Читать книгу Robert und das Zirkulum - Jo Hartwig - Страница 6

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Im Zentrum

Robert kritzelt für seine Eltern rasch eine Nachricht auf einen Zettel, dass sie sich keine Sorgen machen sollen, wenn er erst später nach Hause kommt. Den Zettel legt er deutlich sichtbar auf den Küchentisch. Dann fährt er mit dem Bus runter in die Altstadt.

Noch ist es hell. Robert schlendert an der Baustelle vorbei in Richtung Lagerhalle. Auf der Baustelle ist noch Hochbetrieb, alle Kräne sind besetzt. Es werden dort lange Eisenstangen von einem LKW abgeladen. Ansonsten ist die Straße leer, offensichtlich interessiert sich jetzt kein Mensch mehr für das „Gruselgrundstück“ Robert geht weiter zur Halle. Sorgfältig vergewissert er sich nach allen Richtungen, dass niemand ihn beobachtet. Erst dann sagt er leise: „invisible“. Sofort ist da wieder das Supergefühl: einerseits keine Angst haben zu müssen, dass er erwischt wird, weil er ja unsichtbar ist, und trotzdem inmitten des Geschehens zu sein! Es ist ein bisschen wie einen spannenden Film anschauen, denkt Robert, aber doch noch viel besser, weil das, was da abläuft, Wirklichkeit ist – und weil ich da selbst eingreifen und was verändern kann! Einfach cool.

Er überquert beschwingt die Straße und geht als Erstes zu der kleinen Seitentür, aus der vor einigen Tagen die beiden Männer kamen, die ihn sich schnappen wollten. Ganz langsam und vorsichtig drückt er den Türgriff herunter – aber die Tür ist verschlossen. Er geht weiter zu dem Tor, das sich ungefähr in der Mitte dieser Längsseite befindet. Verdammt, das Tor ist auch verschlossen, wie soll er denn bloß in die Halle hineinkommen? Jetzt kann er es nur noch vom Parkplatz aus versuchen, auf dem gestern der LKW stand und ausgeladen wurde. Als Robert um die Ecke biegt, sieht er auf dem Parkplatz zwar keinen Lastwagen, aber mehrere PKWs parken, darunter auch den Alfa von Francesco. Also ist auf jeden Fall jemand in der Halle. Unbekümmert geht Robert zum Eingang und drückt wieder den Türgriff nach unten. Er fühlt sich völlig sicher. Es kann ihn ja niemand sehen! Sein Herz macht vor Freude einen kleinen Hüpfer: Diese Tür geht auf! Dann aber hält er erschrocken die Luft an. Dicht vor ihm, allerdings mit dem Rücken zu ihm, steht dieser Francesco und führt ein lautes Streitgespräch mit Hiller. Die Türen dieser Halle schließen anscheinend wirklich dicht, denn draußen war nichts von dem lautstarken Gespräch zu hören.

Hiller steht auf der Empore am Ende der Eisenstiege und brüllt über die halbe Halle. Als die Tür aufgeht, bricht er mitten im Satz ab, fuchtelt mit den Armen zur Tür hin und schreit: „Francesco, hinter dir ist jemand an der Tür!“

In solchen Momenten geschieht alles gleichzeitig. Robert ist geistesgegenwärtig sofort nach rechts in die Halle gehuscht, dicht an dem Italiener vorbei. Die weichen Sohlen der Tennisschuhe sind ihm jetzt eine unschätzbare Hilfe! Die Tür hat er offen gelassen, sie pendelt leicht in den Angeln.

Blitzschnell dreht sich Francesco um und springt zur Tür, stößt sie ganz auf und ist schon draußen. Ein verdammt gefährlicher Typ, erkennt Robert wieder. Schon einmal hat er diesen Burschen in Aktion gesehen. Dem darf er auf keinen Fall in die Hände geraten! Von draußen hört Robert ein leises Fluchen, dann kommt der Italiener wieder zurück. „Niemand zu sehen, alles leer! Diese blöde Tür schließt nicht richtig!“, ruft er verärgert zu Hiller hinauf. Der ist natürlich oben stehen geblieben und hat sich keinen Zentimeter von der Stelle bewegt. Francesco steigt über die Eisenstufen zu den Büroräumen hinauf. Beide gehen in das erste Büro und schließen die Tür hinter sich. Jetzt erst wagt Robert wieder normal zu atmen und sich umzusehen. Die Halle ist hell erleuchtet, im Hintergrund sind laute Geräusche von Motoren und Stimmen zu hören. Vorsichtiger als vorher geht Robert weiter. Er kontrolliert erst jeden Gang, bevor er in ihn einbiegt, ob er auch wirklich leer ist. Unsichtbar zu sein schützt nicht vor Berührungen. Das hätte vorhin ganz schön schief laufen können! Lieber nicht dran denken, was dieser Francesco mit ihm gemacht hätte, wenn sie sich berührt hätten ...

