Читать книгу Nature Boy oder Wie man das Herz einer gepanzerten Lady gewinnt - joachim kubowitz - Страница 3
Exactly Like You.
ОглавлениеDass sie hier war, war reiner Zufall. Sie mußte raus. Ihr fiel die Decke auf den Kopf. Vorsichtig, behutsam kroch sie Stück für Stück voran. Immer näher und näher. Bis sie endlich nah genug war, um ihn besser betrachten zu können. Da lag ein Mann. Ein jüngerer Mann, schlaksige Figur. Dunkle Hose, weisses Hemd, die Ärmel etwas hochgekrempelt. Sein Jackett hatte er ausgezogen, zu einem Kopfkissen geformt und sich hinter den Kopf geschoben. Er schlief. An einem Stamm einer uralten, zernarbten Zeder, die mit ihren mächtigen Ästen etwas Schatten spendete.
Das erste, was ihr auffiel, war sein Mund. Er war breit, aber fein geschwungen, und er schien, auch wenn er schlief, ein wenig zu lächeln. Außer dem Mund und seinem Kinn konnte sie nichts weiter erkennen, da er sich seinen schwarzweissgesprenkelten Hut nach vorne über die Augen gezogen hatte.
Er war schwarz, das sah sie, aber nein, natürlich war er nicht schwarz, wie Teerpappe oder Kohle, seine Haut hatte ein tiefes, dunkles Braun mit einem leichten Grün- und Blauton, der das Braun zum Glänzen brachte. Völlig entspannt wirkte er, hier im Central Park, um die Mittagszeit, wo ansonsten nur verschwitzte Büroangestellte ihre kurze Mittagspause absolvierten und ein paar Mütter oder deren Hausangestellte Kinderwägen schoben.
Sie wagte sich noch etwas näher heran. Neugierig. Aber er schlief und sie wollte ihn nicht wecken. Sie wartete. Das konnte sie gut. Irgendwann müßte er doch mal aus seinen Träumen erwachen? Da. ---
Da regte sich was. Vorsichtig pirschte sie sich heran. Dabei kroch sie über ein paar vertrocknete Zweige. Es knackte. Nat zuckte hoch, schlug die Augen auf und schob sich den Hut in den Nacken. Was war das? Er schaute sich um. Da war aber nichts.
Wieder knackte es. Ach, du bist das!
Zwischen ein paar Blättern hatte er sie entdeckt.
Er nahm sie vorsichtig auf seinen Handteller und lehnte sich wieder zurück an den Stamm.
Wer bist du denn, schönes Kind? Was hat dich hierher verschlagen?
Nat streichelte vorsichtig über ihren fein gearbeiteten, aber festen Rücken, fast schwarz mit grünen, smaragdfarbenen Einschlüssen. Solch ein Geschöpf hatte Nat noch nie gesehen. Vor allem nicht im Central Park. Wie aus einer anderen Welt. Sie reckte ihren Hals.
Ich bin Nat. Und du, hast du auch einen Namen?
Er hielt sie sich näher ans Ohr und hörte dann so etwas wie Es-Es-Es --- Zumindest klang es für ihn so.
Ah, Esmeralda. Ja, gefällt mir?
Du wunderst dich wohl, daß ich hier schlafe? Ich weiß ja nicht, was du so treibst. Aber da ich eher nachts arbeite, muß ich tagsüber öfters ein Nickerchen machen.
Esmeralda betrachtete ihn weiter aufmerksam und öffnete ihren Mund.
Warum ich nachts arbeite? --- Ich bin Musiker. Und die Menschen kommen in die Bars und Clubs erst am späten Abend, um sich zu amüsieren. Und das dauert dann ...
Esmeralda bewegte ihren Kopf etwas hin und her.
Ach, du willst wissen, was für eine Musik ich spiele? Jazz, man nennt es einfach Jazz. Ich spiele Piano und singe. ... Heute abend wieder, im Zanzibar, so ab 22 Uhr. Zu spät für dich? Ich könnte dich abholen?
Nat setzte sie wieder behutsam ins Gras, langsam kroch sie zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Nat rieb sich das Kinn, kratzte sich am Kopf, setzte sich den Hut auf und rief ihr hinterher: Ich freu‘ mich.
Und Nat hätte schwören können, daß er ganz zart ihre Antwort hörte: Ja, ich mich auch.