Читать книгу Zwischen "Lügenpresse" und konstruktivem Journalismus - Jens Brehl - Страница 4

Vorwort

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Ich liebe den Beruf des freien Journalisten und kann mir derzeit keine schönere Arbeit vorstellen. Aber eines macht mich zunehmend stutzig: Lerne ich neue Menschen kennen, verspüre ich immer häufiger den Drang, meinen Beruf zu verschweigen. Wenn es sich allerdings nicht umgehen lässt, zähle ich innerlich bis drei, wobei ich meist gar nicht so weit komme.

„Den Medien kann man gar nicht mehr trauen.“ „Alles ist gekauft.“ „Du kannst doch überhaupt nicht frei arbeiten, weil es in Deutschland keine Pressefreiheit gibt!“ Sinngemäß sind es meist die gleichen Vorwürfe. Wenn ich gut gelaunt bin, steige ich kurz in die Diskussion ein, zeige auf, wo und warum auch in den Medien gelogen wird und verweise auf etliche hervorragende Sendungen, Zeitungen und Magazine. Manchmal werden meine Argumente beiseite gewischt, weil sie nicht in das Bild der allzeit bösen Medien fallen. Es kommt aber auch vor, dass ich gar nichts erwidere, weil ich einfach keine Lust auf ein solches Gespräch verspüre. Hinterher frage ich mich, ob ich richtig gehandelt habe. Stimme ich dann aus Sicht meines Gegenübers schweigend zu?

Auf der anderen Seite verkündet mir so mancher Gesprächspartner stolz, dass er keine „BILD“ kauft. Meist sieht er mich dann erwartungsvoll an und scheint förmlich darauf zu warten, dass ich ihm einen Orden an die Brust hefte. Einerseits vermeidet er Umsatz bei einem durchaus fragwürdigen Medium, andererseits fördert er mit keinem Cent den Journalismus, den er sich wünscht. Darauf hingewiesen schaue ich mitunter in verdutzte Gesichter.

Dann fragen mich auch junge Menschen, ob ich meinen Beruf weiterempfehlen kann – was mich in eine Zwickmühle bringt. Ja, es ist einer der tollsten Jobs in der Welt und ja, es ist mitunter frustrierend und hart. Ja, es lohnt sich durchaus, aber sei dir bewusst, dass du manchmal auch kämpfen musst.

Nun sitze ich am Schreibtisch in meinem Medienbüro und wieder gehen mir die Erlebnisse und Diskussionen durch den Kopf. Seit Jahren gewähre ich in meinem Medienblog „Der Freigeber“1 Einblicke hinter die Kulissen der Medienwelt, zeige Zusammenhänge auf, gebe Einsicht in meine Arbeitsweise, in meinen Arbeitsalltag und verweise auf herausragende Projekte. Aber ich widme mich auch Missständen, wie in den Medien zu kurz kommenden Themen oder wo auch bewusst gelogen wird. Doch in mir keimt der Wunsch, tiefer zu gehen und weitere Hintergründe zu erfahren, warum ich in letzter Zeit ein zwiespältiges Verhältnis zu meinem Traumberuf habe.

So mancher Berufskollege rollt an dieser Stelle mit den Augen und denkt sich „Schon wieder einer, der etwas zu meckern hat. Ich tu doch schon mein Bestes. Was soll diese ständige Medienkritik? Was maßt sich dieser einzelne freie Journalist an, von dem ich noch nie etwas gehört habe?“ Mir geht es nicht darum, generell zu verurteilen oder Schuldige an den Pranger zu stellen. Vielmehr möchte ich versuchen, eine vermittelnde Rolle einzunehmen und, wo es möglich ist, auch Brücken zu bauen. Dazu muss ich jedoch offen Fragen stellen und auch unbequeme Wahrheiten ansprechen – womit sich (Qualitäts-)Journalismus gerne (und an einigen Stellen auch zurecht) rühmt. Wir wissen doch, dass unsere Branche nicht perfekt ist und in meinen Augen ist es ein großer Fehler, in der Öffentlichkeit ein anderes Bild zu zeichnen. Leser, Hörer und Zuschauer sind nicht immer so leichtgläubig, wie man annimmt.

In diesem Sinne möchte ich mit unserem Ausflug beginnen und hoffe, möglichst viele Antworten zu finden.

Jens Brehl

im Juni 2017

Zwischen

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