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Euphorien & Gegenteile

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Es ist Frühling, die Sonne scheint, und das Zirpen und Zwitschern der Vögel wird von einer leichten Brise zum eleganten Restaurant “Schönblick” am Rand des grünen Stadtparks getragen und flutet durch die offenen Fenster ...

An einem Ecktisch sitzen Mila (33, brünett, etwas mollig, in rosa Bluse und schwarzer Hose) und Flobert (38, mittelgroß, dunkelhaarig, leger-elegant in einem grauen Freizeitanzug mit weißem Hemd) einander steif gegenüber und schauen starr über die Schulter des anderen. Beide halten die Arme verschränkt und schweigen grimmig, missmutig vor leeren Tellern und Gläsern.

Das Restaurant ist spärlich besucht, und die anderen Gäste plaudern gedämpft oder schmausen schweigend.

Schnaubend reißt Mila ihr Weinglas an sich und saugt noch einen Tropfen heraus. Flobert pickt einen Krümel aus dem Brotkorb. Als der schlaksige, genervt wirkende glatzköpfige Kellner in der Nähe vorbei wandert, rufen Mila und Flobert zugleich aus: “Zahlen!”

Der Kellner zuckt zusammen und eilt heran, den Rechnungsblock zückend, während Mila und Flobert eilig nach ihren Geldbörsen greifen.


Mila sitzt in einem orangefarbenen Pyjama, die Zahnbürste mit Zahnpasta darauf in der Hand, vor ihrem Computer in einer als Büro ausgestatteten Ecke ihres gemütlichen kleinen Wohnzimmers und liest mit zornverzerrter Miene eine Email. Handgemachte Puppen stehen und sitzen herum, “Hexen”, “Wäschermädchen”, “Adelige Herren”, “Jäger” und “Prinzessinnen” sowie zwei “afrikanische Buschmänner” und eine historisch wirkende, nobel herausgeputzte Puppe in einem Glaskasten.

Mila liest, murmelnd: “... und ich spüre, dass wir einander ergänzen können, wie die Teile eines Puzzles. Das weiß ich in der Tiefe meiner Seele!” Sie schnaubt bitter-zynisch und fuchtelt wütend, sodass die Zahnpasta irgendwohin geschleudert wird und mit leisem Platschen landet. Mila tippt mit der Zahnbürste auf der Tastatur, verächtlich “knurrend”. “Seele”! Was für eine Seele ... hohl bist du, wie ein ... ein ...” Sie ringt nach Worten, wirft die Zahnbürste beiseite, und ihre Finger schweben zitternd über der Tastatur - ehe sie wild ein Wort tippt. Dann starrt sie atemlos auf das Wort auf dem Bildschirm. “Zombie” Ihre Finger schweben weiter nervös über der Tastatur, aber ihr fällt nichts mehr ein, was sie schreiben könnte und sie brummt und schnaubt, unter zornigen Grimassen Schließlich schaltet sie mit heftigen Bewegungen genervt den Computer aus. Sie lässt die Zahnbürste am Tisch liegen und schlurft ins Schlafzimmer, wirft sich bäuchlings aufs Bett, gibt dem Kopfpolster zwei Faustschläge. “Kein Wunder ... bei meinem Glück.” Sie gräbt ihr Gesicht in den Kopfpolster; Am Bettrand sitzt eine schöne volkstümlich bunt gekleidete Puppe und schaut zu. Mila faucht sie an, “Und du, Marie, was glotzt du?”


In einer sehr modernen, in hellem Beige und Schwarz gehaltenen Wohnung sitzt Flobert auf seinem breiten Bett, mit einer schwarz-gelb karierten Überdecke hebt einen Stapel ausgedruckter Emails auf und lässt die Papierseiten auf das Bett rieseln, verächtlich schnaubend. Ein Blatt nimmt er auf und liest laut und höhnisch: “... aber wir werden wohl feststellen, dass dieses Herzklopfen berechtigt ist, wenn wir uns sehen. Ich fühle dich.”

