Читать книгу kontrolliert & korrumpiert - Jessa James - Страница 8
Katherine
ОглавлениеIch wache langsam auf und realisiere, dass ich mit dem Gesicht nach unten liege und auf etwas Hartem ruhe. Ich stemme mich mit zittrigen Armen hoch und sehe mich in dem Raum um, in dem ich mich befinde. Ich liege auf dem Boden des Raumes, meine Körperhitze wird von dem kühlen Beton aufgesaugt. Ich versuche, mich zu konzentrieren.
Ich bin in einer Art kleinem Schlafzimmer mit einem Feldbett, einer kratzigen grauen Wolldecke und einem Eimer. Alles ist trostlos und grau, die gleiche Farbe wie die Betonsteinwände. Es gibt im ganzen Raum, der nicht größer als zweieinhalb mal zweieinhalb Meter sein kann, keine Fenster.
Es ist eine Gefängniszelle, wird mir bewusst. Ich bin in einem Gefängnis und niemand weiß oder schert sich darum, dass ich hier bin.
Dieser Gedanke wirbelt durch meinen Kopf, aber ich kann ihn nicht festhalten. Ich kann gar nichts für allzu lange Zeit festhalten, was momentan in Ordnung für mich ist.
Die Welt ist immer noch verschwommen, was ich auf das Mittel schiebe, das mir die Cops verabreicht haben. Was auch immer sie mir gespritzt haben, hat einen bitteren Geschmack in meinem Mund hinterlassen und sorgt dafür, dass sich sogar meine Knochen schwach anfühlen. Ich setze mich aufrecht hin, als ich bemerke, dass mein hellrosa Kleid fort und mit einem steifen grauen Etuikleid ersetzt worden ist, dessen Stoff an meiner nackten Haut kratzt.
Mein BH ist ebenfalls fort, was bedeutet, dass mich jemand splitternackt gesehen hat, als derjenige mich umgezogen hat. Ich schaue nach einem Slip und bin erleichtert, dass ich noch immer den gleichen weißen Satinslip wie zuvor trage.
Wenigstens der ist noch da.
Ich komme langsam auf meine Füße, denn mein ganzer Körper schmerzt von gestern, als ich um mein Leben rannte. Meine nackten Füße protestieren am meisten. Ich kann frische Blasen spüren, die überall dort, wo meine Zehen Kontakt mit meinen Schuhen hatten, und an meinen Fußballen entstanden sind.
Ich humple zu der gefängnisartigen Tür und presse meine Hände an das flache Metall. Auf halber Höhe befindet sich ein Schlitz in der Tür, gerade mal fünfzehn mal sieben Zentimeter groß. Ich bücke mich, um hindurch zu spähen, wobei mein Körper protestiert. Auf der anderen Seite, so weit ich sehen kann, befindet sich nur ein Stück kahler Wand.
„Hallo?“, rufe ich. „Hallo? Irgendjemand?“
Stille ist die einzige Antwort und sie ist ohrenbetäubend. Ich drehe mich um und blicke in meine winzige Zelle. Mein Gehirn ist immer noch Brei, was mich davon abhält, die schlimmsten Teile meiner Situation zu überdenken.
Tonys Gesichtsausdruck, kurz bevor mich die Cops wegschleiften. Schuld, Besorgnis und vielleicht ein bisschen Selbstgefälligkeit.
Mein Vater, der mich anscheinend an einen unbekannten Käufer verkauft hat. Diese Gefühle kann ich nicht mal entwirren, ohne zornig zu werden, weshalb es besser ist, sie einfach in Ruhe zu lassen.
Die Zukunft ist geheimnisumwoben.
Wo werde ich hingehen?
Wen werde ich dort treffen?
Werde ich überhaupt lange überleben?
Das College wirkt jetzt wie ein weit entfernter Traum.