Mit etwas weichen Knien schleicht Robert weiter. Die erste Hälfte der Halle ist leer, niemand arbeitet hier. Die Regale sind voller Kartons, und Stapel großer Kisten ergänzen die langen Reihen. Mittlerweile hat Robert die Eisentreppe passiert und dringt, sich immer wieder absichernd, langsam in den hinteren Teil der Lagerflächen vor. Im Hintergrund sieht er wieder die großen Rollen Papier, die auch Dulgur aufgefallen sind. Die Geräusche der Arbeiter kommen jetzt ganz aus der Nähe.

Robert geht vorsichtig um die nächste Ecke, als er sie sieht: drei Männer, die mit einem Gabelstapler lange, schmale Kisten übereinander stapeln. Neben Holger erkennt Robert auch den zweiten Typen, der ihn vor einigen Tagen fangen wollte. Er wird Jakob gerufen. Er ist genauso groß wie dieser Holger, nur bedeutend kräftiger gebaut. Er hat volles dunkles Haar und eine fleischige, breite Nase. Schaut irgendwie komisch aus, der Mann, und ziemlich primitiv. Der Dritte im Bunde ist ein schon älterer Mann mit einer beginnenden Glatze und einem faltigen, etwas verhärmt wirkenden Gesicht, der gemeinsam mit Jakob eine der flachen Kisten hochwuchten will.

Robert spürt: irgendetwas muss jetzt geschehen. Er kann nicht immer nur zuschauen, sonst läuft alles im gleichen Trott weiter und es bringt gar nichts. Also muss er provozieren. Er richtet seine Augen fest auf die beiden mit ihrer Kiste und flüstert: „Stone“. Das hat er mittlerweile schon so oft ausprobiert, dass es fast zur Routine geworden ist. Und doch – dieses Mal erschrickt er selbst über die gewaltige Reaktion! Beide Männer haben die Kiste eben auf Kinnhöhe angehoben, als sie schön synchron, fast wie im Ballett, mit dem rechten Bein einknicken. Die Kiste kippt nach vorne und reißt die beiden Männer mit. Das Ganze spielt sich blitzschnell ab, begleitet von lautem Getöse, denn der Holzdeckel der Kiste hat sich bei dem Sturz gelöst und in Ölpapier gewickelte, lange, dicke Stangen fallen heraus. Holger packt den Mann in der blauen Arbeitskleidung am Kragen und reißt ihn zurück, Jakob krabbelt von alleine hoch. Robert ist schnell näher herangetreten und steht dicht bei den dreien in einer Nische zwischen Kisten.

Holger huscht ängstlich zu einer Ecke, von der aus er freien Blick zur Empore hat. Beruhigt kommt er zurück. „Seid bloß leise“, sagt er und legt seinen Finger auf den Mund, „und schließt diese blöde Kiste wieder. Francesco und Hiller haben nichts gehört.“

Jakob greift sich hastig eine der Stangen, dabei reißt die Verpackung an einem Ende auf. Der Schaft eines Karabiners ist zu sehen. Schnell deckt er wieder das Papier drüber und schielt dabei zu dem älteren Mann rüber. Doch es ist zu spät, der hat natürlich alles gesehen, auch wenn er sich jetzt bemüht, so zu tun, als ob er keine Ahnung hätte. Er dreht sich sofort um und will die nächste Kiste holen. Holger und Jakob schauen sich vielsagend an, sagen aber nichts. Holger zieht nur eine Augenbraue hoch. Dann stapeln sie weiter ihre Kisten, als ob nichts geschehen wäre.

Robert wendet sich ab und geht leise weiter. Jetzt hat er wieder einen Mosaikstein mehr: In den Kisten sind Gewehre. Aufmerksam schaut er sich die gestapelten Kisten näher an. Zweifellos sind das alles gut verpackte Waffen, die hier lagern. Da wird der Hauptkommissar ganz schön staunen, wenn er das hört. Meine Güte, was hat er da schon wieder entdeckt! Seit er mit dem Amulett zusammenarbeitet, stolpert er von einem Abenteuer ins nächste. Wie soll es nun weitergehen?, überlegt er. Da hört er hinter sich einen lauten Krach, gefolgt von einem schwachen, qualvollen Stöhnen. Sofort macht Robert kehrt und schleicht zu dem Gang zurück, in dem er die drei Männer beobachtet hat. Zuerst sieht er nur eine der großen Kisten quer auf dem Boden liegen, bei näherem Hinsehen aber erkennt er, dass der ältere Arbeiter, unnatürlich verrenkt, darunter liegt. Eine Ecke der Kiste hat ihm den Brustkorb eingedrückt.

Aber was Robert wirklich die Haare zu Berge stehen lässt, ist, dass Jakob dem schon schwer Verletzten Mund und Nase zuhält, bis kein Laut mehr zu hören ist. Dann richtet er sich auf und wischt seine Hände an der Hose trocken. „Dieser Mistkerl hätte mich fast gebissen“, murmelt er vor sich hin.

