Читать книгу Robert und das Zirkulum - Jo Hartwig - Страница 4
ОглавлениеDas geheimnisvolle Grundstück
„Mit Sinus und Cosinus komm ich überhaupt nicht klar!“ Mussad Hassim rauft sich sein dichtes, ungebändigtes schwarzes Haar. „Ich kann machen, was ich will, das rechtwinklige Dreieck ist einfach nicht mein Ding.“Robert legt ihm kameradschaftlich die Hand auf die Schulter und erklärt ihm geduldig die Aufgabe noch einmal. Klar hat Mussad Schwierigkeiten. Er ist erst kürzlich in Roberts Klasse gekommen und muss erst all das aufholen, was in seiner letzten Schule noch nicht auf dem Stundenplan stand.
„Was ist denn jetzt die Ankathete und was die Gegenkathete? Und dann auch noch Pythagoras mit seinem Lehrsatz!“ Echte Verzweiflung klingt in Mussads ungewöhnlich tiefer Stimme mit.
Robert nimmt ein neues Blatt Papier, zeichnet langsam ein rechtwinkliges Dreieck und demonstriert seine Aussagen, während er erklärt. Er mag Mussad. Ein sympathischer Bursche, der sich echt bemüht, alles Versäumte aufzuholen. Mussad ist arabischer Abstammung, mit kohlschwarzen Augen und einer großen, etwas gebogenen Nase, die er immerzu knetet, wenn er konzentriert nachdenkt.
„Mussad, jetzt lass doch endlich mal deine Nase aus dem Spiel und rechne dieses Beispiel alleine.“ Robert zieht ihm lachend die Hand von der Nase. „Wenn es nicht klappen sollte, machen wir das nachher gemeinsam.“
Trigonometrie ist eines von Roberts Hobbys. Es macht ihm einfach Spaß, selbst gestellte Aufgaben zu lösen. Das ist auch der Grund, warum er sich sofort um Mussad gekümmert hat, als er dessen Problem erkannte: Mussad hat nackte Angst vor der Mathearbeit, die in den nächsten Tagen ansteht. Robert hat ihn zu sich in die Wohnung im elften Stock eingeladen, nun schon zum zweiten Mal. Und ganz allmählich macht Mussad auch Fortschritte.
Immer wieder gehen sie die Winkelfunktionen durch, und dass Mussad dabei seine Nase zunehmend schont, zeigt Robert, dass der Lehrstoff ankommt. Eben berechnen sie ein neues Beispiel, als sie das melodische Klingeln von Roberts Handy aus der Konzentration reißt.
„Hallo Robert, schön, dass ich dich antreffe!“ Es ist Fred Jaroschs Stimme. „Kannst du kurz zu mir kommen? Das heißt, wenn du Zeit hast.“
„In einer halben Stunde bin ich bei dir, Fred“, antwortet Robert erfreut. „Ein Schulkollege und ich bereiten uns gerade auf unsere Mathearbeit vor. Bis dann!“
Wieder konzentrieren sie sich auf ihre Aufgaben. Mussad ist überglücklich, dass er endlich einen besseren Durchblick hat. Jetzt sieht er der Mathearbeit schon lockerer entgegen. Auch Robert ist zufrieden. Gar nicht schlecht, dass er durch Mussad gezwungen war, ebenfalls Mathe zu machen. Auf keinen Fall will er die Mathearbeit unterschätzen!
Nachdem Mussad gegangen ist, räumt Robert seinen Schreibtisch auf und kontrolliert im Bad noch schnell sein Aussehen. Immerhin ist Fred ein gepflegter Mann, neben dem er eine passable Figur abgeben will. Aber wie immer macht Robert der blonde ungebändigte Haarschopf zu schaffen. Es hält einfach keine Frisur; nur wenn seine Haare nass sind, bleiben sie einigermaßen in Form liegen. Aber verdammt, immer kann er nicht mit nassen Haaren rumlaufen! Er massiert die tiefe Falte zwischen seinen Augenbrauen, aber auch das ist wie immer nutzlos. Sie ist einfach zu tief eingeprägt. Ach, was soll’s, Robert schaut auf seine durchtrainierte Figur – die kann sich schon sehen lassen, das ständige Expandertraining macht sich eben doch langsam bemerkbar.
Jetzt muss er aber los! Die halbe Stunde ist um und Robert ist es gewöhnt, pünktlich zu sein. Also läuft er über das Treppenhaus in den vierten Stock zu Freds Wohnung runter. Schon nach einmaligem Läuten geht die Tür auf. Fred ist nach wie vor eine beeindruckende Erscheinung, braun gebrannt wie immer. Ob er Dauerkunde in einem Bräunungsstudio ist? Jeden Tag scheint bei uns doch nicht die Sonne, denkt Robert. Jedenfalls erscheint Fred immer wie aus dem Ei gepellt. Mit strahlendem Lächeln steht er in der Tür.
