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B. Struktur des Arbeitsrechts
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Dem Grunde nach besteht das Arbeitsrecht aus zwei Gebieten, dem Individualarbeitsrecht und dem Kollektivarbeitsrecht.
Wie im Schaubild erkennbar, werden dem individuellen Arbeitsrecht diejenigen Regelungen zugeordnet, die die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer regeln. Zum kollektiven Arbeitsrecht gehören hingegen Angelegenheiten zwischen Arbeitgebern bzw. ihren Koalitionen (Arbeitgeberverbänden) einerseits und Gewerkschaften und Mitbestimmungsorganen (z.B. Betriebsrat) andererseits.
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Die Zuordnung eines Problems in eines der beiden Teilgebiete ist in der Regel recht einfach. Ähnlich wie in der Verwaltungsklausur bei der Einordnung einer Streitigkeit zum öffentlichen Recht muss man danach fragen, welche Norm den Streit maßgeblich bestimmt und wer an ihm beteiligt ist. Verlangt der Arbeitnehmer etwas von seinem Arbeitgeber, handelt es sich meist um einen Fall aus dem Individualarbeitsrecht. Spielen hingegen zum Beispiel Betriebsräte und ihr Verhältnis zum Arbeitgeber eine Rolle, liegt der Schwerpunkt auf dem kollektiven Recht.
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Selbst wenn ein Fall unproblematisch in eine der beiden Säulen des Arbeitsrechts einsortiert werden kann, darf die jeweils andere Säule aber keinesfalls ignoriert werden. Denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wichtige Normen des anderen Gebiets starken Einfluss auf die Falllösung haben oder haben können.
Beispiel
Der Arbeitnehmer hat einen Arbeitsvertrag mit seinem neuen Arbeitgeber geschlossen, wonach er an einer bestimmten Maschine des Werkes ab dem 1. Februar beschäftigt werden soll.
Der Arbeitgeber bittet den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) um Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers. Der Betriebsrat verweigert die Zustimmung.
Die Situation ist nun Folgende: Der Arbeitnehmer hat ab dem 1. Februar einen vertraglichen Beschäftigungsanspruch an der im Arbeitsvertrag näher bestimmten Maschine. Der Arbeitgeber darf ihn aber nicht an der Maschine einsetzen. Denn: die Einstellung des Arbeitnehmers i.S.d. BetrVG, nämlich die tatsächliche Zuweisung des Arbeitsplatzes an den neuen Arbeitnehmer, bedarf der Zustimmung des Betriebsrats, § 99 Abs. 1 BetrVG. Der Arbeitgeber muss zunächst die fehlende Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen. Dies kann einige Wochen oder Monate dauern.
Macht der Arbeitnehmer nun Anfang Februar seinen Beschäftigungsanspruch geltend, verlangt er die Erfüllung einer rechtlich unmöglichen Leistung.[1] Arbeitslohn steht ihm aber nach den Regeln des Annahmeverzugs trotzdem zu.
Ergebnis: Nach individuellem Arbeitsrecht besteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Beschäftigung, nach kollektivem Recht ist dem Arbeitgeber die Zuweisung des Arbeitnehmers an die Maschine untersagt („betriebsverfassungsrechtliches Beschäftigungsverbot“[2]). Wer nur die individuell-rechtliche Seite des Falles beleuchtet, kommt zur falschen Lösung.
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Das Beispiel zeigt, dass trotz der vermeintlichen Zweiteilung des Arbeitsrechts eine starke Verknüpfung beider Säulen besteht, sodass immer alle einschlägigen Normen beachtet werden müssen, egal welchem Gebiet sie entstammen. Die folgenden Erläuterungen (Teile 2 und 3) sind dem entsprechend auch der besseren Übersichtlichkeit halber zwar in die Bereiche „Individualarbeitsrecht“ und „Kollektivarbeitsrecht“ aufgeteilt. Die Verbindungspunkte werden aber an den jeweiligen Stellen aufgezeigt, sodass beim Lernen bereits eine Sensibilität für beide Säulen betreffende Rechtsprobleme geschaffen wird.
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Zunächst jedoch wird im Folgenden ein kurzer Überblick über die Rechtsquellen des Arbeitsrechts gegeben. Die Kenntnis der Quellen und ihrer Hierarchie ist unabdingbar, weil dadurch Kollisionen verschiedener Normen aufgelöst werden können.