In einer immer größer werdenden Blutlache liegt nun der Tote. Es ist für Robert das erste Mal, dass er direkt mit einem Toten konfrontiert wird. Das Ganze kommt ihm unwirklich vor, fast wie in einem Fernsehkrimi. Aber dieser Mann vor ihm ist wirklich tot und wird nicht mehr aufstehen, wenn die nächste Filmszene beginnt! Robert spürt plötzlich ein Würgen im Hals und presst sich schnell die Hand auf den Mund, um sich nicht zu verraten. Noch bevor er sich von seinem Schock erholen kann, vernimmt er ein dumpfes Grollen in der Luft und der Boden unter seinen Füßen vibriert leicht. Was war das? Robert ist wie benommen. Erst dieser furchtbare Mord in seiner unmittelbaren Nähe und jetzt auch noch dieses sonderbare Donnergrollen!

Oh weh, jetzt wäre er fast erwischt worden! In seinem Schock hat Robert absolut nicht wahrgenommen, wie der dicke Hiller und der Italiener die Eisenstiege vom Büro heruntergekommen sind. Francescos Stimme dicht hinter ihm reißt ihn jäh zurück in die Wirklichkeit: „Was ist denn hier los, was war das für ein Donnern?“ Robert reagiert jetzt blitzschnell. Ohne sich umzudrehen, macht er ein paar Schritte nach vorn auf die Leiche zu. Dieser Mafioso stand nur etwa einen halben Meter hinter ihm in dem engen Gang zwischen den Stellagen!

Francescos Stimme klingt gefährlich leise. „Wieso liegt der Wurzer da unter der Kiste, ist er verletzt?“

Robert steigt geräuschlos über den ausgestreckten Arm des Toten und zwängt sich an der verkanteten Kiste vorbei. Jetzt hat er auch Jakob und Holger hinter sich. Als er endlich zurückblickt, bekommt er noch nachträglich einen Riesenschreck, denn Raum füllend stehen Hiller und Francesco in dem schmalen Gang zwischen den Kisten, direkt vor der Leiche. Er wäre unweigerlich erwischt worden, wenn er auch nur ein paar Sekunden länger da stehen geblieben wäre, wow! Er dankt insgeheim dem Amulett für seine verbesserte Form von „invisible“, denn mit nur 30 Minuten, wäre er hier ganz schon in die Bredouille geraten.

Holger blickt unterwürfig zu dem Italiener auf. „Wurzer hat eine aufgebrochene Kiste und deren Inhalt gesehen. Er hat zwar schnell so getan, als ob er nichts bemerkt hätte. Aber er hat!“, stößt er hastig hervor. „Es blieb uns nichts anderes übrig, als ihn zu beseitigen. Da hat Jakob ganz raffiniert diese Kiste auf ihn fallen lassen, Wurzer hat nichts mehr gemerkt. Jetzt ist das Problem beseitigt.“ Dabei strahlt Holger auch noch wie ein Honigkuchenpferd und scheint zu erwarten, dass er auch noch für seine Tat gelobt wird!

Doch Francesco ignoriert ihn einfach. „Sorgt dafür, dass der Kadaver verschwindet“, sagt er mit eisiger Stimme, „ich will ihn hier nicht mehr sehen. Bringt ihn wie üblich zu unserem Kontakt, ich werde euch schon anmelden.“

Hiller hat bisher stumm daneben gestanden, nur sein lautes, asthmatisches Atmen war zu hören. Doch jetzt kann er nicht mehr an sich halten. „Ihr Idioten, hat es keine andere Lösung gegeben? Nun haben wir einen Toten auf dem Hals!“, schnauft er wütend. „Und woher kam der laute Donner oder was war das?“ Die Situation wächst ihm offensichtlich über den Kopf. „Holger, steh nicht so teilnahmslos rum!“, schnauzt er ihn an, „sondern schau draußen nach, ob etwas zu sehen ist. Aber mal etwas plötzlich, sonst donnert es gleich bei dir!“

Das ist wieder typisch für den fetten Zwerg, denkt Robert. Selber macht er sich fast in die Hosen, wenn er einem gegenübersteht, der mehr zu sagen hat. Aber seine Untergebenen tritt er und behandelt sie wie Tiere.

Jakob steht nur teilnahmslos da und tut gar nichts, während Holger sofort zur Tür läuft.

Francesco ist schon wieder auf dem Weg nach oben ins Büro. „Schau nicht so blöd in der Gegend rum, sondern hol eine Folie, in der wir den Kerl hier verpacken können!“, herrscht er Jakob im Vorbeigehen an.

Jakob nickt nur und verschwindet. Unterdessen kommt Holger wieder zurück und berichtet Hiller, dass draußen absolut nichts zu sehen ist. Auch an der Baustelle nebenan gehen die Arbeiten ungestört weiter, niemand hat etwas gehört.

„Dann nimm dir jetzt den Jakob, verpackt die Leiche und lasst sie einfach verschwinden. Sie darf nicht mit uns in Verbindung gebracht werden. Verstanden? Wir haben nichts mit der Sache zu tun!“, quäkt Hiller, dreht sich um und watschelt Francesco hinterher.