„Na, Robert, das ist schon ein großer Vorteil, im gleichen Haus zu wohnen“, begrüßt er ihn. „Von der elften Etage zu mir ist es kein weiter Weg.“
Sie gehen ins Wohnzimmer. Fred bedeutet Robert sich zu setzen und gießt für beide Tee in die vorgewärmten Tassen. Robert gibt sich cool, aber innerlich platzt er fast vor Neugierde. Was will sein Freund ihm sagen? So eine feierliche Einladung von einem Undercoveragenten der Kripo lässt schon einiges erwarten. „Robert, in der Vergangenheit hast du uns schon wirklich sehr viel geholfen“, beginnt Fred. „Wenn ich sage uns, meine ich natürlich Hauptkommissar Werner und mich. Du hast in unglaublich komplizierten Situationen immer einen Weg gefunden, der zum Erfolg geführt hat. Wir wussten nie, wie du das machst, aber es war immer richtig!“ Fred räuspert sich, und seine Miene drückt unübersehbar großes Unbehagen aus. „Wir haben hier eine rätselhafte Situation in der Stadt, mit der wir nicht mehr zurechtkommen“, fährt er dann, unbehaglich hin und her rutschend, fort.„Alles, was wir unternehmen, geht ins Leere.“ Er reicht Robert eine Schale mit Kandiszucker. Der nimmt ihn gern, Kandiszucker knistert so schön im heißen Tee. Dabei überlegt er: Worauf will Fred hinaus? Warum holt er so weit aus? Anscheinend haben sie wirklich große Probleme.
„Du machst es ja wirklich spannend, was steht denn an?“, fragt er.
„In der Altstadt ist ein Grundstück, das uns schwer zu schaffen macht. Immer wieder sind da ganz komische Vorfälle, die wir uns nicht erklären können. Es hat so begonnen, dass ein lange Zeit brachliegendes Grundstück bebaut werden sollte. Der Eigentümer hat auch zu bauen begonnen. Er hat sich ein Fertighaus ohne Keller hingestellt. Aber schon nach kurzer Zeit ist der Neubau in sich zusammengebrochen.“
„Wie, was …zusammengebrochen? Einfach eingestürzt? Oder war es Sabotage?“, hakt Robert sofort nach.
„Das wissen wir heute nicht mehr“, antwortet Fred nachdenklich. „Es gab natürlich eine langwierige Gerichtsverhandlung mit der Baufirma, aber den Leuten konnte keine Schuld an dem Geschehen nachgewiesen werden. Der Eigentümer musste den Schaden alleine tragen. Nach zwei Jahren hat er das Grundstück weiterverkauft und…“
„Wer war denn der Käufer?“, unterbricht Robert aufmerksam. „Vielleicht hat er das alles absichtlich gemacht, damit er das Grundstück billiger kaufen kann?“
„Nein, Robert, der Käufer war eine Hotelgesellschaft. Sie wollen hier in Mainz ein Hotel bauen. Doch schon als die Bauarbeiten begonnen haben, ging das Unerklärliche wieder los. In dem Moment, als sie begonnen hatten, die Ausschachtungsarbeiten in Angriff zu nehmen, ging’s drunter und drüber. Anfangs war es noch ganz harmlos, es brach ganz einfach ein Baggergestänge. Als dann Ersatz geholt wurde, versagte der Motor. Diese Anhäufung von merkwürdigen Vorfällen machte die Arbeiter schon etwas unruhig. Erneut wurde ein Bagger herangeschafft. Der muss ja schließlich die Baugrube ausheben. Und wieder versagte er. Keiner konnte sich erklären, warum.“
Fred nimmt bedächtig einen Schluck aus seiner Teetasse, setzt sie ab und streicht sich müde über die Stirn. „Die Baufirma hatte mittlerweile auf dem anschließenden Grundstück schon zwei große Baukräne aufgebaut und befand sich nun in Zeitverzug ...“
„Wieso anschließendes Grundstück?“, unterbricht Robert wieder. „Haben sie mehrere Grundstücke gekauft?“
„Ach ja, Robert, das habe ich ganz vergessen zu sagen“, erwidert Fred entschuldigend. „Diese Firma hat mehrere zusammenhängende Grundstücke aufgekauft, sie werden da ein großes Hotel hinstellen. Jedenfalls konnten die Arbeiten nicht weitergehen, weil mit den Erdarbeiten noch nicht begonnen worden war. Also kamen sie mit zwei Baggern und mit einer doppelten Mannschaft an, um die Zeitverzögerung aufholen. Kaum hatten sie begonnen, die Schaufeln in den Boden zu senken, stürzte mit lautem Getöse einer der Baukräne zwischen die beiden Bagger. Die Arbeiter hatten das schon kommen sehen, denn der Kran hatte sich mit einem lauten Ächzen langsam auf die Bagger zugeneigt. Der Ausleger schwenkte zur Seite und dann war nichts mehr zu retten. Kannst du dir vorstellen, wie der Kran mit donnerndem Krachen in einer riesigen Staubwolke zwischen die beiden Bagger stürzte?“
„Muss ja irre gewesen sein!“ Robert ist fasziniert. „Was war denn die Ursache?“
„Niemand weiß das. Alle hatten Glück gehabt, sie waren gerade noch rechtzeitig weggesprungen. So wurde niemand verletzt. Aber es blieb unerklärlich, wieso das geschehen konnte. Trotz sorgfältiger Überprüfung konnte keine Fehlerquelle gefunden werden. Der erfahrene Kranführer, der schon lange für diese Firma arbeitet, hatte sich nachweislich richtig verhalten. Also wurde der Kran sorgfältig wieder abgebaut, die großen Bagger wurden abgezogen und eine große Truppe von Arbeitern sollte nun mit Schaufeln die Baugrube ausheben.“
