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Kapitel 4

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Es war gerade acht Uhr, als Olivier fertig angezogen, am nächsten Morgen die Treppe herunterkam und zielstrebig auf das Telefon zuging. Der Apparat stand im Wohnzimmer. Vater saß leider auch schon da, die Zeitung in der Hand. Vertieft in den Sportteil sagte er zu Olivier „Guten Morgen“, ohne aufzusehen. Olivier setzte sich neben das Telefon, nahm den Hörer ab und wählte die gestern Abend herausgesuchte Nummer. Er hatte sie sich auf ein Blatt Papier geschrieben. Als Vater die Wählgeräusche hörte, senkte er seine Zeitung etwas und fragte, über den Rand der Zeitung hinwegschauend, „Olivier, wen rufst du denn an?“

„Das Luxemburger Wort, Vater“, erwiderte Olivier ganz lässig.

„Die Zeitung? Wieso denn das?“

„Nun, das ist so. Wir sind dabei, in der Schule eine Schülerzeitung herauszugeben. Ich darf dabei einen Artikel zu einem aktuellen Thema schreiben. Da dachte ich mir, ich könnte doch über die Gäste schreiben, die unser Land in naher Zukunft besuchen wollen.“

„Olivier, wir haben tausende von Gästen täglich. Über wen willst du denn da schreiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendjemanden interessieren könnte.“ Vater lehnte sich zurück, die Zeitung hatte er inzwischen niedergelegt.

„Aber Vater, es geht doch nicht um Touristen, sondern um Staatsgäste oder so!“ Olivier klang etwas verärgert. Wie konnte Vater nur denken, dass er über irgendeinen Touristen schreiben wollte. So einfältig war er doch nicht.

„Ja, wenn das so ist, kann ich dir vielleicht helfen?“ Vater schien plötzlich begeistert zu sein von der Idee, dass sein Sohn einen Artikel über einen Staatsmann schreiben würde.

„Hör mal Olivier, wenn du mit deinem Bericht dann fertig bist, kannst du ihn mir zeigen. Ich kann dir bei der Ausformulierung helfen. Du sollst den besten Artikel von allen haben.“

Auch das noch. Olivier war absolut nicht begeistert von der Idee. Was sollte er jetzt nur machen. In den Ferien auch noch einen Artikel schreiben, das hatte ihm noch gefehlt. Wer war bloß auf diese dumme Ausrede gekommen? Jetzt hatte er aber keine Zeit darüber nachzudenken. Er wählte die Nummer neu und wartete. Endlich nahm jemand ab und Olivier konnte sein Anliegen vorbringen. Er wurde von der Dame in der Telefonzentrale mit der Redaktion verbunden.

Es dauerte einige Minuten bis er den Richtigen an den Apparat bekam. Nach weiteren 5 Minuten sah Vater wie Olivier den Hörer wieder auflegte und ganz aufgeregt aus dem Wohnzimmer stürmte. Vater hatte ihm noch nachgerufen, wer den jetzt nach Luxemburg käme, aber Olivier hatte es schon nicht mehr gehört.

Als er oben, vor Annicks und Isabelles Zimmer, angekommen war, stieß er die Türe auf, vergaß dabei vorher anzuklopfen, und stürzte beinahe über einige Spielsachen, die auf dem Boden lagen. Das Zimmer war noch dunkel, die Rollläden unten und die beiden schienen noch fest zu schlafen. Langsam tastete er sich zum Fenster und zog die Rollläden hoch. Das Zimmer wurde von den Sonnenstrahlen überflutet. Das Wetter ist toll und die zwei Schlafmützen liegen immer noch in den Federn, dachte er sich.

„Aufstehen, es gibt Arbeit“, rief er nun laut. Isabelle und Annick räkelten sich, machten ganz vorsichtig die Augen auf und blinzelten zu Olivier hinüber.

„Was ist denn los?“ Isabelle hatte sich erhoben und sah mit erstauntem Gesicht ihren Bruder an.

