Читать книгу Hasse mich nicht - Jessa James - Страница 12
Jameson
ОглавлениеVor dem Diner, das mein Bruder Forest vorgeschlagen hat, steige ich aus meinem Jeep. Während ich meine Augen vor der Mittagsonne abschirme, wünsche ich mir, ich hätte gestern Nacht nicht noch diesen letzten Drink getrunken. Ich habe definitiv einen Kater.
Ich verrücke meine Ray-Ban Sonnenbrille und laufe in das Diner. Der Laden ist eine leicht heruntergekommene Spelunke, die Forest liebt, innen und außen grell orange gestrichen. Wir essen hier nur ab und zu, aber die Eigentümerin erinnert sich immer an uns.
„Jameson!“, ruft sie, als ich den Laden betrete. Sie steht hinter dem Grill, trägt ihr übliches komplett schwarzes Outfit und grinst von einem Ohr zum anderen.
„Hey, Ms. Parker“, grüße ich sie mit einem Nicken.
Ich mache mir nicht einmal Gedanken über die Tatsache, dass sie meinen Namen etwas falsch ausgesprochen hat. Fakt ist, sie erinnert sich an fast jeden, der hierherkommt, und das ist ziemlich beeindruckend.
Ms. Parker deutet zu dem Tisch in der gegenüberliegenden Ecke, wo Forest bereits sitzt. Ich winke ihr und laufe zu dem Tisch, wo ich mich meinem Bruder gegenüber auf die Bank schiebe.
„Yo“, begrüße ich ihn. „Was läuft?“
Forest nippt an seinem Kaffee, dann gibt er einen zufriedenen Laut von sich. „Nicht viel.“
Die Kellnerin kommt vorbei und ich bestelle mir einen Kaffee und ein Omelett mit gedünstetem Krebsfleisch. Forest bestellt Pommes und Rührei.
Während ich etwas Zucker in meinen schwarzen Kaffee schütte, mustere ich meinen Bruder. Er war erst kürzlich beim Frisör, denn seine Haare sind sehr dicht an seinem Schädel abgeschnitten. Er war schon immer viel adretter als ich und hat sich sogar heute, an seinem freien Tag, rasiert.
„Wie machen sich meine Investitionen, oh magischer Geldbeschwörer?“, witzle ich.
Er denkt eine Sekunde darüber nach. „Gut. Tatsächlich ist das ein Teil dessen, was ich mit dir besprechen möchte.“
„Oh, yeah?“, frage ich. Ich nippe an meinem Kaffee. Er ist dick und schwarz, genau so, wie ich es mag.
„Yeah. Weißt du, dass das Apartment, in dem du und Asher wohnen, Teil eines Duplex ist?“
„Mmh, ich glaube die andere Seite ist voll mit… ich weiß nicht, Zeug vom Eigentümer.“ Der Eigentümer ist ein älterer Mann in seinen Siebzigern und er kommt dieser Tage nicht mehr viel herum.
„Nun, Asher hat seine Fühler ausgestreckt, um in Erfahrung zu bringen, ob der Eigentümer daran interessiert wäre, ihm die Haushälfte zu verkaufen.“
„Echt?“ Ich bin etwas überrascht, dass Asher mir nicht davon erzählt hat, da ich ja angeblich sein Mitbewohner und bester Freund bin.
„Jepp. Er hat gerade erst die Antwort bekommen und der Vermieter ist mehr als glücklich, es loszuwerden.“
„Hm.“ Ich denke darüber nach.