Fred holt tief Luft: „Und jetzt kommt das, warum wir, die Polizei, eingeschaltet wurden“, fährt er fort. „Die Arbeiter wollten gerade zu graben beginnen, als es einen lauten, grollenden Donner gab. Die anderen am Bau Beschäftigten eilten herbei und fanden die Arbeiter bewusstlos daliegen. Alle sechs Mann hatten Brandwunden an ihren Händen und später wussten sie nicht, was geschehen war.“
„Das hört sich ja gespenstisch an!“ Robert beugt sich fasziniert vor. „Bin gespannt, wie es weitergeht.“
„Nein, Robert, es geht nicht mehr weiter.“ Fred schaut ihn mit einem grimmigen Lächeln an und streicht sich über das Kinn. „Natürlich wurden wir hinzugezogen und haben uns ebenfalls sorgfältig umgesehen. Aber wir konnten keinen Grund für all diese rätselhaften Vorfälle finden. Die Hotelgesellschaft hat ihre Pläne relativ einfach umgestellt. Sie wollen jetzt an dieser unsicheren Stelle den geplanten großen Parkplatz machen, der eigentlich auf die andere Seite des Neubaus kommen sollte. Aber ein ungutes Gefühl bleibt trotzdem. Was stimmt da nicht?“
„Wie groß ist denn das Grundstück?“, erkundigt sich Robert.
„Na ja, diese Gesellschaft hat, wie gesagt, mehrere nebeneinander liegende Grundstücke aufgekauft. Es soll da ein richtig schönes, großes Hotel mit allem Komfort gebaut werden. Die Fläche, die jetzt Parkplatz werden soll, ist sechshundert Quadratmeter groß. Die Leute wagen es nicht mehr, dort ein Gebäude zu bauen, aber sie denken, ein Parkplatz auf dieser Fläche wäre problemlos.“
„Robert ...“ Fred gibt sich einen Ruck, schaut von seinen ineinander gefalteten Händen auf und blickt Robert fest an. „Herr Werner und ich wollen dich bitten, ob du mit deiner Intuition uns helfen kannst. Wir wissen aus der Vergangenheit, dass du irgendwie immer Lösungen findest, die für andere Menschen verblüffend sind. Irgendetwas geschieht auf diesem Grundstück, von dem wir nichts wissen. Vielleicht gelingt es dir, an Informationen zu kommen?“
„Du hast vorhin gesagt, der erste Eigentümer hat sich ein Fertighaus auf das Grundstück gestellt. Und davor? Was hat vor dem Fertighaus auf dem Grundstück gestanden?“, will Robert wissen.
„Nichts. Außer dem Fertighaus, das einstürzte, war das Grundstück immer unbebaut geblieben. Der ursprüngliche Eigentümer war ein komischer Kauz. Er wollte auf keinen Fall verkaufen, obwohl er schon öfter lukrative Angebote bekommen hatte. Nach seinem Tod aber wurde das Grundstück dann von den Erben verkauft.“
Die steile Falte zwischen Roberts Augenbrauen vertieft sich. Er denkt nach. „Schaut fast so aus, als ob das Grundstück sich irgendwie wehren würde, bebaut zu werden“, murmelt er versonnen. „Aber das ist wohl Unsinn. Okay, Fred, ich schau mir das mal an!“
„Da ist noch etwas ...“, gibt Fred zögernd zu bedenken. „Wir haben in letzter Zeit unglaublich viele Verletzte durch Blitzschlag. Das ist auch der Grund, warum wir, die Kriminalpolizei, uns hier mit eingeschaltet haben. Im letzten halben Jahr gab es auch schon zwei Schwerverletzte durch Blitzschlag. Irgendwie scheint da ein Zusammenhang zwischen dem Grundstück und diesen eigenartigen Vorfällen zu bestehen.“
Robert nickt und sagt Fred zu, dass er sich näher über die rätselhaften Vorfälle informieren will. Hier geht einiges nicht mit rechten Dingen zu, das steht jedenfalls fest.
Gleich nach der Schule am Tag darauf, fährt Robert mit dem Bus vom Lerchenberg in die Stadt runter und geht zu dieser sonderbaren Baustelle. Er hat seine Jeans und Turnschuhe angezogen und streift so ganz unauffällig durch die Landschaft. Zunächst einmal will er sich ein Bild von der ganzen Situation machen. Da ist eine kleine Seitenstraße, die parallel zur Hauptstraße verläuft, hinter dem Grundstück, fließt in einigem Abstand, ebenfalls parallel der Rhein. Für ein Hotel, wie es hier geplant ist, ist das bestimmt ein guter Standort. Robert geht die Straße vom Anfang bis zum Ende hin langsam durch und schaut sich dabei aufmerksam um. Rechts bei der großen Baustelle; wo vorher sicherlich einige alte Häuser standen, ist jetzt eine große Baugrube zu sehen. Etwas weiter danach kommt dieses Grundstück, das solche Probleme bereitet. Es hebt sich von der Baustelle davor ab, weil es total mit Grünzeug überwuchert ist. Also, da hat sich noch nichts getan! Daran schließt sich eine moderne, neu erbaute große Lagerhalle an, die sicherlich einen Hotelbetrieb nicht stören wird. Und danach kommt ein großer Parkplatz, der zur Lagerhalle gehört und mit einer Schranke gesichert ist.