Mit einem wütenden “Ha!” zerreißt er das Blatt, wirft es auf den Boden, nimmt weitere Ausdrucke und zerfetzt auch diese, schleudert die Fetzen durch den Raum, aber sie fliegen nicht weit und rieseln auf ihn hinunter, und er schlägt zornig nach ihnen. “Fühlen”! Du fühlst ja nicht einmal etwas, wenn dein Arsch auf einer Gasflamme sitzt!”

Er fegt alle Ausdrucke vom Bett, steht auf, steigt aufs Papier und geht aufs Klo, bitter murmelnd. “Gar nichts schulde ich dir.”


Mila liegt auf ihrem Bett im dunklen Zimmer, mürrisch gegen die Decke starrend. Ihr Gesicht ist leicht vom Schein einer Straßenleuchte erhellt, der durch einen Spalt zwischen den geblümten Gardinen hereinflutet. “Und wahrscheinlich schämst du dich nicht einmal. Arschloch.” Sie wirft sich zornig auf die Seite und reminisziert, in die Dunkelheit starrend ...


(Vor drei Wochen ...)


Mila sitzt vor dem Bildschirm und schmachtet Floberts Internet-Online-Profil an: Eine Flut von Bildern zeigt Flobert, bärtig und oft mit einem Sport-Käppi, mit vielen Freunden bei diversen Aktivitäten: Kartenspielen, Segeln, Wandern im Dschungel, Segelfliegen, Schwimmen, Tennisspielen, auf Parties.Stets lächelt er entspannt und wirkt aktiv und intelligent. Mila telefoniert und liest eine Email begeistert glucksend vor: “Es ist mir wichtig, das Gemeinsame nicht nur zu ermöglichen - sondern es zu pflegen. Beziehung ist eine empfindliche Pflanze, die auf jede energetische Veränderung reagiert.”

Mila stößt ein Juchzen aus und hört dem zu, was ihre Freundin Heli (32) am anderen Ende der Leitung sagt, ungeduldig fuchtelnd. “Natürlich, wer sonst? Oh, Heli, Heli ... ich sag’s dir, er ist perfekt! Er denkt genau wie ich! Und so einfühlsam ist er, so gescheit! Reif. Sensibel,” seufzt, “oh ja, sexy. Und wie sexy. Er schaut aus wie –“ lauscht, “Genau! Und er wirkt als ob er –“ hüpft begeistert, “... ja, ganz genau!” Sie seufzt beglückt. “Mein Traummann.”

Sie blättert eilig durch einige Online-Bilder von Flobert, immer noch am Telefon mit Heli, ”Naja, in einem “kreativen Beruf”. Wahrscheinlich Designer oder so.” Sie lauscht und zuckt dann stirnrunzelnd die Schultern, “Maler? Du meinst Öl und so? Nein, sicher nicht. Er schaut nicht arm aus,” lauscht, “Na und? Er weiß es von mir ja auch nicht! Werd’ ja nicht damit werben, dass ich so einen faden Job hab’!” Sie rollt die Augen, etwas genervt von Helis Zweifeln, “Er macht sicher ... was weiß ich, etwas ganz Tolles ... so Opern-Regie oder Schriftsteller ... kreativ halt! Ach, komm jetzt! Ein Koch ist ist doch ...” lauscht, “Ja. Das schon eher. Wieso Schauspieler?” Sie betrachtet einige Bilder genauer, zuckt die Schultern. “Jedenfalls kein berühmter. Nein. Hat er nicht.” Sie grunzt, genervt. “Was heißt Jeder hat Facebook? Es gibt eine Gegenbewegung.” Sie berührt ein Bildschirmbild vom bärtigen, grinsenden Flobert zärtlich. “Ich mag diesen Bart! So gepflegt. Und er ist beliebt! So viele Freunde,” lauscht und rollt die Augen, “na, auf den Fotos! Jetzt komm’, Heli! Das ist alles echt, sieht man doch.” Sie schaut die Bilder genau an. “Mir wurscht, was Photoshop alles kann. Ich bin ja nicht blöd. Da! Beim Fliegen sieht man ihn im Cockpit.” Sie gluckst aufgeregt. “Ich kann’s kaum erwarten!” Sie schaut auf die Uhr und kichert. “In vierunddreißig Stunden und ... achtzehn Minuten! Na klar - Sex! Endlich wieder Sex!”

