Читать книгу Das Medaillon von Ofon - Jessica Giffard - Страница 6

APOPHIS

Оглавление

Er schloss die Tür und ging in den Wald. Erst hatte ich mir nichts dabei gedacht, sondern nahm an, er müsste sich erleichtern, doch dann begann ich, mich zu wundern, weil er tiefer und tiefer in den Wald hinein ging. Wenn er dringend musste, hätte er auch hinter einem Baum verschwinden können. Warum also war er in den Wald gegangen? Auf einmal hatte ich ein ungutes Gefühl. Warum sollte ich im Auto bleiben?

Nach einer Weile schaute ich auf die Uhr. Es waren zehn Minuten vergangen, eine gefühlte Ewigkeit. Als ich wieder in die Richtung sah, in die er gegangen war, konnte ich nichts erkennen. Wo war er nur hin?

Gerade als ich aussteigen wollte, sah ich ihn zurückkommen. Seine Kleidung war ganz dreckig und das Hemd zerrissen. Was war mit ihm passiert? Ich blieb sitzen und wartete, bis er einstieg.

»Was ist passiert?«

»Später Sarah, lass uns erst zur Villa fahren.«

Die ganze Fahrt über sagte er nichts mehr. Erst als wir ankamen, richtete er wieder das Wort an mich.

»Warte im Arbeitszimmer auf mich!«

Er stieg aus und ging hinein. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend stieg ich ebenfalls aus und ging zur Tür, wo bereits der Butler wartete.

»Guten Tag, Miss Clarus.«

»Guten Tag, Mr. Andors.«

»Bitte treten Sie ein, Mr. Albus kommt gleich.«

Mr. Andors begleitete mich zum Arbeitszimmer, machte die Tür auf und trat zur Seite.

»Treten Sie bitte ein. Brauchen Sie etwas?«

»Ja, bitte. Ein Glas Wasser wäre fein.«

Er verbeugte sich, drehte sich um und schloss ohne ein weiteres Wort die Tür hinter sich. Ich war mir nicht sicher, ob er es verstanden hatte.

Ich schaute mich um, dann setzte ich mich schließlich auf den Sessel und wartete darauf, dass Ben kam. Kurz darauf klopfte es an der Tür. Ohne meine Antwort abzuwarten, öffnete sie sich. Es war der Butler mit einem Glas Wasser.

»Bitte!«

»Danke!«

Er ging wieder hinaus und schloss die Tür hinter sich. Gerade als ich einen Schluck aus dem Glas nehmen wollte, öffnete sich die Tür erneut. Dieses Mal war es Ben. Er hatte sich umgezogen und frisch gemacht.

»Tut mir leid, dass ich dich warten ließ, Sarah. Du willst bestimmt wissen, was eben im Wald passiert ist. Es muss dich beunruhigt haben, als du mich mit zerrissenem Hemd gesehen hast.«

»Ja.«

»Ich sagte doch, dass die Zeit knapp wird. Ich habe seit einigen Tagen gemerkt, dass du verfolgt wirst. Zum Glück sind sie sich nicht ganz sicher, ob sie der richtigen Person folgen, aber es macht ihnen nichts aus, ob es die Richtige ist oder nicht. Die würden auch eine Unschuldige ausschalten, wenn es sein muss.

Deswegen war ich immer in deiner Nähe. Das war auch der Grund, warum ich im Café war und mit Jane einen Kaffee getrunken habe. Ich wollte sehen, ob es sicher genug für dich ist, dich mit ihr zu treffen.«

»Wie meinst du das?«

»Es hätte sein können, dass Jane auch verfolgt wird. Alle, die mit dir in Kontakt stehen, sind in Gefahr. Ich bin froh, dass es nicht bei Jane so war. Aber das ist der Grund, weswegen ich nicht wollte, dass du noch mehr Zeit mit ihr verbringst. Ich musste vermeiden, dass du zu ihr nachhause gehst, um niemanden unnötig in Gefahr zu bringen. Du wirst für zwei Wochen verreisen!«

»Aber wohin? Was sag ich meiner Mom?«

»Das habe ich alles schon erledigt. Du wirst nicht in Wirklichkeit verreisen, es sollen nur alle denken. Du wirst zwei Wochen hier in der Villa leben, damit ich dich trainieren kann.

Ich habe heute deine Mutter angerufen und ihr gesagt, dass du eine Reise gewonnen hast und schon morgen früh fliegen müsstest, damit sie nicht verfällt.«

»Das hat sie dir bestimmt nicht geglaubt!«

»Ah, Sarah! Glaub mir, sie hat es geglaubt. Aber sie wollte erst mit dir darüber reden, ob du es möchtest. Wenn du nachhause gehst, wird sie dich überzeugen wollen, dass es die Gelegenheit ist, einen schönen Urlaub zu verbringen, weil sie es dir nie ermöglichen konnte. Sie wird dich bitten, die Reise nicht abzuschlagen.

Ich sehe keine andere Möglichkeit, um dich zu schützen, bevor du dich selbst schützen kannst.

