das Vorliegen eines Arbeitnehmers die wenigsten Probleme „abschneiden“. Diesen Weg sollten Sie dann wählen.
Beispiel
Der Kläger war über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren für die Beklagte als Fotograf tätig. Basis der Zusammenarbeit war eine schriftliche Vereinbarung, wonach der Kläger ein Unternehmen gründen sollte, um im hauseigenen Studio der Beklagten im Bereich „Möbeldekoration und Möbelfotografie“ Werbefotografie zu betreiben. Die Beklagte sollte neben den Räumlichkeiten auch Handwerker für den Auf- und Abbau der Werbeobjekte zur Verfügung stellen. § 2 der Vereinbarung sah vor, dass die Abrechnung der Fotoaufträge zu den üblichen Konditionen jeweils nach abgeschlossenem Auftrag erfolgen sollte. Die Parteien vereinbarten eine Laufzeit von zunächst 5 Jahren, in beiderseitigem Einvernehmen verlängerbar. Der Kläger brachte seine eigene Fotoausrichtung mit und engagierte auf eigene Rechnung Stylisten. Seine Aufträge bekam er per Fax, später E-Mail. Darin wurde ihm mitgeteilt, welches Möbelprogramm er in welchem Aufbau fotografieren sollte und wie lange und ab wann die Produktion laufen sollte. Die Handwerker bauten dann die Programme auf, die Stylisten dekorierten. Die fertigen Aufnahmen sandte der Kläger an die Beklagte, die ggf. Änderungswünsche mitteilte und erst nach deren Erledigung die Bilder abnahm. Der Kläger wurde nach Rechnungsstellung entlohnt. Im Januar 2009 bearbeitete der Kläger den letzten Auftrag für die Beklagte. Ende 2010 bot er seine Arbeitsleistung an, welche abgelehnt wurde. Anfang 2012 kündigte die Beklagte vorsorglich ein etwaig bestehendes Arbeitsverhältnis. Die Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg. Die LAG-Richter urteilten, dass der Kläger nicht als Arbeitnehmer der Beklagten arbeitete. Weder die Auftragserteilung noch die zeitlichen Vorgaben (auch freie Mitarbeiter müssen sich oft an zeitlichen Gegebenheiten orientieren) sprachen für das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft. Weiterhin war auch die Vorgabe der Möbel (natürlich!) nicht ausreichend: „Zum Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten gehörte ohne Weiteres die Vorgabe der zu fotografierenden Möbel. Geschuldete Tätigkeit des Klägers war das Fotografieren von ihm durch die Beklagte gestellten Möbeln und Möbeldekoration(en). Im Rahmen dieser Vorgabe besaß der Kläger in fotografischer Hinsicht gestalterische Freiheit und Selbstständigkeit. Einer Vorgabe, wie er technisch die Fotografien zu bewerkstelligen hatte, war er nicht ausgesetzt. Er war Fotograf; im Bereich der Technik der Fotografie arbeitete er weisungsfrei.“ Die Abnahme der Fotos durch die Beklagte war ebenfalls kein Grund für die Annahme einer arbeitnehmerschaftlichen Abhängigkeit. Denn auch freie Mitarbeiter seien nicht völlig frei in ihrer Leistungserbringung. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation war nach Ansicht der Richter ebenfalls nicht erkennbar, auch wenn die Tätigkeiten des Kläger „Hand in Hand“ mit Mitarbeitern der Beklagten stattfanden: „Auf- und Abbau der Möbel/der Dekorationen ergaben sich daher aus den sachlichen Erfordernissen der mit dem Kläger vereinbarten Fotoeinsätze, ohne dass der Kläger insoweit in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingegliedert gewesen wäre.“[8]
2. Teil Individualarbeitsrecht › A. Grundbegriffe › III. Arbeitnehmerähnliche Personen