Ziemlich leichtsinnig, diese Typen mit so einer heiklen Aufgabe zu beauftragen und sich dann nicht mehr darum zu kümmern, denkt Robert. Und natürlich bequem – so stiehlt der Dicke sich selbst aus der Verantwortung.

Mittlerweile ist Jakob mit einer dicken blauen Plastikfolie zurückgekommen, die er auf dem Boden ausbreitet. Nachdem sie die Kiste von dem leblosen Körper gewuchtet haben, drehen beide den Körper des Toten mit der Folie brutal zu einer Wurst, binden sie an beiden Enden zu und legen sie zur Seite. Jakob beginnt, mit Eimer und Lappen bewaffnet, den Boden zu reinigen. Mit heftig klopfendem Herzen beobachtet Robert die Männer. Das wird auf jeden Fall sattes Futter für den Hauptkommissar werden, Robert kennt ja sogar den Täter!

„Wir warten jetzt, bis es dunkel wird“, beschließt Holger, „allzu lange kann es ja nicht mehr dauern.“

Robert merkt, wie ihm das Ganze an die Nieren geht. Da wollte er sich eigentlich nur ein bisschen orientieren. Und was ist daraus geworden? Er ist einem Waffenschmuggel auf die Spur gekommen und er ist Augenzeuge eines Mordes geworden! Doch ein bisschen viel auf einmal, sagt er sich. Und dann war da noch dieses merkwürdige Donnern. Bei Fred und den anderen Vorfällen folgten auf das Donnergrollen immer auch Blitzeinschläge. Wieso dieses Mal nicht? Oder ist etwa woanders ein Blitz eingeschlagen?

Während Jakob und Holger die letzten Spuren ihres Verbrechens beseitigen und dann wieder weiter ihre Kisten schichten, schleicht Robert zu jener Seitenwand der Halle, die an das berüchtigte Grundstück angrenzt. Wieso konnten die Ratten hier nicht weiter kundschaften? Was war das für eine merkwürdige Strahlung, die sie daran gehindert hat? Fragen über Fragen. Fast sehnsüchtig denkt er an die Trigonometrie und den Satz des Pythagoras: Gäbe es hier doch auch so eine klare mathematische Formel, mit deren Hilfe sich alle Probleme lösen ließen! Aber das, worauf er sich da eingelassen hat, ist völlig unberechenbar und wird zunehmend gefährlicher.

Robert schleicht angespannt weiter. Aber hier ist nichts Besonderes zu sehen, zu spüren auch nicht. Wie in der vorderen Hälfte der Halle sind auch hier jede Menge Waren gelagert. Ware hört sich gut an, denkt Robert, es sind Kisten, die nicht erkennen lassen, was sie enthalten. Vielleicht ebenfalls Waffen? Aber das soll ihm jetzt egal sein, darum kann sich Hauptkommissar Werner später kümmern. Er selbst will sich jetzt erst mal umfassend über die Räumlichkeiten informieren. Er kommt zu den wuchtigen Papierrollen. Die müssen wohl Tonnen wiegen. Daraus werden die täglichen Zeitungen gemacht, beeindruckend so ein Papierungetüm mal aus der Nähe zu sehen.

Von der Empore her klingelt plötzlich ein Telefon. Es schrillt laut durch die ganze Halle. Robert sieht durch die Glaswand oben, dass Hiller den Hörer abnimmt. Zu hören ist von dem Gespräch nichts, aber Robert beobachtet, wie der Dicke sich während des Sprechens mehrmals untertänig verbeugt. Also spricht er mit einem Vorgesetzten, kombiniert Robert. Hiller legt den Hörer wieder auf und sagt etwas zu Francesco, dann gehen beide zur Tür und die Eisenstufen herunter. Wortlos wendet sich der Italiener zum Ausgang und verschwindet. Hiller kommt durch den Gang auf die beiden Arbeiter zu. Sofort schleicht Robert näher, um alles mitzubekommen.

„Jetzt hat der Boss angerufen, er kommt her, eine Stunde haben wir nur noch Zeit!“, ruft der Dicke und wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Schafft sofort die Leiche hier weg, es darf nichts zu sehen sein.“ Er wirft einen besorgten Blick auf die gestapelten Kisten. „Und achtet darauf, dass hier alles in Reih und Glied ist und dass keine der Waffenkisten auffällig wird, klar? Na los, wird’s bald, schlaft nicht ein!“ Damit dreht er wieder ab und schlurft in sein Büro zurück.

Robert wundert sich immer mehr über die Kaltblütigkeit, die hier an den Tag gelegt wird. Gehören Leichen für diese abgebrühten Typen zum täglichen Geschäft? Wohin wollen die beiden den Toten denn so schnell bringen?

Jakob hat inzwischen einen kleinen Transportwagen herbeigebracht, auf den sie jetzt ihre gruselige Fracht legen. Holger zischt mit belegter Stimme: „Hol schon mal dein Auto vor die Tür und öffne den Kofferraum. Wir legen ihn momentan da rein. Wichtig ist nur, dass er sofort von hier verschwindet!“ „Hoffentlich entdeckt der Kellermann die Waffen nicht!“, brummt Jakob zurück.