Robert geht wieder zurück bis zu dem bewachsenen Grundstück und schaut durch den hölzernen Bauzaun. Er zwängt sich zwischen zwei losen Holzlatten durch und will sich eben tiefer in das Grundstück hinein bewegen, als er hinter sich von der Lagerhalle her ein Geräusch hört. Aus einer Seitentür des Gebäudes, die er vorher gar nicht beachtet hat, kommen zwei Männer in Jeans heraus. Offensichtlich haben sie es auf ihn abgesehen, denn sie gehen geradewegs auf ihn zu, genau zu der Stelle, wo er gerade durch den Zaun gestiegen ist. Robert macht sofort kehrt und zwängt sich durch den Zaun wieder zurück auf die Straße. Die beiden Männer sehen das und beginnen daraufhin zu laufen.
„He, bleib stehen, wir kriegen dich doch gleich“, rufen sie.
Robert denkt nicht daran, ihrer Aufforderung zu folgen. Stattdessen schaut er in ihre Richtung und sagt: „Stone“. Schlagartig fallen die beiden Männer gleichzeitig hin, und das nicht gerade sanft, weil sie schon ein schönes Tempo draufhatten. Verblüfft wälzen sie sich im Staub und haben momentan vergessen, dass sie ihn aufhalten wollten.
„Was war denn das?“, brummt der eine halb verwirrt, halb ärgerlich. „Wieso sind wir beide denn auf einmal gleichzeitig gestolpert?“
„Und vor allem: worüber?“, ergänzt der andere ebenso irritiert.
Robert kann ungehindert entkommen. Um die beiden kümmert er sich nicht, zu oft hat er schon erlebt, wie es ist, wenn er Angreifer abwehrt. Aber irgendwie ist es schon beruhigend, zu sehen, dass die alten Kräfte noch helfen. Seit seinem letzten großen Einsatz vor einem halben Jahr hat er sie nicht mehr gebraucht. Also, auf „Stone“ ist nach wie vor Verlass!
Zurück beim Hochhaus fährt er sofort mit dem Aufzug in den Keller hinunter. Er öffnet die Stahltür und steht in einem der Gänge. Von hier zweigen die einzelnen Kellerabteile ab, jeweils durch Holzleisten voneinander getrennt. Robert schließt die Tür hinter sich und überzeugt sich, dass keiner der anderen Hausbewohner hier unten ist. Dann erst reibt er sein Amulett.
Im nächsten Augenblick sind Alban und Arix da. Beide Ratten schauen ihn mit ihren glänzenden schwarzen Knopfaugen an.
„Hallo Robert, was können wir für dich tun?“, piepst Arix, die große Schwarze mit den hellen Pfoten.
„Freunde, ich brauche wieder mal eure Hilfe“, beginnt Robert. „In der Altstadt gibt es ein geheimnisvolles Grundstück, das sich gegen jede Bebauung wehrt. Zumindest sieht es so aus! Daneben soll ein neues Hotel gebaut werden, die Baugrube ist schon ausgehoben, nur an dem besagten Grundstück konnte noch nichts getan werden.“
Die beiden Ratten haben sich auf ihre Hinterpfoten gesetzt und hören ihm aufmerksam zu. Robert merkt plötzlich, wie sehr sie ihm gefehlt haben. Aber obwohl er sie längere Zeit nicht mehr gesehen hat, sind sie ihm so vertraut wie eh und je.
„Daneben ist eine moderne neue Lagerhalle“, erzählt er weiter, „die anscheinend auch nicht so ganz ohne ist. Ich habe mir heute den ganzen Platz mal anschauen wollen und bin durch zwei Typen vertrieben worden, die aus dem Lagerhaus kamen. Gut, sie haben mich nicht erwischt, aber allein schon, dass die sich da einmischen, macht sie verdächtig. Ich wette, irgendwie haben die ihre Finger im Spiel.“ Er schaut die zwei Ratten bittend an. „Könnt ihr vielleicht eure Freunde bitten, herauszufinden, was sich in dieser Lagerhalle befindet und wie viele Leute sich dort aufhalten?“
Arix putzt sich mit beiden Pfoten intensiv seine Schnauze. Unterdessen antwortet Alban, die weiße Ratte: „Kein Thema, Robert. Ruf uns morgen wieder, dann bekommst du deine Information.“
Die beiden heben kurz ihre Pfoten, was wohl ein Gruß nach Rattenart sein soll, drehen ab und verschwinden.