„Ich weiß es, ich weiß es, beeilt euch, wir müssen sofort zu Rampi.“

Olivier sprudelte die Worte nur so hervor, man konnte seine Aufregung spüren. Ohne weitere Auskünfte zu geben verließ er das Zimmer der beiden, begab sich in sein eigenes und zog sich vollends an. Er hatte, als er zum Telefonieren gegangen war, nur ein Hemd und eine Hose angezogen. Barfuß war er nach unten gerannt. Es dauerte etwa eine halbe Stunde bis seine zwei Schwestern sich angezogen und vor allem gewaschen hatten. Sie kamen in sein Zimmer, setzten sich aufs Bett und warteten, dass er endlich mit seinen Informationen herausrückte. Langsam begann Olivier mit seinem Bericht. Aber anstatt sofort zum Wichtigsten zu kommen, erzählte er, Vater hätte ihn nach dem Grund des Anrufs gefragt und seine Antwort wäre die abgemachte gewesen, „und jetzt kann ich einen richtigen Bericht schreiben, wenn wir nicht auffliegen wollen. Da müsst ihr aber mithelfen. Es war schließlich eure Idee.“

„Meine war es nicht“, rief Babbel sofort aus.

„Aber du fandest die Idee auch gut.“ Annick sah sich schon alleine den Aufsatz schreiben, weil sie diejenige gewesen war, die die Ausrede erfunden hatte.

„Wir alle müssen jetzt daran arbeiten. Aber jetzt sag uns doch endlich“, wandte sie sich zu ihrem Bruder, „wer denn in den nächsten Wochen nach Luxemburg kommen soll.“

Olivier tat, als ob er die Frage nicht gehört hatte und fragte seinerseits, „habt ihr schon mal was von Merani gehört?“

„Von Serani? Nee, kenn ich nicht, was soll das denn sein?“ Babbel sah ihren Bruder fragend an.

„Nicht Serani, M E R A N I habe ich gesagt“, jeden einzelnen Buchstaben betonend, wiederholte Olivier den Namen.

„Also Merani ist ein kleines Land in Afrika, dort lebt der König Kawali, er ist einer der reichsten Männer der Welt und“, Olivier machte eine kleine Pause um Luft zu holen, „in seinem Land hat man eine Reihe von neuen Ölquellen entdeckt. Der König will sich in drei Wochen auf Kirchberg mit einigen Vertretern von großen Mineralölkonzernen treffen, um diesen Firmen eine Genehmigung zur Ausübung ihres Gewerbes zu erteilen.“ Annick und Isabelle hatten gespannt zugehört.

„Woher weißt du denn so viel über diesen König Kawali.“ Annick war voller Bewunderung für ihren Bruder.

„Das hat man mir heute Morgen am Telefon erzählt. Die Leute von der Zeitung waren richtig gesprächig, als ich sie nach den wichtigsten Besuchern der nächsten Wochen fragte.“

„Aber warum sollte jemand gerade auf diesen König ein Attentat planen?“ Isabelle hatte bei der Frage ihre Stirn gerunzelt, so als wollte sie sagen, das kann doch gar nicht sein, was du da erzählst.

„Nun, es gibt einige Leute in Merani, die den König nicht mögen und die bereits angekündigt haben, dass sie auf jeden Konzernchef schießen würden der mit dem König verhandelt. Daher hat der König sich entschlossen, dieses Treffen bei uns abzuhalten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Bombenleger es auf den König abgesehen hat. Wir sollten jetzt rasch mit Rampi das weitere Vorgehen besprechen.“

Die drei erhoben sich und machten sich auf den Weg zum Dachboden. Gerade als sie nach oben gehen wollten hörten sie Mutter rufen.

„Was wollt ihr denn schon heute Morgen auf dem Dachboden machen? Draußen ist es so schön. Geht doch mal vor die Türe, jetzt wo ihr Ferien habt.“

„Ach, wir möchten uns aber zuerst noch ein wenig oben umsehen, Mami“, rief Annick und sah nach unten, während sie weiter die Treppe hinaufstürmten.

„Rampi, Rampi, wo bist du, komm zeig dich doch endlich, es gibt Neuigkeiten.“ Olivier konnte es kaum erwarten, dem neuen Freund alles zu erzählen. „Na hier bin ich.“ Rampelpampel saß wie immer auf seinem Stuhl. Olivier und die beiden Mädchen erzählten Rampi alles. Manchmal sprachen sie durcheinander. Jeder wollte natürlich das Wichtigste erzählen. Als die Kinder alles berichtet hatten, lehnte das Männchen sich zurück, schlug die Beine übereinander und, man konnte es ihm ansehen, dachte intensiv nach. „Ja“, vernahmen die drei nach einer Weile des Schweigens, „das könnte es sein.“

„Aber wie können wir das nur verhindern?“ Olivier hoffte eine Antwort von Rampi zu bekommen. Das kleine Männchen aber zuckte nur mit den Schultern und schien weiter angestrengt nachzudenken.

„Wir brauchen mehr Informationen“, stellte er schließlich fest.

Der Hausgeist

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