„Der Punkt, warum ich dir das erzähle, ist folgender. Ich denke, du und Asher solltet das Haus gemeinsam kaufen. Dann kann jeder von euch in einer Hälfte wohnen oder eine vermieten oder was auch immer ihr tun wollt. Das Teil ist ein Schnäppchen, nur um die 200.000$. Teilt man das durch zwei, ist das ein wirklich, wirklich guter Preis.“
„Hm“, sage ich erneut. Ich trommele mit den Fingerspitzen auf der Laminatoberfläche des Tisches. „Kann ich mir das leisten?“
„Ohne Probleme. Und es wäre auch eine gute Investition für dich. Ich halte es für eine wirklich vernünftige Idee“
„Cool“, erwidere ich achselzuckend. „Yeah, warum nicht?“
„Nun, ich wollte mich nur vergewissern, dass zwischen euch beiden nichts komisch ist, bevor ich ihm den Vorschlag mache. Ich meine, für dich ist es fast ein No-Brainer.“
Ich nicke langsam, während ich an Emma denke. Sie würde sich definitiv als ‚etwas Komisches‘ zwischen mir und Asher qualifizieren, aber Asher weiß es nicht. Ich habe wegen Asher mit ihr Schluss gemacht, wegen dem, wie er reagieren würde, wenn er es herausfände.
Ich seufze. „Yeah, da ist nichts Komisches zwischen uns.“
Wenigstens nicht mehr.
„Nun, ich nehme an, dass du dich irgendwann für ein Mädchen entscheiden wirst. Und es heißt, dass Mädels es nicht gerade toll finden, wenn ihre Männer Mitbewohner haben, selbst wenn sie sich so nahestehen wie ihr beiden.“
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Ist das eine Aussage über dein Privatleben?“
Forest blickt mich böse an. „Nein.“
„Bist du dir sicher? Denn ich könnte mir gut vorstellen, dass Addison dir auf alle möglichen Arten dumm kommt, weil du noch mit Gunnar zusammenwohnst. Ich schätze mal, dass ein Mädel wie Addison, das offensichtlich aus einer wohlhabenden Familie kommt, deine momentane Wohnsituation nicht gerade spitze findet.“
Es herrscht einige Sekunden Schweigen, in denen Forest in seine Kaffeetasse stiert. Ich habe eigentlich zum Großteil nur Witze gemacht, aber dabei habe ich eindeutig versehentlich einen Nerv getroffen.
„Mir gefällt deine ausbleibende Reaktion nicht. Was ist los bei dir? Ist zwischen dir und Addison alles in Ordnung?“, frage ich nach einer Minute.
Forest schaut zu mir hoch, ein Anflug von Schmerz schimmert in seinen Augen. „Es ist nichts.“
„Bullshit. Was ist los?“
Forest öffnet den Mund, doch in diesem Moment kommt die Kellnerin mit unseren Tellern. Sie stellt mein Omelett und Forests Eier und Pommes ab und füllt anschließend unsere Kaffeetassen auf.
„Braucht ihr Jungs noch etwas anderes?“, fragt sie.
„Nein, Danke“, lehne ich ab, wobei ich mich bemühe, mir meine Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Sobald sie fort ist, richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Forest. „Spuck’s aus.“
Er verdreht die Augen. „Ich bin mir sicher, dass es nicht einmal wichtig ist.“
Ich nehme meine Gabel in die Hand mit der Absicht, mich über mein noch dampfendes Omelett herzumachen. „Es ist offensichtlich wichtig genug, dass du dir Sorgen machst.“
Ich esse einen Happen meines Omeletts, das mir leicht den Mund verbrennt. Aber es ist gut. Ich greife nach der scharfen Sauce, um sie großzügig über meinem Essen zu verteilen.
„Okay, okay. Addys Eltern… sie sind keine normalen Leute. Du weißt ja, dass sie super reich sind, Häuser in Beverly Hills und Aspen, das volle Programm eben. Sie sind super wohlhabend und haben einen Haufen Kontakte.“
Ich ziehe eine Braue hoch. „Ich kenne sie nicht, aber bei Addison habe ich definitiv diesen reiche Mädchen Vibe empfangen.“
„Nun, sie sind definitiv nicht wie ich. Ich habe diese Woche rausgefunden, dass Mr. Montgomery nur Ja gesagt hat, als ich ihn um seinen Segen gebeten habe, weil Addy ihm gedroht hat.“
Ich halte mit einer Gabel voller Essen vor dem Gesicht inne.
