Читать книгу Handbuch IT-Outsourcing - Joachim Schrey - Страница 39
(4) Arbeitsrechtliche Fragen nach UmwG
Оглавление45
I.d.R. werden die meisten Fälle der Arbeitnehmerübernahme nach § 613a BGB geregelt. Bei der Arbeitnehmerübernahme nach Umwandlungsrecht ergeben sich häufig folgende Frage- und Problemstellungen:[46]
– | Arbeitgeberstellung |
– | Regelung des Übergangs von Arbeitsverhältnissen bei Umwandlungen |
– | Fortgeltung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen |
– | Betriebsratsmandat und Mitbestimmung nach dem BetrVG n.F. |
– | Kündigungsrechtliche Stellung |
– | Haftungsfragen |
46
Hierbei muss besonderes Augenmerk auf das Verhältnis des arbeits- und umwandlungsrechtlichen Übergangs der Arbeitsverhältnisse gelegt werden. Der § 324 UmwG ist in seinem Regelungscharakter recht undeutlich. Streitig ist hierbei, ob es sich gem. § 324 UmwG durch den Wortlaut des Gesetzes: „§ 613a Abs. 1 und Abs. 4 des BGB bleibt durch die Wirkung der Eintragung eine Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung unberührt“ um eine reine Rechtsfolgenverweisung oder um eine Rechtsgrundverweisung zur Anwendung von § 613a BGB bei Outsourcing-Projekten durch Gesamtrechtsnachfolge handelt.[47] In der Praxis wird man wohl davon ausgehen können, dass es sich hierbei um einen Rechtsfolgenverweisung handelt.[48]
47
Ein Tarifvertrag wirkt gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG nur dann normativ, wenn der übernehmende Rechtsträger nach der Umwandlung durch eine eigene Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband eine entsprechende Tarifbindung bewirkt. Die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband wird dabei nicht von der Gesamtrechtsfolge erfasst. Die normative Wirkung des Tarifvertrages kann somit bei der Unternehmensumwandlung seine Wirkung verlieren.[49] Dies gilt in gleicher Weise, wenn infolge der Umwandlung der fachliche Geltungsbereich des jeweiligen Tarifvertrages verlassen wird.
48
Grundsätzlich gelten die Betriebsvereinbarungen bei Identität des Betriebs fort,[50] da das BAG entschieden hat, dass die normative Wirkung des § 77 Abs. 4 BetrVG entfällt, wenn die Identität des Betriebs durch die Umwandlung verloren geht.[51] Ferner ist nach der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates gem. § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 BetrVG zu unterscheiden, da bei abgeleiteter Zuständigkeit die Regelungen in der Gesamtbetriebsvereinbarung jeder Einzelbetriebsrat selbst hätte treffen können.[52]
49
Bei den Umwandlungsformen der Verschmelzung und der Spaltung sind die in § 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11 UmwG enthaltenen Pflichtangaben über arbeitsrechtliche Folgen im Umwandlungsvertrag, die Zuleitung an den Betriebsrat nach §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3 UmwG, die Ergänzung des § 106 Abs. 3 Nr. 8 BetrVG (Wirtschaftausschuss) und die Ergänzung des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG (Betriebsrat) von Bedeutung.