„Darüber mach du dir keine Sorgen. Du hast deine Aufgabe und wirst auch fürstlich dafür bezahlt.“ Holger stößt ihn in die Seite. „Komm, jetzt mach schon die Fliege!“ Er geht noch einmal sorgfältig die Reihe der Kisten durch und kontrolliert, ob alles in Ordnung ist, dann schiebt er den Wagen langsam zum Ausgang. Von oben durch das Bürofenster wird er von Hiller mit Argusaugen beobachtet.

Robert sprintet gerade noch rechtzeitig hinter Jakob her und kann mit ihm durch die Tür nach draußen schlüpfen. Noch einmal will er dem Dicken nicht das Spektakel einer unsichtbar aufgehenden Tür bieten! Jakob holt sein Auto vom Parkplatz und manövriert es zum Ausgang, wo Holger schon wartet. Im Halbdunkel der Abenddämmerung sieht Robert, wie die beiden nun das lange Paket in den Kofferraum ihres kleinen Autos drücken und schieben. Robert überläuft eine Gänsehaut. Diese Gangster verstauen den Toten, als wäre er eine Ware aus dem Supermarkt. Holger wartet, bis Jakob sein Auto wieder eingeparkt hat, dann verschwinden beide wieder in der Halle.

Robert überlegt fieberhaft, was er jetzt tun könnte. Er muss jetzt unbedingt Hilfe haben! Bald wird es ganz dunkel sein. Wie soll er je dahinter kommen, wohin die Typen dann mit der Leiche abziehen werden? Guru!, durchzuckt es ihn plötzlich. Natürlich, warum hat er nicht längst schon an die Eule gedacht? Die Nacht ist doch ihre beste Zeit! Robert geht eilig hinter die Halle zum Rhein hin und ruft leise: „Guru – hörst du mich? Guru, komm, komm schnell…ich brauch deine Hilfe!“

Nichts geschieht. Klar, denkt Robert, sie kann mich nicht hören, sie ist sicher sehr weit vom Rhein entfernt irgendwo im Wald auf Futtersuche. Ich hätte es wissen müssen. Er will sich schon enttäuscht abwenden, da sieht er, wie etwas lautlos auf ihn zugeflogen kommt. Und plötzlich ist sie da. Obwohl er immer noch unsichtbar ist, findet sie ihn sofort und landet weich auf der kleinen Mauer neben ihm. Sie stößt einen dunklen Freudenlaut aus. „Hallo Robert, wieder im heißen Einsatz? Und ich darf dir helfen?“

Robert schaut in ihre orange leuchtenden Augen und kann erst mal gar nichts sagen, so überwältigt ist er von seinen Gefühlen. Er streckt nur stumm seinen Arm aus und streicht der Eule zart über die weichen Federn. Allmählich fühlt er, wie er ruhiger wird.

„Du, Guru, ich bin so froh, dass du da bist“, sagt er leise. „Wie hast du mich gehört? Warst du etwa zufällig in der Nähe?“

„Wenn ich in der Nähe gewesen wäre, hättest du nicht so lange warten müssen“, sagt Guru und gibt ein Geräusch von sich, das wie ein leises Lachen klingt. „Nein, ich musste erst ein ganzes Stück fliegen. Aber egal, wo ich bin, wenn du mich brauchst, höre ich dich immer und mache mich sofort auf den Weg zu dir. Wenn es um einen Freund geht, dann hören wir Tiere sogar Gedanken und sehen auch Unsichtbares. Darauf kannst du dich verlassen!“

Robert ist ganz warm ums Herz. Wie gut, dass es solche Freunde gibt! Das gibt ihm Mut, es mit den kaltblütigen Gangstern in der Halle aufzunehmen. Da muss einfach etwas geschehen. Die dürfen nicht immer so weitermachen!

„Guru,…eben ist hier in der Halle ein Mann…ermordet worden“, beginnt er stockend. „Ich…ich konnte ihm leider nicht helfen. Aber ich weiß, wer der Täter ist.“

Die Eule hat ihre riesigen Augen aufmerksam auf ihn gerichtet und lauscht ihm mit hoch aufgestellten, langen Federohren.

„Diese zwei Mistkerle – die wollen mit ihrem kleinen Auto die Leiche wegbringen und irgendwo verscharren“, berichtet Robert weiter. „Sie warten nur noch, bis es absolut finster ist, und dann fahren sie los. Du, Guru, – für dich ist das doch kein Problem, stimmts? Bitte beobachte die Typen und sag mir morgen, wo sie den Toten hingebracht haben.“

„Geht klar. Du kannst auf mich rechnen!“ Schon breitet Guru ihre großen Flügel aus und schwingt sich lautlos wieder in die Luft. Robert schaut ihr noch nach, bis sie im Dämmerlicht mit dem Hintergrund verschmilzt. Er fühlt sich erleichtert und beruhigt.