Am nächsten Morgen sieht Robert schon von weitem, dass seine beiden Freunde Tim und Chris ihn vor dem Hochhaus erwarten. Sie sind unverwechselbar, wie sie gemeinsam dastehen: Der blonde Chris von kräftiger Statur und etwas füllig, daneben der schlaksige Tim, bei dem man immer das Gefühl hat, er weiß nicht, wohin seine Hände gehören. Ständig fuchtelt er damit in seinen dunklen Haaren herum und korrigiert den Sitz seiner Brille. Die beiden schauen ungeduldig aus, fast als ob sie mit den Hufen scharren würden, geht es Robert durch den Sinn. Irgendetwas wollen sie von ihm.
Chris kommt gleich zur Sache: „Robert, wir schreiben doch in der ersten Stunde die Mathearbeit ...“
„Na und?“, schmunzelt Robert, der schon ahnt, was seine Freunde wollen.
„Du weißt doch, Söllner hat angekündigt, dass heute Trigonometrie drankommt. Der Satz des Pythagoras und so!“, sagt Tim und fingert an seiner Brille herum. „Hast du da nicht zufällig noch ein paar Tipps?“
„Vorgestern war Mussad bei mir, wir haben uns gemeinsam auf Mathe vorbereitet“, erwidert Robert. „Ganz einfach: a² + b² = c²! Die Formel passt zu jedem Dreieck, du musst nur einen rechten Winkel einbauen. Kommt, beeilen wir uns, dann kann ich es euch noch mal zeigen.“
Komisch, denkt Robert unterwegs, früher ging’s mir mal genauso, dass ich Schwierigkeiten mit Mathe hatte. Dabei ist das doch so logisch! Wären nur alle Probleme so einfach zu lösen ...
In der Schule angekommen, macht sich Robert gleich ans Erklären, und schon bald hat er den Eindruck, dass die beiden Freunde es begriffen haben. Mussad kommt auch noch dazu und auch er hat die Sache jetzt verstanden. So vorbereitet steigen sie schließlich ganz locker in die Mathearbeit ein.
Robert kann seine Arbeit schon vor der Zeit abgeben. Er fand sie so leicht, dass er sich fast schämt. Es ist ein Gefühl, als ob er mogeln würde. Wieder wird ihm bewusst, was er dem Amulett alles verdankt. Es hatte ihm ja schon früher angekündigt, dass seine Intelligenz sich überdurchschnittlich schnell steigern würde, damit er die auf ihn zukommenden Aufgaben leichter lösen könnte. Bei diesen Aufgaben wurde ihm schon in der Vergangenheit ganz schön was abverlangt. Und er hat das unbestimmte Gefühl, der neue Fall wird noch verzwickter. Seine Gedanken wandern zu dem geheimnisvollen Grundstück. Wenn er doch nur einen ersten Ansatzpunkt fände! Am Ende der Stunde kommen Tim und Chris auf ihn zu.
„Hey, Robert, das war echt Klasse!“, grinst Chris.
Tim ergänzt erleichtert: „Genau das, was wir vorher noch gemacht haben, kam als Aufgabe dran. Wird mindestens ’ne Zwei, wetten?“
„Ich denke schon, dass wir ganz gut waren“, sagt Robert nur und zieht seine Skates an.
Seit der Zeit, als die Skinheads nach der Schule auf sie gelauert hatten, haben Robert und seine Freunde es sich angewöhnt, mit ihren Skates nach Hause zu fahren. Gekonnt flitzen sie durch die Straßen. Umständlich ist es nur, die Schuhe zu wechseln, die hängen dann immer an der Schulter und baumeln ätzend durch die Gegend.
Kurz darauf ist Robert wieder im Keller des Hochhauses und reibt sein Amulett. Alban und Arix erscheinen sofort. Sie drucksen aber merkwürdig herum.
„Robert, wir haben eigenartige Informationen bekommen“, beginnt Alban schließlich. „So kennen wir das normalerweise nicht ...“
„Na komm, mach es nicht so spannend“, muntert Robert die weiße Ratte auf.
„Also, die Lagerhalle ist kein Problem, es sind dort jede Menge Waren eingelagert“, mischt Arix sich ein. „Alles sauber und sorgfältig aufgereiht. Auf der Empore sind zwei Büros. Durch die Glasfenster kann man von dort aus die ganze Halle überblicken.“
Alban stellt sich jetzt aufgeregt auf die Hinterpfoten. „Was ganz seltsam ist: Auch nachts sind oft Leute in der Halle. Ab und zu geht ein weißhaariger Mann zu der Wand auf der rückwärtigen Seite der Halle und verschwindet dort.“ „Unsere Freunde wollten natürlich gleich nachsehen, wohin der Mann geht, konnten ihm aber plötzlich nicht mehr weiter folgen. Das ist nämlich die Wand, hinter der das unheimliche Grundstück liegt“, ergänzt Arix verlegen.