Stattdessen verbringe ich die nächsten paar Stunden damit, jeden Zentimeter meiner Zelle kennenzulernen. Ich fahre die Fugen zwischen den Betonblöcken nach. Ich ziehe das Feldbett von der Wand weg, wodurch ich eine Stelle in der Ecke entdecke, wo jemand mit irgendeinem Werkzeug ein kleines Loch in den Boden gehämmert hat. Ich falte und entfalte die Decke, durchsuche sie auf versteckte Rätsel.
Ungefähr zwei Stunden später bemerke ich, dass ich pinkeln muss. Und zwar wirklich, wirklich dringend. Ich rufe eine Weile durch den Türschlitz, doch niemand antwortet.
Da niemand zu meiner Hilfe eilt und meine Blase kurz vorm Platzen steht, bin ich gezwungen, den Eimer zu benutzen. Ich gehe darüber in die Hocke und erleichtere mich. Es gibt kein Toilettenpapier oder ähnliches, weshalb ich gezwungen bin, mich trocken tropfen zu lassen.
Dann lege ich mich auf das Feldbett, zitternd und verängstigt. Irgendwann weicht die benebelnde Wirkung der Droge aus meinem Körper. Bebend ziehe ich die Wolldecke um meinen Körper. Doch die Wolle hält nur die kühle Luft von mir fern. Sie kann nicht die Gedanken abwehren, die mich zu überwältigen drohen.
Die mysteriöse Zukunft. Tony. Mein Vater und der Rest meiner Familie. Wird überhaupt irgendjemand wissen, dass ich entführt worden bin?
Diese Gedanken und Varianten davon wiederholen und wiederholen sich, bis ich ein schluchzendes, durchgeknalltes Häufchen Elend bin. Dann weine ich, bis ich keine Tränen mehr habe. Ich schlafe eine Weile. Ich wache auf und erinnere mich daran, wo ich bin. Der Kreis beginnt von vorne.
Stress. Weinen. Schlafen.
Ein ganzer Tag vergeht ohne irgendein Lebenszeichen jenseits meiner Tür. An irgendeinem Punkt setze ich mich neben die Tür und brülle, dass jemand herkommen soll, doch niemand tut es. Nicht einmal, als sich mein Magen vor Hunger zu verkrampfen beginnt.
Erst zu Beginn des dritten Tages höre ich schwere Stiefel durch den Gang auf meine Zelle zukommen.
Ich krabble eilig von dem Feldbett und halte die Wolldecke dicht an mich gepresst.
„Hallo?“, sage ich und halte mein Auge an den Schlitz.
Als ich mich anstrenge, in den Flur zu spähen, kann ich die Gestalt eines großen Mannes, der ganz in schwarz gekleidet ist, auf mich zukommen sehen. Ich starre ihn an, auf seine Glatze, seine Knopfaugen und den grimmen Zug um seinen Mund, auf das steife, starre Paar Schultern. Wenn ich ihn auf der Straße sehen würde, würde ich auf die andere Seite wechseln, um ihm aus dem Weg zu gehen. Doch er ist eine Person und ich habe seit drei Tagen keine Person mehr gesehen.
Als er sich meiner Tür nähert, weiß ich nicht, ob ich eher begeistert oder verängstigt sein soll. Er sagt nichts, während er meine Tür entriegelt und sie aufzieht.
„Komm“, sagt er nur und bedeutet mir, die Zelle zu verlassen. Ich registriere allein an seiner Sprechweise, dass er Russe oder vielleicht Pole oder Ukrainer ist.
„Wo sind wir?“, verlange ich zu wissen, während ich aus einer Mischung aus Kälte und Angst zittere.
„Du nicht sprechen“, befiehlt er und bewegt sich auf mich zu. „Geh raus einfach.“
Ich mustere ihn eine Sekunde und frage mich, ob ich Widerstand leisten soll. Andererseits was genau soll ich hier widerstehen? Ich habe keinen blassen Schimmer, wo ich jetzt bin oder wo er mich hinführen soll.
„Sag mir einfach, wo ich bin –“, flehe ich.