Doch Zeit zum Ausruhen bleibt ihm nicht. Plötzlich hört er ein Motorengeräusch hinter sich, und als er schnell um die Ecke läuft, sieht er einen großen grünen Wagen auf den Parkplatz einbiegen. Das ist sicher der Boss, dieser Kellermann, dem diese Lagerhalle gehört.

Der Mann steigt aus und geht zielstrebig auf den Eingang zu. Robert hat keine Zeit, lange zu überlegen. Er schleicht sofort hinterher, um gemeinsam mit ihm in die Halle zu kommen. Erst jetzt bemerkt er, dass eine Klingel neben der Tür ist, die Kellermann eben betätigt. Einen Augenblick später reißt Holger die Tür weit auf und verbeugt sich.

Im Hintergrund ist das asthmatische Keuchen Hillers zu hören, der sich ungewöhnlich schnell die Stufen heruntergewälzt hat und eifrig herbeigeeilt kommt. „Guten Abend, Herr Kellermann, wir erwarten Sie schon“, ruft er dem Eintretenden mit öliger Stimme entgegen.

Speichellecker!, denkt Robert. Er nutzt die Chance und huscht hinter Kellermann durch die weit geöffnete Tür. So, nun ist er wieder in der Halle und kann diesen Kellermann ausgiebig betrachten. Er ist eine imposante Erscheinung, nicht mehr ganz jung, hat volles, weißes, gewelltes Haar, ist braun gebrannt und sehr gepflegt gekleidet: eine zart gemusterte Krawatte zum weißen Hemd unter einem dunkelblauen Anzug. Seine hellblauen Augen stehen ziemlich eng über der gerade Nase und leuchten intensiv aus dem ausdrucksstarken Gesicht.Aber komisch ist, dass diese eng stehenden Augen, und die leichten Tränensäcke darunter, dem Gesicht einen eigenartigen Ausdruck geben. Dem Mann kann man nicht trauen, denkt Robert instinktiv. Irgendwie wirkt der unehrlich!

Nachdem Kellermann alle freundlich begrüßt hat, geht er selbstsicher voraus und die Eisentreppe hoch. Hiller ist ganz unglücklich, dass er nicht so schnell folgen kann. Er keucht gotterbärmlich hinter dem Boss die Eisenstufen hoch. Sie schließen die Tür hinter sich, es ist nichts mehr zu hören. Holger verschwindet schnell mit Jakob nach hinten. Robert bezieht gegenüber der Treppe Position und wartet gespannt ab, was jetzt geschehen soll. Durch die Glastür sieht er die beiden oben diskutieren.

Nach einigen Minuten geht die Tür auf und Kellermann kommt in Begleitung Hillers wieder heraus. Hiller ruft laut nach Jakob und Holger. „Ihr könnt jetzt Schluss machen, lasst nur die Nachtbeleuchtung an. Ich komme gleich mit euch nach draußen.“

„Augenblick bitte“, schaltet sich Kellermann ein. Hiller schaut erschrocken zu seinem Boss auf. „Jetzt, da ich Sie alle drei mal zusammen habe, muss ich Sie etwas fragen.“ Mit ruhiger, sonorer Stimme hat sich Kellermann Gehör verschafft. „Heute Nachmittag hat es hier gedonnert, ohne dass es ein Gewitter gab. Haben Sie das auch registriert?“

Robert fällt auf, wie gewählt dieser Mann spricht. Der hat schon ein anderes Niveau als die Typen, die er bisher in dieser Halle erlebt hat.

Bevor die beiden anderen reagieren können, würgt Hiller mit heiserer Stimme hervor: „Nein, wir haben nichts gehört, Herr Kellermann, sicherlich hatten wir auch hier in der Halle Lärm. Wir hatten ausnehmend viel zu tun.“ Kellermann schaut die beiden anderen nur wortlos an, und als von ihnen keine Antwort kommt, bedankt er sich mit unbewegter Miene.

Holger ist verblüfft, das kann jeder in seinem Gesicht sehen, aber er sagt nichts und entfernt sich rasch mit Jakob zum Ausgang. Hiller verabschiedet sich wortreich von seinem Boss und folgt den beiden. „Schließen Sie bitte die Tür gut ab, ich will mich nicht darum kümmern müssen!“, ruft Kellermann ihnen hinterher.

Jetzt ist Robert allein mit dem Eigentümer in der Halle. Kellermann geht zurück ins Büro und beginnt zu telefonieren, nachdem er die Bürotür sorgfältig geschlossen hat. Leise schleicht Robert ebenfalls die Eisenstufen hoch. Irgendetwas muss sich doch erfahren lassen, woraus er schließen kann, was hier eigentlich gespielt wird! Durch die Glastür sieht er Kellermann an seinem Schreibtisch sitzen und in den Hörer sprechen, kann aber nichts davon verstehen.

Durch die kleine Fensterzeile oben in der Halle, knapp unter der Dachschräge, sieht Robert, dass es mittlerweile schon richtig dunkel draußen geworden ist. Vielleicht sollte ich jetzt auch besser Schluss für heute machen?, überlegt er. Schließlich ist morgen wieder Unterricht. Für diesen Nachmittag hab ich wahrlich genug erlebt und gesehen. Guru wird mir schon sagen, wohin die Leiche gebracht wurde.