Bei den Umwandlungsformen der Verschmelzung oder Spaltung sieht das UmwG die Zuordnung von Arbeitnehmern nach § 323 Abs. 2 UmwG, die Verweisung auf den Kündigungsschutz nach § 613a Abs. 4 BGB sowie die Informationspflicht in § 613a Abs. 5 und Abs. 6 BGB (§ 324 UmwG) und die Verweisung auf die Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB (§ 324 UmwG) vor.[53]
50
Das UmwG enthält leider keine Regelungen zur normativen Fortgeltung von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen. In Frage könnte aber eine Transformation der normativen Regelungen im Arbeitsvertragsrecht unter der Prämisse des § 613a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB kommen. Der § 613a BGB setzt hierbei den Übergang eines Betriebs oder Teilbetriebs voraus. Das BAG hat mit dem Urteil von 25.5.2000[54] entschieden, dass die Vorschriften zum Betriebsübergang des § 613a BGB auch in Umwandlungsfällen gelten und selbstständig zu prüfen seien. Bei der Spaltung und Teilübertragung sieht § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG vor, dass die Arbeitsverhältnisse mit den Betriebsteilen übergehen. Somit schützt das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB den Arbeitnehmer im Falle eines Betriebsübergangs vor einer Kündigung aufgrund des Übergangs.[55] Bei der Spaltung oder Teilübertragung verschlechtert sich gem. § 323 Abs. 1 UmwG die kündigungsrechtliche Stellung eines Arbeitnehmers aufgrund der Spaltung oder Teilübertragung für die Dauer von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens nicht.[56]
51
Gemäß §§ 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11, 136, 176, 177, 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG sind die zuständigen Betriebsräte über die Folgen der Umwandlung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretung sowie die vorgesehenen Maßnahmen zu unterrichten. Dabei ist der Umwandlungsvertrag bzw. Spaltungsplan oder Umwandlungsbeschluss dem zuständigen Betriebsrat spätestens einen Monat vor dem Tag der Anteilsinhaberversammlung zuzuleiten, vgl. §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3, 176, 177, 194 Abs. 2 UmwG.
52
Checkliste zu arbeitsrechtlichen Anforderungen beim Outsourcing nach UmwG[57]
• | Vorliegen einer umwandlungsrechtlichen Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung oder Formwechsels |
• | Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs i.S. des § 613a BGB (str. wg. § 324 UmwG) |
• | Feststellung einer Betriebsänderung |
• | Informationsrechte des Betriebsrates nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 9, 126 Abs. 1 Nr. 11, 136, 176, 177, 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG |
• | Information des Wirtschaftsausschusses (nach § 106 Abs. 3 Nr. 8 BetrVG) |
• | Mitbestimmung und Mitwirkung des Betriebsrates nach § 111 BetrVG interessenausgleichs- und/oder sozialplanpflichtig; Ausnahme: Bagatellausgliederungen) |
• | Pflichtangaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 126 Abs. 1 Nr. 11, § 194 Abs. 1 Nr. 7 UmwG im Umwandlungsvertrag |
• | Beachte: Besonderheiten des Betriebsübergangs in der Insolvenz |
• | Zuleitung des Umwandlungs- bzw. Spaltungsplanes oder Umwandlungsbeschlusses an den zuständigen Betriebsrat spätestens einen Monat vor Anteilseignerversammlung (§§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3, 176, 177, 194 Abs. 2 UmwG) |
53
Treffen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB und Unternehmensumwandlung zusammen, stellt sich die Frage, welche haftungsrechtlichen Vorschriften Anwendung finden:
– | die des § 613a Abs. 2 BGB oder |
– | die des UmwG (§§ 22, 133 ff. UmwG). |
54
§ 613a Abs. 3 BGB, wonach § 613a Abs. 2 BGB nicht gilt, wenn ein Unternehmen durch Umwandlung erlischt, regelt das Verhältnis nur unvollkommen. Zwar scheint § 613a Abs. 3 BGB auf den ersten Blick vorauszusetzen, dass Absatz 2 in sonstigen Fällen der Umwandlung Anwendung findet, doch ist nach herrschender Auffassung die Haftungsregelung des § 613a Abs. 2 BGB auf Fälle der Unternehmensumwandlung generell nicht anzuwenden. Folgendes spricht dafür: Nach § 324 UmwG bleiben allein die Absätze 1 und 4 des § 613a BGB unberührt, nicht auch dessen Absatz 2.[58] Der § 133 Abs.+ 2 UmwG bleibt allein gem. §§ 25, 26 HGB unberührt, nicht auch § 613a Abs. 2 BGB.[59] Vielmehr enthalten die §§ 22, 133 ff. UmwG günstigere Sonderregelungen zum Schutz der Arbeitnehmer, die§ 613a Abs. 2 BGB als leges specialis vorgehen.[60] Deshalb erschöpft sich die Bedeutung des § 613a Abs. 3 in der Selbstverständlichkeit, dass eine Nachhaftung des erlöschenden bisherigen Inhabers nicht in Betracht kommt.[61]