Er unterbricht mich, indem er mich an der Schulter packt. Dort presst er seinen Daumen ins Fleisch, bohrt ihn schmerzhaft in meine Haut, bis ich aufschreie und vor seiner Berührung zurückzuweichen beginne. Ich greife nach ihm und meine Fingernägel finden Halt in seinem fleischigen Unterarm, doch er blinzelt nicht einmal in Reaktion darauf.
„Beweg dich!“, brüllt er und schüttelt mich.
Er reißt die Wolldecke mit seiner freien Hand weg und schiebt mich aus meiner Zelle und in den langen, sterilen Gang. Der Gang ist schockierend weiß und wird nur hier und da von den Türen zu anderen Zellen unterbrochen.
Er beginnt mich nach vorne durch den Gang zu treiben. Die weißen Fliesen unter meinen Füßen sind so kalt wie der Betonboden und zeigen einige Altersspuren wie angeschlagene und gesprungene Fliesen.
Was ist das für ein Ort? Wie viele Leute wurden hier schon gefangen gehalten? Ich zähle mindestens sechs weitere Zellen, während ich an ihnen vorbeigeschleppt werde, doch sie sind alle leer.
Am Ende des Ganges führt mich meine Wache zu einem weiß gestrichenen Treppengang. Ich werde die Stufen halb hinuntergeschleift, Stockwerk um Stockwerk. Jedes Stockwerk sieht genauso aus wie der Gang, den ich gerade hinter mir gelassen habe. Sechs Stockwerke oder sieben… ich verliere rasch den Überblick.
„Wohin bringst du mich?“, frage ich erneut, doch meine Wache starrt mich nur finster an.
Als wir das Erdgeschoss erreichen, öffnet er die Tür und schiebt mich hindurch. Ich stehe vor einem weiteren langen Gang mit Zellen, aber dieser ist anders.
Obwohl ich niemanden sehen kann, weiß ich, dass diese Zellen voller Leute sind. Frauenstimmen. Manche rufen um Hilfe, manche weinen und manche murmeln einfach nur leise.
„Du gehen“, sagt meine Wache und stößt mich nach vorne. „Dritte rechts, das ist deine.“
Ich schlurfe langsam vorwärts und versuche, durch die winzigen Schlitze in den grauen Türen zu sehen, doch ich kann lediglich einige Augenpaare ausmachen. Meine Wache hat kein Interesse an dem Stöhnen und Flehen, das aus den Zellen dringt. Es ist beinahe so, als wäre er immun dagegen. Er scheucht mich vorwärts und zieht die Tür zu meiner Zelle auf.
„Geh rein“, befiehlt er. „Mach dich nackig.“
„Bitte –“, versuche ich es, nur damit sich seine Hand abermals auf meine Schulter legt. Als er dieses Mal seinen Daumen in mein Fleisch bohrt, verursacht er ernsthafte Schäden.
Ich schreie auf und falle auf die Knie, während mir Tränen in die Augen treten. Während ich verblüfft dahocke, geht er und knallt die Tür hinter sich zu.
„Warte!“, rufe ich ihm hinterher. „Bitte warte!“
Doch er ist fort. Ich krabble auf meinen Händen und Knien zur Tür und spähe aus dem Schlitz. Wie zuvor ist er so gemacht, dass ich nur weiße Wände sehen kann. Ich kann eine Menge hören, aber nichts sticht so richtig heraus.
„Hallo?“, rufe ich. „Kann mich irgendjemand hören?“
Falls mich die anderen Frauen hören können, so antwortet mir jedoch niemand. Ich sinke mutlos zu Boden.
Hauptsächlich frage ich mich: was jetzt? Warum bin ich hier? Was wird gleich passieren?
Nicht allzu lange, nachdem meine Wache gegangen ist, öffnet eine winzige alte Asiatin meine Tür. Sie funkelt mich böse an und hält in einer Hand ein schickes weißes Kleid an einem Bügel hoch und ein kleines Täschchen mit Reißverschluss in der anderen.