Noch bevor Robert sich entscheiden kann, legt Kellermann den Hörer auf, zieht sein Jackett aus und hängt es sorgfältig in den Schrank. In Hemdsärmeln kommt er aus seinem Büro heraus und geht dicht an Robert vorbei, der schnell die Luft anhält und sich an die Wand drückt, um nicht von Kellermann berührt zu werden. Doch Kellermann bemerkt ihn nicht. Mit schnellen Schritten eilt er die Stufen hinunter und weiter in den rückwärtigen Teil der großen Halle. Robert schaut ihm von oben her nach, bis Kellermann hinter den großen Papierrollen am anderen Ende der Halle verschwindet. Dann ist nichts mehr zu hören, alles ist still.

Robert wartet noch eine Weile. Als sich immer noch nichts rührt, steigt er leise die Eisenstiege hinunter und schleicht ebenfalls zu den riesigen Rollen, die da übereinander gestapelt sind. Zentimeter um Zentimeter schiebt er sich um jene Rolle, hinter der er Kellermann verschwinden sah. Da ist niemand!

Das kann doch nicht sein, eben hat er den Mann doch selbst dahinter abtauchen sehen! Oder hat er sich geirrt? Kann auch möglich sein, aus der Entfernung und bei den Lichtverhältnissen! Richtig hell ist es nur noch in den Büros oben, in der Halle selbst hat die Festbeleuchtung auf Nachtbeleuchtung gewechselt und das vorhandene Licht reicht eben aus, um sich ungefähr zu orientieren.

Wo ist Kellermann jetzt? Die Rollen stehen direkt an der Wand, hinter der das rätselhafte Grundstück liegt. Ist da eventuell eine Tür, die Robert übersehen hat? Nein, nichts zu sehen. Robert geht nochmals zurück und drückt verzweifelt an jeder Rolle. Es ist sinnlos, die stehen mit ihrem Gewicht so massiv da, dass es irrsinnig erscheint, daran zu rütteln. Aber der Mann kann sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben! Also nochmals von vorne. Robert macht ein paar Schritte zurück und schaut sich die Rollen insgesamt an. Eine Rolle hat einen Durchmesser von zwei Metern, zehn Rollen stehen nebeneinander, jeweils drei sind übereinander gestapelt. Die Stelle, an der er Kellermann zuletzt gesehen hat, muss zwischen der vierten und fünften Rolle gewesen sein. Da ist aber kein Durchgang, da geht nicht mal eine Maus dazwischen.

Robert ist der Verzweiflung nahe. So ein großer Mann kann sich doch nicht einfach in Luft auflösen! Oder – bei dem Gedanken durchfährt es Robert heiß – sollte Kellermann etwa auch über die Fähigkeit verfügen, sich mit „invisible“ unsichtbar zu machen? Aber das hätte das Amulett ihm doch gesagt, oder?

Robert zwingt sich zur Ruhe. Also, wenn dieser Mann sich unsichtbar gemacht hat, dann muss er wenigstens noch zu fühlen sein. Entschlossen greift Robert sich einen Hammer von einem der Regale und schlägt damit fest auf das gepresste Papier. Wenn Kellermann da irgendwo unsichtbar hockt, wird er sich ganz schön wundern, wieso da auf einmal ein Hammer wie von selbst aufs Papier schlägt! Robert unterdrückt bei dem Gedanken ein Lachen und klopft noch heftiger auf die Papierrollen ein. Aber kein menschlicher Laut ist zu hören, überhaupt nichts Auffälliges. Es klingt genau so, wie es eben zu hören ist, wenn jemand auf Tonnen von Papier schlägt. Einfach nur dumpf, Papier gibt nun mal keinen Schall weiter. Robert klopft die Rollen weiter ab, eine nach der anderen. Bei der fünften Rolle stutzt er. Halt, das klingt anders, irgendwie hohl! Fast so, als ob dahinter ein Eingang verborgen wäre ... Hey, Moment mal, das wäre ja die Erklärung! Dann wäre Kellermann nicht unsichtbar geworden, sondern einfach in einen geheimen Durchgang verschwunden ...

Jetzt ist Robert nicht mehr zu halten. Mit aller Kraft drückt und rüttelt und schiebt er an den Rollen. Aber nichts tut sich! So kommt er nicht weiter. Erschöpft lehnt er sich gegen eine der Rollen. Irgendwie ist es jetzt unheimlich in der großen menschenleeren Halle. Was nützt es ihm jetzt noch, unsichtbar zu sein? Wenn er doch mutterseelenallein hier ist? Wie soll er bloß vor dem nächsten Morgen wieder aus dieser dämlichen Halle rauskommen? Bei dem Gedanken, hier die Nacht zu verbringen, überläuft ihn eine Gänsehaut. Was werden seine Eltern denken? Gut, dass er ihnen wenigstens noch den Zettel geschrieben hat! So werden sie sich keine allzu großen Sorgen machen. Zu allem Überfluss knurrt jetzt auch noch heftig sein Magen. Hunger! Hätte er doch zu Hause noch was gegessen!