Zu der Sache im Wald: Uns verfolgte ein Apophis. Ich musste verhindern, dass er uns bis zur Villa folgt und unseren Aufenthaltsort erfährt. Ich musste ihn für eine Zeitlang außer Gefecht setzen, dadurch haben wir ein wenig Zeit gewonnen.«

»Was ist ein Apophis und was will er?«

»Sarah, ich weiß nicht, wie gut du mir zuhörst. Du willst den Ernst der Lage einfach nicht verstehen. Ein Apophis ist eine Riesenschlange, die nur Angriff und Vernichtung im Sinn hat. Noch nicht einmal ich wäre in der Lage, sie zu besiegen. Die einzigen, die das könnten wären dein Vater und du, natürlich erst nach dem Training. Morgen fangen wir damit an und jetzt solltest du nach Hause gehen, um dich zu erholen und deine Koffer zu packen. Deine Mutter wird dich morgen zum Flughafen fahren. Da sie keinen Parkplatz finden wird, wird sie dich nur absetzen. Du gehst hinein und ich werde schon in Halle eins auf dich warten. Dann fahren wir zurück.«

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er hatte alles gut geplant und war sich unglaublich sicher, dass alles genau so eintreten würde.

Gerade wollte ich ihn noch mal auf die Schlange ansprechen, als die Tür aufging und der Butler eintrat.

»Mr. Albus, es ist erledigt.«

»Danke, Mr. Andors.«

»Wir können jetzt gehen. Ich fahre dich bis zu der Stelle, an der ich dich heute abgeholt habe und alles andere bereden wir dann. Ab morgen werden wir mehr Zeit haben.«

Ben ging einfach hinaus, ohne auf mich zu warten. Ich konnte ihn nicht fragen, wieso der Apophis hinter mir her war und warum die Schlange meinen Tod wollte. Ich musste mich wohl oder übel bis morgen gedulden.

Ich stand auf und ging hinaus. Die Ausgangstür der Villa stand bereits offen. Offensichtlich war Ben schon zum Auto gegangen. Also beeilte ich mich und tatsächlich, er saß schon im Wagen und wartete. Ich ging zum Wagen und stieg ein. Ben fuhr sofort los. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht zuordnen, doch ich traute mich nicht, ihn darauf anzusprechen.

Wir kamen an die Stelle, an der er mich absetzen wollte. Er blieb stehen, stieg aus und ging zum Kofferraum. Ich stieg ebenfalls aus und wartete darauf, dass er mein Rad aus dem Kofferraum holte. Als er auf mich zukam, hatte er nicht mehr diesen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht. Er lächelte wieder.

»Du brauchst dein Rad nicht mehr zu schieben, Sarah. Mr. Andors hat den Platten repariert. Fahr bitte schnell nach Hause. Ich warte solange hier, bis du sicher angekommen bist. Steck dir bitte den Ring an, bevor du losfährst. Er dient zu deinem Schutz. Nimm die Kette und den Ring nicht mehr ab.«

Ich antwortete nicht, holte das Päckchen aus der Tasche, nahm den Ring heraus und steckte ihn mir an den Finger.

»Dann bis morgen, Sarah.«

»Bis morgen.«

Ich stieg auf das Rad und fuhr los. Bevor ich die Kurve erreichte, schaute ich zurück, ob er noch dort stand. Wie er es versprochen hatte, war er noch da und schaute mir hinterher. Irgendwie war ich erleichtert, dass er noch da war, aber Angst hatte ich trotzdem. Was war, wenn die Schlange wieder kam?

Ich versuchte, so schnell wie möglich zu fahren. Als ich an der Haustür ankam, stieg ich hastig ab und ging sofort ins Haus, ohne mich umzudrehen. Drinnen atmete ich erst einmal tief ein. Meine Mom durfte mir nichts anmerken. Ich musste mich beruhigen.

»Sarah, bist du das?«

»Ja, Mom.«

Sie kam aus der Küche und schaute mich an. Ich befürchtete, dass sie mir meine Angst ansehen würde.

»Schatz, du bist früh zurück. Ich hatte nicht erwartet, dass du jetzt schon nach Hause kommst.«

»Ich habe Kopfschmerzen und wollte einfach nach Hause.«

»Hast du Hunger, Schatz? Soll ich dir schnell was zubereiten?«

»Nein Mom, ich lege mich lieber hin.«

»Schatz, ich habe aber Neuigkeiten für dich. Das wirst du mir nicht glauben!«

Mir fiel ein, was Ben gesagt hatte.

»Mom, lass mich wenigstens kurz duschen. Dann komm ich runter und du kannst es mir erzählen.«

Ich wartete nicht, bis sie antwortete, sondern ging schnell hoch in mein Zimmer und schloss die Tür.

Eine Dusche war genau das, was ich jetzt brauchte.

Im Badezimmer ließ ich mir viel Zeit unter dem heißen Wasserstrahl. Anschließend zog ich mich an und wollte wieder heruntergehen, als mir auffiel, dass ich den Ring noch trug.

Was hätte ich Mom sagen sollen, wenn sie ihn gesehen hätte? Ich drehte den Ring um, damit sie nicht den Pferdekopf erkennen konnte und tauschte die Kette mit dem Anhänger gegen das gekaufte Lederband aus. Unten angekommen, sah ich, dass meine Mom gerade Kaffee kochte.

»Hallo Schatz, willst du auch eine Tasse Kaffee?«

»Gerne, Mom.«

Irgendwie war sie sehr gut gelaunt und fragte mich nicht, wie mein Tag war. Sie war irgendwie abwesend, was sehr selten bei ihr vorkam.

Das Medaillon von Ofon

Подняться наверх