Ich setze mich aufrecht hin und mustere ihr Gesicht. „Können Sie mir sagen, wo wir sind?“
Falls sie Englisch spricht, so macht sie sich keine Mühe, zu antworten. Stattdessen bedeutet sie mir nur, das Kleid, das ich anhabe, auszuziehen. „Aus!“
„Bitte, wo sind wir?“, sage ich flehend.
Die Frau wirkt perplex und stellt die kleine Tasche ab.
„Aus jetzt!“, sagt sie mit lauter werdender Stimme.
„Nein!“, protestiere ich.
Ein Taser taucht aus den voluminösen Röcken der Frau auf. Sie schwingt ihn ungeduldig vor mir herum. „Aus!“
Ich beiße mir auf die Lippe und schätze die Entfernung zwischen mir, ihr und der Tür ab. Sie ertappt mich beim Schauen und schiebt sich ganz zwischen mich und die Tür. Sie klappert mit dem Bügel.
Ich hätte es nirgendwohin geschafft, selbst wenn ich es versucht hätte. Das weiß ich.
„Aus!“, wiederholt sie, wobei ihre Stimme panischer wird. Sie blickt über ihre Schulter. Mir wird bewusst, dass sie vielleicht auch nicht aus freien Stücken hier ist.
Ich kehre ihr meinen Rücken zu und ziehe das Kleid über meinen Kopf. Die Frau schnalzt mit der Zunge und dreht mich um. Ich erschaudere und versuche, meine Scham mit meinen Händen zu verdecken. Ich bin zutiefst beschämt, doch meine roten Wangen lassen die Frau keineswegs innehalten.
Sie steckt den Taser einfach wieder in ihre Röcke und bedeutet mir, meine Hände über meinen Kopf zu strecken. Ich hebe meine Hände nach oben und sie zieht das Kleid vom Bügel und zwingt es über meinen Kopf nach unten.
Ich helfe ihr dabei, das weiße Tüllkleid über meinen Körper nach unten zu schieben, sodass der weite Rock zu Boden fallen kann. Es ist ein atemberaubendes Kleid. Ich fühle mich dumm, dass ich es trage, weil ich mich seit drei Tagen weder geduscht noch rasiert habe.
Ich will sie fragen, wofür ich so ausstaffiert werde, aber je mehr Zeit ich mit dieser Frau verbringe, desto weniger überzeugt bin ich, dass sie überhaupt irgendetwas weiß.
Die Frau greift sich die kleine Tasche, die sie auf den Boden hat fallen lassen, und zieht den Reißverschluss auf, um ein einfaches Makeup-Kit zu enthüllen. Sie sagt etwas in ihrer Muttersprache und bedeutet mir, mich nicht zu bewegen. Ich schließe die Augen, während sie mit ihren Fingern etwas silbernes Augenmakeup auf meinem Gesicht verteilt und dann eine Menge knallpinkes Rouge mit einem langen Pinsel aufträgt.
Als sie fertig ist, schaut sie mich an und taxiert mich abschätzend. Sie nickt entschlossen und wendet sich dann zum Gehen.
„Warte –“, sage ich, aber sie tut es nicht und schließt die Tür hinter sich.
Stattdessen taucht erneut meine Wache mit einer Spritze in der Hand auf. Meine Augen weiten sich, als ich realisiere, dass ich gleich wieder unter Drogen gesetzt werden werde und ich wehre mich, als er mich packt.
„Nein! Nein, ich will das nicht!“, kreische ich. „Nein, bitte –“
Er injiziert sie mir in den Oberarm, wobei er meine Gegenwehr einfach ignoriert. Doch anstatt, dass alles schwarz wird, scheint die Welt einfach nur weicher zu werden. Das Licht nimmt einen goldenen Schimmer an und mein Interesse daran, Widerstand zu leisten…
Was auch immer das war, es ist jetzt verschwunden.
Meine Wache führt mich am Arm aus der Zelle und ich gehe mit, vollkommen gefügig.