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1.1 Anthropologische Prämissen

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Bevor wir diesem Fahrplan folgen, wollen wir einige grundlegende Wesenszüge des Menschen im Abendland erwähnen, die seine kulturgeschichtliche Entwicklung bestimmt haben und die wir als so elementar ansehen, dass sie keiner weiteren Begründung bedürfen. Wir sind uns bewusst, dass wir uns damit auf einem Terrain bewegen, für dessen Begehung wir keine formelle fachspezifische Ausbildung haben; die entsprechenden Fachleute mögen daher Nachsicht üben. Gleichwohl sind wir zuversichtlich, mit den folgenden anthropologischen Grundannahmen nicht gänzlich falsch zu liegen.

Daseinsangst und das Streben nach ontologischer Sicherheit: Seit jeher sah sich der Mensch existenziell bedroht. Während langer Epochen der Menschheitsgeschichte stammte diese Bedrohung aus der Natur (Dunkelheit, Kälte, Erdbeben, Unwetter, Missernten etc.), später zusätzlich aus Seuchen (die Pest des 14. Jahrhunderts) und Kriegen (Dreißigjähriger Krieg). In jüngerer Zeit resultiert Verängstigung aus den Gefahren der Vernichtung durch Atomwaffen, der Umweltzerstörung und des Klimawandels sowie aus dem Verlust von Sinn. Die Existenzangst, die sich aus diesen Bedrohungen ergab bzw. ergibt, hat ein Streben nach Sicherheit bewirkt, das sich mit fortschreitender technischer Entwicklung in nahezu allen Lebensbereichen ausbreitet.

Fähigkeit zur Sinnfindung und Suche nach Sinn: Zu allen Zeiten haben die Menschen versucht, das ihnen Unerklärliche – wie zum Beispiel Blitz und Donner – zu deuten und ihm damit einen Sinn zu verleihen. Man kann Sinngebung als Strategie der Angstreduktion betrachten. Alle Religionen, die auf jede Frage von grundsätzlicher Bedeutung eine Antwort geben, sind groß angelegte Angebote zur Sinnfindung. Psychologisch gesehen ist dies der Grund für ihre Attraktivität.

Neugier und Entdeckerdrang: Über die Sinnverleihung des Unerklärlichen hinaus waren die Menschen schon immer neugierig und sie haben – zum Teil unter großen Opfern auch an Menschenleben – konkrete Schritte unternommen, um Unbekanntes kennenzulernen und Neues zu entdecken. Die Entdeckung neuer Kontinente steht hierfür ebenso als Beispiel wie diejenige der Organe des menschlichen Körpers und ihrer Funktionsweise, die Entdeckung des Atoms oder der Röntgenstrahlen.

Erfindungsgeist und technisch-handwerkliche Fähigkeiten: Ebenfalls seit Urzeiten sind die Menschen bemüht, die Bewältigung ihres Daseins durch die Entwicklung von Geräten zu verbessern. Dies hat mit dem Faustkeil begonnen, um sich in Bauwerken (Häusern, Straßen, Brücken, Kanälen, Tunnels) und Fahrzeugen zu Land, zu Wasser und in der Luft fortzusetzen und einen vorläufigen Höhepunkt in Geräten der Informationsübermittlung und -verarbeitung zu finden. Stets haben die Menschen eine Verbesserung des Bestehenden im Sinne seiner Funktionalität angestrebt und in der Regel auch erreicht.

Diese vier grundlegenden Wesensmerkmale des Menschen sind nicht unabhängig voneinander. In der Entwicklungsgeschichte der Menschheit haben sie vielmehr in unterschiedlicher Konfiguration ineinandergegriffen. Mal war Sicherheitsbedürfnis der Anstoß für eine technische Neuerung, mal wurde sie durch eine zufällige Entdeckung angestoßen. Gemeinsam ist allen die Tendenz des Vorwärtsdrängens; Verharren scheint dem Menschen des westlichen Kulturkreises nicht möglich zu sein. Selbst in der eher kontemplativen Antike wurde Odysseus auf Reisen geschickt. »Stillstand« ist ein Wort mit einem negativen Bedeutungsgehalt.

Warum der Tod kein Sterben kennt

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