Um ihn herum ist alles still. Totenstill! Plötzlich meint Robert wieder das Stöhnen und Röcheln des Sterbenden von vorhin zu hören. Aber das ist Unsinn, der Tote ist weg, die beiden Verbrecher werden ihn gerade irgendwo verscharren. Er muss jetzt unbedingt nüchtern und sachlich bleiben, darf sich nicht selbst in Panik bringen! Also, noch einmal von vorn: Dieser Kellermann ist einfach verschwunden – nachdem er zuletzt zwischen der vierten und fünften Papierrolle zu sehen gewesen war. Na gut, denkt Robert, dann werde ich jetzt eben warten. Irgendwann muss der Mann doch wieder auftauchen.

Robert presst sich in eine Ecke zwischen einige Kisten, wo er sich sicher und gut geschützt fühlt. Die Zeit vergeht endlos langsam. Unglaublich, wie still es nachts in dieser Halle ist. Nur ab und zu knistert irgendwo eine Kiste, raschelt etwas. Sonderbar. Ein Tier kann das nicht sein, seine Ratten hätten das gewusst und es ihm gesagt. Was wird mit den Waffen in den Kisten wohl gemacht?, überlegt Robert. Wer bekommt sie geliefert? Und wie viele sind eigentlich hier in der Halle gelagert? Während seine Gedanken wandern, verharrt er ganz unbeweglich und lässt den wuchtigen Stapel von Papierrollen nicht aus den Augen, besonders die Stelle, an der er zum letzten Mal Kellermann zu sehen glaubte.

Irgendwann schaut er kurz auf seine Armbanduhr. 23 Uhr 18. Schon fast eine Stunde sitzt er hier und wartet! Plötzlich hört er ein leises Knacken, ganz leise, und danach ein zartes Rascheln, wie wenn ein Blatt Papier über den Boden streift. In der fünften Papierrolle ist wie von Geisterhand eine große Öffnung entstanden, aus der Kellermann jetzt hervorkommt. Robert beugt sich atemlos vor, damit ihm ja nichts entgeht. Kellermann streckt seine rechte Hand nach oben und schiebt die Finger in die Spalte zwischen der unteren und der darauf gelagerten oberen Rolle. Darauf ist wieder das leise Knacken zu hören und die Öffnung schließt sich. Zielstrebig geht Kellermann auf die Eisentreppe zu und steigt zu seinem Büro hoch. Die Türen lässt er diesmal offen.

Wo auch immer er gerade gewesen sein mag – irgendetwas hat ihn dort ziemlich ins Schwitzen gebracht, denkt Robert, denn natürlich hat er das verschwitzte Hemd des smarten Bosses bemerkt, und seine weißen Haare sind auch nicht mehr so korrekt frisiert wie vorher. Robert beobachtet Kellermann von unten weiter. Was plant dieser Mensch wohl als Nächstes? Doch Kellermann hat offensichtlich nichts anderes mehr im Sinn, als Schluss zu machen, denn er geht direkt in den kleinen Toilettenraum. Robert hört Wassergeräusche, kurz darauf nimmt Kellermann sein Jackett, löscht oben das Licht und kommt die Eisentreppe wieder herunter. Da ist sie, die Chance, auf die Robert gewartet hat! Er muss gleichzeitig mit Kellermann durch die Tür gelangen, sonst bleibt er bis morgen früh hier eingesperrt. Auf leisen Sohlen läuft er dicht hinter dem Mann her, der schon während des Gehens unbekümmert seine Schlüssel aus der Tasche holt und sie dann ins Schloss steckt. Er öffnet die Tür, zieht innen den Schlüssel ab und will nach draußen gehen. In dem Moment flüstert Robert: „Stone“.

Kellermann stolpert und fällt hin. Dabei lässt er auch den Schlüssel fallen. Blitzschnell und geräuschlos steigt Robert über die Füße des am Boden Liegenden und ist schon an ihm vorbei. Draußen bleibt er in sicherer Entfernung stehen und beobachtet weiter, was Kellermann tut. Der Mann ist zweifellos sehr gründlich. Er steht auf, findet seinen Schlüssel wieder und reinigt erst seine Kleidung, danach geht er zurück in die Halle und untersucht den Boden. Sicher fragt er sich jetzt, worüber er wohl gestolpert ist, denkt Robert und lacht sich ins Fäustchen. Natürlich ist nichts zu finden. Kopfschüttelnd schließt Kellermann ab und fährt mit seinen Wagen weg.

Robert hätte laut jubeln können. „Stone“ ist einfach eine Superfähigkeit! Aber „invisible“ ist auch nicht zu verachten ... ach so, er ist ja immer noch unsichtbar! Rasch macht sich Robert wieder sichtbar und läuft zur nächsten Bushaltestelle. Was war das für ein Wahnsinns Tag!

Robert und das Zirkulum

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