Читать книгу Mit Segenskreuz und Handy - Joachim Schroedel - Страница 5
ОглавлениеDAS ZENTRUM MEINES DIENSTES – BEGEGNUNG
Dieses Büchlein bleibt ein zutiefst persönliches Werk. Es sind biographische Notizen. Denn es beschreibt mein Erleben – in 20 Jahren Ägypten
Durch einen »Zufall« kam ich eigentlich wieder in die Region zurück, die mir seit fast 40 Jahren am Herzen liegt. Dass meine flapsige Äußerung gegenüber meinem Religionslehrer-Kollegen, vielleicht werde ich auch mal im Nahen Osten sterben, noch einmal wirklich auch brisant werden könnte, hatte ich damals noch nicht geahnt. Aber wohl liegt meinem Dienst im Nahen Osten, ja, meinem ganzen priesterlichen Dienst seit meiner Weihe im Jahre 1983 zugrunde, mein Leben einzusetzen für die Wahrheit und Gerechtigkeit.
BEGEGNUNG – so heißt unser, zusammen mit der evangelischen Gemeinde herausgegebenes Informationsheft. Und das FEST DER BEGEGNUNG als Fest der Begrüßung und des Kennenlernens zu Beginn eines jeden »Ägypten-Jahres« Ende September/Anfang Oktober ist zentrales und wichtigstes »weltliches« Fest der »Deutschsprachigen Katholischen Markusgemeinde Kairo«. Begegnung ist kein Alleinstellungsmerkmal unserer Gemeinde. Vielmehr sollte es integraler Bestandteil jeder Seelsorge sein. »Alles wirkliche Leben ist Begegnung« (Martin Buber). Doch gerade im Ausland spielt Begegnung nochmals eine andere Rolle. In meiner zweiten kleinen Geschichte schien es zunächst eine Begegnung, die dramatisch verlaufen könnte. Und doch hat eine gute Wende stattgefunden; aus den Gangstern wurden Menschen, die sich entschuldigten.
Und die dritte Geschichte zeigt nochmals und verstärkt: Begegnung mit Angst Machendem kann sich in eine Erfahrung mit großer Freude wandeln. Und: Begegnungen mit Muslimen halten Überraschendes bereit …
»Mit Segenskreuz und Handy«? Beide Gegenstände sind bereits in den kleinen Geschichten aufgetaucht. Jeder orientalische Priester hat ein »Handkreuz«, das sein ganz besonderes Attribut ist. Er segnet damit, die Gläubigen küssen es demütig (erst das Kreuz, dann die Hand des Priesters), und es ist eben DAS Zeichen der Christenheit schlechthin. In hoc signo vinces - in diesem Zeichen wirst Du siegen. Mit diesem Ruf beginnt die öffentliche Wirksamkeit des Christentums. Ich trage es gern bei mir! Denn ich teile so das orientalische Priestertum mit dem meinen – und ich erlebe, wie dankbar viele Christen, besonders die Kopten, für dieses Zeichen sind.
Als ich nach Kairo kam, gab es noch keine mobile Kommunikation – man kann es sich heute kaum mehr vorstellen! Aber eben der »Durchbruch« des Mobiles (nur wir Deutschen nennen es »Handy«) hat gerade die nahöstliche Welt total verändert. Und heute scheint normales Leben nicht mehr vorstellbar ohne dieses Gerät …
»Mit Segenskreuz und Handy«? Beides trage ich häufig mit mir. Beides ergänzt sich – und ist zugleich so widersprüchlich, ja: gegensätzlich.
Das Segenskreuz ist Symbol des von Gott und seinem Segen abhängig Seins. Zeichen für die Überlegenheit des Schöpfers über seine Schöpfung. Aber auch: Zeichen für seine Liebe, die er uns in Christus und den Tod des Gottessohnes unwiderruflich geschenkt hat.
Ein Handy ist Zeichen der neuen Selbständigkeit des Menschen, seiner dauernden Erreichbarkeit, seiner Macht (aber manchmal auch Ohnmacht) über die Zeit und oft auch über Menschen.
Aber in genau dieser Spannung leben wir im Orient: Zwischen Tradition und Moderne, zwischen Fundamentalismus und Aufklärung, zwischen vermeintlichem »Gestern« und dem gerne beschworenen »Heute«, zwischen »konservativ« und »progressiv« …
Spannungen machen das Leben »spannend«. Wie die Musik, so lebt auch das Leben nur durch Höhen und Tiefen, und oft in ständigem Wechsel des Rhythmus. In diese Spannung, die im Orient nochmals an Bedeutung gewinnt, möchte ich den geneigten Leser führen. Denn dann können auch sie Begegnung spüren – und sich weiter führen lassen zum wirklichen Leben.