Sie lehnt sich im Sessel zurück, schmachtet das Online-Flobert-Profil an und leckt sich die Lippen ..-


(Und Flobert reminisziert ebenfalls ...)


Flobert sitzt auf dem Bett und schaut zum Computerschirm, worauf das Bild einer verwegen grinsenden Mila prangt, die in einer Wiese sitzt und sich selber ihren brünetten Wuschelkopf zerzaust. Flobert seufzt und fasst nach seinen Genitalien, wirft Mila einen Kuss zu. “Du belebst mich, und wie du mich belebst!” Er öffnet seine Hose und langt hinein, schließt brummelnd beglückt die Augen. “Ich hab’ was für dich, oh ja, das wirst du mögen ...”


(Zurück im Heute ...)


Flobert sitzt mürrisch im Schein der Nachttischlampe in seinem Bett, eine Ausgabe eines Sex-Magazins vor sich und blättert hektisch, während er seine Genitalien massiert und reibt, daran zupft und sie herumschiebt. Wütend schleudert er die Zeitschrift in eine Zimmerecke.

“So! Jetzt hab’ ich einen Schaden wegen dieser ...!” Er ballt die Fäuste und schnaubt wütend, wirft sich herum, schaltet das Licht aus und wühlt sich erbost unter die Bettdecke.


Mila und Heli (blond, kurzhaarig, recht burschikos gekleidet) gehen in einer lauen Frühlingsbrise im Park spazieren. Mila hängt an Helis Arm, leidend und zornig und schüttelt ihre Faust um Restaurant “Schönblick” hinüber, das zwischen den Bäumen zu sehen ist.

“... dass mir das passiert! Das dümmste Arschloch im Internet!”

Heli macht ein tadelnd-schmatzendes Geräusch. “Na, übertreib’ nicht so.”

Mila schnaubt, ”Ich übertreibe überhaupt nicht!”

“Da habe ich schon ganz andere Geschichten gehört. Es gibt Serienmörder auf diesen Dating-Sites ...”

Mila zuckt die Schultern, “Immer noch besser als ...”

Heli schubst sie, tadelnd, “He! Ihr habt einfach nicht “geklickt”, das ist alles.”

“Nennt man das so, wenn man beim Anblick von einem Kerl kotzen möchte?” Mila kickt nach Steinen. Heli zuckt seufzend die Schultern. “Wenn man sehr nicht klickt - ja.” Sie drückt Mila aufmunternd an sich. “Komm jetzt, Mila, mach’ dich nicht fertig. Manche Erfahrungen müssen eben gemacht werden.”

Mila bleibt stehen und stampft zornig auf, dass ein paar Vögel in der Nähe aufflattern. “Aber nicht von mir. Nicht immer von mir!”

“Was? Soll ich's übernehmen?” Heli nimmt Mila am Arm und zieht sie weiter. “Komm schon, sei nicht kindisch. Du hast ihm ja so viele Vorschusslorbeeren gegeben, kein Wunder hat er dann wie ein Versager gewirkt.”

Mila reißt sich los und bleibt wieder stehen. “Was, bin jetzt ich schuld? Dass er ein grober Klotz ist?”

Heli legt den Kopf schief und gestikuliert beschwichtigend. “Nein, natürlich nicht. Und damit du das auch genau weißt, kommst du heute mit!”

