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3 Ritueller und künstlerischer Umgang mit Trauer

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Zu lieben bedeutet, uns sowohl Trauer, Kummer und Enttäuschung als auch Freude, Erfüllung und somit einer Intensität des Bewusstseins zu öffnen, die wir zuvor nicht für möglich gehalten haben. Rollo May

Je nach der Region, in der wir leben, unserer Religion und unserer ethnischen Zugehörigkeit können wir Trauer auf unterschiedliche Weise ritualisieren, verstehen und verarbeiten, doch gleichzeitig ist Trauer der am meisten verbindende Aspekt der menschlichen Erfahrung. Jede Kultur und jede Religion weiß von der Trauer.

Siddhartha Gautama, der zum Buddha wurde, verlor bereits im Säuglingsalter seine Mutter Mayadevi. Mit der Kreuzigung Jesu wurde die Jungfrau Maria zur trauernden Mutter. Jesus trauerte, als sein Freund Lazarus starb, auch wenn er an das ewige Leben glaubte. Mohammed verlor seinen jungen Sohn Ibrahim und seinen Enkel. Abraham begrub seine Frau Sarah und der Thora zufolge brauchte ihr Sohn Isaak nach ihrem Tod drei Jahre, bis er wieder Liebe und Trost in den Armen seiner Frau Rebekka fand. In der Bahai-Tradition starb Bahá’u’lláh’s Vater in dessen früher Jugend.

Über Zeiten, Kulturen und Religionen hinweg berührt Trauer uns alle. Trauer ohne festes Verfallsdatum ist eine unausweichliche Wahrheit der menschlichen Existenz. Trauer ist von Natur aus labyrinthisch und rätselhaft; sie hat emotionale, körperliche, soziale, zwischenmenschliche, wirtschaftliche, spirituelle und existenzielle Auswirkungen.

Zahlreiche Faktoren beeinflussen, wie Trauer sich manifestiert: unsere Beziehung zum Verstorbenen, die Todesart, die Intensität unserer Liebe und Verbindung, gegenseitige Abhängigkeiten, Totenrituale bei frühzeitigen Todesfällen, wie während des Trauerfalls mit uns umgegangen wird, wie wir darüber benachrichtigt werden, das Verhalten anderer uns gegenüber in der Zeit danach, unsere Weltsicht, unsere geistige und spirituelle Orientierung, frühere Verluste und Traumata und wer wir in unserem Innersten sind. All das beeinflusst unsere Trauererfahrung zutiefst – und ebenso einzigartig können auch Trauerrituale sein.

Es ist eine Herausforderung, Studenten etwas über das Trauern beizubringen, wenn sie selbst noch nie getrauert haben, aber es ist auch kein Ding der Unmöglichkeit. Als Professorin an der Arizona State University liegt mein Schwerpunkt in der Forschung, aber ich leite auch vier Kurse im Jahr. Am beliebtesten ist mein Kurs über traumatische Todesfälle und Trauer. Die Studenten schreiben sich für ein Semester Erlebnispädagogik ein, weil sie offenbar verstehen, dass ihnen später als Berater, Therapeuten, Fachkräften oder einfach als Menschen, die lieben, irgendwann einmal die Trauer begegnen wird. Als Teil der Lehrveranstaltungen bitte ich die Studenten darzulegen, was sie unter Trauer verstehen, woraus sich dann ein kreatives Kunstprojekt entwickelt.

Ein hervorragendes Beispiel kam von einer zurückhaltenden, feinfühligen Studentin namens Theresa:

Rezept für unverarbeitete Trauer

Aus Theresas Herzküche

1 Portion

Zutaten:

1 gehäufte Tasse Ungläubigkeit

1 Esslöffel von dem Unwillen, Abschied zu nehmen

16 Unzen qualvoller Schmerz

3 Tassen brutale Traurigkeit

2 Esslöffel Verwirrung (ersatzweise Zweifel)

½ Tasse permanente Qual

8 Unzen Wut (ersatzweise Unverstandensein)

2 Teelöffel quälende Schuldgefühle

¾ Tasse Scham

1 Liter Einsamkeit

1 Prise Vorzeitigkeit und Sinnlosigkeit

Zubereitung: Ofen auf 1200 Grad vorheizen. In einer kleinen Schüssel Ungläubigkeit mit dem Unwillen, Abschied zu nehmen, mischen. Dann aus qualvollem Schmerz Binsenweisheiten schneiden und beiseitelegen. Den Schmerz mit der Mischung überziehen. In heißer Eisenpfanne braten, bis alles schwarz ist. Zur Seite stellen. Großen Topf mit Tränen füllen und zum Kochen bringen. Hitze herunterschalten; brutale Traurigkeit in den Topf gießen und abdecken. Wochenlang köcheln lassen. Wenn die Traurigkeit taub geworden ist, vom Herd nehmen und Tränen abgießen. Verwirrung und permanente Qual in Traurigkeit einrühren und zur Seite stellen. Wut mit einem Hammer weich schlagen. In mundgerechte Stücke schneiden. Mit quälenden Schuldgefühlen und Scham bei starker Hitze in einer Pfanne braten. Wenn die Wut rot wird, Pfanne vom Herd nehmen. Nun den Schmerz auf dem Boden einer Auflaufform verteilen. Die Traurigkeitsmischung darauf geben und mit Wut, Schuldgefühlen und Scham bedecken. Mit Einsamkeit abschließen. Mit Vorzeitigkeit und Sinnlosigkeit würzen. In den Ofen stellen und backen, bis die Einsamkeit zu heftiger Sehnsucht wird. Ein Leben lang ziehen lassen.

Hinweis: Passt gut zu totaler Angst. Am besten erstickt in Liebe und Mitgefühl servieren (braucht eventuell etwas Unterstützung). Mit einem Hauch Frieden garnieren.

Ähnlich wichtige Aspekte wurden von vielen weiteren Studenten angesprochen.

Eine junge Frau schrieb einen Brief an ihre Schwester, die schon vor fast dreißig Jahren gestorben war, als sie selbst noch gar nicht lebte. Sie schrieb ihrer Schwester, dass sie erst jetzt durch diesen Kurs wirklich nachvollziehen konnte, was ihre Eltern durchgemacht hatten, als sie ihren Tod ertragen mussten. Sie entschuldigte sich bei ihrer Schwester, dass sie sie an Feiertagen und wenn andere fragten, ob sie eine Schwester hatte, nicht gewürdigt hatte. Sie entschuldigte sich bei ihr sogar dafür, dass sie ihrer beider Mutter in dem Brief „meine Mutter“ nannte. Sie versprach, von nun an ihren Platz als Erstgeborene in der Familie anzuerkennen. Sie beendete den Brief mit den Worten: „Ich werde mit unserer Mutter über dich sprechen und deiner gedenken.“

Eine andere Studentin fertigte ein Kunstwerk für ihren Vater an, der Selbstmord begangen hatte, als sie acht Jahre alt gewesen war. Es war eine Skulptur von ihm in seinem letzten Moment, kurz vor seinem Tod, mit Engelsflügen, die ihn umfingen. Sie stand als kleines Mädchen mit ausgestreckter Hand vor ihm. Seine Augen blickten sie an. Sie nannte ihr Werk Catharsis.

Um etwas an dem feindseligen Verhältnis unserer Gesellschaft zur Trauer zu verändern, kommt der Trauerschulung eine wesentliche Bedeutung zu – und expressive, kreative Kunst ist ein wichtiger Teil davon.

Das unerträgliche annehmen

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