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There‘s No Anesthetic For Love.

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Ein Jahr später.

Unter ihren ledernen Füssen vibrierte es heftig. Der Kontrabass, das Piano, die elektrische Gitarre. Die Melodiekürzel flogen nur so dahin. Die Nummer erreichte ihren Höhepunkt, aber die stickige, verrauchte Luft machte ihr schwer zu schaffen. Noch einen Chorus und erneut das Thema. Dann war das zweite Set zu Ende, zum Glück. Applaus der Gäste. Nat stand auf und ging zur Theke.

Jeff, für mich einen Doppelten. Und für die Lady dringend eine Erfrischung. Jeff zerstieß etwas Eis, servierte Nat den gewünschten Scotch und reichte ihm, nachdem er aus einer Kristallschale das Eis entfernt und dafür etwas Wasser hineingefüllt hatte, vorsichtig das gläserne Gefäß. Nat hob Esmeralda behutsam vom schwarzen, polierten Lack und setzte sie in die feuchte Schale. Ismi, wie konnte ich dich vergessen. Sie war nicht nachtragend.

Nat, wie alt ist sie eigentlich? fragte Jeff.

Bestimmt 200 Jahre.Wahrscheinlich hat sie schon Thomas Jefferson beim Formulieren der Unabhängigkeitserklärung geholfen, gab Nat zurück.

Ja, ein stolzes Alter für eine Lady, die sich durchweg – vielleicht auch ihr Geheimnis – streng vegetarisch ernährte, am liebsten von grünen, knackigen Blattsalaten.

Nat fand sie wunderschön: mit ihrem langen Hals, den kräftigen Waden und Zehen, ihrem melancholischen Blick, dem wundervoll ziselierten Panzer, der sie schützte. Ihren Namen sprach Nat, auch seiner Herkunft geschuldet, weich und liebevoll aus: Ismiralda, mit weichem s und gerolltem l. Ismiralda, my black magic woman, streichelte ihren runzligen, aber zarten Kopf, was sie ungemein genoss und ihren Hals nochmals um Längen strecken ließ.

Er hatte Abbildungen in alten Folianten gesehen. Elegant gekleidete junge Herren im Zweireiher, mit Zylinder und Stöckchen, mit einer Partnerin wie sie an einer Leine auf dem Pariser Trottoir spazierend.

Oder noch extravaganter in den Passagen: diesem architektonischen Novum der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Marmor- und holzgetäfelte Flaniergänge mit riesigen Glasdächern und elektrischer Illumination. Wind- und wettergeschützte Läden, die glitzernde Warenwelt der neuen Industrie und aus den Kolonien, Vergnügungsetablissements, Brasserien und Bars. Alles unter einem Dach, eine Luxusstadt im Kleinen. Die jungen Herren, die Dandys, flanierten offensichtlich ziellos, wie in Zeitlupe. Und mit einer Schildkröte war dies very sophisticated.

Esmeralda hätte sich diese Gängelei verbeten. Auch Nat fand die Vorstellung absolut übertrieben, geradezu abstoßend. Das war nicht sein Stil. Aber er trug sie gerne mit sich herum. Sie waren unzertrennlich.

Nicht in der Seitentasche seines Anzugs, nein.

In einem Weidenkörbchen mit langen Tragehenkeln, das er für sie extra hatte anfertigen lassen von den besten Weidenflechtern des Landes, oder, wenn dies gerade nicht zur Hand war, in der Mulde seines Pepitahütchens, seines Markenzeichens.

Da thronte sie und er mußte, ebenso wie die Dandys, etwas steif, ruhig und würdevoll schreiten, damit sie nicht herunterfiel. Eine kleine Herausforderung. Esmeralda fand den Hut albern, vielleicht irritierte sie das Muster. Das spürte er. Bei aller Liebe, ich finde ihn wirklich klasse, bemerkte Nat dann, und wenn er sie samt Hütchen vom Kopf nahm, um mit ihr eine Pause einzulegen, und sie beide ihre Siesta zelebrierten, war alles wieder gut.

Sie knabberte ihren Endivien-Rucolasalat mit einer leichten Vinaigrette, er einen scharfen Bohneneintopf wie früher zu Hause. Danach schliefen sie eine Runde, in einem kleinen Stadtpark unter einer großen Platane. Aber Esmeralda war heute nicht müde genug.

Sie schaute ihn mit ihren schmalen Schlitzaugen fragend an. Ok. Ich erzähl‘ dir eine Geschichte. Eine von meiner Familie.

Gut, Nat kaute an einem Grashalm und überlegte, etwas von früher. ...

Hab‘ ich dir schon erzählt, dass ich schon mit drei, vielleicht vier Jahren fliegen konnte?

Esmeralda hob den Kopf. Nat grinste und hob seine linke Augenbraue. Doch, doch. Das ist eine wahre Geschichte.

Nature Boy oder Wie man das Herz einer gepanzerten Lady gewinnt

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