Und Alban piepst aufgeregt: „Genau da ist eine unheimliche Strahlung, die es uns unmöglich macht, jemandem zu folgen! Diese Strahlung kommt von der Wand und reicht in die Halle hinein. Es ist keinem unserer Freunde gelungen, da weiterzulaufen. Sie mussten alle umkehren. Leider…, Robert“, setzt er kleinlaut hinzu, „können wir dir da nicht weiterhelfen.“
Für einen Augenblick ist Robert ratlos. „Diese komische Strahlung ...“, überlegt er laut, „die kommt doch sicher von dem Grundstück und geht durch die Wand, oder? Konnten eure Freunde wenigstens sehen, wohin der Mann immer verschwindet?“
Die beiden Ratten schauen sich an. „Darüber haben wir keine Informationen erhalten“, sagt Alban dann. „Es muss dort jedenfalls sehr unangenehm und schmerzhaft sein, denn alle Ratten, die dabei waren, wirkten völlig verstört.“
Robert kniet sich hin. Er legt eine Hand auf Albans weißes Fell und streichelt mit der anderen über den schwarzen Pelz von Arix. „Freunde, ich danke euch! Ich will natürlich nicht, dass jemand von euren Freunden gefährdet wird. Ihr habt mir auch so schon viel geholfen.“
„Wirklich?“ Erfreut kuscheln sich die beiden Ratten in seine warmen Handflächen. Trotzdem, Robert, wenn du uns wieder brauchst: Wir sind für dich da.“
Damit verschwinden sie wieder in den Tiefen des Kellers. Robert schaut ihnen nach. Wohin sie wohl gehen? Er nimmt sich vor, sie das irgendwann bei einem der nächsten Treffen zu fragen. Jetzt gibt es erst mal anderes zu tun.
Nachdenklich geht Robert in die Grünanlage hinter dem Hochhaus. Leise ruft er nach Dulgur. Da kommt sie auch schon angeflogen und setzt sich vertrauensvoll auf seine linke Schulter. Immer wieder ist er begeistert von der kleinen, schlanken Taube. Mit ihren klugen Augen schaut sie ihn an, reibt ihren Kopf an seiner Wange und gurrt zärtlich: „Robert, wie schön, dass du mich endlich mal wieder rufst! Was kann ich für dich tun?“
Er schaut sich vorsichtig um und geht dann mit Dulgur auf der Schulter zu einer Strauchgruppe. Erst als er sich unbeobachtet fühlt, erzählt er ihr von dem geheimnisvollen Grundstück in der Altstadt und auch davon, was ihm die Ratten über diese eigenartige Strahlung berichtet haben.
„Dulgur, ich muss unbedingt wissen, was sich auf diesem Grundstück tut“, sagt er eindringlich. „Flieg hin und beobachte. Wenn du eine Veränderung bemerkst, sag es mir bitte sofort. Lande aber nicht direkt auf dem Grundstück, sondern bleib weiter weg, versprichst du mir das? Wir können nicht wissen, ob diese Strahlung auch für dich schädlich ist.“
„Schön, dass du dir wegen mir Sorgen machst“, gurrt die Taube und pickt mit ihrem Schnabel sanft an seine Wange. „Aber keine Angst – jetzt, nachdem du mich über diese Zustände informiert hast, werde ich mich schon in Acht nehmen.“ Schon schwingt sie sich in die Luft. „Ich melde mich, wenn sich was tut“, ruft sie noch zurück.
Robert spürt plötzlich Hunger. Kein Wunder, es ist schon später Nachmittag! Oben im Herd steht das Essen, das seine Mutter für ihn vorbereitet hat, bevor sie zum Dienst ins Krankenhaus ging. Natürlich wieder Bereitschaftsdienst. Robert fährt hoch in die Wohnung und schaut neugierig nach, was es zu essen gibt. Super, es gibt Frikadellen! Gut gewürzt sind sie echt Spitze.
Sein Vater ist wie üblich bei seinen Kunden, oft bis spät in der Nacht, wenn sich die Gespräche lange hinziehen. Also isst Robert allein. Ein paar Stunden später schwingt er sich in die Federn, zieht sich die Decke über den Kopf und sortiert seine Gedanken. Es ist schon eigenartig: Einige Monate lang hat er das geheimnisvolle Amulett und die Kräfte, die es ihm verliehen hat, fast vergessen. Aber seit Freds Anruf vorgestern ist wieder mal alles anders geworden. Plötzlich gibt es da wieder eine Aufgabe, der er nicht ausweichen kann und eigentlich auch nicht will. Er weiß es ja schon länger, dass er mit dem Amulett nicht nur tolle magische Möglichkeiten, sondern auch gleichzeitig Verpflichtungen übernommen hat.
Ob sich das Amulett wieder melden wird, fragt er sich. Na ja, kann eigentlich nicht sein, noch habe ich ja keine konkreten Pläne. Das Amulett hat ihm früher einmal gesagt, dass es sich immer nur dann melden wird, wenn er genau weiß, was er will. Über diesen Gedanken schläft er ein. Nochmals wird er kurz wach, die heutige Mathearbeit fällt ihm plötzlich wieder ein. War seine Überlegung richtig? Kann eigentlich nicht anders sein, die Grundlage der Arbeit war ja der Pythagoreische Lehrsatz. Auch seine Freunde hat er auf diese Schiene gesetzt. Sie vertrauen ihm. Wenn aber nun die Lösung ganz anders ist ...? Ach was! Jetzt ist es sowieso zu spät, die Arbeit ist abgegeben!