„Warte, warum mögen sie dich nicht?“ Ich bin etwas verblüfft von dieser Information.
„Wie sich herausstellt, hat Addy ihnen anscheinend erzählt, dass ich nicht aus den besten Verhältnissen stamme, in Bezug auf meine Familie. In dem Jahr, in dem wir einander gedatet haben, bevor ich ihre Eltern kennenlernte, erzählte sie ihnen scheinbar alles über meine tragische Vergangenheit. Sie ist so verdammt melodramatisch.“
Er untermalt seine Aussage, indem er sich mehrere Pommes in den Mund stopft. Ich blicke ihn mit gerunzelter Stirn an.
„Nun, das ist beschissen. Was sollst du deswegen schon unternehmen?“
Er schüttelt den Kopf. „Ich meine, es gibt nichts, was ich deswegen tun kann, zumindest nicht, dass ich wüsste. Und jedes Mal, wenn ich jetzt über die Hochzeit rede, wirft mir Addy diesen Blick zu. Wie… wäre ich ein paranoider Typ, würde ich sagen, es ist ein wissender Blick. Sie hat irgendetwas geplant oder etwas, das sie mir nicht erzählt.“
Ich halte inne. „Was zum Beispiel?“
„Ich weiß es nicht, Mann. Ich spüre einfach diese wirklich negative Energie, die von ihr zu mir fließt.“
„Denkst du, sie wird die Hochzeit abblasen?“
Er nimmt sich einen Augenblick, um etwas von seinen Eiern zu essen, während er darüber nachdenkt. „Ich weiß es nicht. Es nagt einfach an mir. Es ist wie eine juckende Stelle, an die ich nicht drankomme und die auch einfach nicht verschwindet.“
Ich nicke und esse den letzten Happen meines Omeletts. Ich nippe an meinem Kaffee, während ich mir alles nochmal durch den Kopf gehen lasse. „Was wirst du deswegen unternehmen?“
Forest zuckt mit den Schultern. „Vermutlich nichts. Ich habe sie ein paarmal deswegen gefragt. Sie behauptet, dass alles in Ordnung ist.“
„Tja, ich bin hier vielleicht nicht die beste Wahl, um sich Ratschläge zu holen. Jeder weiß, dass ich verdammt dumm bin –“
„Sag das nicht“, unterbricht er mich mit wütender Miene.
„Ernsthaft? Jedenfalls –“
„Ich meine es bitterernst. Du bist einer der klügsten Menschen, die ich kenne.“
„Jedenfalls“, sage ich und übertöne ihn einfach. „Wenn sich etwas merkwürdig anfühlt, dann ist es das wahrscheinlich auch. Ich denke nicht, dass es verrückt ist, dass du dir deswegen Sorgen machst.“
Er seufzt und schiebt seinen Teller weg. „Danke, Alter. Es ist irgendwie schön zu wissen, dass du das auch so siehst.“
Das war nicht unbedingt das, was ich sagte, aber ich lasse das Thema fallen. Ich leere meine rasch abkühlende Kaffeetasse und die Kellnerin kommt mit einer Kaffeekanne vorbei, um mir nachzuschenken.
„Also… da das hier zu einem Brudergespräch mutiert ist…“, sagt Forest.
Ich schaue neugierig zu ihm hoch. „Yeah?“
„Wirst du mir verraten, wer das Mädel ist, das dir den Laufpass gegeben hat?“
Ich starre ihn finster an. „Wer sagt, dass es da ein Mädel gibt?“
„Ich habe dich in letzter Zeit bei der Arbeit beobachtet. Du bist total abgelenkt und die hälfte der Zeit hast du schlechte Laune. Und das nach einem Monat, in dem du durchgehend der lockere, gelassene, besonders sorglose Jameson warst. Ich müsste blind sein, um nicht zu bemerken, dass irgendetwas los ist.“
„Mädchen kommen und gehen“, räume ich ein. „Das weißt du.“
„Ich meine ja nur, da du eine Weile so auf Wolken geschwebt bist, vielleicht hat sie deinen Kopf ja in die richtige Richtung gedreht. Du solltest darüber nachdenken, welche Macht Betteln in so einer Situation hat.“
Er nippt an seinem Kaffee. Ich zerknülle eine Papierserviette und werfe sie ihm an den Kopf.