“Oh nein. Keine Party!” Mila schüttelt heftig den Kopf und marschiert an Heli vorbei weiter. “Das machen die in den Filmen, bei Woody Allen und so, und es geht immer schief. Neurotiker! Psychopathen, die einen nicht zu Wort kommen lassen! Besoffener Sex mit irgendeinem Mafia-Erben ...” Sie hält inne und denkt über ihre letzten Worte nach, zuckt dann die Schulter mit einem wortlosen “Na, das wäre ja gar nicht so übel”.

Heli holt sie ein und hakt sie wieder unter. “Keine Widerrede! Sind alles nette Leute dort. Und das Haus - ein Traum! Paolo und Luise sind so ein süßes Paar, die werden dir gleich wieder Lust machen.”

“Machen sie dir ja auch nicht.”

“Ich bin treu, Sweetie.”

Mila bläst provokant die Luft aus. “Ach ja - einer gewissen “Smöregöre”, die kein Mensch je gesehen hat.”

Heli seufzt schwärmerisch. “Sie heißt Sillagard, lebt in Schweden, und deshalb sehen wir uns eben selten. Aber sie kommt in ein paar Wochen.” Sie schubst Mila wieder, und Mila schubst sogleich zurück, “Aber du! Du brauchst ein Sozialleben. Und Sex. Und Plaudern. Und Sex. Und High-Society-Luft. Paolo wird dich aufmuntern. Er ist ein echter Charmeur. Hat das Haus so renovieren lassen, wie Luise es wollte.”

“Wenn das nicht die große Liebe ist.” Mila kickt wieder nach einem Stein, und er fliegt erstaunlich weit, landet mit einem Platsch mitten unter den erschrockenen Enten im nahen Teich. Heli zieht Mila rasch in eine andere Richtung. “He! Willst du, dass wir angezeigt werden?” Sie flüstert Mila ins Ohr. “Und es werden betuchte Gäste da sein. Vielleicht kannst du ein paar Deals –“

Mila bleibt stehen und zischt entsetzt: “Untersteh' dich und sag' ein Wort! Oder gib' mir gleich Teer und Federn!”

Heli rollt die Augen und gestikuliert beschwichtigend. Ts! Ich hab’ ja nur gemeint - sollte es sich ergeben.”

“Ergeben?” Mila starrt sie mit großen Augen empört an, “Du meinst Oh, hallo, guten Abend, Fräulein immer-noch-unvermählte-Mila! Sie sind nicht zufällig bei einem Frauen-Magazin beschäftigt, denn wir brauchen dringend ein Abonnement, damit wir uns allmonatlich über die neuesten Trends bei künstlichen Nägeln informieren können”-Ergeben?”

Heli ringt nach Worten und nimmt dann Mila an der Hand, zieht sie weiter. “Immerhin ein Hochglanzmagazin.”

Mila sträubt sich im Weitergehen. “Mir ist schlecht. Kann nicht mitkommen.”

“Männer aus Fleisch und Blut werden dort sein.” Heli zwinkert Mila zu, die ein Geräusch baldigen Erbrechens macht. “Das hilft.” Sie würgt, provokant.

Heli marschiert begeistert weiter, nickend. “Kein Bits und Bytes! Alles echt und ohne Umschweife.”

Mila schaut Heli nervös amüsiert forschend von der Seite her an. Heli rollt die Augen. “Du hast eine schmutzige Seele.”

“Habe ich schon erwähnt, dass mir sehr übel ist?” Mila seufzt und stolpert dahin.

Heli brummt, provokant. “Vom Streiten wird man nicht schwanger.”

Mila stöhnt und boxt Heli gegen den Arm. “Nicht! Stopp! Nicht dieses Bild! Das ist grausam!” Sie schüttelt sich und legt sich eine Hand auf die Augen.

Heli berührt plötzlich Milas Busen, und Mila quiekt. “He!”

“Diese zwei Hübschen sollen doch nicht versauern.” Heli zwinkert Mila zu, und sie schüttelt sich wie unter plötzlichem Frost. “Brr! Er hat mir ein paar Mal auf die Girls geschaut, und die sind vor Schreck ganz abgesackt ...”

Beide brechen in Gelächter aus.


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