Er schläft wieder ein. Was er diesmal wirklich nicht erwartet hat, tritt ein: Mit einem weichen, hellen Licht sieht er das Amulett. Sanft strahlend schwebt es vor ihm.
„Robert, dass du jetzt längere Zeit pausiert hast, war sehr nützlich. Noch steht die Schule im Vordergrund. Aber jetzt kommt eine sehr große Aufgabe auf dich zu, die dir sehr viel abverlangen wird. Verlasse dich nicht auf die Kräfte, die du von mir bekommen hast. Du wirst sie nicht mehr anwenden können. Nur noch ‚stone’ wird dir helfen und natürlich deine Freunde im Tierreich. Sei vorsichtig und überleg dir gut, was du machen willst! Denk an die Probleme, die die Ratten hatten! Irgendetwas ist jetzt sehr gefährlich hier. Aber du sollst wissen, dass ich immer rechtzeitig da bin und dir helfen werde!“ Das Licht verblasst und das Amulett verschwindet langsam im Hintergrund.
Am nächsten Morgen erwacht Robert frisch und ausgeruht. Plötzlich fällt ihm wieder die Begegnung mit dem Amulett ein. Sofort legt sich ein Schatten auf seine gute Stimmung. Das Amulett hat ihn ganz schön geschockt. Denn natürlich war er davon überzeugt gewesen, wieder wie in der Vergangenheit jederzeit mit seinen Fähigkeiten arbeiten zu können. Nun muss er vom Amulett hören, dass das nicht mehr geht. Nie wieder mit „remember“, „mist“, „freeze up“ arbeiten? Nicht einmal „invisible“? Wie soll er denn ohne sie an eine neue, anspruchsvolle Aufgabe herangehen…? Das Amulett hat ihn ja eindringlich vor den Gefahren gewarnt.
Nachdenklich macht Robert sich fertig und geht zur Schule. Unterwegs kommt ihm blitzartig die Lösung: Ganz einfach, er muss sich wieder was einfallen lassen, muss selbst eine Lösung finden, wie vorher auch, nur dann wird ihm das Amulett helfen! Plötzlich ist alles wieder leicht. Jetzt kann er es kaum erwarten, dass der Unterricht vorbei ist. Gleich nach der Schule, nachdem er sich von seinen Freunden verabschiedet hat, geht Robert wieder in die Grünanlage hinter dem Hochhaus. Die Taube ist schon da und trippelt ihm aufgeregt entgegen.
„Robert, heute Vormittag wurden drei Bürocontainer auf dem Grundstück abgeladen“, erzählt sie sogleich und nickt eifrig mit dem Kopf dazu. „Anscheinend wollen sie darin die Bauleitung unterbringen, denn es wurden sofort alle Anschlussleitungen gelegt.“
„Jetzt bin ich neugierig, was weiter geschieht. Beobachte das Grundstück weiter und erzähl mir alles, was da noch passiert“, sagt Robert und streichelt Dulgur leicht über das Federkleid.
Er fährt mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock hoch und klingelt bei Fred. Doch der ist nicht zu Hause. Also fährt Robert gleich weiter in den elften Stock und ruft aus der Wohnung Hauptkommissar Werner an.
„Hallo Robert, schön, mal wieder von dir zu hören! Wie geht es dir?“ Robert hört an seiner Stimme, dass sich Werner wirklich freut.
„Herr Werner, ich suche Fred Jarosch! Ist er bei Ihnen?“, kommt Robert gleich zur Sache.
„Sicher geht es um deine Mithilfe, um die wir dich gebeten haben?“, kombiniert der Hauptkommissar. „Und, hast du schon etwas rausgefunden?“
Robert erzählt von seinem Erlebnis, dass ihn die beiden Männer aus der benachbarten Lagerhalle schnappen wollten, als er das Grundstück betreten hatte. „Stone“ erwähnt er natürlich nicht.
Der Hauptkommissar hört ihm aufmerksam zu. „Vielen Dank, wir werden uns gleich darum kümmern, wem diese Lagerhalle gehört“, sagt er dann. „Jedenfalls ist das interessant, wir hätten nicht gedacht, dass da eine Verbindung bestehen könnte. Robert, dein Einsatz hat sich schon wieder einmal gelohnt.“ Nach einer kleinen Pause setzt er hinzu: „Ich schicke dir heute sofort eine Bescheinigung, die dir freie Fahrt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln erlaubt. Wie ich dich kenne, wirst du in Zukunft sicher sehr oft da unten anzutreffen sein.“
Robert bedankt sich und legt auf. Ist ja schon Klasse so einen Freifahrtschein zu haben, geht es ihm durch den Kopf. Einfach ohne Geld überall hinfahren zu können.
Gleich nach dem Mittagessen zieht er sich in sein Zimmer zurück. Er setzt sich an seinen Schreibtisch und beginnt damit, seine Schularbeiten zu erledigen, als er ein fernes Donnergrollen hört. Sicher ein Gewitter, denkt er und lässt sich nicht weiter stören. Etwa zwanzig Minuten später hört er vor sich am geöffneten Fenster ein Flattern. Dulgur ist gelandet. Sie nickt aufgeregt mit ihrem Kopf und tänzelt auf ihn zu.