„Das ist dafür, dass du davon ausgehst, dass es meine Schuld war“, schimpfe ich.
„Ah! Also gab es ein Mädchen. Ich wusste es!“ Er grinst. „War es jemand, den ich kenne?“
„Als ob ich dir das erzählen würde.“
Er taxiert mich eine lange Sekunde mit zusammengekniffenen Augen. „Es ist nicht Maia, oder?“
„Was? Nein. Du und Gunnar seid so verdammt besessen von ihr, das ist schon nicht mehr lustig.“
„Sie ist heiß!“, verteidigt er sich.
„Alles klar, Mr. Betrügt Mich Meine Verlobte.“
Er starrt mich finster an. „Wechsel jetzt nicht das Thema. Wir reden hier gerade über dich.“
„Reden wir darüber, warum du annimmst, dass sie mit mir Schluss gemacht hat? Denn nur damit du es weißt, ich war derjenige, der diesen Part übernommen hat.“
„Yeah, normalerweise würde ich das auch glauben, aber du warst so glücklich, als du mit dem Mystery-Mädel zusammen warst. Wenn also du die Trennung initiiert hast, dann weil du es musstest. Weil du beispielsweise dazu gezwungen warst.“
Ich schaue hinab auf meine Kaffeetasse. Damit ist er viel zu dicht an die Wahrheit rangekommen. „Vielleicht mochte ich sie einfach nicht so sehr.“
„Um dich zu zitieren, Bullshit. Ich schaue dich gerade an und du kannst mir nicht mal in die Augen blicken, während du das sagst.“
Ich bedenke ihn mit meinem säuerlichsten Blick. „Ja und?“
„Ja und? Ich will damit sagen, wenn du wirklich so sehr an diesem Mädel hängst, dann entschuldige dich für was auch immer du getan hast.“ Ich setze an, Widerworte vorzubringen, doch er hebt eine Hand und stoppt mich. „Versuch nicht einmal mir, weiß zu machen, dass du nichts getan hast, für das man sich entschuldigen müsste. Ich habe ziemliche viele Sendungen von The Bachelorette gesehen, weil das Addys Lieblingsfernsehsendung ist. Der Mann ist immer derjenige, der im Irrtum ist. Jedes einzelne Mal.“
„Du bist doch voller Scheiße“, sage ich und greife nach meinem Geldbeutel. Ich ziehe zwei Zwanziger raus und lasse sie auf den Tisch fallen. „Entschuldige bitte, dass ich keine Ratschläge von dir annehme, okay? Ich erinnere mich noch immer daran, als du dreizehn warst und ständig Ärger hattest, weil du nackte Frauen in die Schultoiletten gezeichnet hast, okay? Ich denke, ich habe genug von deinen Ratschlägen.“
Forest rollt mit den Augen. „Es ist buchstäblich acht Jahre her, seit das passiert ist. Wirst du mich das jemals vergessen lassen?“
„Keine Chance.“ Ich rutsche von der Bank, bereit zu gehen.
Forest redet darüber, dass wir noch weitere Kästen mit Whiskey bestellen müssen, während wir aus dem Restaurant laufen, aber ich höre ihm nur mit halbem Ohr zu.
Denn natürlich hat Forest recht. Viel mehr recht als er weiß. Ich habe Emma wirklich das Herz herausgerissen und bin darauf herumgetrampelt, weil ich wusste, Asher würde das mit uns irgendwann herausfinden.
Und ich konnte es nicht riskieren, meinen besten Freund zu verlieren.
Aber wenn Asher plötzlich aus meinem Leben gelöscht wäre, einfach fort? Ich wäre auf meinen Knien und würde Emma anflehen, mich zurückzunehmen.
Ich seufze und folge Forest hinaus in das helle Mittagslicht.