„Robert, in alle drei Container gleichzeitig hat ein Blitz eingeschlagen!“, sprudelt sie hervor, noch bevor er etwas sagen kann. „Sie brennen gerade völlig aus. Die Feuerwehr war sofort da, es hat nur wenige Minuten gedauert, aber sie konnten nichts mehr retten. Auf der Baustelle war ein Riesenwirbel, die Leute sind ganz konfus durcheinander gelaufen.“ „Sind auch Menschen verletzt worden?“, fragt Robert sofort. Dulgur verneint, immer noch ganz aufgeregt. Robert nimmt sie auf den Arm und streichelt sie zart, bis sie sich beruhigt hat.
„Ich muss unbedingt wissen, was da abläuft“, murmelt er. „Bleib bitte weiter dran und berichte mir alles, was geschieht.“
Nachdem Dulgur weggeflogen ist, konzentriert sich Robert wieder auf seine Arbeit, was wirklich nicht einfach ist. Immerhin ist bei dem Grundstück wiederum einiges geschehen, was unerklärlich ist. Abends muss er unbedingt noch mit Fred reden, doch bis dahin wird er die Zeit nutzen und seine Hausarbeiten erledigen. Sie sind zwar nicht schwer, aber umfangreich, und das braucht eben seine Zeit!
Es wird schon dunkel, als plötzlich Roberts Handy klingelt. Es ist Fred, der ihn bittet, zu ihm runterzukommen. Robert hat genug gelernt. Er räumt seine Sachen weg und fährt mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock hinunter.
Fred erwartet ihn schon in der offenen Tür. „Robert, das ist einfach Klasse: Kaum bist du mit dabei, haben wir auch schon den ersten Hinweis.“ Er geht mit dynamischen Schritten voran ins Wohnzimmer. „Die Lagerhalle neben diesem Grundstück gehört einem gewissen Rufus Kellermann. Der Mann ist absolut unbescholten und anscheinend sehr vermögend. Er hat die Lagerhalle gebaut und an verschiedene Speditionen Lagerkapazitäten vermietet. Gleich nach deinem Hinweis haben wir eine Polizeistreife hingeschickt. Sie haben die Identität der dort beschäftigten Arbeiter eingehend geprüft. Es war aber alles in Ordnung. Mehr konnten wir momentan nicht tun, es ist alles legal!“ Fred streicht sich über sein Kinn, schaut Robert lange sinnend an und sagt dann ganz unvermittelt: „Schon wieder hat der Blitz da unten eingeschlagen!“
Robert grinst nur. „Bestimmt sind die Container getroffen worden“, sagt er cool.
„Woher weißt du das denn schon wieder?“, fragt Fred erstaunt. „Es ist doch gerade erst geschehen! Und woher weißt du überhaupt von den Containern? Aber gut, von dir bin ich es gewöhnt, dass du immer einen Schritt voraus bist. Stell dir vor, so schnell haben wir noch nie Leute von der Versicherung am Schadensort gesehen. Die müssen wohl beträchtliche Schadenszahlungen leisten. Der Bauunternehmer hat uns gemeldet, dass die Versicherer die Verträge sofort gekündigt haben. Sie werden nur noch dann Versicherungsschutz geben, wenn die Gesellschaft sich wieder von dem fraglichen Grundstück trennt.“ Fred rückt seine Krawatte zurecht. „Eigentlich geht uns das ja nichts an, das ist deren Angelegenheit, wie und wo sie sich versichern. Für uns interessant ist nur, dass das Grundstück jetzt wieder verkauft werden soll. Ich bin schon neugierig, wer der Käufer sein wird! Wer kauft denn so ein verrufenes Grundstück?“
Eine kleine Pause entsteht. Dann fährt Fred ernst fort: „Robert, wir machen uns jetzt wirklich Sorgen wegen der Blitzschläge. So viele Zufälle kann es gar nicht geben. Immer wieder betrifft es das gleiche Grundstück, und was noch gruseliger ist: Es ist keine Spur von einem Gewitter zu sehen.“
Robert nickt. Ganz klar, dass mit den Blitzen etwas nicht normal ist. Das kann keine natürliche Ursache haben, dass immer nur Menschen oder Sachen beschädigt werden, die sich auf diesem Grundstück aufhalten.
Fred holt ein Kuvert aus seiner Jackentasche und reicht es Robert. „Herr Werner schickt dir hier eine Bescheinigung. Er sagte mir, du weißt schon, um was es geht. Übrigens ... ich habe mir einen tollen Plan wegen des Grundstücks ausgedacht. Ich werde da was unternehmen ... Morgen erzähl ich dir mehr davon.“
Robert nimmt den Briefumschlag entgegen. „Ach ja, das ist die Freikarte für die öffentlichen Verkehrsmittel!“, sagt er und bedankt sich. Neugierig fügt er hinzu: „Sag mir doch, was du planst, Fred! Ich kann das doch gleich mit dir gemeinsam machen.“
„Nein, ich habe noch zu wenig Informationen“, wehrt Fred ab. „Aber morgen treffen wir uns um die gleiche Zeit wieder, okay? Dann wissen wir mehr. Komm am besten gleich zu mir runter!“